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Sprengölhaltige, plastische Sprengstoffe Die plastischen Sprengstoffe
spielen in der Sprengtechnik eine hervorragende Rolle. Durch die Gelatinierung mit
Hilfe der Collodiumwolle wird die hohe Empfindlichkeit der Sprengöle gemildert,
ohne daß deren Sprengkraft wesentlich herabgesetzt wird, die Sprenggelatine ist
daher einer der sprengkräftigsten, technisch handhabbaren gewerblichen Sprengstoffe.
Durch Vermengung der Sprenggelatine mit Ammonnitrat oder anderen Nitraten und gegebenenfalls
weiteren Zusatzstoffen erhält man die sogenannten Ammongelite oder Dynamite, die
zu den meist verwendeten Sprengstoffen gehören. Sie sind wirtschaftlich herzustellen
und verbinden hohe Wirksamkeit mit sonstigen günstigen Eigenschaften, wie gute Handhabungssicherheit
und Wasserfestigkeit.
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Das plastische Verhalten der Sprenggelatine ist für ihre Verarbeitbarkeit,
d. h. ihr Verhalten bei der Vermengung mit dem Zumischpulver und für die Patronierbarkeit
der fertigen Sprengstoffe von entscheidender Bedeutung. Einerseits soll genügend
Collodiumwolle vorhanden sein, um alles Sprengöl fest zu finden, so daß kein Ausschwitzen
von noch ungelatinierter Flüssigkeit möglich ist, andererseits soll die Gelatine
so weich sein, daß sie sich ohne Schwierigkeiten mit den weiteren Sprengstoffkomponenten
zu leicht patronierbaren Massen vermischen läßt. Diese beiden Forderungen stehen
oft im Widerstreit, vor allem dann, wenn es notwendig ist, die Sprengstoffmischungen
vor dem Patronieren längere Zeit stehenzulassen. Sprenggelatinen, die eine solche
Menge Collodiumwolle enthalten, daß das Ausschwitzen des Sprengöls mit Sicherheit
vermieden wird, werden oft mit zunehmender Reife so fest, daß sie sich schlecht
oder gar nicht mehr verarbeiten lassen.
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Es wurde nun gefunden, daß man diese Schwierigkeiten vermeiden kann,
wenn man bei der Herstellung der Sprenggelatine die Collodiumwolle ganz oder teilweise
durch abgebaute Nitrocellulosen ersetzt, d. h. durch Nitrocellulosen, deren Polymerisationsgrad
durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. einen Druckkochprozeß, herabgesetzt wurde.
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Durch einen solchen Austausch kann man die plastischen Eigenschaften
der Sprenggelatine und der aus ihr hergestellten Sprengstoffe in weitem Maße variieren.
Verwendet man für die erfindungsgemäß hergestellten Sprengstoffe an Stelle der üblichen
Collodiumwolle beispielsweise Lackwolle »E 33« (eine 33%ige Lösung der Lackwolle
»E 33« in Butylacetat hat bei 18° C eine Viskosität von etwa 50 Poisen), so gelangt
man zu einer Gelatine, die man noch als flüssig bezeichnen kann. Ersetzt man nur
einen Teil der Collodiumwolle durch die genannte Lackwolle, so kann man jede gewünschte
Plastizität der Sprenggelatine erreichen.
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An Stelle der genannten Lackwolle »E 33« lassen sich zur erfindungsgemäßen
Herstellung von Sprengstoffen abgebaute Nitrocellulosen jeden gewünschten Polymerisationsgrades
verwenden. So kann man neben der Variation der Menge der zugegebenen abgebauten
Nitrocellulose auch durch Variation des Polymerisationsgrades das plastische Verhalten
der Spenggelatinen modifizieren. Die Verwendung solcher Gelatinen ergibt plastischere,
weichere gewerbliche Sprengstoffe, die sich besser maschinell patronieren lassen,
auch dann, wenn sie schon gealtert sind.
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Obwohl die Gelatinen, die man mit abgebauten Nitrocellulosen erhält,
dünner sind als die Gelatinen unter Verwendung der gleichen Menge Collodiumwolle,
ist die Empfindlichkeit der erfindungsgemäß hergestellten Gelatinen nicht größer
als die der in bekannter Weise hergestellten. Dies erklärt sich daraus, daß durch
die große Löslichkeit der abgebauten Nitrocellulosen in den Sprengölen alles öl
gebunden wird, so daß neben der Gelatine kein freies Sprengöl mehr vorhanden sein
kann. Auch die Gefahr des Ausschwitzens von Sprengöl aus dem fertigen Pro-
Bukt
wird durch die erfindungsgemäße Herstellung verringert oder ganz beseitigt. Unter
gelatinösen, plastischen Sprengstoffen sind im Rahmen der Erfindung Mischungen aus
Sprengölen mit Nitrocellulose in Verbindung mit Ammonium- oder anderen Nitraten
zu verstehen, wobei der Nitrocelluloseanteil nicht mehr als 10% der Sprengöhnenge
ausmacht.
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Es ist nicht notwendig, daß die abgebauten Nitrocellulosen den gleichen
Stickstoffgehalt haben wie die Collodiumwolle, deren Stickstoffgehalt zwischen 12
und 12,511o liegt. Bei den erfindungsgemäß eingesetzten abgebauten Nitrocellulosen
kann der Stickstoffgehalt sowohl größer als auch kleiner sein als der der Collodiumwolle.
Für die Sprengstoffherstellung sind abgebaute Nitrocellulosen mit höherem Stickstoffgehalt
von Interesse, da sie eine Erhöhung des Energieinhalts des Sprengstoffs bedeuten.
Die Löslichkeit und Gelatinierbarkeit von nicht abgebaute_ n Nitrocellulosen mit
hohem Stickstoffgehalt lassen jedoch zu wünschen übrig. Bei abgebauter Nitrocellulose
dagegen findet man auch bei höherem Stickstoffgehalt noch eine ausreichende Löslichkeit
und Gelatinierfähigkeit.
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Die Verwendung abgebauter Nitrocellulosen erhöht, da sie lackähnliche
Lösungen mit den Sprengölen oder mit flüssigem Dinitrotoluol ergeben, auch die Klebefähigkeit
der Sprengstoffmassen, was für Auflegersprengstoffe von Interesse ist.
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Es wurde zwar schon vorgeschlagen, abgebaute Nitrocellulosen neben
normaler Schießwolle in Nitroglycerinpulvermassen einzumischen, um dadurch ihre
Verformbarkeit in der Wärme zu erleichtern bzw. zu regulieren. Diese Nitroglycerinpulver
stellen jedoch bei gewöhnlicher Temperatur hornartige Massen dar. Sie verdanken
ihre feste Konsistenz ihrem hohen Nitrocellulosegehalt, der in der Regel den Nitroglycerinanteil
übersteigt. Man hat auch schon Mischungen aus Nitroglycerin und abgebauten Nitrocellulosen,
bei denen das Verhältnis der Nitrocellulose zum Sprengstoff bis zu einem Wert von
1 : 2 ansteigen kann, als Bindemittel für Preßkörper aus Sprengstoffen verwendet.
Diese Bindemittel sind aber ebenfalls bei normaler Temperatur nicht verformbar.
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Obwohl nun der Collodiumwolleanteil in Sprenggelatine um eine Größenordnung
tiefer liegt als in Nitroglycerinpulvern und die Sprenggelatinen bei gewöhnlicher
Temperatur in einem ganz anderen Konsistenzbereich liegen, kann man überraschenderweise
die plastischen Eigenschaften der Sprenggelatinen und der aus ihnen hergestellten
Sprengstoffe durch den vollständigen oder teilweisen Austausch der Collodiumwolle
durch abgebaute Nitrocellulose in weitem Maße variieren, ohne ihre Handhabungssicherheit
herabzusetzen.
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Nachfolgend seien einige Beispiele für erfindungsgemäß hergestellte
Sprengstoffmischungen angeführt:
Beispiel 1 |
Gesteinssprengstoff |
Gewichtsprozent |
Nitroglykol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38,0 |
Collodiumwolle .................. 0,75 |
Lackwolle »E 33« . . . . . . . . . . . . . . . . 0,75 |
Gemisch aus Di- und Trinitro- |
toluol(1:1) ................... 2,0 |
Trinitrotoluol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,0 |
Ammonsalpeter .................. 52,3 |
Holzmehl ....................... 4,0 |
Eisenoxyd ....................... 0,2 |
100,0 |
Beispiel 2 |
Gesteinssprengstoff |
Gewichtsprozent |
Nitroglycerin .................... 15,1 |
Nitroglykol ...................... 12,8 " " |
Collodiumwolle ................... 0,4 |
Lackwolle »E 33« . . . . . . . . . . . .'. . . . 0,2 |
Ammonsalpeter .................. 30,5 |
Tylose .......................... 0,7 |
Steinsalz .............. ......... 39,5 |
Holzmehl ....................... 0,3 |
Talkum ......................... 0,5 |
.. |
100,0 |
Beispiel 3 |
Klebefähiger Auflegersprengstoff |
Gewichtsprozent |
Nitroglykol ................. . .... 34,7 |
Collodiumwolle .................. 0,8 |
Lackwolle »E 33« . . . . . . . . . . . . . . . . 0,8 |
Gemisch aus Di- und Trinitro- |
toluol (1 :1) ................... 4,5 |
Ammonsalpeter .................. 49,2 |
Holzmehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,0 |
Eisenoxyd ....................... 8,0 |
100,0 |