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Verfahren zur Verminderung der Radioaktivität von Wasser oder anderen
Flüssigkeiten durch Behandlung mit Kationenaustauschern Verschiedene physikalische
und kernchemische Prozesse bedingen die radioaktive Verseuchung von Wasser und anderen
Flüssigkeiten. Dies kann zu einer radioaktiven Verseuchung von ganzen Flußläufen
und regionalen Grundwasserspiegeln führen. Der- Gebrauch eines solchen Wassers ist
gefährlich.
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Es ist bekannt, Wässer oder andere Flüssigkeiten zur Verminderung
ihrer Radioaktivität mit Kationenaustauschern zu behandeln, so daß die radioaktiven
Ionen gebunden werden. Die bekannten Ionenaustauscher sind wasserunlösliche - Substanzen,~
welche bewegliche Ionen enthalten, die durch andere Ionen ersetzt werden können,
wenn die Substanzen in Kontakt mit diesen auszutauschenden Ionen enthaltenden Flüssigkeiten
gebracht werden.
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Ublicherweise werden Alkali- oder Calciumionen enthaltende Ionenaustauscher
verwendet, und zwar natürliche Aluminiumsilikate, z. B. die Zeolithe Natrolith,
Heulandit, ebenso wie auch synthetische Natriumaluminiumsilikate, ferner sulfonierte
Substanzen, insbesondere sulfonierte Kohlen oder gewisse sulfonierte organische
Kunstharze aus der Gruppe der Phenol-Formaldehyd-Kondensationsprodukte, der Polystyrole
usw.
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Es hat sich jedoch gezeigt, daß die Herabsetzung der Radioaktivität
bei stark verseuchten Flüssigkeiten durch die Behandlung mit den üblichen Ionenaustauschern
ungenügend ist. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß die meisten Austauschreaktionen
in einem Reaktionsgleichgewicht enden, welches eine zwar schwache, aber doch noch
gefährliche Radioaktivität zurückläßt.
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Erfindungsgemäß wird nun die Radioaktivität von Flüssigkeiten weit
wirkungsvoller dadurch vermindert, daß als Kationenaustauscher solche benutzt werden,
welche mit Ionen von Schwermetallen mit Atomgewichten über 100, gegebenenfalls außerdem
wie üblich mit Alkali- oder Calciumionen beladen sind.
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Die Wirkungsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens kann folgendermaßen
erklärt werden: Die radioaktiven Ionen sind zum überwiegenden Teil Ionen von Schwermetallen,
die in der Flüssigkeit in Form von löslichen Salzen der üblichen Anionen, z. B.
C 03-- oder Cl-, vorhanden sind. Werden diese Anionen mit den Schwermetallionen
des Austauschers in Berührung gebracht, so bilden sie unlösliche Salze, die im Inneren
des Austauschers ausgefällt werden.
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Dieser Vorgang kann durch folgende Real:tionsgleichung dargestellt
werden.
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Ex2M + X2Me* 2 X2M T Ex2Me*, (1) wobei Ex der Rest des Austauschers,
M das im Austauscher enthaltene Schwermetallion, X ein Anion
(z. B. CH) und Me* ein
radioaktives Schwermetallion ist.
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Die Ionenaustauscherreaktionen sind, wie gesagt, Gleichgewichts reaktionen.
Wenn also eines der Reaktionsprodukte (X2M) ausfällt, dann wird die oben angeführte
Gleichgewichtsbeziehung zur rechten Seite verschoben, so daß das Festhalten der
radioaktiven Ionen Me* gewährleistet ist.
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Bei der angeführten Reaktionsgleichung ist vorausgesetzt, daß die
üblichen Austaucherionen vollständig durch Schwermetallionen ersetzt sind. Man erhält
jedoch die gleichen vorteilhaften Ergebnisse,-wenn nur ein Teil der üblichen Ionen
durch SchwermetaLlionen ersetzt ist. Bestehen beispielsweise die Austauscherionen
teilweise aus Ex2M und teilweise z. B. aus
Ex Na, so ist außer der
Reaktionsgleichung (I) gleichzeitig folgende Reaktionsgleichung (II) giiltig: 2
Ex Na + X2 Me* :t 2 X Na + Ex2 Me*. (II) Hängt dieses zweite Reaktionsgleichgewicht
von der Gesamtkonzentration des dna in der Flüssigkeit und damit von der Gesamtkonzentration
des X ab und dissoziiert XNa in X und Na+, so wird durch die Ausfällung des XSM
das Gleichgewicht dieser Reaktionsgleichung (II) nach rechts verschoben und hat
ein verbessertes Festhalten des Me* zur Folge.
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Wenn also sowohl die üblichen Austauschionen als auch Schwermetallionen
in dem Ionenaustauscher vorhanden sind, so hält er nach der Reaktionsgleichung (I)
diejenigen radioaktiven Schwermetallionen fest, welche der Reaktionsgleichung (11)
entsprechend noch nicht festgehalten sind. Hierbei ist es gleichgültig, ob die beiden
lonenarten in dem gleichen Austauscher bzw. der gleichen Austauschersubstanz enthalten
sind oder ob sie an je eine Austauschersubstanz gebunden und in Serie geschaltet
sind.
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Die Verwendung der zumindesten teilweise gemäß der Erfindung aus
Schwermetallionen bestehenden Austauscherionen führt zu einem anderen vorteilhaften
und sehr wichtigen Ergebnis: In dem Maße, in dem die radioaktiven Ionen auf dem
Austauscher festgehalten werden, entsteht auf diesem eine Radioaktivität. Diese
stellt für das Personal, das die Entseuchungsvorrichtung bedient, eine große Gefahr
dar, die unbedingt beseitigt werden muß. Die üblichen Ionenaustauscher müssen daher
bereits lange vor der volleri Ausnutzung ihrer Austauschkapazität entfernt werden.
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Gemäß der Erfindung werden jedoch als Kationenaustauscher solche
benutzt, die mit Ionen von Schwermetallen mit Atomgewichten über 100 beladen sind,
und zwar vorzugsweise mit Barium, Silber, Blei, Cadmium, Wismut oder Quecksilber.
Diese nicht radioaktiven Schwermetalle absorbieren die Strahlungen bzw. die ausgesandten
korpuskularen Partikeln der radioaktiven Ionen; d. h. bei dem Verfahren gemäß der
Erfindung ergibt sich der zusätzliche Vorteil, daß die radioaktive Wirkung und insbesondere
die auf dem Austauscher entstehende Radioaktivität durch die Austauschersubstanz
selber mindestens zum Teil abgeschirmt wird, so daß die Austauschersubstanzen ohne
Gefahr lange Zeit - und zwar bis zum Erschöpfen ihrer Austauschkapazität - benutzt
werden können.
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Dies ist bei der Abfiltrierung der Flüssigkeit und eventuell beim
Einfüllen und Transport des gebrauchten Austauschers wichtig. Die Reinigung der
bei dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten Austauscher kann nach Gebrauch leicht
durchgeführt werden.
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Um unerwünschte Nebenwirkungen von in die behandelte Flüssigkeit
übergegangenen Austauscherionen zu verhindern, können diese auch mittels geeigneter
Ionen in der behandelten Flüssigkeit unlöslich niedergeschlagen werden.
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Wenn die erfindungsgemäßen Schwermetallionen zusammen mit den iiblichen
Alkali- oder Calciumionen zur Verwendung kommen, werden vorzugsweise beide Ionenarten
an dieselbe Austauschersubstanz gebunden.
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Selbstverständlich können jedoch die Schwermetallionen und. die Alkali-
oder Calciumionen an verschiedenke Austauschersubstanzen gebunden sein, wobei die
beiden Austauschersubstanzen nacheinander angewendet werden, d. h. beispielsweise
die Flüssigkeit zunächst mit einem mit Schwermetallionen und dann mit einem mit.
Alkali- oder Calciumionen beladenen Austauscher behandelt wird.
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Die Behandlung der Flüssigkeit mit dem Austauscher kann wie üblich
auf drei verschiedene Weisen erfolgen: a) Die Flüssigkeit wird durch eine Schicht
von granuliertern Austauschermaterial geleitet. b) Der pulverförmige Austauscher
wird mit der zu entseuchenden Flüssigkeit verrührt, wonach das gereinigte Wasser
abfiltriert wird. c) Die Flüssigkeit wird durch eine Membran geleitet, welche den
Ionenaustauscher enthält bzw. aus ihm besteht. Der Austauscher liegt hierbei zweckmäßig
als leicht zu entfernende Oberflächenschicht vor. welche auch leicht wieder aufgetragen
werden kann.
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Bei der Auswahl der Austauscherionen ist auch der unterschiedliche
Mineralstoffgehalt der zu behandelnden Wässer zu berücksichtigen.
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Beispiel 1 Ein natürliches Wasser von Härtegrad 12 und einem Mineralgehalt
von 350 mg/l hat unter der Wirkung einer radioaktiven Uranverbindung eine Radioaktivität
von 2,5 F C/1 angenommen.
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In ein Glasgefäß mit 3 cm Durchmesser und 30 cm Höhe werden 200 cmS
eines synthetischen Zeolithes eingefüllt, welcher vorher folgender Behandlung unterzogen
worden ist: Der Zeolith wird in einem überschuß 50/oiger Calciumchloridlösung behandelt
und danach mit destilliertem Wasser ausgewaschen, bis keine Calciumionen mehr nachweisbar
sind. Danach wird die radioaktive Flüssigkeit, und zwar jeweils 21, eingefüllt.
Nachdem die ersten 5 1 mit derselben Austauschersubstanz behandelt worden sind,
wird die Radioaktivität des mittels des Austauschers entseuchten Wassers gemessen.
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Sie beträgt nunmehr -0,9 FC/1. Durch Behandlung mit den üblichen Ionenaustauschern
ist also die Radioaktivität auf knapp ein Drittel ihres Betrages reduziert worden.
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Zum Vergleich dieses bekannten Verfahrens mit dem Verfahren gemäß
der Erfindung wird nunmehr das gleiche Wasser (d. h. mit einer Radioaktivität von
2,5 C/l) unter den gleichen Bedingungen mit dem gleichen Zeolith zusammengebracht,
der aber folgender Behandlung unterzogen worden war: Zunächst wirdl der Zeolith
mit einer 5 0/obigen Na Cl-Lösung regeneriert, dann abfiltriert. Danach erfolgt
eine Behandlung des Zeolithes in einer Lösung von 7 g kristallisiertem Bariumchlorid
in 200 cm3 Wasser mit anschließender Spülung mit destilliertem Wasser, bis keine
Bariumionen mehr nachgewiesen werden können. Die Austauschersubstanz enthält somit
gleichzeitig Natrium- und Bariumionen.
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Nach dieser Behandlung des Zeolithes wird das verseuchteWasser mit
ihm mit folgendem Ergebnis behandelt. Die ersten 5 1 des gereinigten Wassers, welches
vor der Behandlung mit dem Austauscher eine Radioaktivität von 2,5 C/l aufwiesen,
haben nach der Behandlung mit dem mit Barium- und Natriumionen beladenen Austauscher
nur noch eine Radioaktivität von 0,03 Cit/1. Bariumionen können in dem entseuchten
Wasser nicht mehr nachgewiesen werden.
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Beispiel 2 11 eines gemäß den vorhergehenden Beispielen verseuchten
radioaktiven Wassers wird mit 50 g pulverisiertem, sulfoniertem Polystyrolkunstharz
verrührt.
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Das genannte Polystyrolkunstharz war vorher in einer waßrigen Lösung
von 10 g Na Cl und 30 g Ba Cl2 in
11 Wasser behandelt und so lange
gespült worden, bis keine Bariumionen mehr nachweisbar waren.
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Danach wird das Ganze 1/4Stunde gerührt. Die Radioaktivität des Gemisches
Flüssigkeit Austauschersubstanz beträgt etwa 0,06 Cit/1.
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Nach der Abfiltrierung des Niederschlages weist derselbe praktisch
keine nachweisbare Strahlung mehr auf.
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Beispiel 3 11 Meerwasser, welches 27 g/l Na Cl enthält, wird mittels
einer radioaktiven Uranverbindung so lange verseucht, bis es eine Radioaktivität
von 3 C/l aufweist.
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250cmS sulfoniertes Polystyrolpulver wird zunächst in einem Überschuß
einer 5 0/oigen Silbernitratlösung behandelt, dann so lange ausgewaschen, bis keine
Silberionen mehr nachweisbar sind.
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Danach verrührt man das verseuchte Wasser 10 Minuten lang mit dem
erhaltenen Austauscher und schüttet es dann auf ein Filter, vorzugsweise ein Büchnerfilter.
Die filtrierteFlüssigkeit enthält nur noch 0,5 g/l Na Cl, während die Radioaktivität
weniger als
0,08 C/l beträgt. Silberionen können nicht nachgeweisen werden.
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PATENTANSPROCHE: 1. Verfahren zur Verminderung der Radioaktivität
von Wasser oder anderen Flüssigkeiten durch Behandlung mit Kationenaustauschern,
dadurch gekennzeichnet, daß als Kationenaustauscher solche benutzt werden, welche
mit Ionen von Schwermetallen mit Atomgewichten über 100, gegebenenfalls außerdem
wie üblich mit Alkali- oder Calciumionen beladen sind.