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Verfahren zur Herstellung eines Streptokinase-Präparates Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines intravenös gut verträglichen Streptokinase-Präparates.
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Vor ungefähr 25 Jahren wurde entdeckt, daß Kulturen bestimmter haemolytischer
Streptokokken eine fibrinolytische Wirkung haben. Durch die im Laufe der darauffolgenden
Jahre durchgeführten intensiven Versuche verschiedener Forschergruppen wurde dann
entdeckt, daß eine Substanz, die man mit Streptokinase bezeichnet, für diese Wirkung
verantwortlich zu machen ist. Streptokinase ist aber nicht das alleinige Produkt
des Bakterienstoffwechsels. Die Streptokokken produzieren vielmehr noch andere biologisch
aktive Substanzen, wie z. B. mehrere Desoxyribonucleasen, Streptolysin, Hyaluronidase,
Proteasen, Peptidasen. Nachdem man die fibrinolytischen und zellkernauflösenden
Eigenschaften dieser bakteriellen Stofpwechselprodukte erkannt hatte, versuchte
man, sich diese Wirkung in der Klinik zunutze zu machen, und gab sie daher lokal
in Form ihrer Lösungen zur Beseitigung bzw. Verhinderung von Fibrinauflagerungen
in der Pleurahöhle, zur Wundreinigung usw. Nach weiteren Arbeiten stellte sich dann
heraus, daß durch intramuskuläre und schließlich auch buccale Verabreichung von
streptokinasehaltigen Präparaten eine günstige Wirkung auf die Heilung entzündlicher
Prozesse ausgeübt wird, insbesondere bei solchen, bei denen eine Thrombose bestimmter
Venen die Ursache war. Der intravenösen Applikation von Streptokinase standen aber
die zahlreichen Nebenerscheinungen entgegen, wie sie z. B. von Blaustein (Am. J.
Surgery, 85, S.226 [1953]), Johnson, Fletscher und Tillet (Proc. Soc. Exp. Biol.
and Med., 94, S.254 [1957]), Tillet, Johnson und McCarty (J. Clinical Investigation,
34, S. 169 [1955]) und anderen beobachtet wurden. Es kam zu Schüttelfrösten, starken
Temperaturanstiegen, Blutdruckabfällen usw.
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Man hat zwar versucht, Streptokinase-Präparate, die aus Kulturfiltraten
haemolytischer Streptokokken der Lancefield-Gruppe C gewonnen wurden, dadurch zu
reinigen, daß man Fällungen mit organischen Lösungsmitteln, wie z. B. Äthylalkohol,
Äther, aber auch Ammonsulfatfällungen und Elektrophoresen vornahm. Dadurch erhielt
man zwar gelegentlich ziemlich reine Substanzen, die aber trotzdem vom Menschen
nicht gut vertragen wurden (Johnson, Fletscher und Tillet, Proc. Soc. Exp. Biol.
and Med., 94, S.254 [1957]).
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Es zeigte sich jedoch, daß bei Fällungen mit verschiedenen organischen
Lösungsmitteln, z. B. Aceton, insbesondere aber Äthylalkohol, größere Ausbeuteverluste
auftraten und auch bei größeren Ansätzen die Reinigung nicht so gut war, daß sich
eine industrielle Produktion auf diesem Verfahren aufbauen ließ.
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Es wurde nun gefunden, daß man gereinigte, intravenös gut verträgliche
Streptokinase-Präparate in der Weise herstellen kann, daß man Kulturfiltrate von
auf synthetischen oder halbsynthetischen Nährböden gezüchteten Streptokokkenkulturen
nach an sich bekannter Entfernung von Streptolysin mittels Caleiumphosphat mit Methanol
fällt, wobei der Salzgehalt der Lösungen - ausgedrückt durch spezifische Leitfähigkeit
- über 1/.0o Ü-lcm-1, vorzugsweise 1/10o bis 1/.o Q-lcm-1, beträgt, der pfi-Wert
der zu fällenden Lösungen zwischen 4,8 und 6, vorzugsweise bei 5,5, liegt, die Methanolkonzentration
zwischen 15 und 350/" vorzugsweise 25 und 300/" beträgt und der Fällungsvorgang
bei einer Temperatur unterhalb 0°C, vorzugsweise bei -3 bis -5°C, erfolgt.
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Als Nährboden für die Streptokokkenkultur kann z. B. der von Müller
(WHO techn. Rep. Ser.> 61, S. 46 [1953]) für die Züchtung von Diphtheriebakterien
angegebene verwendet werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besteht darin, daß zur fraktionierten
Fällung solcher Filtrate Methanol verwendet wird, wobei jedoch die Fällungsbedingungen
genau eingehalten werden müssen, da sonst die Reinigung, die sich auch in Streptokinase-,
Streptodornase-und Streptolysin-Einheiten pro Gramm Stickstoff ausdrücken läßt,
nicht optimal verläuft.
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Im einzelnen wird bei dem neuen Verfahren zweckmäßig so vorgegangen,
daß die Kulturfiltrate, die zunächst durch Ultrafiltration angereichert und schließlich
durch Gefriertrocknung in den festen Zustand gebracht
wurden, mit
Hilfe von Calciumphosphat vorgereinigt werden, um nämlich Streptolysin zu entfernen
entsprechend dem von Herbert und Todd (Biochem. Journal, 35, S. 1124 [1941]) angegebenen
Verfahren. Bei dem nun folgenden Schritt der Methanolfällung ist es notwendig, den
Salzgehalt der zur Fällung verwendeten Lösungen hoch zu halten, d. h. daß ihre spezifische
Leitfähigkeit nicht unter 1/20o S2-"cm-1 betragen soll. Liegt nämlich eine geringere
spezifische Leitfähigkeit vor, so ist mit einer spezifischen Ausfällung hochaktiven
Materials nicht zu rechnen. Man erhält vielmehr dann Fällungen, die sich in ihrer
Reinheit nur wenig vom Ausgangsmaterial unterscheiden. Diese Verhältnisse werden
in der Abb. 1 dargestellt. Auf der Abszisse sind die Methanolkonzentrationen angegeben,
auf der Ordinate die Christensen-Einheiten Streptokinase pro Milligramm Trockensubstanz.
Es ist zu ersehen, daß bei hohem Salzgehalt, in diesem Fall l/97 ü-lcm-1, und einem
pH-Wert der Lösung von 5,5 eine mit dem Methanolgehalt bis zu einem Grenzwert zunehmende
Reinheit der Fällung auftritt, wogegen bei einer spezifischen Leitfähigkeit von
1/l000 £2-lcm-1 und einem pH-Wert der Lösung von 5,5 der Gehalt an Christensen-Einheiten
Streptokinase pro Milligramm Trockensubstanz in allen Fällungen der gleiche bleibt.
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Eine weitere für die optimale Fällung mit Methanol wichtige Größe
ist der pH-Wert der Lösung. Je nachdem, ob die Lösung sich mehr im sauren oder im
alkalischen Bereich befindet, ist das Maximum der Reinigung bei einer anderen Methanolkonzentration
zu finden. Auch hinsichtlich des Reinigungseffektes und der Ausbeute bestehen erhebliche
Unterschiede. Aus der Abb. 2, in der wiederum auf der Abszisse die Methanolkonzentration
und auf der Ordinate die Christensen-Einheiten pro Gamma Gesamtstickstoff angeführt
sind, ist zu ersehen, daß beim pH-Wert 3 das Optimum der spezifischen Fällung bereits
zwischen 0 und 10 0/0 Methanol liegt, die Reinheit aber bei den folgenden Methanolkonzentrationen
wieder abnimmt. Beim pH-Wert 4,6 liegt das Optimum bei 20 0/0. Allerdings ist die
Reinigung als nicht besonders gut zu bezeichnen. Anders sehen die Verhältnisse beim
pH-Wert 5,5 aus. Hier liegt das Optimum der Fällung bei 20 bis 25 0/0, wobei eine
Reinigung um das Vierfache erzielt werden kann. Bei steigendem pH-Wert verschiebt
sich nun das Optimum der spezifischen Fällung immer mehr zu höheren Methanolkonzentrationen,
beim pH-Wert 7,0 liegt das Maximum zwischen 25 und 30 0/0 und beim pH-Wert 8 zwischen
45 und 50 0/0. Es ist zwar bemerkenswert, daß die Reinigung beim pH-Wert 8 sich
den beim pH-Wert 5,5 gewonnenen Werten nähert, doch ist - wie aus der folgenden
Tabelle hervorgeht -hier die Ausbeute auf Grund der hohen Methanolkonzentration
und der zahlreichen, immer etwas streptokinasehaltigen Vorfällungen unbefriedigend.
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Ausbeute an Streptokinaseeinheiten bei der Methanolfraktionierung
von Rohstreptokinase
PH-Wert Spezifische Methanol- |
der Leitfähigkeit fraktionierungs- Ausbeute |
Fällung Bereich |
3,0 1/97 ü-lcm-1 0 bis 15 0/0 300/, |
4,6 1l97 £2-lcm-1 0 bis 30 0/0 450/" |
5,5 1/87 £2-lcm-1 15 bis 350/0 600/0 |
7,0 1/s7 Ü-lcm-1 25 bis 350/0 250/0 |
8,0 1/97 Ü-lcm-1 45 bis 550/0 150/0 |
Von entscheidender Bedeutung ist auch die bei der Fällung herrschende Temperatur,
die unter 0°C liegen muß, vorzugsweise aber -3 bis -5°C betragen muß. Liegt sie
bei 0° C, ist mit einer zu starken Inaktivierung zu rechnen, liegt sie unter -5°C,
werden zu viel unspezifische Eiweiße mitgefällt. Wie bereits erwähnt, ist die Ausbeute
bei der Fällung in Gegenwart verschiedener pH-Werte unterschiedlich.
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Aus dem Vorhergehenden läßt sich ersehen, daß eine Fällung als optimal
zu bezeichnen ist, die bei einer spezifischen Leitfähigkeit von unter 1/20o S2-lcm-1,
vorzugsweise 1/188 bis 1/50 0-lcm-1, einem pH-Wert zwischen 4,6 und 6,0, vorzugsweise
aber 5,5, 15 bis 35 0/0 Methanol, vorzugsweise aber 25 bis 30 0/0 Methanol, und
einer Temperatur von -3 bis -5°C erhalten wurde. Die nach dem angegebenen Verfahren
hergestellten Produkte können im übrigen in bekannter Weise, z. B. durch Fällungen
mit anorganischen Salzen, z. B. Ammonsulfat, durch Adsorption an basische Gruppen
enthaltende Cellulose usw., weiterverarbeitet werden.
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Das auf diese Weise gewonnene Material wurde in der Klinik auf seine
Wirksamkeit und Veträglichkeit bei Patienten, die an Thrombosen des arteriellen
oder venösen Kreislaufes litten, angewendet. Die Dosierung betrug bis zu 80 000
Einheiten pro die, wobei eine Infusion dieser Menge in physiologischer Glucoselösung
während einer Zeitdauer von 4 bis 5 Stunden erfolgte. Die Verträglichkeit war als
gut zu bezeichnen. Nebenerscheinungen, wie Temperatursteigerungen, Schüttelfröste
und Blutdruckabfälle, konnten nicht beobachtet werden. Beispiel 1 14g Trockenprodukt
mit einer Aktivität von 580 Christensen-Einheiten pro Milligramm Substanz und 25
Christensen-Einheiten pro Gamma Gesamtstickstoff, das aus dem mit Calciumphosphat
behandelten Filtrat einer auf dem von Müller (a. a. O.) angegebenen Nährboden gezüchteten
Streptokokkenkultur erhalten wurde, werden in 47 ccm Aqua bidest. gelöst und mit
93 ccm 0,15 m-Acetatpuffer vom pH-Wert 5,7 versetzt; der pH-Wert der Endlösung beträgt
5,5 und die spezifische Leitfähigkeit 1/9o Q-lcm-1. Zu dieser Lösung werden bei
0 bis -5°C 62 ml eines 980/0igen frisch destillierten Methanols tropfenweise und
unter Rühren zugegeben. Nach Auftreten der Fällung wird noch 1/4 Stunde weitergerührt,
dann abzentrifugiert, und der Rückstand in 30 ccm eiskaltem Wasser aufgelöst. Der
pH-Wert wird mittels Natronlauge auf 7,5 eingestellt. Das hieraus durch Gefriertrocknung
'erhaltene Produkt ergibt 940 mg mit einer Streptokinaseaktivität von 5000 Einheiten
pro Milligramm Trockensubstanz und 120 Einheiten pro Gamma Gesamtstickstoff. Die
Ausbeute beträgt rund 600/,
der Theorie. Der Gehalt an Streptolysin, berechnet
auf 100 000 Einheiten Streptokinase, beträgt weniger als 1 Einheit, der an Streptodornase,
berechnet auf 100 000 Einheiten Streptokinase, weniger als 500 Einheiten.
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Bei der intravenösen Verabreichung am Kaninchen werden keine wesentlichen
Temperatursteigerungen bei Verabreichung von 10 000 bis 50 000 Einheiten pro Kilogramm
beobachtet.
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Beispiel 2 221 mit Calciumphosphat zur Entfernung von Streptolysin
vorbehandeltes Streptokinase-Ultrakonzentrat,
das 420 - 108 Christensen-SK-Einheiten
mit einem Reinheitsgrad von 1100 Einheiten pro Milligramm Trockensubstanz und 38
Einheiten pro Gamma Gesamtstickstoff enthält, werden mit einer 508/gigen Essigsäure
bei 1'C auf den pH-Wert von 5,5 eingestellt. Dabei entsteht eine spezifische Leitfähigkeit
von 1/8a @ lcm-1.
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Nun wird tropfenweise bei einer Temperatur von 0 bis -5'C 9,3 1 frisch
destilliertes 980/giges Methanol unter Rühren zugegeben. Nach der dabei auftretenden
Fällung wird noch 1/4 Stunde weitergerührt und dann abzentrif agiert.
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Der erhaltene Fällungsrückstand wird in 500 ccm eiskaltem Aqua bidest.
gelöst, mittels 0,5normaler Natronlauge auf den pH-Wert von 7,5 eingestellt und
dann membranfiltriert. Das Filtrat wird gefriergetrocknet. Es ergibt 16,7 g Trockensubstanz
mit einer Streptokinase-Aktivität von 15 000 Einheiten pro Milligramm Substanz bzw.
300 Einheiten pro Gamma Gesamtstickstoff. Dies entspricht einer Reinigung auf das
Sieben- bis Achtfache. Der Gehalt an Streptolysin 0, berechnet auf 100 000 Christensen-SK-Einheiten,
beträgt weniger als 10 Einheiten, der Gehalt an Streptodornase-Einheiten, berechnet
auf 100 000 Christensen-SK-Einheiten, weniger als 50 Einheiten. Die Ausbeute beträgt
60 e/0 des Ausgangsmaterials, d. h. 250 - 108 Christensen-SK-Einheiten.