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Verfahren zur flammwidrigen Ausrüstung von körnigen expandierbaren
Massen Im Laufe der letzten Jahre wurden die expandierbaren körnigen Kunststoffe
wertvolle Rohstoffe für die Herstellung von Schaumstoffen. Von besonderer Bedeutung
sind auf diesem Gebiet expandierbare Styrolpolymerisate, wie Polystyrol und kunststoffartige
Mischpolymerisate des Styrols, die sich zu zellartigen Schaumstoffen sehr niedriger
Dichte verarbeiten lassen. Da die leichte Entflammbarkeit der Styrolpolymerisate
für manche Verwendungsgebiete unerwünscht ist, hat man verschiedene Vorschläge gemacht,
um die Brennbarkeit von Styrolpolymerisaten oder anderen leicht entflammbaren thermoplastischen
Kunststoffen herabzusetzen oder zu beseitigen.
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Es ist bekannt, leicht entflammbare thermoplastische Kunststoffe
durch Zusatz von Halogenverbindungen schwer entflammbar zu machen. Die schwer entflammbaren
Mischungen werden unter anderem durch inniges Mischen von hochmolekularen Kunststoffen
mit Halogenverbindungen oder durch Polymerisieren von monomeren Verbindungen in
Gegenwart von Halogenverbindungen hergestellt. Aus solchen schwer entflammbaren
Kunststoffmassen wurden mit Hilfe von Treibmitteln auch schaumförmige Kunststoffe
gewonnen. Es ist aber nachteilig, daß die mechanischen Eigenschaften, besonders
die Druckfestigkeit und Volumenbeständigkeit, derartiger Schaumkörper in manchen
Fällen nicht denAnforderungen genügen. Die Standfestigkeit beim Abkühlen nach der
Formgebung und die Warmstandfestigkeit der Schaumkörper sind vor allem dann nicht
ausreichend, wenn der Halogenkörper als Weichmacher wirkt und dadurch den Erweichungspunkt
der hochpolymeren Komponente ungünstig beeinflußt.
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Schaumkörper aus leicht entflammbaren Kunststoffen wurden auch durchBeschichten
mitHalogenverbindungen schwer entflammbar gemacht. Diese rein oberflächliche Ausrüstung
mit flammfesten Mitteln gewährleistet jedoch keinen sicheren Brandschutz, weil derartig
ausgerüstete Stoffe nach Verletzung der Oberfläche sofort brennen.
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Es wurde gefunden, daß man leicht entflammbare, expandierbare thermoplastische
Kunststoffe in einfacher Weise flammwidrig ausrüsten kann, wenn man körnige Massen
aus leicht entflammbaren, expandierbaren thermoplastischen Kunststoffen mit einer
flammhemmenden organischen Bromverbindung und einer wachsartigen Verbindung, deren
Erweichungspunkt in Gegenwart der Bromverbindung im Temperaturbereich von 40 bis
80"C liegt, bei Temperaturen oberhalb des Erweichungspunktes überzieht und die Schmelze
erstarren läßt.
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Körnige Massen aus leicht entflammbaren, expandierbaren thermoplastischen
Kunststoffen, die gemäß der Erfindung in schwer entflammbare Kunststoffmassen übergeführt
werden können, sind z. B. expandierbare Styrolpolymerisate, wie Homo- und Mischpolymerisate
des Styrols und seiner Derivate. Die durch Suspensionspolymerisation in Gegenwart
leichtflüchtiger aliphatischer oder cycloaliphatischer Kohlenwasserstoffe erhaltenen
Styrol-Perlpolymerisate mit kugelförmigen Einzelteilchen oder auch die durch Blockpolymerisation
von Styrol in Gegenwart von Treibmitteln und anschließendes Zerkleinern erhaltenen
grobkörnigen Polymerisatmassen mit unregelmäßig geformten Einzelteilchen sind von
besonderem Interesse. Andere geeignete thermoplastische Kunststoffe sind z. B. Homo-
und Mischpolymerisate des Methacrylsäuremethylesters und des N-Vinylcarbazols.
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Als Treibmittel sind auch leichtflüchtige Halogenkohlenwasserstoffe
brauchbar. Der Durchmesser der Teilchen derartiger körniger Massen beträgt im allgemeinen
1 bis 4 mm. Durch Erhitzen in Formen lassen sich die körnigen Massen zu harten Formkörpern
aufblähen.
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Als wachsartige Verbindungen sind unter anderem folgende Stoffe brauchbar:
wachsartige Paraffinkohlenwasserstoffe, Montanwachse und deren Umwandlungsprodukte,
z. B. mit Polyalkoholen veresterte Montanwachse, wachsartige Fettsäureester höherer
Alkohole, z. B. Stearylsäureoctadecylester, wachsartige Umsetzungsprodukte von Äthylenoxyd
mit höheren Alkoholen, wachsartige Polyester, z. B. Polycarbonate von 1,4-Butandiol.
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Als flammhemmende Bromverbindungen sind zahlreiche bromhaltige organische
Verbindungen geeignet, vorzugsweise solche, die mindestens 400/, Brom in aliphatischer
oder cycloaliphatischer Bindung enthalten.
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Organische Bromverbindungen, die eine gute flammhemmende Wirkung ausüben,
sind z. B. 1,2,3,4-Tetrabrombutan, Tri- (2,3 -dibrompropyl) -phosphat, 1,2-Dibromäthylbenzol,
Glyoxaltetra-(2,3-dibrompropyl) -acetal, Oxalsäuredi- (2,3-dibrompropyl) -ester,
polymerer Acrylsäure - (2,3- dibrompropyl) - ester, Dibrombernsteinsäuredi- (2,3-dibrompropyl)
-ester.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung besteht z. B. darin,
daß die körnigen Massen in einer Mischapparatur mit einer festen, pulverisierten
wachsartigen Verbindung, z. B. Paraffin, und einer pulverförmigen Bromverbindung
überstäubt werden. Dann bringt man den dünnen pulvrigen Überzug durch kurzes Erwärmen,
wie durch Einblasen von warmer Luft, zum Schmelzen und erhält anschließend durch
Erstarrenlassen der Schmelze einen dünnen festhaftenden Überzug auf den expandierbaren
Teilchen, der die fiammhemmende Bromverbindung in feiner Verteilung enthält. Wenn
eine besonders feine, unter Umständen homogene Verteilung der Bromverbindung im
Wachs angestrebt wird, kann man die beiden Komponenten vorher im geschmolzenen Zustand
mischen, die erstarrte Schmelze pulverisieren und mit diesem Pulver die Beschichtung
vornehmen. Die Verträglichkeit der Bromverbindung mit dem Wachs ist aber nicht Voraussetzung;
es genügt, wenn die Bromverbindung in feiner, gleichmäßiger Verteilung, jedoch heterogen
in der Wachsschicht liegt. Der Erweichungspunkt des Wachses soll in Gegenwart der
Bromverbindung im Temperaturbereich von 40 bis 80"C liegen. Wenn die körnigen Massen
mit homogenen Gemischen aus Bromverbindung und Wachs überzogen werden, können die
Schmelzpunkte bzw. Enveichungspunkte der einzelnen Komponenten also auch außerhalb
dieses Temperatur bereiches liegen.
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Die Beschichtung des expandierbaren Granulates kann auch in wäßriger
Phase vorgenommen werden. Diese Möglichkeit ist dann gegeben, wenn die Bromverbindung
oder das Wachs sich nicht pulverisieren lassen. Durch Rühren des im warmen Wasser
verteilten Granulates zusammen mit Bromverbindung und Wachs, vorzugsweise unter
Druck läßt sich ein dünner fiammhemmender Überzug auf den kleinen Teilchen erzielen.
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Dem Gemisch aus Bromverbindung und Wachs kann man auch noch Füllstoffe
oder harzartige Verbindungen zugeben, z. B. wenn die Festigkeit des Überzuges hierdurch
verbessert wird oder die Verteilung des flammhemmenden Gemisches auf das Granulat
erleichtert wird.
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Durch leicht klebende Oberflächen wird die Handhabung und Verarbeitbarkeit
der expandierbaren Massen sehr erschwert. In diesem Fall lassen sich durch Zugabe
von pulverförmigen Verbindungen, z.B. von feinteiliger Kieselsäure zu dem beschichteten
Granulat, und Mischen völlig trockene und klebfreie Oberflächen erzeugen.
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Die flammfestgemachten körnigen Massen aus expandierbaren Kunststoffen
lassen sich genauso wie nicht behandelte Massen zu porösen Formkörpern mit Dichten
von 20 kg/m3 und weniger aufblähen. Der flammfeste Überzug verringert weder die
Blähfähigkeit noch die Verschweißbarkeit der einzelnen Teilchen. Die fertigen Schaumkörper
besitzen an der Oberfläche eine zusammenhängende Schicht und im Innern ein durchgehendes
Gerüst aus flammhemmendem Material. Die Schaumkörper sind hierdurch überraschenderweise
ebenso schwer entflammbar wie solche, die Halogenverbindungen mit flammwidrigen
Eigenschaften in homogener Verteilung enthalten. Da diese Arbeitsweise eine molekulare
Verteilung der Halogenverbindungen in den Kunststoffmassen vermeidet, werden durch
das Verfahren gemäß
Erfindung die mechanischen Eigenschaften der Schaumkörper, z.
B. durch eine weichmachende Wirkung der Bromverbindungen, nicht beeinflußt. Die
nach der Erfindung hergestellten flammfesten körnigen Massen gewährleisten daher
eine gute Standfestigkeit daraus gewonnener Schamnkörper beim Abkühlen nach der
Formgebung und im Dauerstandversuch bei erhöhter Temperatur. Gegenüber den Verfahren,
die eine rein oberflächliche Beschichtung der Schaumkörper vorsehen, gewährt das
erfindungsgemäße Verfahren einen weitaus sichereren Flammschutz.
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Die in den nachstehenden Beispielen angegebenen Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1 Durch Schmelzen und Mischen von 5 Teilen Paraffin (Fp.
70"C), 5 Teilen Kolophonium und 10 Teilen 1,2,3,4-Tetrabrombutan, Erstarrenlassen
der Schmelze und Pulverisieren wird ein homogenes pulverförmiges Gemisch erhalten.
Das Pulver wird zusammen mit 100 Teilen eines perlförmigen, etwa 701, Pentan als-Treibmittel
enthaltenden Polystyrols in eine Mischtrommel gegeben und durch Mischen ein gleichmäßiger
pulvriger Überzug auf den Perlen erzeugt. Während der Mischer noch läuft, bläst
man 3 bis 5 Minuten lang 80"C warme Luft ein und kühlt dann durch Einblasen von
Kaltluft.
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Man erhält rieselfähige Perlen mit einem festhaftenden, flammhemmenden
Überzug, die sich zu druckfesten, volumenbeständigen Schaumkörpern expandieren lassen.
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Beispiel 2 In einem Druckkessel werden 100 Teile Paraffin (Fp. 70"C),
100 Teile 1,2,3,4-Tetrabrombutan und 1000 Teile eines perlförmigen expandierbaren
Polystyrols mit 701, Pentan als Treibmittel bei 3 at Druck unter Stickstoff in 1000Teilen
Wasser 30 Minuten bei 80"C gerührt. Vor dem Abkühlen wird 1 Teil Polyvinylpyrrolidon
zugegeben. Man trennt die körnige Masse von der wäßrigen Phase ab und trocknet.
Es werden rieselfähige expandierbare Perlen erhalten, die einen gleichmäßigen Überzug
aus Paraffin und 1,2,3,4-Tetrabrombutan besitzen.
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PATENTANSPRV CHE: 1. Verfahren zum flammwidrigen Ausrüsten von körnigen,
expandierbaren Massen aus leicht entflammbaren thermoplastischen Kunststoffen, dadurch
gekennzeichnet, daß man körnige, expandierbare Massen aus leicht entflammbaren thermoplastischen
Kunststoffen mit einer flammhemmenden organischen Bromverbindung und einer wachsartigen
Verbindung, die in Gegenwart der Bromverbindung im Temperaturbereich von 40 bis
80"C erweicht, bei Temperaturen, die im Erweichungsbereich der Mischung aus Bromverbindung
und Wachs liegen, überzieht und die Schmelze erstarren läßt.