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Einsatzgebiet und technischer Hintergrund
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Die Erfindung betrifft den Vorgang der Lackbeschichtung von Bahnware. Die Bahnware besteht vorzugsweise aus elektrisch leitenden Werkstoffen, insbesondere in Form von Drähten, Folien oder Blechen, wobei insbesondere das Auftragen einer dauerhaften elektrischen Flächenisolation oder einer Antikorrosionsbeschichtung beabsichtigt sein kann.
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Ein bevorzugtes Anwendungsgebiet und ursprünglicher Anlass der Erfindung, ausdrücklich aber keine Einschränkung ihrer Anwendbarkeit, ist die Herstellung lackisolierter Wickeldrähte, wie sie für die Fertigung elektrischer Spulen verwendet werden. Solche Spulen finden als elektronische Bauelemente, in Transformatoren oder in elektrischen Kraftmaschinen Verwendung. Weitere Anwendungsbeispiele können beispielsweise Blech-Coils für Transformatoren-, Stator- oder Rotorbleche, die zur Unterbindung von Wirbelströmen gegeneinander zu isolieren sind, oder Kondensatorfolien sein.
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Sofern die Bahnware aus elektrisch nicht leitendem Material besteht, kann sie in einem vorgelagerten Prozessschritt elektrisch leitende Eigenschaften erhalten, vorzugsweise durch Beschichtung mit einem leitfähigen Prepolymer. Auch solche Bahnware wird hier im Sinne des Oberbegriffs verstanden, auch dann, wenn das Hinzufügen der elektrisch leitenden Eigenschaften in den erfindungsgegenständlichen Prozess integriert wird.
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Der Fokus für die technische Aufgabenstellung lag auf Drähten mit flacher rechteckiger Querschnittsgestalt, vorzugsweise auf besonders dünnen Mikroflachdrähten mit einer Dicke um 0,1 Millimeter und darunter und einer Breite von einigen Millimetern. Gegenüber herkömmlichen Flach- und Profildrähten, die seit Jahrzehnten bevorzugt im Elektromaschinenbau eingesetzt werden, stellt diese neuere Generation von Mikroflachdrähten nicht nur eine andere Dimension sondern auch eine neue Qualität dar, die neue Herstellungstechnologien erfordert. Neben der präzisen Herstellung des dünnen Drahtsubstrats erweist sich auch dessen Beschichtung mit einem dünnen aber robusten elektrischen Isoliermaterial mit bekannten Technologien als schwierig bis unmöglich. Beim Lackieren solcher Drähte mit den für Runddrähte üblichen und bewährten Technologien zeigt sich das Problem, dass die Kanten sehr unzuverlässig oder gar nicht beschichtet werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kohäsion des aufgetragenen Materials entlang größerer Flächen Oberflächenspannungen entwickelt, die vor der Trocknung oder endgültigen Vernetzung zum Zerreißen des Lacks an Kanten mit kleinen Radien führt. Auch das mehrfache Wiederholen dünner Aufträge in zeitlicher Folge erweist sich als nicht ausreichend geeignet, dieses Problem zu lösen, oder führt zu einem viel zu dicken Lackaufbau. Ein Wickeldraht mit unzuverlässiger Lackbeschichtung, besonders an den in einer Wicklung besonders kritischen Kanten, ist für die Herstellung von elektrischen Spulen aber nicht brauchbar.
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Welchen Einfluss ein möglichst dünner und gleichmäßiger Lackauftrag auf den Kupferfüllfaktor einer Wicklung hat, macht folgender Zahlenvergleich deutlich: Ein Mikroflachdraht mit dem Querschnitt 0,1 × 3,5 mm = 0,35 mm2 hat einen Umfang von 7,2 mm. Ein Runddraht mit dem gleichen Querschnitt hat einen Durchmesser von 0,668 mm und einen Umfang von nur 2,1 mm, was weniger als ein Drittel ist. Im gleichen Verhältnis steht der Lackquerschnitt bei gleicher Lackdicke, was die Anforderung an dünne Lackschichten bei Flachdrähten noch erhöht. Kommt es zu Ungleichmäßigkeiten der Lackdicke, so zählt bei übereinander gewickelten Flachdrahtwindungen stets die Maximaldicke, was die Anforderung an die Gleichmäßigkeit weiter erhöht.
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Stand der Technik
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Der Stand der Technik wird am Beispiel der Herstellung von Lackdrähten dargestellt, weil hier die Mängel am größten sind.
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Für die Herstellung von Drahtlackierungen kommen überwiegend lösungsmittelhaltige Nasslacke als Drahtlackharzschmelzen, Drahtlackharz-Dispersion oder wässrige Lösungen von Drahtlackharzen zum Einsatz, die mittels Düse oder Filz in mehrfachen Durchläufen aufgetragen, getrocknet und vernetzt werden. Bei einem runden Drahtquerschnitt sorgt die gleichmäßige Oberflächenkrümmung für eine tendenziell gleichmäßige Materialverteilung der anfangs noch flüssigen bzw. weichen Beschichtung durch die entlang des Umfangs gleichmäßig verteilten Kohäsions- und Adhäsionskräfte. Allerdings kommt es u. a. durch Schwerkraft zu Abweichungen der Schichtdicke entlang des Umfangs, weshalb wegen der Dickenschwankungen allgemein mehr Lack aufgetragen wird, als zur Erfüllung der technischen Qualitätsstandards unbedingt erforderlich wäre.
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Bei Profil- und Flachdrähten kommt es ohne weitere Maßnahmen zusätzlich zu einer ungleichmäßigen Verteilung der Lackdicke an Flächen, Radien und Kanten. Besonders an kleinen Radien und erst recht an scharfen Kanten werden viel dünnere Lackaufträge bis hin zum Aufreißen der Beschichtung beobachtet. Um dennoch auch an Kanten oder Radien eine zuverlässige Lackbedeckung zu erreichen, wurden viele Lösungsansätze vorgeschlagen.
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So werden Kantenradien möglichst groß gehalten, um sie an die Lackviskosität anzupassen (
DD6703A1 ), was den Kupferquerschnitt verringert und auf Kosten des Kupferfüllfaktors der Wicklung geht. Eine andere bekannte Möglichkeit ist, zuerst Runddrähte zu lackieren, die anschließend zu Profildrähten gewalzt und bei Bedarf nochmals überlackiert werden, wobei der ursprüngliche Lack als Haftvermittler dient. Auch die bevorzugte Beschichtung der Kanten in einem ersten Schritt (
DE847459B ) oder ein nachträgliches Abtragen aufgestauter Lackbereiche (
DE102016222923A1 ) werden vorgeschlagen. Weiterhin sind speziell geformte Lackier- oder Lackabstreifdüsen für Flachdrähte bekannt, um einen gleichmäßigeren Lackauftrag zu erreichen (
DD157637A1 ,
DD291866A5 ). Für ein großes Verhältnis von Breite zu Dicke sind alle diese Maßnahmen nicht anwendbar.
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Um das Wegziehen des Lacks von den Kanten zu verhindern, werden spezielle Haftvermittler aufgetragen (
DD257518A1 ) oder Lacke mit thixotropen Eigenschaften unter genau abgeglichenen Einsatzbedingungen verwendet, um einen gleichmäßig verteilten Lackauftrag zu erreichen (
DD113653B1 ,
DE1204723A ,
EP3594969A1 ).
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Neben der Verwendung von Nasslacken ist auch das Extrudieren von Lacken aus einer festen Phase bekannt. Die
DE2638763B2 beschreibt ein Verfahren, bei dem ein lösungsmittelfreies teilkristallines thermoplastisches Polykondensat mit hohem Kristallitschmelzpunkt auf die Drahtoberfläche extrudiert wird. In der
EP30717B1 wird ebenfalls ein Extrusionsverfahren beschrieben, das dort vorzugsweise für eine zweite Lachschicht Verwendung findet.
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Trotz der genannten vielfältigen Lösungsvorschläge zeigt sich in der Praxis, dass selbst technologisch erfahrene Drahtlackier-Betriebe beim Lackieren von Mikroflachdrähten mit den eingangs genannten Merkmalen an ihre technologischen Grenzen stoßen, was sich in erster Linie in einer unzureichenden Kantenisolation zeigt. Das hat zur Folge, dass die Abmessungen, insbesondere die Dicke, lackierter Mikroflachdrähte wegen ihrer Lackierbarkeit nach unten begrenzt sind.
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Anstelle des Lackierens oder ergänzend dazu gibt es weitere Beschichtungsverfahren für Drähte wie das Bandagieren, Umwickeln , Umspinnen und Laminieren. So beschreibt
EP59866B1 die Teilleiterisolation mit einer Filmbandwicklung oder einer Duplexglaswicklung. Als Polymer für die Isolation wird Polyimid vorgeschlagen. Auch aus
EP356928A1 ,
DE102008055591A1 und
DE102010001991B4 sind ähnliche Lösungen bekannt, die das Substrat mit Isolierfolien umspinnen und z. T. mit Schmelzkleber fixieren, mit gut wärmeleitfähigen Zuschlagsstoffen kombinieren oder mit weiteren Isolier- und Schutzschichten überziehen. In
DE19653387C2 wird ein Prepreg-Material für die Wicklungsisolierung in Folienwickeltechnik vorgeschlagen, wobei Kupfer- oder Aluminiumblech-Breitbahnen zusammen mit der Isolierfolie als Wicklung aufgewickelt werden.
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Alle genannten Verfahren sind für das Beschichten von Mikroflachdrähten nicht sinnvoll einsetzbar, weil derartige Isolierfolien eine technologische Mindestdicke haben, die deutlich über den Schichtdicken liegt, die für einen vertretbaren Kupfer-Füllfaktor in Wicklungen noch als technisch sinnvoll gelten kann. Das Umwickeln oder Umspinnen setzt weiterhin eine ausreichende Stabilität des Substrats voraus, um die erforderlichen Umformkraft wirken zu lassen, die von Mikroflachdrähten aber nicht aufgebracht wird. Auch eine während des Wickelprozesses eingebrachte Lagenisolation wird für einen ausreichenden Füllfaktor allgemein zu dick sein und lässt sich auch nicht bei jeder Wickelgeometrie oder -technik anwenden.
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Dehnt man das für Lackdrähte Gesagte auf andere Halbzeuge aus, so stellt man auch auf solchen Gebieten ähnliche Fertigungsprobleme und das Fehlen geeigneter Alternativen fest.
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Eine zielführende Beschichtungstechnologie könnte in der elektrophoretischen Tauchlackierung zu finden sein, die als anaphoretische (ATL) und kataphoretische (KTL) Tauchlackierung bekannt ist.
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Die ATL hätte als Beschichtungsmethode für elektrische Isolierschichten den prinzipiellen Nachteil, dass Metallionen in die Beschichtung eingelagert werden und dadurch die elektrischen Isolationseigenschaften negativ beeinflusst werden. Deshalb wird die ATL für eine elektrisch isolierende Beschichtung nicht als geeignet betrachtet.
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Bei der KTL ist dies nicht der Fall. Sie hat mittlerweile für die Stückgutbeschichtung besonders in der Fahrzeugindustrie einen hohen Stellenwert erlangt. So sind Verfahren und Anordnungen bekannt, um Karosserien und andere Großteile hängend in Tauchbädern zu beschichten und dabei eine hohe Beschichtungsqualität bei vergleichsweise niedrigen Umweltbelastungen und kleinem Energieeinsatz zu erreichen, so z. B. nach
DE2847172B2 ,
EP1295630B2 ,
DE102017206990A1 ,
EP1415725B1 ,
WO2012101200A1 ,
EP2907778B1 ,
WO2011009858A2 oder auch
WO2013023757A1 . Kleinere Teile werden in Hängegestellen oder als Schüttgut in Trommeln beschichtet, z. B. nach
DE102004039755A1 oder
EP3670707A1 .
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Es sind hingegen keinerlei Lösungsvorschläge bekannt, um dieses Verfahren nicht nur für Stückgüter, sondern auch als kontinuierliches Verfahren für Bahnware, insbesondere für Drähte, einzusetzen.
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Technische Aufgabenstellung
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Die technische Aufgabenstellung besteht in der Entwicklung eines alternativen Beschichtungsverfahrens, das den speziellen Anforderungen, Dimensionen und der Geometrie der Bahnware, insbesondere auch von Mikroflachdrähten sowie einem kontinuierlichen Fertigungsverfahren gerecht wird und das genannte Ausgangsproblem der ungleichmäßigen Lackdicke und ungenügenden Kantenbeschichtung zu lösen erlaubt.
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Problemlösung, Beschreibung der Erfindung
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Das Problem wird mit der im Hauptanspruch gekennzeichneten Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den weiteren Ansprüchen angegeben.
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Die Grundidee der Erfindung besteht darin, die als Feldlinien bekannte Formierung elektrischer Felder um eine elektrostatisch geladene Oberfläche dafür zu nutzen, um einen ausgleichenden Lackauftrag unabhängig von der Oberflächengestalt des Substrats steuern zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die kataphoretische Tauchlackierung eingesetzt. Ihr Vorteil liegt darin, dass verfahrensbedingt eine sehr gleichmäßige Beschichtungsdicke über die gesamte Oberfläche einschließlich Radien und Kanten hinweg erzeugt wird. Die Anlagerung der Lackpartikel und die Filmbildung wird über die partielle Stromdichte im Lackbad gesteuert, die mit zunehmender Schichtdicke sinkt und somit ausgleichend wirkt. Weil die Stromdichte an Kanten am größten ist, kann sogar von einer anfänglichen Bevorzugung der Kanten im Beschichtungsprozess ausgegangen werden. Nach dieser kataphoretischen Beschichtung ist die Oberfläche mit einem gleichmäßigen Lackfilm bedeckt, der auch alle Kanten mit einschließt. Diese Lackschicht muss aber noch vernetzt werden, um die nötige Stabilität, Haltbarkeit und Kratzfestigkeit zu erhalten.
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Nach bekannten Verarbeitungsmethoden erfolgt das Vernetzen, indem die beschichteten und gespülten Teile in eine Brennkammer gelangen, wo sie auf dafür geeignete Temperaturen erhitzt werden. Dies führt aber auch dazu, dass der Lackfilm anfänglich wieder weich, unter Umständen sogar fließfähig wird und sich die gleichen Probleme wie mit herkömmlichen Lackierverfahren einstellen, nämlich dass der Lack von den Kanten weg fließt und an den Kanten aufreißt. Um den Vorteil der anfänglich gleichmäßigen Filmdicke zu erhalten, sind erfindungsgemäß folgende Maßnahmen vorgesehen, die einzeln oder in beliebiger Kombination anzuwenden sind:
- 1) Der verwendete Elektrotauchlack wird chemisch und physikalisch auf maximale Kantendeckung eingestellt, insbesondere über das Bindemittel selbst, aber auch durch geeigneten Lösungsmittel-, Feststoff- und Pigmentanteil.
- 2) Die Vernetzung erfolgt zumindest teilweise mit einer chemischen Vernetzer-Komponente, die auf den Lackfilm als Flüssigkeit, Flüssigkeitsnebel oder als Gas aufgebracht wird.
- 3) Die Vernetzung erfolgt anhand eines Profils, um einen fortschreitenden Vernetzungsgrad bei nur mäßiger Erweichung des Lackfilms zu erreichen.
- 4) Die Vernetzung erfolgt partiell in zeitlicher Folge für Flächen und Kanten oder verschiedene Schichttiefen in getrennten Etappen oder als kontinuierlicher Übergang.
- 5) Das Vernetzen erfolgt unter Anwendung eines äußeren Flächendrucks.
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Für Mikroflachdrähte wird angenommen, dass sie in elektrischen Spulenwicklungen einen grundlegend höheren geometrischen Ordnungsgrad aufweisen, als er bei der Verwendung von Runddraht erzielbar ist. Zwar ist auch mit Runddrähten ein hoher Ordnungsgrad bei Ausführung als orthozyklische Wicklung sowie der Einsatz von Lagenisolationen möglich, wird aber aus technologischen und wirtschaftlichen Gründen oft nicht konsequent realisiert. So liegen auch oft Windungen mit größeren Spannungsdifferenzen an- oder übereinander und erzeugen punktuelle Druckstellen, ohne dass es zu elektrischen Schlüssen oder Überschlägen kommen darf. Dementsprechend hoch sind die Bedingungen für Drahtlacke nach den einschlägigen Industrienormen.
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Ein Mikroflachdraht in besonderen Anwendungsbereichen wird hingegen vorzugsweise als Flachwicklung Windung auf Windung und somit auch Fläche über Fläche gewickelt, so dass die Anforderungen an die Windungsisolation bezüglich mechanischer und elektrischer Festigkeit unter Umständen geringer angenommen werden kann als bei Runddrähten, was eine weiter reduzierte Lackstärke rechtfertigen kann. Um so wichtiger wird dabei eine zuverlässige Kantenisolation.
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Für das erfindungsgemäße Verfahren können folgende hauptsächlichen Vorteile gegenüber herkömmlichen Lackierverfahren für Rund- und Flachdrähte angegeben werden:
- 1) Erstmals ist es möglich, Mikroflachdrähte mit einer dünnen aber elektrisch zuverlässigen und umlaufenden Lackschicht zu versehen.
- 2) Es ist ein sehr gleichmäßiger Schichtauftrag sowohl auf größeren Flächen wie auch auf Randflächen und an Kanten erzielbar, dessen Dicke sich über einfache Prozessparameter leicht steuern lässt. Hierdurch wird in der Anwendung für Wickeldrähte ein besserer Kupferfüllfaktor erreicht, was solche Wicklungen energetisch effizienter macht.
- 3) Gegenüber einer Vielzahl von Durchläufen für wiederholtes Lackieren und Trocknen bzw. Einbrennen ist hier nur ein Durchlauf erforderlich.
- 4) Die Energie- und Umweltbilanz wird als besser eingeschätzt, weil viel weniger umweltschädliche Lösungsmitteldämpfe abgegeben werden, abgespülte Lackanteile weitgehend zurückgeführt werden können und deutlich weniger Abwärme entsteht.
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Anhand eines Ausführungsbeispiels soll die Erfindung nachstehend erläutert werden.
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1 zeigt eine Fertigungsstrecke in erfindungsgemäßer Ausführung. Aus zeichnerischen Gründen wurde die Strecke unterbrochen und darunter fortgesetzt, verläuft tatsächlich aber ohne Unterbrechung. Allerdings kann besonders in Kleinstanlagen auch die Anordnung von Prozessschritten über- oder untereinander sinnvoll sein.
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Die Bahnware (Substrat) 1 wird von einer Vorratsspule oder einem Coil 2 abgespult, durchläuft eine Ablaufbremse 3, eine Kontaktstelle 4, und anschließend über geeignete Führungs- und Umlenkrollen 5 sämtliche Fertigungsetappen, um anschließend über eine Traktionsmechanik 6, die den erforderlichen Bandzug auf die Bahnware überträgt, auf die Aufwickelspule 7 zu gelangen. Dabei dient die Ablaufbremse dazu, eine konstante Gegenkraft zu erzeugen, um eine geordnete Führung über alle Umlenkrollen zu gewährleisten, während die Traktionsmechanik den Bandzug erzeugt. Mit Hilfe der Kontaktstelle wird die Bahnware hier auf elektrischem Nullpotenzial gehalten. Diese Kontaktstelle kann als Drahtbürste oder Schleifkontakt ausgeführt sein, kann aber auch eine metallische Ablaufrolle mit einem Schleifring sein. Zusätzlich kann auch die gesamte Vorratsspule über einen Schleifring geerdet und das Ende der Bahnware auf der Spule fest kontaktiert sein. Für Umlenkrollen in den Bädern und ihre Befestigung und Lagerung werden geeignete nichtmetallische Materialien wie Kunststoffe oder Keramik ausgewählt.
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Zuerst wird das Vorbehandlungsbad 8 durchlaufen, das je nach Anforderung auch in mehrere Bäder und ein anschließendes Spülbad aufgeteilt sein kann. Im Vorbehandlungsbad erfolgt die Vorbereitung der Substratoberfläche nach bekannten Methoden, z. B. das Entfetten mit organischen Lösungsmitteln, das Dekapieren mit verdünnter Schwefelsäure oder das Auftragen eines Haftvermittlers - ggf. auch in einem bekannten galvanischen Prozess. Unter bestimmten Umständen, z. B. wenn das Substrat frisch aus der Halbzeugfertigung kommt und wenig Verunreinigungen aufweist, kann das Vorbehandlungsbad auch entfallen.
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Am Ausgang des Vorbehandlungsbades und vorzugsweise jeden weiteren Bades befinden sich Abstreifer 12, die verbliebene Flüssigkeitsreste des Badinhalts bestmöglich vom Substrat trennen und in das Bad zurück leiten. So wird das Verschleppen von Reagenzien in nachfolgende Reaktionsgefäße nach Möglichkeit eingeschränkt und Oberflächendefekte bei nachfolgenden Reaktionen unterbunden. Als Abstreifer sind dort, wo die Substratoberfläche kratzempfindlich ist, drehbare Schaumstoffrollen geeignet, die zusätzlich angetrieben und an der abgewandten Seite ausgepresst werden können. Auch allseitig und mehrfach hintereinander angebrachte flexible Läppchen aus einem Silikon oder anderem Elastomer bieten sich dafür an. Wichtig ist eine gute Abstreifwirkung ohne dass die Oberfläche oder Beschichtung dabei beschädigt wird. Anhaftende Restflüssigkeit kann ebenso auch durch kontinuierliches Abblasen des Substrats mit Luftdüsen entgegen der Laufrichtung oder durch mechanische Schwingungen über die Umlenkrollen abgewiesen werden. Auch elektrische Tropfenabscheider bekannter Bauart können diesen Prozess zusätzlich verbessern.
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Nach der Vorbehandlung erfolgt der eigentliche Beschichtungsvorgang im Lackierbad 9, das mit einem geeigneten Elektrotauchlack gefüllt ist. Die vorzugsweise als Dialysezellen ausgebildeten Anoden 13 werden aus einer Spannungsquelle 14 mit einer positiven Anodenspannung versorgt, wobei die Höhe der Spannung anhand der Prozessparameter eingestellt und geregelt wird. Somit wird zwischen den Anoden und dem auf Nullpotenzial gezogenen Substrat im Bad ein elektrisches Feld ausgebildet, das die Elektrophorese der Lackpartikel nach dem bekannten Wirkschema der Elektrotauchlackierung ermöglicht. Im Unterschied zu den bekannten Verfahren, wo ganze Werkstücke eingetaucht werden, und der Anodenstrom erst nach dem vollständigen Eintauchen eingeschaltet werden kann, wird hier unter kontinuierlichem Stromfluss ständig Substratfläche nachgeführt und eingetaucht, während fertig beschichtete Flächen mit gleicher Bahngeschwindigkeit das Bad verlässt. Weil die partielle Stromdichte an der Substratfläche mit zunehmender Lackablagerung absinkt und die Schichtdicke mit fortschreitendem Durchlauf durch das Tauchbecken anwächst, ist die Stromdichte an der Eintauchstelle am größten, sofern dem nicht entgegengewirkt wird. Das kann, z. B. bei Anwesenheit von Wassertropfen auf der Substratoberfläche, die aus der vorherigen Behandlung stammen, zu Filmstörungen führen, wenn die Stromdichte unmittelbar beim Eintauchen zu hoch ist. Um dies zu vermeiden wird vorgeschlagen, die Form und die Lage der Anoden so zu wählen, dass an der Eintauchstelle nur eine verhältnismäßig kleiner elektrische Feldstärke erzeugt wird, die dann entlang der Förderrichtung des Substrats weiter steigt. Auch das Unterteilen der Anode in Einzelsegmente und die Versorgung dieser Segmente mit unterschiedlichen Anodenspannungen ist zur gezielten Formung des Feldes und der Stromdichteverteilung geeignet. Insgesamt ist die endgültige Schichtdicke über das Spannungsniveau der Anoden steuerbar.
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Im Bereich zwischen den beiden Anoden ist eine schraubenförmige Drehung des Substrats dargestellt. Diese kann dazu dienen, eine permante Bevorzugung bestimmter Bereiche des Substrats im ungleichförmigen elektrischen Feld zu vermeiden, aber auch, um die Flüssigkeitsströmung zusätzlich zu verwirbeln.
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Aus Vereinfachungsgründen wurde im Ausführungsbeispiel darauf verzichtet, weitere Details des KTL-Prozesses anzugeben, wie z. B. einen Anolytkreislauf für die Aufrechterhaltung des Säure- und Ionenaustauschs der Dialysezellen oder die Erzeugung einer kontinuierlichen Flüssigkeitsströmung des Bades entlang der Substratoberfläche und entgegengesetzt zu ihrer Förderrichtung um die Substratoberfläche ständig mit reagierbaren frischen Lackpartikeln zu versorgen, wobei ein in die Pumpleitung zwischengeschaltetes Schmutzfilter grobe Schmutzpartikel entfernt. Diese Vorgänge werden in gleicher Weise ausgeführt, wie es für die KTL-Beschichtung einzelner Werkstücke hinlänglich bekannt und in großem Umfang auch in den eingangs genannten Fundstellen dargestellt ist.
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An das Lackierbad schließt sich nun das Spülbad 10 an, dessen Hauptaufgabe es ist, die auf dem Lackfilm abgelagerten wasserlöslichen Lackpartikel von der bei der Kathophorese abgeschiedenen wasserunlöslichen Schicht zu trennen und als Rezyklat zurückzuführen. Auch hier wurde auf die Detaildarstellung des Strömungskreislaufs, der die losen Lackpartikel von der Lackoberfläche abtransportiert und mittels Ultrafiltration aus dem Bad entfernt und in das Lackierbad zurückführt, verzichtet.
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Es schließt sich jetzt ein Schlussspülbad 11 mit vollentsalztem Wasser an, bevor der Vernetzungsprozess folgt.
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Im einfachsten Fall wird für die Vernetzung eine Brennkammer 15 eingesetzt, durch die sich die Bahnware bewegt und wo sie mittels Heizelementen 18 mit einem vorgegebenen Temperaturprofil erwärmt wird. Als Heizelemente können insbesondere elektrisch betriebene Infrarotstrahler, magnetische Induktionskammern, die im Substrat Wirbelströme hervorrufen, oder hochenergetische Lichtquellen eingesetzt sein. Die Temperaturregelung erfolgt mit Hilfe kontaktloser Infrarot-Temperatursensoren. Weil auch die Brennkammer beinahe vollständig verschlossen ist und nur kleine Aperturen für den Durchtritt der Bahnware benötigt, andererseits keine maßgeblichen Reaktionsprodukte abzuführen sind, ist eine hochgradige Kapselung und thermische Isolierung möglich, wodurch nur wenig Wärmeenergie verloren wird.
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Eine hier nicht dargestellte Variante sieht vor, vor dem Eintritt in die Brennkammer ein zusätzliches Bad mit einem flüssigen Vernetzungsmittel durchlaufen zu lassen, um den Film zunächst oberflächlich vernetzen zu lassen, damit in der sich anschließenden Brennkammer keine vollständige Verflüssigung des Films mehr vorkommt.
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Im Ausführungsbeispiel wird deutlich, dass im Gegensatz zur bisher praktizierten Verfahrensweise, Werkstücke einzeln oder in Gruppen auf Gestellen oder in Trommeln von Bad zu Bad zu befördern, dort im Ganzen einzutauchen und nach einer bestimmten Verweilzeit wieder herausheben, jetzt ein kontinuierlicher und durchgängiger Prozess angewendet wird. Die Überwachung der Prozessparameter bei der Beschichtung birgt für diesen kontinuierlichen Durchlauf der Bahnware folgerichtig einige Besonderheiten gegenüber der bisher angewendeten Stückverarbeitung. So kann die Verweilzeit in einzelnen Arbeitsetappen nicht mehr einzeln definiert oder beliebig abgebrochen werden, wenn ein Vorgang als beendet gilt, sondern ist an die konstante Länge der jeweiligen Prozessstation und an die allgemeingültige Transfergeschwindigkeit gebunden. Weitere Prozessparameter wie Anodenstromstärken, Temperaturen oder Flüssigkeits- und Luftströmungen gestatten in diesem Rahmen eine Variation der Prozessintensität. Es liegt aber auch im Rahmen der Erfindung, dass die Verweilzeit in einzelnen Arbeitsetappen dadurch variiert werden kann, dass die Lage von Umlenkrollen entlang der Transferrichtung in gewissen Grenzen verschiebbar ist, was die Weglänge und somit auch die Dauer des Teilprozesses unabhängig von der Transfergeschwindigkeit verändert.
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Ein wichtiger Vorteil des kontinuierlichen Verfahrens mit Bahnware gegenüber der bisher bekannten Stückgutbehandlung besteht darin, dass nahezu alle Reaktionsgefäße während des gesamten Prozesses mit Deckeln 16 verschlossen bleiben können und nur Ein- und Austrittsaperturen 17 für die Bahnware geöffnet bleiben müssen, die nur wenig größer sind, als der Querschnitt der Bahnware selbst. Dies verringert den stofflichen wie energetischen Austausch mit der Umwelt auf ein Minimum.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist nicht nur für großtechnische Prozesse sondern auch für Kleinanlagen geeignet. Dies ermöglicht die Anwendung auch in Sonderproduktionen mit geringem Produktionsaufkommen. Sofern die Bahnware beliebig über Rollen umlenkbar ist, kann der bisher in horizontaler Folge dargestellte Prozess auch räumlich übereinander ausgeführt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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