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Verwendung von Silikatfasern zur Herstellung von Formstücken mit Zement
als Bindemittel Zusatz zur Patentanmeldung G 14021 IVc/32h (Auslegeschrift
1026 928) Es ist seit langem bekannt, Formstücke wie z. B. Platten, Rohre
u. dgl. aus Asbest und Zement herzustellen. Die Herstellung erfolgt nach verschiedenen
Verfahren, die als Formverfahren, Halbtrocken-Maschn:enverfahren, Naßpreßverfaahhren
und Naß-Masdhinenverfähren bezeichnet werden. In der Praxis hat sich das Naß-Maschinenverfahren
durchgesetzt. Nach diesem Verfahren werden je nach der Verwendungsart und der gewünschten
Festigkeit zwischen 10 und 25 Gewichtsprozent Fasergut und 75 bis 90 Gewichtsprozent
Portlandzement mit Wasser zu einem Brei vermischt und in einem Holländer homogenisiert.
Der nochmals verdünnte Brei gelangt in eine Ein- oder Mehrzylinderrundsiebmaschine.
Von den Siebzylindern wird der sich darauf bildende Faserzementfilm auf eine Formatwalze
geleitet und, sobald er die gewünschte Stärke erreicht hat, abgenommen, entwässert
und gegebenenfalls nachgepreßt.
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Die nach diesem oder ähnlichen Verfahren hergestellten Formstücke
zeichnen sich durch eine gute Festigkeit und eine geringe Wasseraufnahme aus. Die
Biegefestigkeit, die von der deutschen Industrienorm nach DIN 274 z. B. für ungepreßte
Asbestzementtafeln bis 12 mm dick senkrecht zur Faser mit 200 kg/cm2 und gleichlaufend
zur Faser mit 150 kg/cm2 vorgeschrieben ist, wird zum Teil erheblich überschritten.
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Um sich von dem verhältnismäßig teuren Asbest, der den Preisschwankungen
des Weltmarktes unterliegt, frei zu machen und die Schwierigkeiten, mit denen seine
Einfuhr aus den Ursprungsländern zeitweise verbunden ist, zu umgehen, hat man bereits
vorgeschlagen, den Asbest ganz oder teilweise durch andere Faserstoffe zu ersetzen.
Bei der Verwendung von organischen Faserstoffen wird jedoch die Wasseraufnahme des
Endproduktes wesentlich heraufgesetzt. Durch die damit verbundene Gefahr des Ausfrierens
und durch die infolge der Verwendung von organischen Stoffen geminderte Feuerfestigkeit
sind diese Produkte nur beschränkt verwendbar. Auch die Verwendung von synthetischen
anorganischen Fasern, wie z. B. Schlackenwolle, Glaswolle und gebräuchliche Steinwolle,
hat bisher keine befriedigenden Ergebnisse gebracht. Soweit diese Fasern der mechanischen
Beanspruchung während des Mischvorganges standhalten, liegt die Festigkeit der mit
ihnen hergestellten Formstücke unter den Anforderungen der DIN-Vorschrift. Sie fällt
innerhalb und. nach der Abbindezeit des Zementes (etwa 28 Tage) stark ab, während
die bei der Verwendung von Asbest erzielten Anfangswerte bei zunehmendem Alter bis
zu 10 Jahren noch eine Steigerung von etwa 30 bis 40% erfahren. Aus diesem Grunde
ist man in der Praxis von der Verwendung von synthetischen anorganischen Fasern
für die Herstellung von Formstücken mit Zement. völlig abgekommen.
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Es hat sich nun herausgestellt, daß man durchaus günstige, über den
Anforderungen der DIN-Normen liegende Ergebnisse hinsichtlich der Biegefestigkeit
und der Wasseraufnahme der Formstücke durch die Verwendung verwitterungsbeständiger,
hochelastischer synthetischer Silikatfasern bzw. -fäden gemäß Patentanmeldung G
14021 IVc/32b, die aus nicht mehr als 1,5% Ca O, aus nicht mehr als 1,0°/o Na, 0
und K20-sowie als mengenmäßigen Hauptbestandteilen aus 40 bis 650% Si02, 15 bis
40% Mg0 und 5 bis 24% A120.. bestechen, neben oder an Stelle natürlicher
anorganischer Fasern, wie Asbest, zur Herstellung von Formstücken, Platten, Rohren
u. dgl. unter Verwendung von Zement als Bindemittel erzielen kann. .
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t1berrasdhenderweise hat sich gezeigt, daß Formstücke, bei denen der
Asbest zum größeren Teil durch solche Fasern ersetzt ist, im Laufe der Zeit einegrößere
Zunahme der Biegefestigkeit erfahren als solche Formstücke, bei denen ausschließlich
die gleiche Asbestsorte verwendet wurde. So .hat sich beispielsweise gezeigt, daß
16,65 Gewichtsprozent Asbest und
83,35 Gewichtsprozent Zement nach
28 Tagen eine Biegefestigkeit von 360 kg/cm2 und nach 90 Tagen eine solche von 400
kg/cm2 des Formstückes ergeben, während mit 5 Gewichtsprozent Asbest 11,65 Gewichtsprozent
der erfindungsgemäßen synthetischen Fasern und 83,35 Gewichtsprozent Zement nach
28 Tagen eine Biegefestigkeit von 460 kg/cm2 und nach 90 Tagen eine solche von 533
kg/cm2 in dem Formstück erreicht werden kann.
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Für diesen überraschenden und nach den bisherigen Erfahrungen mit
synthetischen anorganischen Fasern nicht zu erwartenden Erfolg dürften verschiedene
Eigenschaften der Fasern, die die oben angegebenen Merkmale aufweisen, ursächlich
sein.
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Es konnte festgestellt werden, daß solche Fasern wesentlich geschmeidiger
sind als andere synthetische anorganische Fasern. Während diese infolge ihrer größeren
Sprödigkeit zum Teil schon durch die rein mechanische Beanspruchung während des
Mischens brüchig oder gar zerstört werden, überstehen jene den b,lisdhvorgang, ohne
ihre Struktur und ihre ursprüngliche Biege- und Zugfestigkeit zu verlieren.
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Außerdem sind, wie sich gezeigt hat, diese alkaliarmen und magnesiumoxydhaltigen
Fasern gegen die chemischen Einflüsse, die sich während des nassen Mischens einstellen
und offenbar auch während des Abbindens und nach dem Abbinden des Zementes anhalten,
widerstandsfähiger. Bei dem Zusatz von Wasser zum Zweck des Abbindens des Zementes
wird Ätzkalk (Calciumhydroxyd) frei, der mit 1,26 g pro 1000 ccm Wasser bis zur
Sättigung gelöst wird. Die üblichen synthetischen anorganischen Fasern, wie Schlackenwolle,
Glaswolle und Gesteinswolle, enthalten verhältnismäßig große Mengen an Erdalkali
in Form von Calciumoxyd und Alkali in Form von Natriumoxyd und Kaliumoxyd. Dabei
ist, wie eingehendeUntersuchungen ergeben haben, das Natriumoxyd nicht gleichmäßig
über den Faserquerschnitt verteilt, sondern in der Hauptsache an der Faseroberfläche
angereichert. Caleiumoxyd ist infolge seines großen Atomradius mit dem Kieselsäuretetraeder
in der Faser nur wenig vernetzt. Dadurch wird offenbar der Angriff des Ätzkalkes
auf die Faser begünstigt und Natriumoxyd und Calciumoxyd und in geringem Umfange
auch Kaliumoxyd aus der Faser herausgelaugt, so daß Kerbwirkungen in der Längs-
und Querrichtung der Faser entstehen, die zu einer schnellen Abnalhme der Biege-
und Zugfestigkeit führen. Dagegen ist der Angriff des Ätzkalkes bei aus Kieselsäure
und Metalloxyden bestehenden Fasern der oben angegebenen Zusammensetzung weit weniger
wirksam.
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Auch die 1lakrostruktur der synthetischen Fasern scheint für die besondere
Festigkeit der damit hergestellten Formstücke eine wesentliche Ralle zu spielen.
Asbestfasern bleiben auch bei guter Aufschließung und weitgehender Homogenisierung
im Holländer in Büscheln zusammen. Sie werden demzufolge nicht völlig homogen über
den Querschnitt der daraus hergestellten Formstücke verteilt. Synthetische Fasern
fallen dagegen in einem Vlies an und lassen sich mit dem Zement gleichmäßig vermischen.
Bei gemeinsamer Verwendung von Asbest und synthetischen Fasern schließen diese gewissermaßen
die Lücken, die zwischen den einzelnen Asbestbüscheln entstehen. Dadurch erklärt
sich auch die größere Festigkeit der aus Asbest und synthetischen Fasern der genannten
Art hergestellten Formstücke.
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Im allgemeinen lassen sich gute Erfolge durch die Verwendung synthetischer
Fasern erzielen; bei denen die Zusammensetzung in folgenden Grenzen schwanken kann:
S1 02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 bis 65 % A12 03 . .. .. .. .. ..
.. .. .. . 5 bis 24% Fee 03 . . . . . . . . . . . . . . . ... 0 bis 15 0/0
Ti 02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0 bis 10 0/0 CaO ... .. .. .............
0 bis 150/0 Mg0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 bis 40% Nag O -!- K20 .
. . . . . . . . . . . 0 bis 3 0/0 B203 . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . 0 bis
10% Als besonders vorteilhaft haben sich synthetische Fasern erwiesen, die nur etwa
101a Calciumoxyd und etwa 0,6'% Natriumoxyd und Kaliumoxyd enthalten und einen Gehalt
an Magnesiumoxyd von etwa 24% aufweisen.
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Es ist zwar bereits früher vorgeschlagen worden, für die Herstellung
von Fasern und Fäden Silikatsdhmelzen zu verwenden, die alkalifrei oder alkaliarm
sind und denen gegebenenfalls zur Erreichung der notwendigen Viskosität Flußspat,
Borsäure, Berylliumoxyd oder Bariumoxyd beigegeben wird. Die vorgeschlagenen Zusammensetzungen
wiesen jedoch stets einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Erdalkali in Form von
Calei-umoxyd mit den erwähnten nachteiligen Eigenschaften bei ihrer Verwendung zur
Herstellung von mit Zement gebundenen Formstücken auf. In einer früheren wissenschaftlichen
Untersuchung über den Einfluß der Zusammensetzung von Silikatschmelzen auf ihre
Verspinnbarkeit zu Fasern bzw. Fäden findet sich unter anderem die Angabe, daß eine
Zusammensetzung mit 40% Kieselsäure, 30% Aluminiumoxyd und 30% Magnesiumoxyd unvorteilhaft
sei, da sie zu groben, stachligen, unelastischen Fasern führe. Der Grund hierfür
ist mutmaßlich in dem höheren als dem erfindungsgemäß mit 24% begrenzten Gehalt
von 30% Aluminiumoxyd zu suchen. In der gleichen Untersuchung finden sich Angaben
darüber, daß ein Gehalt an Catciumoxyd von wenigstens 3 bis 5% für notwendig gehalten
wurde, um überhaupt zu verspi.nnbaren Silikatschmelzen und Fasern mit brauchbaren
Eigenschaften zu gelangen. Gehalte an Calciumoxyd unter den angegebenen Werten wurden
in der bekannten wissenschaftlichen Untersuchung durchweg als ungünstig angesehen.
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Für die Verwendung zur Herstellung von mit Zement gebundenen Formstücken
kommen jedoch nur feinfädige, hochelastische Fasern in Frage, die den mechanischen
und chemischen Beanspruchungen bei der Verarbeitung standhalten. Die durch die Hauptpatentanmeldung
gegebene Anweisung zur Herstellung verwitterungsbeständiger, hochelastischer Fasern
eröffnet daher erstmalig einen vorteilhaften Weg, synthetische Silikatfasern zur
Herstellung zementgebundener Formstücke an Stelle von Asbestfasern zu verwenden,
ohne daß die Eigenschaften der Formstücke dadurch nachteilig beeiriflußt werden.
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Die Herstellung der Formstücke erfolgt auch bei der erfindungsgemäßen
Verwendung von alkaliarmen und magnesiumoxydhaltigen Fasern nadle den an sich bekannten
und eingangs erwähnten Verfahren. Bei der Anwendung des Halbtrocken-Maschinenverfahrens
werden beispielsweise die synthetischen Fasern, wie der Asbest, mit dem Zement trocken
gemischt. Die trockene Mischung wird in dünner Lage auf ein endloses Band ausgebreitet,
mit der notwendigen Wassermenge befeuchtet und zwischen Preßwalzen zu einer dichten
Platte verfestigt. Bei dem Naß-Maschinenverfahren
werden die Fasern
und der Zement mit Wasser zu einem Brei vermischt und im Holländer homogenisiert.
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Das Mengenverhältnis von Fasern bzw. Fasergemisch und Zement kann
je nach den gewünschten Eigenschaften der zu fertigenden Endprodukte wie bisher
gewählt werden. Bewährt haben sich solche Gemische, die zwischen 15 und 20°/o Fasern,
bezogen auf die erhärtete Gesamtmenge, enthalten. Der jeweilige Anteil an natürlichen
Fasern, wie Asbest, und den erfindungsgemäß zu verwendenden synthetischen Fasern
kann in weiten Grenzen schwanken. Es hat sich jedoch als zweckmäßig erwiesen, solche
Fasergemische zu verwenden, die nicht mehr als 50% natürliche Fasern enthalten,
da mit höherem Gehalt an diesen die besonders günstigen Eigenschaften der synthetischen
Fasern nicht mehr in wünschenswertem Maße zur Auswirkung kommen.
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Bei der Anwendung des Naß-Maschinenverfahrens hat es sich als vorteilhaft
herausgestellt, neben den synthetischen Fasern etwa 5 Gewichtsprozent Asbest zu
verwenden, da auf diese Weise die Homogenisierung des nassen Gemisches aus Fasern
und Zement gefördert und erleichtert wird. Für diesen Zweck genügen die geringen
und billigen Asbestsorten.
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Abgesehen von der guten Biegefestigkeit der aus synthetischen alkaliarmen
und magnesiumoxydhaltigen Fasern hergestellten Formstücke zeichnen sich diese auch
durch eine äußerst geringe Wasseraufnahme aus. Hierbei spielt vermutlich die Tatsache
ein Rolle, daß der Asbest trotz der Aufschließung in Büscheln zusammenbleibt. Zwischen
den einzelnen Fasern des Büschels bleiben Hohlräume frei, welche von der Feuchtigkeit
ausgefüllt werden. Synthetische Fasern liegen dagegen einzeln getrennt vor und haben
dadurch keine Möglichkeit, Feuchtigkeit zu absorbieren. Die Wasseraufnahme der Formstücke
bleibt mit etwa 22 Gewichtsprozent weit unter der DIN-Norm. Die Formstücke sind
daher auch besonders unempfindlich gegen Ausfrierungen.
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Ein weiterer Vorteil der Erfindung ist, daß die synthetischen Fasern
in stets gleichbleibender Qualität anfallen, während der Asbest je nach Sorte, Ursprungsland
und Grad der Aufschließung nicht unerheblichen Schwankungen unterliegt. Dadurch
werden die bei der Verwendung von Asbest bei jeder neuen Lieferung notwendigen Te-stversuehe
über das günstigste Mischungsverhältnis erspart. Schließlich ist noch hervorzuheben,
daß die erfindungsgemäß zu verwendenden synthetischen Fasern bei der Verwendung
neben Asbest gerade die guten und teuren Asbestsorten zu ersetzen in der Lage sind
und daß es zur Erzielung besonderer Festigkeiten in dem Formstück genügt, kleine
Mengen minderwertiger Asbestsorten beizugeben.
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Die Verwendung von alkaliarmen und magnesiumoxydhaltigen synthetischen
Fasern ermöglicht es also nicht nur, den Asbest bei der Herstellung von Formstücken
mit Zement ganz oder teilweise zu ersetzen. Sie bietet auch bei der Herstellung
und hinsichtlich der Güte und Qualität der Formstücke selbst wesentliche Vorteile.