-
Die Erfindung betrifft einen Mittenmechanismus für Reifenvulkanisiermaschinen zur Aufnahme eines Reifenrohlings, aufweisend wenigstens eine Halterungseinrichtung zur Aufnahme eines Reifenwulstes.
-
Einer der wesentlichen Produktionsschritte zur Herstellung von Reifen ist die Vulkanisierung von Reifenrohlingen. Dazu wird der Reifenrohling in eine Form eingelegt, die sich innerhalb einer Reifenvulkanisiermaschine befindet und anschließend auf die materialabhängige Vulkanisiertemperatur erwärmt sowie mit einem Vulkanisierdruck innenseitig des Reifenrohlings beaufschlagt. Man spricht davon, dass der Reifenrohling „gebacken” wird. Die Reifenhalbzeuge bestehen im Wesentlichen aus verschiedenen Gummimischungen, Textilgewebe bzw. Textilkord, Stahlgürtel und kautschukummantelte „Wulstkerne”. Diese werden unter Druck- und Temperatureinwirkung über einer gewissen Zeit stoffschlüssig miteinander verbunden und gleichzeitig werden den Gummimischungen, insbesondere den Kautschukanteilen, ihre elastischen Eigenschaften eingeprägt.
-
Um die Vulkanisiertemperatur und den Vulkanisierdruck zu erreichen, wird ein geeignetes Heizmedium mit einer entsprechenden Temperatur und unter Druckbeaufschlagung in den Innenraum des Reifenrohlings eingebracht. Als Heizmedien eignen sich primär alle förderbaren fluiden und gasförmigen Materialen mit guter Wärmekapazität. Bewährt haben sich insbesondere Temperieröle, Wasser, Wasserdampf und Heiß- sowie Sattdampf oder salzhaltige Lösungen.
-
Üblicherweise wird der Reifenrohling innerhalb der Form derart durch eine Vorrichtung festgelegt, dass innerhalb des Reifenrohlings eine weitgehend druckdichte Kammer gebildet ist. Häufig wird dazu eine der Reifenfelge ähnliche Vorrichtungsgeometrie verwendet, an die sich die Reifenwulste druckdicht anlegen können. Alternativ kann eine innerhalb des Reifenrohlings angeordnete elastische Kammer, der sogenannte Balg beziehungsweise Heizbalg, zur Aufnahme des druckbeaufschlagten Heizmediums vorgesehen sein.
-
Bei der Verwendung eines Heizbalgs wird dieser innenseitig des Reifenrohlings an die Reifenwandung angelegt, sodass innerhalb des Reifenrohlings eine weitgehend druckdichte Kammer gebildet ist, welche mit einem Heizmedium beaufschlagt wird und auf diese Weise dem Reifenrohling innenseitig die notwendige Vulkanisationsenergie zuführt. Die Zuführung der Vulkanisationsenergie über die Reifeninnenseite wird als Innenheizung bezeichnet. Die erforderlichen Vulkanisationstemperaturen und die Vulkanisationsdauer sind von verschiedenen Parametern abhängig, z. B. von der Art und Anzahl der Reifenlagen, den Werkstoffen, der Gummimischung, den Wanddicken usw.
-
Bei der Reifenvulkanisation unter Verwendung eines Heizbalgs zur Realisierung einer weitgehend druckdichten Kammer im Innenraum des Reifenrohlings besteht ein Nachteil darin, dass die Heizzeiten relativ lang sind. Darüber hinaus sind Heizbälge infolge der thermischen Beanspruchungen erheblichen Alterungsprozessen unterworfen. Dadurch müssen die Heizbälge in den Heizpressen in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden. Aufwändig, kostenintensiv und störanfällig sind auch die Antriebe und Bewegungsmechaniken dieser Bälge.
-
Es ist bekannt, bei einer Reifenvulkanisation gänzlich auf einen Balg zu verzichten und den Reifenrohling dadurch zu vulkanisieren, dass ein Heizmedium in direkten Kontakt mit der Reifeninnenseite gebracht wird. Bei diesem so genannten balglosen Vulkanisieren wird entweder auf den innenseitigen Druckaufbau verzichtet oder es wird ohne den Balg eine weitgehend druckdichte Kammer geschaffen, die den Druckaufbau innenseitig des Reifenrohlings unterstützt.
-
Bei der Reifenvulkanisation unter Abwesenheit eines Druckes innenseitig des Reifenrohlings ist nachteilig, dass der Formgebungsprozess des Reifens keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefert. Sowohl die geometrische Formgebung des Reifens an sich als auch dessen Gleichmäßigkeit hinsichtlich der Rotationssymmetrie, Wandstärke und die homogen-stoffschlüssige Verbindung der einzelnen Reifenkomponenten ist beim balg- und weitgehend drucklosen Vulkanisieren gegenüber der kombinierten Druck-Temperaturbeaufschlagung deutlich verschlechtert.
-
Ein weiterer Nachteil des balglosen Vulkanisierens ohne Innendruck ist eine sich ausbildende ungleichmäßige Oberfläche der Reifeninnenseite. Von besonderer Problematik ist die sich aus ungleichmäßigen Wandstärken des Reifens und der ungleichmäßigen Oberfläche der Reifeninnenseite ergebende Unwucht des fertigen Reifens als Folge fehlenden, zeitlich zu kurzen oder dem Betrage nach zu geringen Druckes innenseitig des Reifenrohlings während des Prozesses der Reifenvulkanisation.
-
Eine Möglichkeit zur mittelbaren Zentrierung der Wulstringe relativ zur Vulkanisiermaschine und der Reifenform anstelle einer Bewegungsmechanik besteht in der Verwendung von vorzugsweise konischen Zentrierflächen in der Form der späteren Wulstringe. Diese Zentrierflächen sind außenseitig der Wulstringe angebracht und korrespondieren mit einer entsprechend zentrisch zur Vulkanisiermaschine und der Reifenform festgelegten Wulstringzentrierung, sodass bei der axialen Verfahrbewegung zur Positionierung des Reifenrohlings in der Reifenform die Zentrierwirkung in Endlagenposition unterstützt ist.
-
Nachteilig an dem bekannten Stand der Technik zur Zentrierung und innenseitig weitgehend druckdichten Aufnahme von Reifenrohlingen in einer Reifenform einer Reifenvulkanisiermaschine ist die sich durch die mittelbare Zentrierung ergebende Doppelzentrierung. Diese Ausgestaltungen erfordern erheblichen Aufwand durch geeignete Bewegungsmechaniken, mehrfache Zentriereinrichtungen und der Notwendigkeit eines fertig ausgeformten Reifenwulstes, der in einem separaten und vorangegangenen Fertigungsschritt realisiert sein muss. Die aufwändigen Bewegungsmechaniken zur Festlegung der Reifenwulste sind kostenintensiv, störanfällig und verlängern die Prozesszeiten zur Herstellung von Reifen.
-
Es ist Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung und ein Verfahren zu schaffen, dass ein balgloses Vulkanisieren von Reifenrohlingen in einer Reifenvulkanisiermaschine unter Einwirkung eines Druckes und einer Vulkanisierungstemperatur innenseitig des Reifenrohlings unter Berücksichtigung von Kosten, Aufwand und robuster sowie stringenter mechanischer Mittel unterstützt.
-
Die Erfindung löst diese Aufgabe durch Schaffung einer weitgehend druckdichten Kammer innenseitig des Reifenrohlings durch die Ausgestaltung einer unmittelbar zentrierenden und druckverlustarmen Reifenrohling-Aufnahmevorrichtung und der Verwendung eines entsprechenden Vulkanisationsverfahrens.
-
Die erfindungsgemäße Lehre erkennt, dass durch eine unmittelbare Zentrierung des Reifenrohlings relativ zu einer zentrisch angeordneten und weitgehend druckdichten Reifenaufnahmevorrichtung in Form von axial bewegbaren Wulstringen und der konzentrisch dazu angeordneten Reifenform in sehr effizienter Weise eine weitgehend druckdichte Kammer ohne Einsatz eines Balges unterstützt ist, die es erlaubt, ein Heizmedium unter Druck und mit einer geeigneten Vulkanisierungstemperatur auf die Innenwandung des Reifenrohlings einwirken zu lassen.
-
Die Reifenaufnahmevorrichtung ist im Wesentlichen gebildet durch jeweils zwei Wulstklemmringe pro umlaufenden Reifenwulst. Wenigstens einer der Wulstklemmringe pro umlaufendem Reifenwulst ist vorzugsweise linear in axialer Richtung der Reifenform der Vulkanisiermaschine und des aufzunehmenden Reifenrohlings verschiebbar. Durch die geometrische Ausgestaltung der jeweils zwei Wulstklemmringe pro Reifenwulst erfolgt sowohl die kraft- und formschlüssige Klemmung des Reifenwulstes, als auch die unmittelbare Zentrierung des Reifenrohlings relativ zu der konzentrisch zu den Wulstklemmringen angeordneten Reifenform, welche üblicherweise durch zwei Formhälften als ein erstes und ein zweites Pressenteil gebildet ist.
-
Die unmittelbare Zentrierung des Reifenrohlings erfolgt durch die Klemmung der Reifenwulste innerhalb der Wulstklemmringe durch deren geometrische Gestaltung und der gemeinsamen funktionellen Wirkung der jeweils zwei Wulstklemmringe pro Reifenwulst. Die Wulstklemmringe sind je nach verwendeter Aufnahme linearbeweglichen Einrichtungen teller- oder ringförmig ausgestaltet und verfügen an deren äußerer Fläche über eine Anlageschulter, die durch eine umlaufende Schräge gebildet ist. Die jeweils zwei zusammenwirkenden Wulstklemmringe sind bezüglich deren Anlagenschultern spiegelverkehrt symmetrisch einander gegenüber angeordnet und in ihrem Abstand zueinander durch die linearbeweglichen Einrichtungen variabel.
-
Um eine unmittelbare Zentrierung des Reifenrohlings zu erreichen, wird der Reifenrohling zunächst mit seinen Reifenwulsten derart in die Reifenform eingebracht, dass je ein Wulstklemmring des zusammenwirkenden Wulstklemmringpaares innen- und außenseitig der Reifenwulst liegt. Infolge der maximalen Außendurchmesser der Wulstklemmringe größer als die Innendurchmesser der Reifenwulste ist es erforderlich, den Reifenrohling durch eine schräg verlaufende Bewegung vergleichbar einer Reifenmontage auf eine Felge in die Reifenform und auf den die Wulstringe aufweisenden Mittenmechanismus aufzubringen.
-
Durch die anschließende, weitgehend achsparallele Linearbewegung der zusammenwirkenden Wulstringklemmpaare zu dessen Abstandsverringerung zueinander wird der jeweilige Reifenwulst beidseitig an die Anlageschultern der Wulstklemmringe angelegt und durch die schräg ausgebildeten Anlageschultern sowohl zentriert als auch gepresst.
-
Durch die Ausbildung der Anlageschultern mit verschiedenen Anstellwinkeln ist es möglich, durch das sich ergebende Kräfteparallelogramm sowohl die Presskräfte an den Anlageflächen als auch die Zentrierwirkung zu beeinflussen. Wird ein größerer Winkel in Bezug auf die Mittenachse gewählt, kann die Zentrierung eines Reifenrohlings erfolgen, der bei Einlegen in die Reifenform zunächst eine stärker außermittige Position eingenommen hat. Wird ein kleinerer Winkel in Bezug auf die Mittenachse gewählt, kann die Zentrierung eines Reifenrohlings entgegen einer größeren auf die Reifenwulste wirkenden Radialkraftkomponente erfolgen.
-
Weiterhin erkennt die Erfindung, dass je nach gewähltem Anstellwinkel eine Selbsthemmung der Klemmverbindung erreichbar und infolge dessen nach Erreichen der Klemmposition eine Kraftaufbringung durch die Linearbewegungseinrichtungen nicht erforderlich ist.
-
In den nachfolgenden Zeichnungen ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung schematisch dargestellt. Es zeigen
-
1 den Mittenmechanismus zur Aufnahme eines Reifenrohlings in einer Reifenvulkanisiermaschine in der geöffneten Stellung und
-
2 den Mittenmechanismus zur Aufnahme eines Reifenrohlings in einer Reifenvulkanisiermaschine in der geschlossenen Stellung.
-
1 bildet schematisch den Mittenmechanismus zur Aufnahme eines Reifenrohlings (100) in einer Reifenvulkanisiermaschine in der geöffneten Stellung der Pressenteile, Reifenformhälften (1, 2) ab. Gezeigt ist die Situation mit einem in die Vulkanisiermaschine eingebrachten Reifenrohling (7), der mit seinen Reifenwulsten (7a, 7b) zwischen jeweils zwei zusammenwirkenden Wulstklemmringen (3, 4, 5, 6) positioniert ist und auf wenigstens einem der Wulstklemmringe (6) aufliegt. Im gezeigten Ausführungsbeispiel gemäß 1 wirken die Wulstklemmringe A und B (3, 4) zur Klemmung und Zentrierung des zweiten Reifenwulstes (7b) und die Wulstklemmringe C und D (5, 6) zur Klemmung und Zentrierung des ersten Reifenwulstes (7a).
-
Um die Klemm- und Zentrierwirkung zu erreichen, muss wenigstens einer der beiden jeweils zusammenwirkenden Wulstklemmringe (3, 4, 5, 6) linearbeweglich sein. Das gezeigte Ausführungsbeispiel verfügt mit Wulstklemmring D (6) über einen nichtbewegbaren und mit den Wulstklemmringen A, B, C (3, 4, 5) über drei bewegbare Wulstklemmringe. Die linearbeweglichen Einrichtungen können Linearzylinder (8, 9, 10) mit einem oder mehreren Kolbenstangen sein und fluidisch oder pneumatisch arbeiten.
-
Die jeweiligen Kolbenstangen der Zylinder (8, 9, 10) und, oder die Aufnahme (11) können in integrierender Bauweise als Wulstklemmringe (3, 4, 6) ausgebildet oder als Tragvorrichtung für Wulstklemmringe in Form separater Bauteile gestaltet sein. Wulstklemmringe in Form separater Bauteile bieten den Vorteil der leichten Austauschbarkeit beispielsweise bei Verschleiß oder wenn infolge variierender Wulstgeometrien Anlageschultern (12) mit angepassten Schrägen durch unterschiedlichen Anstellwinkel.
-
2 bildet schematisch den Mittenmechanismus zur Aufnahme eines Reifenrohlings (100) in einer Reifenvulkanisiermaschine in der geschlossenen Stellung der Pressenteile, Reifenformhälften (1, 2) ab. Um die Reifenvulkanisiermaschine bzw. die als Pressenteile ausgebildete, vorzugsweise zweiteilige Reifenform (1, 2) zu schließen, ist wenigstens eine der Reifenformen (1) bewegbar angeordnet und wird in Richtung der zweiten Reifenform (2) verfahren, sodass sich deren Abstand zueinander auf das gewünschte Maß reduziert bzw. die Geschlossenstellung eingenommen wird. Simultan oder zeitversetzt werden die linearbeweglichen Einrichtungen (8, 9, 10) aktiviert und verfahren die jeweils zusammenwirkenden Wulstklemmringe A und B (3, 4) relativ zueinander und Wulstklemmring C (5) relativ zu Wulstklemmring D (6), sodass die Reifenwulste (7a, 7b) durch die Anlageschultern (12) der Wulstklemmringe (3, 4, 5, 6) geklemmt und zentriert werden.
-
Durch die sich entlang einer konzentrischen Anlageringfläche zwischen der Anlageschultern (12) der Wulstklemmringe (3, 4, 5, 6) und den Reifenwulsten (7a, 7b) ergebende Flächenpressung wird eine Dichtwirkung erreicht, sodass eine weitgehend druckdichte Kammer geschaffen wird, die den Druckaufbau innenseitig des Reifenrohlings unterstützt.
-
Infolge der Wulstklemmringe (3, 4, 5, 6) mit den schräg angestellten Anlageschultern (12) ist es möglich, auch unter Abwesenheit eines Balges einen weitgehend druckdichten Raum innenseitig des Reifenrohlings zu schaffen und auf diese Weise durch dann mögliche kombinierte Druck-Temperaturbeaufschlagung innenseitig des Reifenrohlings den Vulkanisierprozess zu unterstützen. Dabei wird der Reifenrohling an den Reifenwulsten unmittelbar zentriert und außerdem zentrisch und infolge der hohen Klemmkräfte sowie der radial formschlüssigen Verbindung außerordentlich zuverlässig gehaltert.
-
Durch die geometrische Ausgestaltung der Wulstklemmringe (3, 4, 5, 6) mit den schräg angestellten Anlageschultern (12) ist die unmittelbare Zentrierung und weitgehend druckdichte Halterung des Reifenrohlings auch möglich, wenn die Reifenwulste noch nicht fertig hergestellt sind, sondern als Rohwulste vorliegen. Durch Anpassung der Wulstklemmringgeometrien ist es möglich, die Formgebung und das Vulkanisieren der Reifenwulste parallel zum Vulkanisieren des Reifenrohlings in einem Fertigungsschritt zu realisieren.