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Verfahren zur Herabsetzung der Dehnung von unter Verwendung von Zement
hergestellten Formkörpern bei der Behandlung mit Wasserdampf Für die Beurteilung
der Qualität eines Zementes oder eines Zement enthaltenden Gemisches werden verschiedene
Eigenschaftswerte herangezogen, die auch in entsprechenden Normvorschriften festgelegt
sind. Beispielweise werden besondere Anforderungen an die Biegezug- und Druckfestigkeit
gestellt. Eine dieser wichtigen Kenngrößen ist auch die sogenannte Autoklavdehnung,
d. h. die Dehnung vom Formkörpern bei Behandlung mit Wasserdampf unter Druck. Sie
wird festgestellt, indem ein Zementformkörper bestimmter Normzusammensetzung und
-größe und unter ganz bestimmten Bedingungen in einem Autoklav mehrere Stunden einer
Wasserdampfbehandlung unterworfen und die prozentuale Längenänderung gemessen wird.
Diese Eigenschaft ist beispielsweise dann von großer Bedeutung, wenn Bauteile aus
Zement zum schnellen Abbinden mit Wasserdampf behandelt werden, wobei die Dehnung
der Bauteile natürlich nur ganz unerheblich sein darf. Bei einem Zement sehr guter
Qualität soll diese Autoklavdehnung den Wert von 0,50/, nicht überschreiten.
Die meisten der auf Kalkbasis hergestellten Zemente erreichen diese Norm aber nicht.
Die Werte liegen vielmehr in der Größenordnung von 2 bis 5 °/o Dehnung. Die Aufgabe
der Erfindung bestand darin, ein Verfahren zu finden, welches bei Zementen mit relativ
großen Autoklavdehnungen diese herabsetzt, so daß auch eine Behandlung mit Wasserdampf
möglich ist.
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Es wurde nun ein Verfahren entwickelt, welches unabhängig von der
Mahlfeinheit und der chemischen Grundzusammensetzung die Autoklavdehnung der Zemente
alleins schon dadurch herabsetzt, daß bestimmte chemische Mittel hinzugesetzt werden.
Ein Zement oder ein diesen enthaltendes Gemisch, z. B. Zementmörtel, Beton, hat
nämlich dann solch wesentlich verbesserte Eigenschaften, wenn er einen Gehalt an
Sulfiden aufweist. Dabei kann der Zusatz an Sulfiden bis 5 °/o, vorteilhafterweise
aber 1 bis 3 °/o (bezogen auf Calciumsulfid) der Zementmenge betragen.
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Technologisch läßt sich das auf zwei grundsätzlich verschiedene Weisen
durchführen. Einmal kann man einem bereits fertigen, gemahlenen Zement oder einem
diesen enthaltenden Gemisch ein Sulfid gleicher Korngröße (unter 4900 Maschen) zusetzen
und beides gut miteinander vermischen bzw. gleich die notwendige Menge des Sulfides
zu dem Klinker geben und beides gemeinsam zermahlen. Als Sulfid ist besonders Calciumsulfid
geeignet, doch können auch wie bei dem weiter unten beschriebenen zweiten Weg andere
Sulfide eingesetzt werden. Statt reinen Calciumsulfides kann auch ein Gemisch mit
solchen Stoffen verwendet werden, die sowieso ein Bestandteil des Zementes sind.
Es kann also auch so verfahren werden, daß solche Stoffe, die Bestandteil von zementhaltigen
Gemischen sind, vor der Zugabe zum Zement mit den Sulfiden vermischt werden, beispielsweise
der Sand für Zementmörtel oder der Kies für Beton. Für die Zusammensetzung eines
geeigneten Zementes ist z. B. auch ein bestimmter Gehalt an CaS04 üblich. Man kann
nun so verfahren, daß man von einer etwas größeren CaS04 Menge als üblich ausgeht,
diese teilweise zu Calciumsulfid reduziert und das so erhaltene Gemisch dem fertigen
Zement oder dem Klinker in der oben angegebenen Weise zusetzt.
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Die zweite Möglichkeit der technologischen Ausgestaltung besteht darin,
den Sinterprozeß zur Herstellung des Zementklinkers durch Zugabe geeigneter Stoffe
von vornherein so zu führen, daß dabei Sulfide entstehen. Da auch hier Calciumsulfide
sehr geeignet ist, läßt sich das Verfahren so gestalten, daß man einen Teil des
für die Zementherstellung norwendigen Kalkes durch Anhydrit ersetzt und beim Sinterprozeß
zu Calciumsulfid reduziert. Es ist selbstverständlich auch möglich, vor oder während
des Sinterprozesses gleich Sulfide oder solche enthaltende Gemische zuzugeben.
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Die Eigenschaft, die Autoklavdehnung herabzusetzen, ist, wie schon
oben erwähnt, nicht auf Calciumsulfid beschränkt. Das Erfinderische besteht vor
allem in der Erkenntnis der Wirkung des Sulfidions, welches in das Silikatgerüst
eingebaut wird. Demnach haben natürlich auch die Sulfide des Zinks, Kupfers, Cadmiums
od. ä. dieselben Wirkungen. Nur ist es natürlich
nicht erwünscht
und auch nicht notwendig, für den Zement wirkungslose oder sogar schädliche Kationen
auf diese Art mit einzubauen, wenn man es vermeiden kann.
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Die Wirkung der Sulfide besteht bei allen Zementen vom Typ es Portlandzementes
od. ä. zusammengesetzter Produkte, wie Ferrari-Zementen, Eisenportlandzementen,
Hüttenzementen, die sich aus dem Rankin-Diagramm ergeben. Sie besteht ferner bei
allen zementhaltigen Gemischen, die abbinden können, wie Zementmörtel, Beton od.
ä.
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Eine Umwandlung des in relativ großer Menge zugesetzten Sulfides in
Sulfat durch Oxydation ist bei diesbezüglichen Versuchen nicht nachgewiesen worden.
So konnte selbst nach 1 Jahr Wasserlagerung keine merkliche Zunahme des Sulfatgehaltes
festgestellt werden. Auch verschiedene Veröffentlichungen (z. B. F. Kaempfe; Dissertation,
Leipzig 1934, »Zement«, Bd. 24, S.257 [1935]; H. Kühl, »Zement-Chemie«, Bd.3,
S.480 [l9521) bestreiten die Oxydierbarkeit des Sulfidions zum Sulfation bei der
Wasserlagerung der Zementprismen. Die Oxydation, soweit sie überhaupt stattfindet,
bleibt beim Thiosulfat oder Sulfit stehen.
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Beispiel Als Probekörper dienen Prismen von 2,54 x 2,54cm Querschnitt
und 25,40 cm Länge, die aus reinem Zementbrei von Normenkonsistenz angefertigt werden.
Die Prismen werden mit Meßzäpfchen, wie sie zur Bestimmung der Längenänderung der
Prismen mit Hilfe einer Meßuhr üblich sind, versehen. Der weitere Gang ist dann
folgender: Die Formen werden nach dem Füllen in einem feucht gehaltenen Kasten von
21 + 1,7°C gebracht. Nach 2 Stunden werden die Prismen vorübergehend aus dem Kasten
genommen, um den über den Rand der Form ragenden Mörtel abzustreichen. Die Prismen
werden nach 20 Stunden entformt und wieder in den feucht gehaltenen Kasten zurückgelegt;
nach 24 Stunden (± 1/j werden sie gemessen und in den Autoklav eingesetzt. Die Temratur
im Autoklav soll so gesteigert werden, daß nach 1 bis 11/4 Stunde ein Druck von
20,7 i 0,35 atü erreicht wird. Damit die Luft aus dem Auto klav entweichen kann,
wird das Ventil erst geschlossen, , nachdem Dampf ausströmt. Der Druck von 20,7
atü wird 3 Stunden lang beibehalten. Nach dem Abstellen der Heizquelle kühlt der
Autoklav 1 Stunde ab; dann wird er geöffnet, nachdem zuvor der noch vorhandene Überdruck
durch Öffnen des Ventils entfernt ist; die Prismen werden sofort in kochendes Wasser
gebracht, das mit kaltem Wasser innerhalb 15 Minuten auf 21'C
abgekühlt wird.
Diese Temperatur wird noch 15 Minuten beibehalten, bevor die Prismen oberflächlich
getrocknet und gemessen werden.
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Der Unterschied in der Länge des Prismas vor und nach dem Autoklavversuch
wird in Prozenten ausgedrückt und als Autoklavdehnung des Zementes bezeichnet.
Ergebnisse |
Autoklav- |
dehnung |
Portlandzement, rein ............... 0,697°/o |
Portlandzement -'r 1.25 °/o CaS ...... 0,4350/, |
Portlandzement, rein . . . . . . . . . . . . . . . 2,82 «/o |
Portlandzement -i- 1,30°/o CaS ...... 0,913°/o |