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Verfahren zur Oxydation von gesättigten und ungesättigten 21-Hydroxysteroiden
der Pregnanreihe Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Einführung
einer Hydroxylgruppe in die 21-Stellung von Steroiden der Pregnanreihe mit Hilfe
bestimmter Mikroorganismen.
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Es ist bekannt, daß die meisten Hormone dieser Reihe, beispielsweise
das Desoxycorticosteron, das Cortison, das Hydrocortison, das 1(2)-Dehydrocortison
oder Prednison sowie das 1(2)-Dehydrocortisol oder Prednisolon, eine Hydroxylgruppe
in 21-Stellung tragen.
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Andererseits eignet sich das Pregnan-21-ol-3,20-dion zur Herstellung
von Derivaten mit einem gewissen Anästhesierungsvermögen.
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Die Einführung der 21ständigen Hydroxylgruppe erfolgt im allgemeinen
auf chemischem Wege; dieses Verfahren verläuft nicht immer mit gutem Erfolg, insbesondere
dann nicht, wenn das Ausgangspregnan keine Hydroxylgruppe in 17-Stellung trägt,
da das Brom, das man in die 21-Stellung einführen will, um es nachher durch eine
Hydroxylgruppe auszutauschen. immer in die 17-Stellung geht.
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Man hat auch bereits auf mikrobiologischem Weg die Hydroxylgruppe
in 21-Stellung bei Steroiden der Pregnanreihe eingeführt, beispielsweise unter Verwendung
von Ophiobolus herbotrichus (vgl. Helv. Chim. Acta, Bd. 37, 1954, S. 1552) oder
Aspergillus niger (vgl. Experientia, Bd.9, 1955, S.219), jedoch sind bei einer derartigen
Arbeitsweise die Inkubationszeiten recht lang und betragen 2 bis 9 Tage.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht nun einerseits die Einführung
der Hydroxylgruppe in die 21-Stellung in einer einzigen Stufe und andererseits die
Verwendung neuer oder bisher für die Herstellung gegebenenfalls substituierter Pregnan-21-ole
noch nicht verwendeter Ausgangsstoffe.
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Es wurde gefunden, daß man in 21-Stellung eine Hydroxylgruppe tragende
Verbindungen erhält, wenn man verschiedene Steroidverbindungen der Pregnanreihe
der Einwirkung eines Fungus oder Pilzes der Art Melanconiales aus der Famlie der
Melanconiaceae-, species Colletotrichum Lindemuthianum, in bekannter Weise unterwirft
oder diese Verbindungen der Einwirkung oxydierender Enzyme aussetzt, die aus Kulturen
dieser Mikroorganismen isoliert wurden. Es sei bemerkt, daß nicht alle Species der
Familie der Melanconiaceae in gleichem Grade zur Einführung der 21ständigen Hydroxylgruppe
geeignet sind. Verschiedene Species von Colletotrichum Lindemuthianum wurden isoliert
und sorgfältig charakterisiert. In der mycobakteriologischen und wissenschaftlichen
Literatur finden sich Beschreibungen von mehreren dieser Species.
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Gegenüber den bisher bekannten Verfahren zur Einführung der Hydroxylgruppe
in 21-Stellung bei Steroiden bringt das erfindungsgemäße Verfahren einen wesentlichen
Fortschritt mit sich, da mit Colletotrichum Lindemuthianum schon nach 24stündiger
Inkubation das gewünschte Produkt in Ausbeuten von 50% erhalten wird, während man
nach den bisherigen Verfahren, wie schon erwähnt, Inkubationszeiten von 2 bis 9
Tagen benötigt.
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Es war möglich, aus Schoten von mit Anthracnose befallener Bohne einen,
wie aus dem folgenden ersichtlich, besonders aktiven Stamm zu isolieren. Dieser
Stamm ist in den Laboratoires Fran@ais de Chimiotherapie unter der Nummer U 230
registriert. Einzelheiten über den Stamm U 230 Der Stamm U 230 bildet auf einem
Nähragar auf der Grundlage von Kartoffelabsud und Saccharose bei 6- bis 10tägiger
Kultur bei einer Temperatur von etwa 24° C ein dunkelgefärbtes Mycel, dessen Conidiophoren
kleine schwarze Conidien von länglicher, mehr oder weniger gebogener Form tragen,
wobei keine exozellulare Pigmentabsonderung in den Agar diffundiert.
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Die Conidien, die - sich - im Laufe dieser ersten Züchtung gebildet
haben, werden gesammelt und als
Impfmaterial zur sterilen Impfung
eines geeigneten Kulturmediums, das sich beispielsweise in einem Erlenmeyerkolben
befindet, verwendet. Diese zweite Fermentation wird bei geeigneten Temperaturen
auf einem Schüttelapparat durchgeführt. Nach einem Zeitraum von 1 bis 1o Tagen führt
man in das Fermentationsmedium eine Lösung des zu hydroxylierenden Pregnans in einem
geeigneten Lösungsmittel ein, inkubiert die 'Mischung während eines Zeitraums von
12 bis 5o Stunden und bestimmt das gesuchte Pregnan-21-01 in einem aliquoten Anteil
des Kulturmediums, ehe es nach üblichen Arbeitsweisen isoliert wird, wobei nach
der Extraktion eine chromatographische Reinigung oder Umkristallisationen oder die
1't)erfiihrung in charakteristische Derivate angeschlossen werden, die seine Abtrennung
von den bei der Fermentation gebildeten Nebenprodukten oder von nicht umgesetztem
Augsgangsmaterial ermöglichen. Der 'Mikroorganismus, durch dessen Verwenclung sich
die vorliegende Erfindung auszeichnet, kann tatsächlich in gewissen Fällen und je
nach der Art des verwendeten Steroids auch noch eine oder mehrere weitere Hvdroxylgruppen
in andere Stellungen als die 21-Stellung bei einer bestimmten Menge des Ausgangsmaterials
einführen.
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Das erfindungsgemäß verwendete Kulturmedium für Colletotrichum Lindemuthianum
enthält vorzugsweise eine Quelle für Kohlehydrate, beispielsweise Glukose. Saccharose
oder Stärke. Außerdem kann eine mineralische Stickstoffquelle, wie Nitrate, Ammoniumsalze
usw., verwendet werden. Man kann offensichtlich letztere durch eine organische Stickstoffquelle,
beispielsweise ein Proteinhydrolysat, Sojamehl, Baumwollsamenmehl u. dgl., vervollständigen
oder ersetzen. Auch Mineralsalze können verwendet werden, beispielsweise Phosphate,
Kaliumsalze. Eisensalze, Magnesiumsalze oder Calciumsalze. Ein Puffer, wie Calciumcarbonat,
kann zweckmäßig sein, obgleich der pß-Wert im allgemeinen durch die Fermentation
nicht sehr verändert wird.
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Während der Fermentation. die bei Durchführung im großen 'Maßstab,
in Gefäßen durchgeführt werden kann, die sich für eine submerse aerobe Fermentation
eignen, wird das Nährmedium in bei der Antibiotikaberstellung üblicher Weise bewegt
und belüftet. Es ist manchmal notwendig, einen Entschäumer zu verwenden.
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Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die in
21-Stellung zu hydroxylierende Steroidverbindung in Form einer feinverteilten festen
Substanz oder als Lösung in einem Lösungsmittel, das das Wachstum von Colletotrichum
Lindemuthianum nicht stört, in das Fermentationsmedium eingeführt werden. Die Zugabe
kann vor oder auch im Laufe der Fermentation erfolgen. Man kann die Einführung der
Hydroxylgruppe auch in der Weise durchführen, daß man das Pregnan der Einwirkung
fermentierter Flüssigkeit oder eines Enzymextraktes einer erfindungsgemäß verwendeten
Mikroorganismenkultur, die nach klassischen Methoden der Enxymologie hergestellt
wurde, unterwirft. Nach der Einführung der Hydroxylgruppe kann das gesuchte Steroid
durch Papierchromatographie charakterisiert werden, die außerdem Anhaltspunkte für
den Umwandlungsgrad liefert und eine Verfolgung dieser Umwandlung während des Verfahrens
ermöglicht. Die Isolierung erfolgt nach an sich bekannten Methoden.
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Die biologische Einführung einer Hydroxylgruppe in 21-Stellung ist
bereits im Zusammenhang mit anderen Mikroorganismen (vgl. M e y s t r e und Mitarbeiter,
Helv. Chim. Acta., Bd. 37, 1954, S. 1548) beschrieben worden, die Familien angehören,
die sich von den gemäß der Erfindung verwendeten stark unterscheiden.
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Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren.
1lan kann insbesondere die Kulturmedien und die Züchtungsbedingungen sowie die Arbeitsweisen
zur Charakterisierung oder Extraktion variieren, ohne aus dem Bereich der Erfindung
z11 gelangen.
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Man kann außerdem jeden Stamm von Colletotrichum Lindemuthianum verwenden,
der sich von dem Stamm U 230 ableitet und durch klassische Mutationen aus demselben
erhalten wurde, beispielsweise durch Behandlung mit Röntgenstrahlen, mit Ultraschall
oder mit Stickstofflost.
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Beispiel 1 Herstellung von 1(2)-Dehydrocortison (1,4-Pregnadien-17a,21-diol-3,11,20-trion)
a) Herstellung von 1,4-Pregnadien-17x-o1-3,11,20-trion Diese Verbindung wird, ausgehend
von dem im Beispiel 4 des Patents 963 875 beschriebenen 2,4-Di-1)rompregnan-17a-ol-3,11,20-trion,
hergestellt.
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5 g dieser Dibromverbindung vom F. = 269 bis 270° C, [a] ö
= + 62° (c = 0,5°/o in Aceton), werden in 20 ccm frisch destilliertes
Collidin eingeführt. Man leitet einen Stickstoffstrom durch und destilliert unter
Rühren etwa 15 ccm des Collidins in einer Viertelstunde ab. Man läßt den Rückstand
abkühlen und nimmt ihn mit 50 ccm einer Wasser-Eis-Mischung und 15 ccm konzentrierter
Salzsäure auf. Der gebildete Niederschlag wird abgesaugt und bis zur Chloridfreiheit
derWaschflüssigkeiten mitWasser gewaschen. Man saugt ab und trocknet bei 40° C.
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Gemäß der spektographischen Untersuchung im Ultraviolett bei 239 mu
enthält das Produkt 50 0l0 1,4-Pregnadien-17a-ol-3,11,20-trion, das man durch Chromatographie
an Aluminiumoxyd isoliert. Man erhält etwa 1,7 g des gesuchten Diens vom F.=244°
C und [a] ö = -I-142° (c = 1% in Chloroform). Zur Reinigung wird es unter Rückfluß
und Rühren in 3 Volumina absolutem Äthanol behandelt, eisgekühlt und abgesaugt.
Man erhält etwa 1,2 g des reinen Produkts vom F.=245° C (das Produkt schmilzt, wird
erneut kristallin und schmilzt dann wiederum bei etwa 280° C, [a] ö0 = -f-149° (c
= 1% in Chloroform).
Mikroanalyse C21H2604=342,43: |
berechnet ... C73,66, 1 17,65, 018,69; |
gefunden ... C73,6, H 7,7, 018,7. |
Dieses Produkt ist löslich in Dimethylformamid und Dioxan, wenig löslich (von 1
bis 2% bei gewöhnlicher Temperatur) in Methanol, 2-Methoxyäthanol und Methyläthylketon
und unlöslich in Wasser und Isopropyläther. Es ist neu, die Beschreibung seiner
Herstellung hat im Rahmen der vorliegenden Erfindung nur erläuternden Charakter.
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b) Einführung der Hydroxylgruppe auf biologischem Wege Man züchtet
Colletotrichum Lindemuthianum 10 Tage bei 24° C in einem Agarmedium auf der Grundlage
von 2% Saccharose und 20% Kartoffelabsud. Man sammelt die Conidien in destilliertes
Wasser. Die erhaltene Suspension dient zum sterilen Beimpfen eines 1-1-Erlenmeyerkolbens,
der 100 ccm eines wie folgt zusammengesetzten Mediums enthält:
Reine Glukose ...................... 10- |
Malzextrakt ........................ 5 g |
Sojamehl ........................... 10 g |
Natriumchlorid ..................... 5 g |
Maisduellwassertrockenextrakt ...... 5 g |
Calciumcarbonat .................... 1 g |
Leitungswasser ad 1000 ccm. |
Der pH-Wert dieses Mediums wurde vor der Zugabe auf 6,8 bis 7,0 mit Kalilauge eingestellt,
und das Medium selbst wurde durch 30minütiges Erhitzen auf 1.20° C sterilisiert.
Nach 5tägiger Züchtung bei 24° C auf einer Schlagvorrichtung (85 Schläge pro Minute,
Hub 8 cm) gibt man zu 100 ccm der Kulturflüssigkeit 1 ccm einer 1%igen Lösung des
gemäß Beispiel 1, a) hergestellten 1,4-Pregnadien-17a-ol-3,11,20-trions in Aceton.
Eine weitere Inkubation während 24 Stunden unter den gleichen Bedingungen führt
zu 1,4-Pregnadien-17a,21-diol-3,11,20-trion in einer Ausbeute von 500/0, was aus
den papierchromatographischen Bestimmungen hervorgeht, die mit 50 ccm der Kulturflüssigkeit
in der folgenden Weise durchgeführt werden: Die Flüssigkeit wird abfiltriert und
das Mycel zweimal mit je 5 ccm Aceton gewaschen, die mit dem Filtrat vereinigt werden.
Man zieht dann das Mycel zweimal mit je 50 ccm Chloroform und das obenerwähnte Filtrat
mit diesen 100 ccm Chloroform und dann noch zweimal mit je 20 ccm Chloroform aus.
Die vereinigten Chloroformextrakte werden danach mit einer wäßrigen Bicarbonatlösung
und dann mit U'asser gewaschen, über Magnesiumsulfat getrocknet und im Vakuum zur
Trockne eingedampft. Der Rückstand wird mit 1 ccm Methanol aufgenommen und der Papierchromatographie
unterworfen. Man verwendet Whatman-Papier Nr. 1, das mit Benzol und Methanol gewaschen
wurde. Vor der Chromatographie wird das Papier in eine 30%ige Propylenglycollösung
eingetaucht. Nach dem Abtropfenlassen führt man die Chromatographie unter Verwendung
von mit Propylenglycol gesättigtem Toluol als Lösungsmittel für das Steroid bei
einer Entwicklung von 8 bis 15 Stunden durch. Die Sichtbarmachung der Flecken erfolgt
entweder durch Fluoreszenz im ultravioletten Licht oder durch Farbreaktion.
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Wenn man das getrocknete Blatt zwischen eine Lichtduelle für gefiltertes
Ultraviolett (2,"a"=2400 A) und einen Fluoreszenzschirm bringt, werden die Stellen,
wo sich die das ultraviolette Licht absorbierenden Steroide befinden, auf dem Schirm
in Gestalt violetter Flecken auf einem leuchtenden Hintergrund sichtbar.
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Als Farbreaktion wird die von M a d e r und B u c k (Aanal. Chem.,
Bd. 24, 1952, S. 666) mit Triphenyltetrazoliumchlorid beschriebene Reaktion angewandt,
die mit die Ketolgruppe R C O C2 O H aufweisenden Steroiden eine rote Färbung auf
weißem Grund ergibt. Bei der Durchführung von Vergleichsversuchen mit mehreren aufeinanderfolgenden
Verdünnungen von 1-Dehydrocortison in dem gleichen Lösungsmittel stellt man fest,
daß das Ausgangsmaterial mit einer Ausbeute von etwa 50°/o in 1-Dehydrocortison
umgewandelt wurde. Beispiel 2 Herstellung von 1-Dehydrocortison Die Fermentation
wird, wie im Beispiel 1,b) beschrieben, durchgeführt, außer daß man mit 400
mg 1,4-Pregnadien-17-ol-3,11,20-trion und unter Verwendung eines 40fachen Volumens
an Kulturmedium wie dort beschrieben arbeitet. 41 des Kulturmediums liefern nach
dem Filtrieren des Mycels, Waschen mit Aceton und Extrahieren mit Chloroform gemäß
Beispiel 1 einen 1,4 bis 1,6 g wiegenden Trockenextrakt von fettigem Aussehen, den
man mehrere Male mit insgesamt 25 ccm kaltem Isopropyläther wäscht, wodurch die
Öle entfernt werden und eine unlösliche, die Steroide enthaltende, cremefarbene
Substanz hinterbleibt. Durch Chromatographie dieser unlöslichen, in Benzol aufgenommenem
Substanz an Aluminiumoxyd und Elution mit Chloroform wird das in jeder Hinsicht
mit dem in der Literatur (Herzog und Mitarbeiter, Science 1955. Bd. 121, S. 176)
beschriebenen Produkt identische 1-Dehydrocortison erhalten.
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Beispiel 3 Einführung einer Hydroxylgruppe in Progesteron auf mikrobiologischem
Wege Wenn man zu einer 5tägigen Kultur des Stammes U 230 von Colletotrichum Lindemuthianum,
die unter den gleichen Bedingungen, wie im Beispiel 1,b) beschrieben, gezüchtet
wurde, auf je 100 ccm dieser Kultur 1 ccm einer 10,luigen Progesteronlösung in Aceton
(Gewicht/Volumen) gibt, stellt man nach erneuter 24stündiger Inkubation, Extraktion
mit Chloroform unter den oben beschriebenen Bedingungen und anschließende Papierchromatographie
die Bildung von Steroiden fest, die in 21-Stellung eine Hydroxylgruppe tragen.
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Beispiel 4 Man arbeitet, wie im Beispiel 3 beschrieben, jedoch unter
Verwendung von Pregnan-3,20-dion an Stelle von Progesteron. Durch Papierchromatographie
kann die Bildung von eine Hydroxylgruppe in 21-Stellung tragenden Verbindung nachgewiesen
werden.