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Verfahren zur Herstellung von cycloaliphatischen Ketoximen bzw. deren
Hydrochloriden Die bisherigen einstufigen Verfahren zur Herstellung cycloaliphatischer
Ketoxime aus gesättigten Kohlenwasserstoffeh beruhen auf der Einwirkung von Stickstoffmonoxyd,
Chlor und Chlorwasserstoff bzw. Nitrosylchlorid und Chlorwasserstoff auf gesättigte
Kohlenwasserstoffe in Gegenwart von UV-Licht (s. die deutschen Patentschriften 958
840, 966 055, 962 333, 1001982,
1010 067 und 1001983).
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Zur Durchführung solcher Reaktionen sind immer Aktivatoren zur Radikalbildung
notwendig. Im Falle der Anwendung von Stickstoffmonoxyd, Chlor und Chlorwasserstoff
ist Licht der Aktivator, der die Chlormoleküle zu Chloratomen spaltet. Diese Chloratome
bilden dann mit dem Kohlenwasserstoff Cycloalkylradikale, die mit dem gleichzeitig
vorhandenen Stickstoffmonoxyd Bisnitrosoverbindungen der Cycloalkane ergeben. Die
Bisnitrosoverbindungen werden von dem Chlorwasserstoff in Gegenwart von UV-Licht
zu den Oximen umgelagert, die sich als Hydrochloride ausscheiden.
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Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß man Oxime cycloaliphatischer
Kohlenwasserstoffe bzw. ihre Hydrochloride unmittelbar aus den Kohlenwasserstoffeh
auch erhält, wenn man auf die Kohlenwasserstoffe als Nitrosierungsmittel Stickstoffmonoxyd
und Chlorwasserstoff einwirken läßt und die Umsetzung in Gegenwart von energiereicher
Strahlung durchführt.
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Als Strahlenquelle zur Erzeugung der energiereichen Strahlung seien
beispielsweise Teilchenbeschleuniger, radioaktive Präparate oder radioaktive Spaltprodukte,
z. B. Abfallprodukte aus Kernreaktoren, genannt.
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Von der erwähnten bekannten Photooximierung von Kohlenwasserstoffeh
mit Stickstoffmonoxyd, Chlor und Chlorwasserstoff unterscheidet sich das erfindungsgemäße
Verfahren grundlegend dadurch, daß es ohne Chlor auskommt und man an Stelle der
bisher verwendeten Lichtquellen nunmehr energiereiche Strahlung, z. B. schnelle
Elektronen, verwendet.
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Die energiereichen Strahlen zerschlagen den Kohlenwasserstoff in Cycloalkylradikale
(vgl. dazu B. Smaller und M. S. Matheson in J. chem. phys., Bd. 28 [1958], S. 1169),
wozu Licht des sichtbaren und UV-Spektralbereiches, wie es bisher für die bekannten
Photooximierungsverfahren verwendet wurde, nicht in der Lage ist. Die entstandenen
Cycloalkylradikale werden dann durch die Anwesenheit von Stickstoffmonoxyd abgefangen
und in Nitroso- bzw. Bis-nitrosocycloalkane übergeführt. Die Anwesenheit des Chlorwasserstoffs
sowie die energiereiche Strahlung bedingen, wie gesonderte Versuche ergeben haben,
eine weitere Umlagerung der primär gebildeten Bis-nitrosoverbindung in das Oxim
des betreffenden Kohlenwasserstoffs, das sich in Form des Hydrochlorids aus der
Lösung abscheidet. Daß es sich hierbei tatsächlich um die Bildung von Cycloalkylradikalen
durch die energiereiche Strahlung, z. B. der schnellen Elektronen, handelt, geht
aus Versuchen hervor, in denen der gesättigte Kohlenwasserstoff und Stickstoffmonoxyd
allein der Bestrahlung ausgesetzt wurden. Man erhält dann in. guten Ausbeuten Bis-nitrosocycloalkane,
deren Bildung nur gemäß nachstehender Gleichung erklärt werden kann:
Die Gesamtreaktion läßt sich daher wie folgt wiedergeben: |
i |
2 . H __ -- -@ 2 H -l-- H2 |
H /\` ,H |
2 H -1- 2N0 H @@NO |
N O H - H Cl |
H ## NO I + 2 HCl 2 H I |
\/ |
2 \/ |
Die Umsetzung der gesättigten Kohlenwasserstoffe mit Stickstoffmonoxyd und Chlorwasserstoff
liefert schon bei gewöhnlicher Temperatur befriedigende Ausbeuten. Die Abtrennung
der erhaltenen Oximhydrochloride ist einfach, da diese sich in den gesättigten Kohlenwasserstoffen
praktisch nicht lösen und sich am Boden des Reaktionsgefäßes absetzen und abgelassen
werden können. :Ulan kann auch die Reaktion grundsätzlich in der Gasphase oder in
allen Lösungsmitteln durchführen, die gegenüber den Reaktionsteilnehmern inert sind,
wie in Tetrachlorkohlenstoff oder Benzol.
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Zur Umwandlung in die freien Oxime werden die Oximhydrochloride wie
üblich in wenig Wasser gelöst, und der Chlorwasserstoff wird mit alkalisch wirkenden
Stoffen, wie Natron- oder Kalilauge oder Alkalicarbonaten bzw. Ammoniak, neutralisiert.
Das freie Oxim scheidet sich ab und kann durch Umkristallisieren in reiner Form
gewonnen werden. Als Nebenprodukte erhält man chlorierte Kohlenwasserstoffe, Spuren
von 1-Chlor-1-nitrosoverbindungen, geringe Mengen von Nitraten, Nitriten und Nitroverbindungen
sowie weitere geringe Mengen hochsiedender Anteile, die aus hochchlorierten Kohlenwasserstoffen
und Polykondensationsprodukten der Kohlenwasserstoffe bestehen.
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Das Verfahren läßt sich auch in kontinuierlicher Form ausführen, indem
man den Kohlenwasserstoff und die zur Reaktion benötigten Gase im Kreislauf führt
und verbrauchte Reaktionspartner ergänzt. `'Weiterhin kann es von Vorteil sein,
unter erhöhtem Druck zu arbeiten.
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Die nach diesem Verfahren zu gewinnenden Oxime gesättigter Kohlenwasserstoffe
dienen in erster Linie als Ausgangsmaterial zur Herstellung von synthetischen Faserstoffen
und Kunststoffen, wobei gleichzeitig eine gute Anwendung der Abfallprodukte aus
Kernreaktoren gewährleistet ist.
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Gegenüber allen bekannten Verfahren zur Photooximierung von Kohlenwasserstoffen,
z. B. mit Nitrosylchlorid in Gegenwart von Chlorwasserstoff, wie in der deutschen
Patentschrift 973 677 beschrieben, hat das erfindungsgemäße Arbeiten erhebliche,
insbesondere verfahrenstechnische Vorteile. Ein wesentlicher Vorteil ist beispielsweise,
daß man nunmehr in Apparaturen arbeiten kann, die keine lichtdurchlässigen Glasteile
zu enthalten brauchen, wodurch die technischen Anlagen weit weniger bruchanfällig
werden. Ein weiterer Vorteil ist auch, daß Strahlenquellen zur Erzeugung energiereicher
Strahlung eine unvergleichbar größere Lebensdauer besitzen als Lichtquellen, wie
Glühbirnen, Leuchtstoffröhren oder Metalldampflampen. Auch Nachteile, die sich bei
den bekannten Photooximierungsverfahren dadurch ergeben, daß Reaktionsraum durch
das Einbringen von Lampen verlorengeht, die Eindringungstiefe der Lichtstrahlen
in den Lösungen bei den Abmessungen der Apparatur zu berücksichtigen ist und die
in Kauf zu nehmenden unerwünschten Lampenbeschläge, die zu einem Rückgang der Ausbeuten
und schließlich zu Betriebsstörungen führen, werden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
vermieden.
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Es ist aus J. Chem. Soc. (London), 1958, S. 3727 bis 3729, zwar bekannt,
energiereiche Strahlung bei der Chlorierung bzw. Bromierung von Kohlenwasserstoffen
zu verwenden. Da der Reaktionsmechanismus, der sich bei dieser bekannten Umsetzung
abspielt, ein ganz anderer ist als bei der erfindungsgemäßen Oximierungsreaktion,
können beide Verfahren also nicht miteinander verglichen werden. Daher konnte diese
Literaturstelle auch keinen Hinweis für die Umsetzungen von Kohlenwasserstoffen
mit Stickstoffmonoxyd und Chlorwasserstoff geben. Beispiel 1 In einem oben offenen
zylindrischen Glasgefäß von 600 ml Inhalt befindet sich am Boden eine Glasfritte
mit seitlichem Gaseintritt, in der Mitte des Gefäßes eine Kühlschlange und am oberen
Ende ein seitlicher Gasauslaß mit Schliff für einen Rückflußkühler. Auf das oben
plangeschliffene Gefäß wird ein Dichtungsring gelegt, auf diesen eine 0,13 mm dicke
Folie aus reinem Zirkon, die mit einem Messingring gasdicht auf die Dichtung gepreßt
wird. Das ganze Gefäß steht zur Isolierung auf einer Kunststoffplatte. Als Strahlungsquelle
wird z. B. ein Van-de-Graaff-Generator mit einer Leistung von 2 MeV benutzt. Die
Elektronen werden von oben durch die Folie in das Bestrahlungsgefäß geschossen.
Um eine Überhitzung des Austrittsfensters des Generators und der Folie zu verhindern,
wird der Elektronenstrahl nicht zentral, sondern durch ein zickzackförmig periodisch
veränderliches Magnetfeld im Vakuumteil des Generators so abgelenkt, daß er die
Folie längs einer Strecke von 81 mm trifft. Das Bestrahlungsgefäß kann seinerseits
gleichmäßig unter dem Elektronenstrahl hin- und herbewegt werden, um die Reaktionszone
möglichst gleichmäßig auszuleuchten. Die während der Bestrahlung erhitzten metallischen
Teile werden durch ein auf den Messingring aufgelötetes Kupferrohr, durch das während
des Versuches kaltes Wasser strömt, gekühlt. Die in dem Gefäß eingebaute Glaskühlschlange
kühlt den zu bestrahlenden Kohlenwasserstoff. Die für die Versuche verwendeten Gase
(Chlorwasserstoff und Stickstoffmonoxyd) werden in mit konzentrierter Schwefelsäure
gefüllten Schraubenwaschflaschen und anschließend durch Überleiten über Phosphorpentoxyd
getrocknet. Der stündliche Gasdurchsatz wird über geeichte Gasdrosseln mit geeigneten
Strömungsmessern gemessen. Zur Entfernung von Sauerstoff wird die Lösung vor der
Bestrahlung 10 Minuten mit Reinstickstoff gespült. Das Einleiten der Gase bewirkt
außerdem eine gute Durchmischung in der Reaktionszone. Diese
Durchmischung
kann auch durch einen geeignet angebrachten Rührer erreicht werden.
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480 g Cyclohexan werden mit Chlorwasserstoff gesättigt und 91 Minuten
mit Elektronen, deren Anfangsgeschwindigkeit 2 MeV beträgt, unter gleichzeitigem
Durchleiten von 101 Stickstoffmonoxyd je Stunde und 101 Chlorwasserstoff je Stunde
bestrahlt. Die Leistung beträgt 50 Watt. Nach Beendigung der Bestrahlung haben sich
etwa 15 cm3 gelbliches Öl auf dem Boden des Gefäßes angesammelt, das von der überstehenden
Cyclohexanlösung abgetrennt wird. Das Öl wird in Wasser gelöst, die Cyclohexanlösung
mit Natronlauge ausgeschüttelt und die wäßrige Lösung des Öls mit dem alkalischen
Auszug vereinigt, auf einen pH-Wert von 4,5 gebracht und dann mit Äther erschöpfend
extrahiert. Aus den so erhaltenen ätherischen Auszügen erhält man nach dem Abdampfen
des Äthers 11,2 g hellbraune Kristalle, die nach dem Waschen mit wenig Petroläther
bei 87 bis 88'C schmelzen und nach chemischem Verhalten, IR-Spektrum und Analyse
Cyclohexanonoxim darstellen. Der G-Faktor für das Oxim beträgt 3,9. Die Ausbeute
an Cyclohexanonoxim beträgt 460/, der Theorie, bezogen auf umgesetztes Cyclohexan.
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Aus der mit Natronlauge ausgeschüttelten Cyclohexanlösung erhält man
durch Destillation bei 40 mm Hg 462 g reines Cvclohexan zurück. Der Rückstand des
abdestillierten Cyclohexans besteht im wesentlichen aus chloriertem Cyclohexan,
Cyclohexyln.itrat, Cyclohexylnitrit, Nitrocyclohexan und polycyclischen Kondensationsprodukten.
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Arbeitet man in der gleichen Weise, aber mit dem Unterschied, daß
man an Stelle von energiereicher Strahlung nunmehr die Umsetzung unter UV-Bestrahlung
durchführt, indem man in den Kohlenwasserstoff ein Kühlgefäß aus Quarz einbringt,
in dem sich eine Quecksilbertauchlampe befindet, so erhält man kein Oxim.
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Beispiel 2 Entsprechend den im Beispiell beschriebenen Versuchsbedingungen
werden 480 g Cyclooctan 1 Stunde bestrahlt. Dabei trübt sich die Lösung sofort,
und es scheidet sich ein fast farbloses zähes Öl am Boden ab, das analog dem Beispiel
1 aufgearbeitet wird. Im Rückstand des abdestillierten Cyclooctans befinden sich
chlorierte Cyclooctane, Cyclooctanon, Cyclooctylnitrat, Cyclooctylnitrit und Nitrocyclooctan
in geringer Menge. Wie beim Beispiel 1 verbleibt auch hier ein Destillationsrückstand,
aus dem durch Destillation bei 0,01 Torr noch weitere Anteile hochchlorierter Kohlenwasserstoffe
und polycyclische Kondensationsprodukte gewonnen werden können. Die Aufarbeitung
der wäßrigen Lösung des Cyclooctanonoximhydrochlorids liefert einen zähflüssigen
hellgelben Rückstand, der nach dem IR-Spektrum und seinem chemischen Verhalten rohes
Cyclooctanonoxim darstellt. Durch Umkristallisieren aus Petroläther erhält man farbloses
Cyclooctanonoxim vom Schmp. 40 bis 41°C in einer Menge von 16,8 g. Der G-Faktor
(Oxim) beträgt 4,8. Da beim Abdestillieren des nicht umgesetzten Cyclooctans 456
g reiner Kohlenwasserstoff zurückgewonnen wurde, beträgt die Ausbeute an Cyclooctanonoxim
550/, der Theorie, bezogen auf umgesetztes Cyclooctan. Beispiel 3 In einem
oben offenen und plangeschliffenen zylindrischen Gefäß von 20 cm Höhe und einem
Durchmesser von 15 cm befindet sich am Boden eine 1,5 cm dicke Bleischeibe mit einem
Durchmesser von 14,5 cm. Die Scheibe steht auf vier kleinen Bleifüßen von 0,5 cm
Höhe. Das Gefäß wird mittels eines Dichtungsrings und einer Glasscheibe, die mit
zwei Öffnungen von 20 mm Durchmesser für die Gasein- und -ausleitung versehen ist,
gasdicht verschlossen. Die für die Versuche verwendeten Gase (Chlorwasserstoff und
Stickstoffmonoxyd) werden, wie im Beispiel 1 beschrieben, getrocknet und durch eine
Fritte in den bestrahlten Kohlenwasserstoff eingeleitet.
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Bestrahlt man in dem Gefäß 2400 g vorher mit Chlorwasserstoff gesättigtes
Cyclooctan mit 120 kV Röntgenstrahlen bei einer mittleren Dosisleistung von 7000
Röntgen pro Minute und einer Gesamtenergie von 7,0 - 1023eV unter gleichzeitigem
Durchleiten von 101 Chlorwasserstoff je Stunde und 101 Stickstoffmonoxyd je Stunde,
so erhält man nach der im Beispiel 1 beschriebenen Aufarbeitung des Umsetzungsgemisches
1,00 g eines zähen, hellgelben Öles, das nach IR-Spektrum und chemischem Verhalten
rohes Cyclooctanonoxim darstellt.