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Betreffend das deutsche Patent
DE 102 22 931 hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2010 durch, die für Recht erkannt:
Das
deutsche Patent 102 22 931 wird im Umfang der Patentansprüche 1, 7, 8, 11 und 12 für nichtig erklärt.
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Die Erfindung betrifft einen Stuhl, insbesondere Rollstuhl, vorzugsweise mit für Sitz- und Liegestellungen eines Benutzers bzw. Patienten auf- und abklappbarer Rückenlehne und Beinauflage, mit zumindest einer Fußstütze, welche die Füße eines sitzenden Benutzers bzw. Patienten, insbesondere bei Verschiebung des Stuhles, in einer gegenüber dem Boden einer Stellfläche bzw. Fahrbahn des Stuhles angehobenen Stützlage zu halten gestattet und aus der Stützlage vertikal in eine auf dem Boden aufliegende Lage absenkbar bzw. verstellbar ist, in der Belastungen der Fußstütze durch eine sich aus dem Stuhl erhebende Person direkt auf den Boden abgetragen werden.
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Stand der Technik
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Rollstühle mit auf- und abklappbarer Rückenlehnen und Beinauflagen werden in großer Zahl im Krankenhausbereich sowie in Häusern für Behinderte als Transportstühle und Transportliegen eingesetzt. Beim Transport einer sitzenden Person werden deren Füße durch die Fußstütze bzw. Fußstützen in gegenüber dem Boden leicht erhöhter Lage abgestützt und somit vom Boden ferngehalten. Damit wird vermieden, dass die Füße der transportierten Person bei Verschiebung des Rollstuhles zwischen Boden und Fahrgestellteilen des Stuhles eingeklemmt werden oder die Fahrt des Stuhles behindern können.
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Jedoch wird die transportierte Person durch die Fußstütze bzw. Fußstützen regelmäßig behindert, wenn sich die Person aus dem Stuhl zu erheben sucht. Zwar lassen sich die Fußstütze bzw. Fußstützen regelmäßig in eine Nichtgebrauchslage verstellen, in der die Fußstütze bzw. Fußstützen aus dem Fußraum des Stuhles entfernt sind und die auf dem Stuhl sitzende Person ihre Füße unmittelbar auf den Boden aufsetzen kann. Jedoch ist die Bedienung der Fußstütze bzw. Fußstützen vergleichsweise umständlich. Insbesondere muss die auf dem Stuhl sitzende Person die Füße für die vorgenannte Verstellung der Fußstütze bzw. Fußstützen regelmäßig anheben bzw. durch einen Helfer anheben lassen.
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Des Weiteren sind Rollstühle bekannt, deren Fußstütze bzw. Fußstützen kleinflächig ausgebildet sind, derart, dass neben der Fußstütze bzw. den Fußstützen ein hinreichender Freiraum verbleibt, so dass die auf dem Stuhl sitzende Person die Füße gegebenenfalls neben der Fußstütze bzw. den Fußstützen auf den Boden aufsetzen kann. Allerdings ist dazu regelmäßig eine unschöne Spreizung der Beine notwendig.
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In der
GB 581818 A wird ein Rollstuhl beschrieben, dessen Sitzrahmen starr mit einer Trittplatte für die Füße des Rollstuhlbenutzers verbunden ist. Der Stuhl wird über drei Räder abgestützt, wobei die Achse für zwei unfederbar und unlenkbar angeordnete Vorderräder unterhalb der Vorderkante der Sitzfläche angeordnet ist. Etwa unterhalb der Rückenlehne des Rollstuhles ist ein um eine Hochachse verschwenkbares, federbares Hinterrad angeordnet, wobei die Federung so bemessen ist, dass sich das Trittbrett auf dem Boden aufstützt, wenn der Rollstuhlfahrer sein Gewicht innerhalb des Sitzes nach vorn verlagert. Wenn er dagegen sein Gewicht nach rückwärts verlagert, federt das Hinterrad ein, mit der Folge, dass das Trittbrett vom Boden abhebt. Wenn der Rollstuhlfahrer also sein Gewicht verlagert, führt der Rollstuhl eine Nickbewegung um die Achse der Vorderräder aus, wobei das Trittbrett je nach Richtung der Kippbewegung auf dem Boden aufsetzt oder vom Boden abhebt. Sollte der Rollstuhlfahrer sein Gewicht während der Fahrt des Rollstuhls unabsichtlich oder unbedacht nach vorwärts verlagern, wirkt das auf den Boden aufsetzende Trittbrett als abrupte Bremse.
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Die
DE 42 06 706 C1 zeigt einen Rollstuhl mit hochschwenkbarer Beinauflage, an der ein Trittbrett angeordnet ist. Die zum Hochschwenken der Beinauflage dienende Getriebeanordnung kann derart ausgebildet sein, dass die Beinauflage mit ihrem Trittbrett auch auf den Boden aufgesetzt werden kann.
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Die
DE 199 12 840 A1 betrifft einen Rollstuhl, der als Hebestuhl ausgebildet ist. Durch Verschwenkung von Hebeln seitlich der Sitzfläche lässt sich die Sitzfläche unter Schwenkung um eine Querachse an der Sitzvorderkante in eine senkrechte Lage bringen, wobei die hochgeklappte Sitzfläche mit der Rückenlehne in einer gemeinsamen Ebene liegt. Bei der genannten Schwenkung der Sitzfläche wird gleichzeitig eine Fußstütze auf dem Boden abgesenkt.
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Ein prinzipiell gleichartiger Rollstuhl wird in der
JP 1016544 A dargestellt.
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Aufgabenstellung
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Aufgabe der Erfindung ist es nun, einen Rollstuhl mit auf den Boden absenkbarer Fußabstützung zu schaffen, die sich durch eine einfache und robuste Konstruktion und gute Handhabbarkeit auszeichnet.
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Diese Aufgabe wird bei einem Stuhl der eingangs angegebenen Art erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Fußstütze aus der Stützlage gegen eine Rückstellkraft, die die Fußstütze in Richtung der abgehobenen Lage beaufschlagt und auf ein das Gewicht der den Stuhl benutzenden Person unterschreitendes Maß eingestellt bzw. einstellbar ist, in die auf dem Boden aufliegende Lage niedertretbar ist.
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Bei dieser Ausgestaltung der Erfindung wird die Fußstütze belastungsabhängig gesteuert. Bei stärkerer Belastung, wie sie typischerweise auftritt, wenn sich die im Stuhl sitzende Person erheben will und dazu ihr Gewicht in Richtung des Vorderbereiches der Sitzfläche verlagert, wird die Fußstütze zwangsläufig in die auf dem Boden aufliegende Lage gebracht. Dagegen nimmt die Fußstütze automatisch ihre vom Boden abgehobene Stützlage ein, sobald die auf dem Stuhl sitzende Person eine normale Sitzstellung mit zur Rückenlehne hin verlagertem Körpergewicht einnimmt. Im Ergebnis wird also die Fußstütze automatisch bedarfsgerecht zwischen Stützlage und auf dem Boden aufliegender Lage umgestellt.
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In weiterer zweckmäßiger Ausgestaltung der Erfindung kann die Fußstütze unter Schwenkung um eine vertikale Hochachse des Rollstuhles zwischen der Stützlage und einer vom Boden abgehobenen Nichtgebrauchslage umgestellt werden.
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Diese Ausführungsform bietet den Vorteil, dass sich in konstruktiv besonders einfacher Weise eine vertikale Verstellbarkeit der Fußstütze zwischen Stützlage und auf dem Boden aufliegender Lage gewährleisten lässt. Dazu genügt es im wesentlichen, wenn die Fußstütze mit einer fußstützenseitigen bzw. fußstützenfesten Vertikalachse in einer Lageranordnung am Gestell des Stuhles radial fest und axial verschiebbar gelagert ist und die Lageranordnung ein gegen Federkraft verschiebbares Axiallager aufweist.
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Ausführungsbeispiel
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Im Übrigen wird hinsichtlich bevorzugter Merkmale der Erfindung auf die Ansprüche sowie die nachfolgende Erläuterung der Zeichnung verwiesen, anhand der eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung näher beschrieben wird.
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Dabei zeigt
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1 eine leicht schematisierte Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Rollstuhles,
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2 eine perspektivische Darstellung der Anordnung und Halterung der Fußstütze und
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3 ein Schnittbild der hubbeweglichen Drehlagerung der Fußstütze.
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Der in 1 dargestellte Rollstuhl besitzt ein stabiles, als Metallkonstruktion ausgebildetes Rahmengestell 1 mit unlenkbaren Vorderrädern 2 und schwenkbaren hinteren Laufrollen 3.
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Das Rahmengestell 1 trägt eine bezüglich ihrer Neigung verstellbare gepolsterte Sitzfläche 4 sowie eine in eine Liegestellung abklappbare gepolsterte Rückenlehne 5 und eine aus der dargestellten Nichtgebrauchslage hochklappbare Beinauflage 6. Durch Abklappen der Rückenlehne 4 und Hochklappen der Beinauflage 6 kann also der Rollstuhl in eine Transportliege umgewandelt werden.
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Des Rahmengestell 1 besitzt im Bereich der Vorderräder 2 eine nur in 2 sichtbare Traverse 7, an der eine plattenförmige Fußstütze 8 angeordnet ist.
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Diese Fußstütze 8 lässt aus der in 1 dargestellten, gegenüber dem Boden 9 angehobenen Gebrauchs- bzw. Stützstellung unter Schwenkung um eine vertikale Hochachse H in eine Nichtgebrauchslage 8' verstellen, in der der gesamte Fußraum vor dem Rollstuhl störkonturenfrei ist.
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Erfindungsgemäß kann die Fußstütze 8 aus der Gebrauchs- bzw. Stützlage der 1 vertikal in eine auf dem Boden 9 aufliegende Lage 8'' gebracht werden, in der die Fußstütze 8 eine vom Boden 9 abgestützte Standfläche bildet, die der den Rollstuhl benutzenden Person einen sicheren Stand ermöglicht, wenn die Person sich aus dem Rollstuhl erhebt.
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Wie weiter unten näher erläutert wird, lässt sich die Fußstütze 8 aus der Abstütz- bzw. Gebrauchslage der 1 gegen Federkraft in die auf dem Boden 9 aufliegende Lage niedertreten. Die Federkraft ist auf ein Maß eingestellt, welches größenordnungsmäßig etwa bei dem halben Gewicht einer den Rollstuhl benutzenden Person liegt, z. B. bei 40 kg.
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Solange also die Person auf dem Rollstuhl eine normale Sitzstellung einnimmt, werden die Füße dieser Person von der Fußstütze 8 in der in 1 dargestellten angehobenen Stützstellung gehalten, da die Füße die Fußstütze 8 nur vergleichsweise wenig belasten können.
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Sobald die Person aufzustehen sucht, wird sie das Körpergewicht auf der Sitzfläche 4 etwas nach vorne verlagern, um das Körpergewicht über die Füße zu bringen, die dementsprechend die Fußstütze 8 verstärkt belasten und diese in die auf dem Boden 9 aufliegende Lage 8'' niedertreten. Damit kann die Fußstütze 8 beim Aufstehen gefahrlos als Standfläche benutzt werden, wobei die auf dem Baden 9 aufliegende Fußstütze 8 aufgrund der Belastung durch das Körpergewicht der Person auch den Rollstuhl unverrückbar arretiert.
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Gemäß den 2 und 3 besteht die Fußstütze 8 ein wesentlichen aus einer beispielsweise aus Stahl hergestellten Trägerplatte 10, auf deren Oberseite ein beispielsweise aus Kunststoff bestehendes Fußbrett 11 mittels Schrauben od. dgl. befestigt ist. Auf der Unterseite der Trägerplatte 10 sind Kunststoffstücke 12 befestigt, die die Trägerplatte 10 in der auf dem Boden 9 aufliegenden Stellung der Fußstütze 8 auf dem Boden 9 rutschfest abstützen.
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An der Trägerplatte 10 ist eine vertikale Achse 13 fest angeordnet, die ihrerseits in einer an der Traverse 7 fest angeordneten Lagerhülse 14 mittels Gleitlager radial fest, jedoch axial verschiebbar gelagert ist. Auf der Achse 13 ist ein Stellring 15 befestigt, welcher mit dem unteren Stirnende der Lagerhülse 14 anschlagartig zusammenwirkt, derart, dass eine Aufwärtsbewegung der Achse 13 relativ zur Lagerhülse 14 begrenzt wird, sobald die Fußstütze 8 eine Höhe entsprechend der in 1 dargestelltem Stütz- bzw. Gebrauchsstellung erreicht hat.
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Auf dem nach oben aus der Lagerhülse 14 herausragenden freien Ende der Achse 13 ist eine die Lagerhülse 14 auf ihrem Außenumfang axial überlappende Widerlagerhülse 16 mittels Schraube 17 od. dgl. befestigt. Innerhalb dieser Hülse 16 ist im Ringraum zwischen dem Außenumfang der Achse 13 und dem Innenumfang der Widerlagerhülse 16 eine Schraubendruckfeder 18 angeordnet, welche mit Vorspannung einerseits am oberen Stirnende der Lagerhülse 14 und andererseits am stirnseitigen Boden der Widerlagerhülse 16 abgestützt ist. Diese Schraubendruckfeder 18 sucht die Achse 13 relativ zur Lagerhülse 14 nach oben zu schieben, derart, dass der Stellring 15 am unteren Stirnende der Lagerhülse 14 anliegt.
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Die Vorspannung der Schraubendruckfeder 18 ist auf etwa 40 kg bzw. etwa das halbe Körpergewicht der den Rollstuhl benutzenden Person eingestellt, so dass die Achse 13 zusammen mit der Trägerplatte 10 und dem Fußbrett 11 der Fußstütze 8 nach abwärts bewegt und die Fußstütze 8 in ihre auf dem Boden 9 aufliegende Lage 8'' gebracht wird, wenn das Fußbrett 11 bzw. die Fußstütze 8 mit mehr als 40 kg bzw. mit mehr als dem halben Körpergewicht der auf dem Rollstuhl sitzenden Person belastet werden.
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An der Trägerplatte 10 ist ein stabförmiger Anschlag 19 angeordnet, der mit in der Zeichnung nicht sichtbaren Rastklemmen zusammenwirkt, so dass die Fußstütze 8 in ihren Drehendlagen, d. h. in der Nichtgebrauchslage 8' der 1 einerseits und in der Stützlage bzw. der niedergetretenen Lage 8'' andererseits, gegen Drehung um die Hochachse verrastet. Die Rastklemmen sind so ausgebildet, dass die Fußstütze 8 bzw. der Anschlag 19 vertikal beweglich bleibt.
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In Abweichung von der zeichnerisch dargestellten Ausführungsform kann die Fußstütze 8 auch mit der neigungsverstellbaren Sitzfläche 4 gekoppelt sein, derart, dass die Fußstütze 8 in die auf dem Boden 9 aufliegende Stellung 8'' gebracht wird, wenn der Vorderrand der Sitzfläche nach abwärts gestellt wird, d. h. in eine Lage, die es einer sitzenden Person erleichtert, sich aus dem Stuhl zu erheben.