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Diese Erfindung betrifft ein Gießverfahren zur Herstellung von Gusskörpern. Das Verfahren ist ein Schwebeschmelzverfahren, bei dem die Schmelze nicht mit dem Material eines Tiegels in Berührung kommt, so dass Verunreinigungen durch das Tiegelmaterial oder durch Reaktion der Schmelze mit Tiegelmaterial vermieden werden.
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Die Vermeidung solcher Verunreinigungen ist gerade bei Metallen und Legierungen mit hohen Schmelzpunkten von Bedeutung. Solche Metalle sind beispielsweise Titan, Zirkonium, Vanadium, Tantal, Wolfram, Hafnium, Niob, Rhenium und Molybdän. Doch auch bei anderen Metallen und Legierungen wie Nickel, Eisen und Aluminium ist dies von Bedeutung.
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Stand der Technik
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Schwebeschmelzverfahren sind aus dem Stand der Technik bekannt. So offenbart bereits
DE 422 004 A ein Schmelzverfahren, bei dem das leitfähige Schmelzgut durch induktive Ströme erhitzt und gleichzeitig durch elektrodynamische Wirkung frei schwebend erhalten wird. Dort wird auch ein Gießverfahren beschrieben, bei dem das geschmolzene Gut vermittelt durch einen Magneten in eine Form gedrückt wird (elektrodynamischer Pressguss). Das Verfahren kann im Vakuum durchgeführt werden. Es wird dort allerdings nicht gelehrt, dass eine geschmolzene Charge zur Füllung der Gussform ausreichend ist.
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US 2,686,864 A beschreibt ebenfalls ein Verfahren, bei dem ein leitfähiges Schmelzgut z.B. in einem Vakuum unter dem Einfluss von einer oder mehreren Spulen ohne die Verwendung eines Tiegels in einen Schwebezustand versetzt wird. In einer Ausführungsform werden zwei koaxiale Spulen verwendet, um das Material in der Schwebe zu stabilisieren. Nach erfolgter Schmelze wird das Material in eine Form fallen gelassen bzw. abgegossen. Mit dem dort beschriebenen Verfahren ließ sich eine 60 g schwere Aluminiumportion in der Schwebe halten. Die Entnahme des geschmolzenen Metalls erfolgt durch Reduktion der Feldstärke, so dass die Schmelze nach unten durch die konisch zulaufende Spule entweicht. Wird die Feldstärke sehr schnell reduziert, fällt das Metall in geschmolzenem Zustand aus der Vorrichtung. Es wurde bereits erkannt, dass der „weak spot“ solcher Spulenanordnungen in der Mitte der Spulen liegt, so dass die Menge an Material, die so geschmolzen werden kann, begrenzt ist.
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Auch
US 4,578,552 A offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Schwebeschmelzen. Es wird dieselbe Spule sowohl zum Heizen als auch zum Halten der Schmelze verwendet, dabei wird die Frequenz des angelegten Wechselstroms zur Regelung der Heizleistung variiert, während die Stromstärke konstant gehalten wird.
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Die besonderen Vorteile des Schwebeschmelzens bestehen darin, dass eine Verunreinigung der Schmelze durch ein Tiegelmaterial oder andere Materialien, die bei anderen Verfahren in Kontakt mit der Schmelze stehen, vermieden wird. Die schwebende Schmelze steht nur in Kontakt zu der sie umgebenden Atmosphäre, bei der es sich z.B. um Vakuum oder Schutzgas handeln kann. Dadurch, dass eine chemische Reaktion mit einem Tiegelmaterial nicht zu befürchten ist, kann die Schmelze auf sehr hohe Temperaturen erhitzt werden. Darüber hinaus wird, insbesondere im Vergleich zur Schmelze im Kalttiegel, der Ausschuss an kontaminiertem Material verringert. Dennoch hat sich das Schwebeschmelzen in der Praxis nicht durchgesetzt. Der Grund dafür ist, dass beim Schwebeschmelzverfahren nur eine verhältnismäßig kleine Menge an geschmolzenem Material in der Schwebe gehalten werden kann (vgl.
DE 696 17 103 T2 , Seite 2, Absatz 1).
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Daher wurde teilweise auf ein Halbschwebeverfahren zurück gegriffen, bei dem ein geschmolzenes Material nicht in der Schwebe gehalten, sondern nach einem ähnlichen Prinzip aufgerichtet wird, während das Material nicht schwebt, sondern auf einer Plattform liegt. Ein solches Verfahren wird in
DE 696 17 103 T2 und
DE 690 31 479 T2 beschrieben. Allerdings gestaltet sich der Abguss des so geschmolzenen Materials in eine Gussform als schwierig. Ferner entsteht hier ein erheblicher Anteil an unbrauchbarem Material, welches durch den Kontakt mit der Plattform verunreinigt wurde. In
DE 690 31 479 T2 wird mit einer Plattform gearbeitet, die eine kreisrunde Öffnung aufweist, die mit arteigenem Material verschlossen ist. Nach dem kompletten Aufschmelzen fließt die Schmelze durch die Öffnung aus dem Schmelzbereich hinaus.
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Die Nachteile der aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren lassen sich wie folgt zusammenfassen. Vollschwebeschmelzverfahren lassen sich nur mit kleinen Materialmengen durchführen, so dass eine industrielle Anwendung bisher noch nicht erfolgt ist. Halbschwebeschmelzverfahren haben den Nachteil, dass derjenige Anteil des eingesetzten Materials verworfen werden muss, der mit der Plattform in Kontakt gekommen ist. Ferner gestaltet sich das Abgießen in Gussformen schwierig. Im Ergebnis ist ein Vollschwebeschmelzverfahren zur Herstellung von Gusskörpern bislang nicht wirtschaftlich durchführbar.
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Aufgabe
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Es ist somit eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren bereit zu stellen, das einen wirtschaftlichen Einsatz des Schwebeschmelzens unter Vermeidung des für das Halbschwebeschmelzverfahren und Kalttiegelverfahren typischen Materialverlusts und unter Erzielung sämtlicher Vorteile der Schwebeschmelztechnologie ermöglicht. Insbesondere sollte das Verfahren einen hohen Durchsatz ermöglichen und ohne Einsatz einer unterstützenden Plattform eine ausreichende Menge an Material schmelzen können, um eine wirtschaftliche Herstellung von Gusskörpern in sehr hoher Qualität zu ermöglichen.
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Beschreibung der Erfindung
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Die Aufgabe wird durch das erfindungsgemäße Verfahren gelöst. Erfindungsgemäß ist ein Verfahren zur Herstellung von Gusskörpern aus einem leitfähigen Material, umfassend die folgenden Schritte:
- - Einbringen einer Charge des leitfähigen Materials in den Einflussbereich wenigstens eines elektromagnetischen Wechselfelds (Schmelzbereich), so dass die Charge in einem Schwebezustand gehalten wird,
- - Schmelzen der Charge,
- - Positionieren einer Gussform in einem Füllbereich unterhalb der schwebenden Charge,
- - Abguss der gesamten Charge in die Gussform,
- - Entnahme des erstarrten Gusskörpers aus der Gussform,
wobei das Volumen der geschmolzenen Charge ausreichend ist, um die Gussform in einem für die Herstellung eines Gusskörpers ausreichenden Maße zu füllen („Füllvolumen“). Nach dem Befüllen der Gussform wird diese abkühlen gelassen oder mit Kühlmittel abgekühlt, so dass das Material in der Form erstarrt. Danach kann der Gusskörper aus der Form entnommen werden. Der Abguss kann in einem Fallenlassen der Charge bestehen, insbesondere durch Abschaltung des elektromagnetischen Wechselfeldes; oder der Abguss kann durch ein elektromagnetisches Wechselfeld verlangsamt werden, z.B. durch die Verwendung einer Spule.
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In einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt des Bewegens der befüllten Gussform aus dem Füllbereich nach dem Abguss aber vor der Entnahme des erstarrten Gusskörpers. Diese Ausführungsform wird besonders vorteilhaft beim Einsatz verlorener Formen eingesetzt, da somit der Füllbereich für eine weitere verlorene Form freigegeben wird. In einer anderen Ausführungsform, insbesondere bei Einsatz einer Permanentform, kann die Entnahme des Gusskörpers im Füllbereich erfolgen.
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Die Entnahme des erstarrten Gusskörpers kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. In einer Ausführungsform wird die Gussform bei der Entnahme des Gusskörpers zerstört. Man spricht von einer „verlorenen Form“. In einer anderen Ausführungsform kann die Gussform als Permanentform, insbesondere als Permanentkokille ausgeführt sein. Permanentkokillen bestehen vorzugsweise aus einem metallischen Material. Sie sind für einfachere Bauteile geeignet.
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Eine Permanentform weist vorzugsweise zwei oder mehr Formelemente auf, die voneinander getrennt werden können, um den Gusskörper zu entformen. Beim Entformen aus Permanentformen können ein oder mehrere Ausstoßer zum Einsatz kommen.
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Unter einem „leitfähigen Material“ wird erfindungsgemäß ein Material verstanden, das eine geeignete Leitfähigkeit aufweist, um das Material induktiv zu erhitzen und in der Schwebe zu halten.
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Unter einem „Schwebezustand“ wird erfindungsgemäß ein Zustand des vollständigen Schwebens verstanden, so dass die behandelte Charge keinerlei Kontakt zu einem Tiegel oder einer Plattform oder dergleichen hat.
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Unter einem „Füllvolumen“ einer Gussform wird ein Volumen verstanden, das die Gussform in einem Maße füllt, das für die Herstellung eines oder mehrerer vollständiger, mit der Gussform zu formenden Gusskörper ausreichend ist. Dies muss nicht notwendigerweise einer kompletten Füllung der Gussform entsprechen; auch muss es nicht einem minimal für die Herstellung eines Gusskörpers notwendigen Volumen entsprechen. Entscheidend ist, dass es nicht erforderlich ist, die Gussform über das Füllvolumen hinaus zu füllen. Insbesondere kann eine Gussform im Rahmen dieser Erfindung Kanäle oder Einfüllabschnitte aufweisen, deren Füllung nicht notwendig ist, um vollständige Gusskörper herzustellen, sondern die lediglich dazu dienen, die Schmelze in die Gussform zu füllen bzw. darin zu verteilen. Erfindungsgemäß wird die Gussform insbesondere nicht über das Volumen der geschmolzenen Charge hinaus befüllt.
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Die erfindungsgemäß eingesetzten Gussformen weisen Kavitäten auf, die der Form der herzustellenden Gusskörper entsprechen. Es sind auch solche Gussformen im Rahmen dieser Erfindung verwendbar, die mehr als eine solche Kavität aufweisen und somit zur gleichzeitigen Herstellung von mehreren Gusskörpern geeignet sind. In einer Ausführungsform weisen die erfindungsgemäß verwendeten Gussformen genau eine Kavität zur Herstellung von genau einem Gusskörper auf. In einer Ausführungsform weist die Gussform einen Einfüllabschnitt auf, der einen größeren Durchmesser aufweist, als der zu füllende Hohlraum der Gussform. Ein solcher Einfüllabschnitt kann insbesondere trichterförmig ausgestaltet sein. Er dient dazu, den Eintritt der geschmolzenen Charge in die Gussform zu erleichtern.
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Die Gussform besteht vorzugsweise aus einem keramischen, insbesondere oxidkeramischen, Material, wie insbesondere Al2O3, ZrO2, Y2O3 oder Mischungen daraus. Dieses Formenmaterial hat sich in der Praxis bewährt und ist besonders für verlorene Formen vorteilhaft. Erfindungsgemäß ebenfalls einsetzbare Permanentformen können aus einem metallischen Material, also einem Metall oder einer Metalllegierung, gefertigt sein.
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Erfindungsgemäß kann nach dem Bewegen einer befüllten Gussform aus dem Füllbereich, oder ganz oder teilweise gleichzeitig mit dem Bewegen, der mit der Charge befüllten Gussform aus dem Füllbereich eine weitere leere Gussform in den Füllbereich hinein bewegt wird. Alternativ, insbesondere im Falle von Permanentformen, kann der Gusskörper noch in dem Füllbereich aus der Gussform entnommen werden, ohne dass die Gussform aus dem Füllbereich bewegt werden müsste. Ferner kann nach dem Abguss der Charge eine weitere Charge des leitfähigen Materials in den Einflussbereich des elektromagnetischen Wechselfeldes eingebracht werden. Die weitere Charge kann gleichermaßen geschmolzen und in die weitere Gussform abgegossen werden. Dieser Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen, zumal kein Tiegel benötigt wird, der einer Abnutzung unterworfen wäre. Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich derartig getaktet durchführen, dass jeder Charge leitfähigen Materials genau eine Gussform zugeordnet ist. Die Gussform ist mit einer Charge ausreichend befüllt und kann aus dem Füllbereich bewegt werden, um Platz für die nächste Gussform zum Empfang der nächsten Charge zu schaffen. Auf diese Weise wird ein besonders effizientes Verfahren ermöglicht, das selbst bei der relativ begrenzten Kapazität des Schwebeschmelzverfahrens einen hohen Durchsatz ermöglicht.
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In einer Ausführungsform wird die Gussform vor dem Befüllen vorgeheizt. Eine vorgeheizte Gussform hat den Vorteil, dass die geschmolzene Charge bei Kontakt mit der Gussform nicht sofort erstarrt. Gerade bei feinen auszufüllenden Hohlräumen, wie sie beispielsweise bei Schaufelrädern für Turbolader vorkommen, ist es zweckmäßig, die Gussform auf eine Temperatur vorzuheizen, die es der geschmolzenen Charge erlaubt, sich in die feinen Hohlräume der Gussform zu verteilen, bevor das Material erstarrt. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die Gussformen auf Temperaturen im Bereich von 400 bis 1.100 °C, insbesondere 500 bis 800 °C, vorzuheizen, bevor die Gussform mit der geschmolzenen Charge befüllt wird. Eine zu geringe Temperatur kann die Erstarrung unter Umständen nicht verhindern. Eine zu hohe Temperatur erhöht die Gefahr unerwünschter Reaktionen des Materials mit der Gussform. Es sind auch Ausführungsformen erfindungsgemäß, bei denen die Gussform nicht vorgeheizt wird. Solche Ausführungsformen sind insbesondere dann durchführbar, wenn die geschmolzene Charge auf eine ausreichend hohe Temperatur überhitzt werden kann und somit trotz nicht vorgeheizter Gussform nicht sofort erstarrt. Der Fachmann wird im Einzelfall abzuwägen haben, ob und auf welche Temperatur die Gussform vorzuheizen ist, wobei die Größe der Gussform und deren Hohlräume, die Schmelztemperatur des Materials, dessen Schmelzpunkt und Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur, das Material der Gussform und die Reaktivität des Materials eine Rolle spielen.
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Um die Verteilung der Schmelze in der Gussform zu beschleunigen, kann die Gussform während der Befüllung um eine vertikale Achse, insbesondere eine vertikale Symmetrieachse, rotiert werden. Dadurch wird die Schmelze in der Gussform gleichsam in die Hohlräume geschleudert. Gerade bei Material, dessen Schmelze bei sinkender Temperatur schnell an Viskosität zunimmt, ist es wichtig, dieses Material schnell in die Hohlräume der Gussform zu bringen, damit keine Erstarrung eintritt, bevor die Form ausreichend befüllt ist. Es ist zu berücksichtigen, dass sich die geschmolzene Charge bereits mit dem Abguss abzukühlen beginnt. Ein Material, das eine ausgeprägte Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur zeigt, ist Titan und Titanlegierungen, insbesondere TiAl, so dass besonders bei Titan und Titanlegierungen als leitfähigem Material die Gussform rotiert werden sollte. Neben der schnelleren Verteilung der geschmolzenen Charge in der Gussform werden durch die Rotation auch Turbulenzen vermieden, die sich extrem schädlich auf die Qualität der Gusskörper auswirken.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die Rotation der Gussform mit einer Drehzahl von 10 bis 1.000, insbesondere von 100 bis 500 oder von 150 bis 350, Umdrehungen pro Minute durchzuführen. Die zu wählende Drehzahl hängt von dem Viskositätsverhalten der geschmolzenen Charge und der inneren Form der Gussform ab. Je schneller die Viskosität des Materials bei Abkühlung steigt, desto schneller muss es in die Hohlräume der Gussform geschleudert werden.
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Erfindungsgemäß bevorzugt wird sowohl das Schmelzen des leitfähigen Materials als auch das Befüllen der Gussform unter Vakuum oder unter Schutzgas durchgeführt. Bevorzugte Schutzgase sind je nach zu schmelzendem Material Stickstoff, eines der Edelgase oder Mischungen davon. Besonders bevorzugt wird Argon oder Helium verwendet. Der Einsatz von Schutzgas bzw. Vakuum dient der Vermeidung unerwünschter Reaktionen des Materials mit Komponenten der Atmosphäre, insbesondere mit Sauerstoff. Bevorzugt wird das Schmelzen und/oder das Befüllen der Gussform in einem Vakuum durchgeführt, insbesondere bei einem Druck von höchstens 1000 Pa.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Gussform im Moment des Befüllens in eine Translationsbewegung parallel zur Abgussrichtung der Charge, insbesondere in Abgussrichtung, versetzt. Mit anderen Worten wird die Gussform, ausgelöst durch den Vorgang des Abgusses, nach oben oder unten bewegt. Dadurch wird die Füllgeschwindigkeit der Gussform gesteuert, also beschleunigt oder verlangsamt. Diese Maßnahme der Translation kann alternativ oder zusätzlich zu der oben beschriebenen Rotation durchgeführt werden. Beide Maßnahmen tragen zu einer optimalen Befüllung im Sinne einer möglichst vollständigen und schnellen, gleichzeitig aber turbulenzarmen Befüllung der Gussform bei, so dass die Qualität der erhaltenen Gusskörper verbessert wird. Eine Translation in Abgussrichtung erfolgt mit einer Geschwindigkeit, die geringer ist als die Fallgeschwindigkeit der geschmolzenen Charge. Die Beschleunigung der Gussform in Abgussrichtung sollte geringer sein als die Fallbeschleunigung der Charge. Durch den Einsatz der Translation allein oder zusätzlich zur Rotation wird ferner ein Herausspritzen oder Überlaufen der geschmolzenen Charge vermieden, was andernfalls aufgrund des schnellen und vollständigen Befüllens der Gussform in einem Guss zu befürchten wäre.
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Es hat sich als ausreichend erwiesen, die Translation über eine Strecke von höchstens 4 m, insbesondere höchstens 3 m, höchstens 2 m und besonderes bevorzugt höchstens 1 m durchzuführen, ausgehend von der Ausgangslage der Gussform im Moment des Abgusses. Diese Strecke genügt, um die Vorteile der Translationsbewegung auf die Qualität der hergestellten Gusskörper zu erzielen, ohne dass die benötigte Vorrichtung zu sehr vergrößert wird. Die Translation wird vorzugsweise gestoppt, wenn die gesamte Charge in die Gussform eingetreten ist.
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Die Rotations- und/oder die Translationsbewegung wird insbesondere durch den Abguss der Charge ausgelöst. Zu diesem Zweck können Sensoren vorgesehen sein, die den Abguss detektieren und ein Signal an eine Antriebseinheit senden, die Rotation und/oder Translation an der Gussform auslöst. Geeignete Sensoren können beispielsweise eine Veränderung bzw. Abschaltung des elektromagnetischen Wechselfeldes erfassen oder die Anwesenheit der geschmolzenen Charge in einem Übergangsbereich zwischen einem Schmelzbereich und der Gussform (z.B. mittels Lichtschranke). Es sind auch viele andere Sensoren denkbar, um ein entsprechendes Signal auszulösen.
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Das erfindungsgemäß eingesetzte leitfähige Material weist in einer bevorzugten Ausführungsform wenigstens ein hochschmelzendes Metall aus der folgenden Gruppe auf: Titan, Zirkonium, Vanadium, Tantal, Wolfram, Hafnium, Niob, Rhenium, Molybdän. Alternativ kann auch ein weniger hoch schmelzendes Metall wie Nickel, Eisen oder Aluminium eingesetzt werden. Als leitfähiges Material kann auch eine Mischung bzw. Legierung mit einem oder mehreren der vorgenannten Metalle eingesetzt werden. Vorzugsweise hat das Metall einen Anteil von wenigstens 50 Gew.-%, insbesondere wenigstens 60 Gew.-% oder wenigstens 70 Gew.-%, an dem leitfähigen Material. Es hat sich gezeigt, dass diese Metalle besonders von den Vorteilen der vorliegenden Erfindung profitieren. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist das leitfähige Material Titan oder eine Titanlegierung, insbesondere TiAl oder TiAIV. Diese Metalle bzw. Legierungen können besonders vorteilhaft verarbeitet werden, da sie eine ausgeprägte Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur aufweisen und darüber hinaus besonders reaktiv, insbesondere im Hinblick auf die Materialien der Gussform, sind. Da das erfindungsgemäße Verfahren ein kontaktloses Schmelzen in der Schwebe mit einem extrem schnellen Befüllen der Gussform kombiniert, kann gerade für solche Metalle ein besonderer Vorteil realisiert werden. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich Gusskörper herstellen, die eine besonders dünne oder sogar keinerlei Oxidschicht aus der Reaktion der Schmelze mit dem Material der Gussform aufweisen.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird das leitfähige Material beim Schmelzen auf eine Temperatur überhitzt, die wenigstens 10 °C, wenigstens 20 °C oder wenigstens 30 °C über dem Schmelzpunkt des Materials liegt. Durch die Überhitzung wird vermieden, dass das Material beim Kontakt mit der Gussform, deren Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur liegt, augenblicklich erstarrt. Es wird erreicht, dass sich die Charge in der Gussform verteilen kann, bevor die Viskosität des Materials zu hoch wird. Es ist ein Vorteil des Schwebeschmelzens, dass kein Tiegel verwendet werden muss, der im Kontakt mit der Schmelze ist. So wird der hohe Materialverlust des Kalttiegelverfahrens genauso vermieden wie eine Kontamination der Schmelze durch Tiegelbestandteile. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Schmelze verhältnismäßig hoch erhitzt werden kann, da ein Betrieb im Vakuum oder unter Schutzgas möglich ist und kein Kontakt zu reaktionsfähigen Materialien stattfindet. Dennoch können die meisten Materialien nicht beliebig überhitzt werden, da andernfalls eine heftige Reaktion mit der Gussform zu befürchten ist. Daher ist die Überhitzung vorzugsweise auf höchstens 300 °C, insbesondere höchstens 200 °C und besonders bevorzugt höchstens 100 °C über den Schmelzpunkt des leitfähigen Materials begrenzt.
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Das Schmelzen wird erfindungsgemäß bevorzugt für eine Dauer von 0,5 min bis 20 min, insbesondere 1 min bis 10 min, durchgeführt. Diese Schmelzdauern lassen sich in dem Schwebeschmelzverfahren gut realisieren, da ein sehr effizienter Wärmeeintrag in die Charge möglich ist und aufgrund der induzierten Wirbelströme eine sehr gute Temperaturverteilung innerhalb kürzester Zeit erfolgt. Nach Abschluss des Schmelzens erfolgt der Abguss der geschmolzenen Charge in die Gussform. Der Abguss kann in einem Fallenlassen der geschmolzenen Charge bestehen oder kontrolliert durch elektromagnetische Beeinflussung etwa mit einer (weiteren) für diesen Zweck geeigneten Spule erfolgen. Die befüllte Gussform wird fortbewegt und vorzugsweise durch eine neue, leere Gussform ersetzt, so dass im Abstand weniger Minuten Gussformen befüllt werden können. Eine Charge leitfähigen Materials kann erfindungsgemäß bevorzugt Massen von 50 g bis 2 kg, insbesondere 100 g bis 1 kg aufweisen. In einer Ausführungsform beträgt die Masse wenigstens 200 g. Diese Massen sind ausreichend, um Turbinenschaufeln, Turboladerräder oder Prothesen herzustellen. Es sind aber auch beliebige andere Formen denkbar, zumal sich mit dem Verfahren auch komplexe Formen mit feinen und verzweigten Hohlräumen herstellen lassen. Die Kombination von hoher Schmelztemperatur und dadurch geringer Viskosität, Vakuum bzw. Schutzgas zur Vermeidung von Reaktionen, Rotation zur schnellen Verteilung der Schmelze in der Gussform, Translation zur Einstellung einer optimalen Füllgeschwindigkeit und getaktete Befüllung der Gussformen in nur einem Füllschritt führen zu einem extrem vielseitigen Verfahren, das abhängig von dem zu schmelzenden Material und der eingesetzten Gussform optimiert werden kann.
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Vorzugsweise werde zur Herbeiführung des Schwebezustandes der Charge wenigstens zwei elektromagnetische Felder unterschiedlicher Wechselstromfrequenz verwendet. Im klassischen Schwebeschmelzverfahren wird mit einer oder mehreren konischen Spulen gearbeitet, um die benötigten elektromagnetischen Felder zu erzeugen. Auch so ein klassisches Schwebeschmelzverfahren mit konischen Spulen kann erfindungsgemäß eingesetzt werden. Es sind dann allerdings die Chargengrößen stark begrenzt, da im Bereich der Symmetrieachse nur die Oberflächenspannung der geschmolzenen Charge das Abfließen verhindert. Dieser Nachteil kann durch den Einsatz wenigstens zweier elektromagnetischer Felder unterschiedlicher Frequenz vermieden werden (vgl. Spitans et al., Magnetohydrodynamics Vol.51 (2015), No.1, pp.121-132). Die Magnetfelder sollten in Abwesenheit einer Ladung vorzugsweise horizontal und insbesondere rechtwinklig zueinander verlaufen. Auf diese Weise können verhältnismäßig große Massen eines leitfähigen Materials in einem Vollschwebeschmelzverfahren verarbeitet werden. Der Einsatz unterschiedlicher Frequenzen verhindert die Rotation der Probe, bevorzugt ist ein Frequenzunterschied von jeweils wenigstens 1 kHz.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird zur Konzentration des Magnetfeldes und Stabilisierung der Charge wenigstens ein ferromagnetisches Element horizontal um den Bereich angeordnet, in dem die Charge geschmolzen wird. Das ferromagnetische Element kann ringförmig um den Schmelzbereich angeordnet sein, wobei unter „ringförmig“ nicht nur kreisrunde Elemente, sondern auch eckige, insbesondere vier- oder mehreckige Ringelemente verstanden werden. Das Element kann mehrere Stababschnitte aufweisen, die insbesondere horizontal in Richtung des Schmelzbereiches ragen. Das ferromagnetische Element besteht aus einem ferromagnetischen Material, vorzugsweise mit einer Amplitudenpermeabilität µa > 10, mehr bevorzugt µa > 50 und besonders bevorzugt µa > 100. Die Amplitudenpermeabilität bezieht sich insbesondere auf die Permeabilität in einem Temperaturbereich zwischen 25 °C und 100 °C und bei einer magnetischen Flussdichte zwischen 0 und 400 mT. Die Amplitudenpermeabilität beträgt insbesondere wenigstens ein Hundertstel, insbesondere wenigstens 10 Hundertstel oder 25 Hundertstel der Amplitudenpermeabilität von weichmagnetischem Ferrit (z.B. 3C92). Dem Fachmann sind geeignete Materialien bekannt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform werden die elektromagnetischen Felder von wenigstens zwei Paaren von Induktionsspulen erzeugt, deren Achsen horizontal ausgerichtet sind, die Leiter der Spulen sind also vorzugsweise jeweils auf einen horizontal ausgerichteten Spulenkörper gewickelt. Die Spulen können jeweils um einen in Richtung des Schmelzbereiches ragenden Stababschnitt des ferromagnetische Element angeordnet sein. Die Spulen können kühlmittelgekühlte Leiter aufweisen.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird zusätzlich eine Spule, insbesondere eine konische Spule, mit vertikaler Symmetrieachse unterhalb der zu schmelzenden Charge angeordnet, um die Abgussgeschwindigkeit zu beeinflussen. Diese Spule kann in einer bevorzugten Ausführungsform ein elektromagnetisches Feld einer dritten Wechselstromfrequenz erzeugen (vgl. Spitans et al., Numerical and experimental investigations of a large scale electromagnetic levitation melting of metals, Conference Paper 10th PAMIR International Conference - Fundamental and Applied MHD, June 20-24, 2016, Cagliari, Italy). Diese Spule kann vorzugsweise ferner dazu dienen, das ferromagnetische Element vor dem Einfluss zu großer Hitze zu schützen. Zu diesem Zweck kann der Leiter dieser Spule von einem Kühlmittel durchströmt werden.
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Figurenliste
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- 1 ist eine Seitenansicht einer Gussform unterhalb eines Schmelzbereiches mit ferromagnetischem Element, Spulen und einer Charge leitfähigen Materials.
- 2 ist eine Schnittansicht des Aufbaus gemäß 1.
- 3 ist eine perspektivische Schnittansicht des Aufbaus gemäß 1.
- 4 zeigt eine erfindungsgemäß einsetzbare Spulenanordnung in Aufsicht.
- 5 zeigt perspektivische Ansicht einer Permanentform in einem Füllbereich mit Charge im Schmelzbereich.
- 6 zeigt eine Schnittansicht einer Permanentform in einem Füllbereich, ebenfalls mit Charge im Schmelzbereich.
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Figurenbeschreibung
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Die Figuren zeigen bevorzugte Ausführungsformen. Sie dienen allein der Veranschaulichung.
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1 zeigt eine Charge 1 aus leitfähigem Material, die sich im Einflussbereich von elektromagnetischen Wechselfeldern befindet (Schmelzbereich), die mit Hilfe der Spulen 3 erzeugt werden. Unterhalb der Charge 1 befindet sich eine leere Gussform 2, die von einem Halter 5 im Füllbereich gehalten wird. Der Halter 5 ist geeignet, die Gussform 2 in Rotation und/oder Translation zu versetzen, was durch die eingezeichneten Pfeile symbolisiert wird. Um den Einflussbereich der Spulen 3 ist ein ferromagnetisches Element 4 angeordnet. Die Charge 1 wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren schwebend geschmolzen und nach erfolgter Schmelze in die Gussform 2 abgegossen. Die Gussform 2 weist einen trichterförmigen Einfüllabschnitt 7 auf.
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2 zeigt die gleichen Komponenten wie 1. In 2 sind auch die in Richtung des Schmelzbereichs ragenden Stababschnitte 6 zu erkennen, um die herum die Spulen 3 angeordnet sind. Die Stababschnitte 6 sind in dieser bevorzugten Ausführungsform Teile des ferromagnetischen Elements 4 und bilden die Kerne der Spulen 3. Die Achsen der Spulenpaare 3 sind horizontal und rechtwinklig zueinander ausgerichtet, wobei je zwei gegenüberliegende Spulen 3 ein Paar bilden.
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3 zeigt die gleichen Komponenten wie die 1 und 2, wobei in 3 die rechtwinklige Anordnung der Stababschnitte 6 und der Spulenachsen gut erkennbar ist.
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4 zeigt nochmals die Anordnung der Spulen 3 innerhalb eines ferromagnetischen Elements 4. Das ferromagnetische Element 4 ist als achteckiges Ringelement ausgestaltet. Jeweils zwei auf einer Achse A, B liegende Spulen 3 bilden ein Spulenpaar. Unterhalb der Spulenanordnung ist der Einfüllabschnitt 7 einer Gussform erkennbar. Die Spulenachsen A, B sind rechtwinklig zueinander angeordnet.
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5 zeigt eine Anordnung zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens mit einer Permanentform als Gussform 2. Die Permanentform 2 ist eine Permanentkokille mit zwei Formelementen 8, 9, die zum Zweck des Entformens voneinander getrennt werden können. Ein Ausstoßer 10 ist durch eines der Formelemente 8 geführt, um das Entformen unterstützen. Die Permanentform 2 ist wie die als verlorene Formen ausgeführten Gussformen auf einem Halter 5 angeordnet, so dass die Gussform 2 in eine Rotations- und/oder Translationsbewegung versetzt werden kann. Das Entformen der Permanentform 2 kann im Füllbereich stattfinden.
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6 zeigt eine Schnittansicht einer Anordnung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens mit einer Permanentform 2 mit zwei Formelementen 8, 9 und Ausstoßer 10. Die Permanentform 2 weist auch einen trichterförmigen Einfüllabschnitt 7 auf.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Charge
- 2
- Gussform
- 3
- Spule
- 4
- ferromagnetisches Element
- 5
- Halter
- 6
- Stababschnitt
- 7
- Einfüllabschnitt
- 8, 9
- Formelemente
- 10
- Ausstoßer
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 422004 A [0003]
- US 2686864 A [0004]
- US 4578552 A [0005]
- DE 69617103 T2 [0006, 0007]
- DE 69031479 T2 [0007]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Spitans et al., Magnetohydrodynamics Vol.51 (2015), No.1, pp.121-132 [0030]
- Spitans et al., Numerical and experimental investigations of a large scale electromagnetic levitation melting of metals, Conference Paper 10th PAMIR International Conference - Fundamental and Applied MHD, June 20-24, 2016, Cagliari, Italy [0033]