-
Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von stickstofffreiem Argon
durch Tiefkühlung und Rektifikation der Luft Die Erfindung betrifft die Gewinnung
von stickstofffreiem Argon durch Tiefkühlung und Rektifikation atmosphärischer Luft.
Argon wird z. B. als Schutzgas bei der Schweißung von Leichtmetallen verwendet,
wobei höchstens 0,13% Stickstoff im Argon zugelassen werden. Meist liegen die Anforderungen
jedoch noch wesentlich höher, so daß Argon bis zu einer Reinheit von 99,99% verlangt
wird.
-
Die meisten der heute bekannten Verfahren zur Gewinnung stickstofffreien
Argons durch Tiefkühlung und Rektifikation atmosphärischer Luft gehen davon aus,
dem unteren (zwischen Kondensator und Rohsauerstoffzuführungsstelle liegenden) Teil
der Niederdrucksäule einer Luftzerlegungsanlage mit doppelter Rektifikation eine
mit Argon angereicherte Sauerstoff-Argon-Stickstoff-Fraktion (»Argonvorfraktion«)
zu entziehen und diese Fraktion einer weiteren Zerlegung durch Rektifikation zu
unterziehen. Diese Fraktion besteht zum überwiegenden Teil aus Sauerstoff.
-
Es sind zwar auch Verfahren bekanntgeworden, die aus dem oberen (zwischen
Rohsauerstoffzuführungsstelle und dem Kopf der Niederdrucksäule liegenden) Teil
der Niederdrucksäule einer Luftzerlegungsanlage mit doppelter Rektifikation eine
Stickstoff-Argon-Sauerstoff-Fraktion entziehen und diese einer weiteren Rektifikation
unterwerfen. Diese Fraktion besteht zum überwiegenden Teil aus Stickstoff. Doch
hat sich in der Praxis herausgestellt, daß dieses Verfahren schwierig zu steuern
ist und nur mäßige Argonausbeuten ergibt. Man zieht daher das zuerst genannte Verfahren
vor.
-
Es ist ferner bekannt, die aus dem unteren Teil der Niederdrucksäule
entnommene Argonfraktion in einer Nebenkolonne dadurch mit Argon anzureichern, daß
die Argonvorfraktion dampfförmig am Fuß dieser Nebenkolonne eingeführt und nach
Durchströmen einer größeren Zahl von Rektifizierböden am Kopf der Nebenkolonne fast
vollständig kondensiert wird. Nur ein kleiner Teil des hochsteigenden Dampfes wird
am Kopf der Nebenkolonne als Rohargon entnommen. Zur Durchführung der Kondensation
des weitaus größten Dampfanteiles in der Nebenkolonne ist an deren Kopf ein Kondensator
angebracht, indessen Außenraum auf den Druck der Niederdruckkolonne entspannter
Rohsauerstoff von etwa 40% Sauerstoff verdampft wird. Je nach dem gewünschten Rücklaufverhältnis
in der Nebenkolonne kann in diesem Kondensator das gesamte Rohsauerstoffprodukt
oder nur ein Teil von ihm verdampft werden. Der verdampfte und der flüssig gebliebene
Rohsauerstoff werden an der gleichen Stelle in die Niederdruckkolonne zurückgeleitet,
an der die Argonvorfraktion entnommen wurde. Das in der Nebenkolonne gewonnene Rohargon
kann dampfförmig oder auch flüssig aus ihr abgezogen werden, und zwar entweder direkt
aus der Haube des Kondensators der Nebenkolonne (wenn es dampfförmig abgezogen werden
soll) oder aus einem Trichter direkt unterhalb des Kondensators (wenn es flüssig
abgezogen werden soll) oder aber auch einige Böden unterhalb des Kondensators, wobei
auch im letzteren Falle eine Entnahme als Flüssigkeit oder als Gas möglich ist.
-
Bei diesem bekannten Verfahren enthält das Rohargon neben einer zwischen
etwa 1 und 10% liegenden Verunreinigung mit Sauerstoff auch noch weitere Verunreinigungen
mit Stickstoff, die jedenfalls höher sind, als es für die Verwendung des Argons
als Schutzgas beim Schweißen zulässig ist. Deshalb ist es bei den bekannten Verfahren
nötig, in einer Nachdestillationskolonne das Argon von Stickstoff zu trennen. Dieser
Prozeß der Nachdestillation wird im allgemeinen gekoppelt mit dem der Entfernung
von überschüssigem Wasserstoff, der als Überschußgas bei der katalytischen Verbrennung
des im Rohargon befindlichen Sauerstoffs auftritt. Das bekannte Verfahren zum Reinigen
des Rohargons besteht also darin, daß man das Rohargon zuerst gegen sich selbst
auf etwa Umgebungstemperatur anwärmt, den in ihm befindlichen Sauerstoff durch katalytische
Verbrennung mit Wasserstoff zu Wasser verbrennt und diese Verbrennung mit Wasserstoffüberschuß
steuert, anschließend das so deoxidierte Argon - gegebenenfalls nach geringfügiger
Kompression - im Wärmeaustausch mit sich selbst auf etwa Sättigungstemperatur abkühlt
und in der Nachdestillationskolonne einer weiteren Rektifikation unterzieht. Zu
diesem Zwecke entzieht man der Mitteldrucksäule der Luftzerlegungskolonne dampfförmigen
Stickstoff, kondensiert ihn in einer
Heizschlange im Sumpf der Nebenkolonne
und expandiert ihn auf etwa den Druck der Niederdruckkolonne in einen am Kopf der
1Tebenkolonne befindlichen Kondensator. Das etwa in der Mitte der N achdestillationskolonne
eingeführte deoxidierte Argon zerlegt sich in eine praktisch von Verunreinigungen
freie Argonfraktion, -die am Fuß der Kolonne abgezogen wird, und in eine am Kopf
der Kolonne abzuziehende, aus Stickstoff, Argon und Wasserstoff: bestehende Restfraktion,
die ins Freie gelassen wird.
-
Obgleich mit diesem Verfahren sehr reines Argon gewonnen werden kann,
so hat es doch erhebliche Nachteile. Vor allem bedeutet der Entzug des Mitteldruckstickstoffes
zum Betrieb der Nachdestillationskolonne eine Verschlechterung der Rektifikationsbedingungen
in der Hauptkolonne, und diese Verschlechterung wirkt sich in einer Verringerung
der Argonausbeute aus. Man hat deshalb vorgeschlagen, die N achdestillationskolonne
mit einem von der eigentlichen Luftzerlegungsanlage unabhängigen eigenen Kreislauf
(etwa Stickstoffkreislauf) zu betreiben, doch wird hierdurch der Betrieb verteuert.
-
Im Gegensatz zu den bekannten Verfahren kommt das Verfahren nach der
Erfindung zur Gewinnung stickstofffreien Argons ohne eine besondere Nachdestillationskolonne
aus. Dies wird erfindungsgemäß dadurch ermöglicht, daß die Argonvorfraktion aus
dem unteren Teil der Niederdruckkolonne einer Luftzerlegungssäule mit doppelter
Rektifikation an einer solchen Stelle entnommen wird, an der nur Argon und Sauerstoff,
jedoch praktisch kein Stickstoff vorhanden ist. Die an der Entnahmestelle zulässige
Stickstoffkonzentration richtet sich dabei nach der gewünschten Reinheit des Argonproduktes.
Soll z. B. der Stickstoffgehalt im Argonprodukt nicht höher als 0,1% sein und das
Rohargon einige Böden unterhalb des Kondensators der Nebenkolonne als Dampf abgezogen
werden, so darf an der Entnahmestelle der Argonvorfraktion aus dem unteren Teil
der Niederdrucksäule kein höherer Stickstoffgehalt als 0,1% im Dampf herrschen (nach
genauerer Rechnung sogar nicht mehr als 0,064/o). Bei dieser Betriebsweise wird
aus der Haube des Kondensators der Nebenkolonne stets eine kleine :Menge Stickstoff-Argon-Sauerstoff-Gemisch
ins Freie geblasen. Soll das Rohargon dagegen direkt aus der Haube des Kondensators
der Nebenkolonne entnommen werden, so darf die Stickstoffkonzentration der Argonfraktion
nur einen Bruchteil der im Argonprodukt zulässigen Stickstoffverunreinigungen betragen,
weil der Stickstoff, als der flüchtigste der drei Gase Sauerstoff, Argon und Stickstoff,
mit Vorliebe im obersten -Teil der \?ebenkolonne sich ansammelt. Man muß in diesem
Falle eine Entnahmestelle wählen, wo der Stickstoffgehalt der argonreichen Vorfraktion.nur
den etwa 40sten bis 50sten Teil der im Reinargon zulässigen Stickstoffkonzentration
beträgt.
-
Indem erfindungsgemäß die Argonvorfraktion an einer solchen Stelle
der \ iederdruckkolonne der Luftzerlegungsanlage entnommen wird, an der der Stickstoffgehalt
vernachlässigbar klein ist, wird zugleich mit dem Vorurteil gebrochen, die günstigste
Entnahmestelle für die Argonvorfraktion sei diejenige, wo der Stickstoffgehalt etwa
gleich dem Sauerstoffgehalt ist, weil dort das Maximum der Argonanreicherung liegt.
Im Gegensatz zu dieser bekannten Auffassung wird nach dem erfindungsgemäßen Gedanken
die Argonvorfraktion nicht an der Stelle des Argonmaximums entnommen, sondern an
einer wesentlich tieferen Stelle unterhalb des Argonmaximums, ohne daß dadurch die
Ausbeute an Argon verringert wird. Die Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens besteht darin, daß zwischen die Stelle des Argonmaximums und die Entnahmestelle
für die Argonvorfraktion zusätzliche Rektifizierböden eingebaut werden, deren Aufgabe
darin besteht, den Argongehalt geringfügig und gleichzeitig den Stickstoffgehalt
sehr stark zu verringern. Es wurde gefunden, daß in dem genannten, zwischen Argonmaximum
und der Entnahmestelle der Argonvorfraktion liegenden Kolonnenteil der Niederdrucksäule
der Luftzerlegungsanlage vier theoretische Böden den am Argonmaximum vorhandenen
Stickstoffgehalt um eine Zehnerpotenz verringern. Beträgt an der Stelle des Argonmaximums
der Stickstoffgehalt z. B. 8%, so hat er sich zwanzig theoretische Böden tiefer
auf den 105ten Teil, also auf 0,00008%, verringert. Die durch die Einschaltung der
Rektifizierböden zwischen dem Argonmaximum und der Entnahmestelle für die Argonvorfraktion
bedingte Vergrößerung der Bauhöhe der Luftzerlegungskolonne wird man in Anbetracht
der hierdurch bewirkten Vereinfachung des Verfahrens in Kauf nehmen können.
-
Die Zeichnung stellt ein Ausführungsbeispiel der Vorrichtung nach
der Erfindung dar.
-
In der Mitteldruckkolonne 1 der Luftzerlegungsanlage wird durch die
Leitung 2 Luft unter etwa 6 ata in an sich bekannter Weise eingeblasen. Diese Luft
kommt aus im Gegenstrom zu den Zerlegungsprodukten arbeitenden Wärmeaustauschern,
die nicht eingezeichnet sind. Die Luft befindet sich auf der dem Druck von 6 ata
entsprechenden Siedetemperatur und ist zu einem geringen Prozentsatz verflüssigt.
Auf den Rektifizierböden 3 zerlegt sich die Luft im Gegenstrom zu herabrieselndem
Kondensat in bekannter Weise in eine im Trichter 4 abgezogene Waschstickstofffraktion
von etwa 0,5% Sauerstoff und in eine aus dem Sumpf 5 der Mitteldruckkolonne 1 abzuziehende
Rohsauerstofffraktion von etwa 40% Sauerstoff. Die Waschstickstofffraktion wird
in bekannter Weise durch die Leitung 6 abgeführt, in nicht gezeichneten Tiefkühlern
durch das Stickstoffprodukt tiefgekühlt, bei 7 entspannt und auf den Kopf 8 der
Säule bei 9 aufgeschüttet. Durch Leitung 10 wird der Rohsauerstoff aus dem Sumpf
der Mitteldruckkolonne 1 abgezogen, durch nicht gezeichnete Tiefkühler im Gegenstrom
zu dem Stickstoffprodukt tiefgekühlt und im Entspannungsventil 11 in den
unter dem Druck der Niederdruckkolonne 13 stehenden Außenraum des Kondensators 12
der Nebenkolonne 14 entspannt. Der im Kondensator verdampfte Rohsauerstoff wird
durch Leitung 15, der flüssig gebliebene Rohsauerstoff durch Leitung 16 der Niederdrucksäule
an der geeigneten Stelle 17 zugeleitet.
-
Der von der Stelle 9 herabrieselnde Waschstickstoff reichert sich
auf seinem Wege durch den Stickstoffteil 18 der Niederdrucksäule 13 mit Sauerstoff
an und vermischt sich mit dem aus Leitung 16 bei 17 eingespeisten flüssigen Rohsauerstoff.
Dieses Gemisch reichert sich im Teil 19 der Niederdruckkolonne weiter mit
Sauerstoff an, wobei gleichzeitig der Argongehalt steigt, bis er am unteren Ende
von 19 sein Maximum erreicht. Dieses Maximum betrage im vorliegenden Falle etwa
15% Argon im Dampf, 10,7% Argon in der Flüssigkeit. An dieser Stelle seien etwa
5% Stickstoff im Dampf, 3% Stickstoff in der Flüssigkeit vorhanden. Für diese Argonanreicherung
muß der Teil 19 etwa zehn theoretische Böden erhalten.
-
Erfindungsgemäß wird nun die Argcinvorfraktion nicht am unteren Ende
von 19, sondern erst am unteren Ende von 20 durch die Leitung 21 zu dem Boden
der
Nebenkolonne 14 geleitet und nach Durchströmen der Rektifizierböden der Kolonne
14 im Kondensator 12 fast vollständig verflüssigt. Das Rohargonprodukt wird praktisch
stickstofffrei aus der Haube des Kondensators 12 abgezogen. Die Rücklaufflüssigkeit
verläßt Kolonne 14 durch Leitung 22 und wird auf den obersten Boden des Kolonnenteiles
23 aufgeschüttet.
-
Der zusätzliche Kolonnenteil 20 besteht beispielsweise aus sechzehn
theoretischen Böden. An seinem oberen, dem Argonmaximum entsprechenden Ende herrscht
im Dampf eine Konzentration von 15% Argon und 3% Stickstoff. Längs des Kolonnenteiles
20 wird dem Gedanken der vorliegenden Erfindung entsprechend der Stickstoffgehalt
in Dampf und Flüssigkeit bis auf einen sehr kleinen Rest herausrektifiziert. Nach
der schon oben mitgeteilten Gesetzmäßgkeit kann man am unteren Ende von Kolonnenteil
20, also auch in der durch Leitung 21 zur N ebenkolonne 14 abgezogenen Argonvorfraktion,
einen Stickstoffgehalt von nur 3 - 10-4=0,0003% erwarten. Die unvermeidliche Stickstoffanreicherung,
die die Argonvorfraktion in der Säule 14 erleidet und die bei dampfförmigem Abzug
des Rohargons aus der Haube des Kondensators 12 bei 24 etwa das 40- bis 50fache
beträgt, bleibt dann dennoch in erträglichen Grenzen, weil nämlich der Stickstoffgehalt
bei 24 nur den Wert von 40 bis 50 - 0,0003 = 0,012 bis 0,015% Stickstoff nicht überschreitet.
-
Das bei 24 abgezogene praktisch stickstofffreie Argon wird gegen die
hereinströmende zu zerlegende Luft erwärmt und z. B. in Kupferöfen von Sauerstoff
befreit.
-
Im Kolonnenteil 20 ist gleichzeitig mit der starken Verkleinerung
der Stickstoffkonzentration eine mäßige Verkleinerung der Argonkonzentration von
15 0/a Argon im Dampf an der Stelle des Argonmaximums auf etwa 10% Argon im Dampf
an der Entnahme der Argonvorfraktion eingetreten. Diese leichte Verkleinerung der
Argonkonzentration ist erträglich und beeinträchtigt weder Argonreinheit noch Argonausbeute.
-
Die aus dem Kolonnenteil 20 ablaufende Flüssigkeit vereinigt sich
mit der aus der Nebenkolonne 14 durch Leitung 22 ablaufenden Flüssigkeit und wird
im Kolonnenteil 23 durch Rektifikation von Argon praktisch vollkommen befreit,
so daß die in den Außenraum des Kondensators 25 laufende Stauerstoff -flüssigkeit
eine Reinheit von etwa 99,7 bis 99,9% hat. Der größere Teil dieser Flüssigkeit dient
in bekannter Weise zur Kondensation der in der 11Ylitteldruckkolonne 1 aufsteigenden
Dämpfe, der Rest (das Sauerstoffprodukt) wird durch Leitung 26 abgezogen und dient
in bekannter Weise zur Kühlung der zu zerlegenden Luft in nicht gezeichneten Austauschern.
Am Kopf der Niederdruckkolonne zieht durch die Leitung 27 das Stickstoffprodukt
mit etwa 0,51/o Sauerstoff praktisch frei von Argon ab und wird in nicht gezeichneten
Austauschern zur Tiefkühlung des Waschstickstoffes, des Rohsauerstoffes und zur
Kühlung der zu zerlegenden Luft verwendet.