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Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrerassistenzsystem in einem Kraftfahrzeug zur Ermittlung einer Verzögerungsstrategie und zur automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie.
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Grundsätzlich sind bereits viele als Geschwindigkeitsregelsystem ausgestaltete Fahrerassistenzsysteme bekannt, welche die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs auf eine vorgegebene Wunsch- bzw. Soll-Geschwindigkeit regeln. Neben diesen Längsregelsystemen können heute bereits bei einigen Herstellern auch um eine Abstandsregelung erweiterte Längsregelsysteme, sog. abstandsbezogene Längsregelsysteme bzw. Geschwindigkeitsregelsysteme erworben werden. Derartige – bspw. bei der Anmelderin der vorliegenden Patentanmeldung unter der Bezeichnung „Active Cruise Control” – angebotene Systeme ermöglichen es, das Kraftfahrzeug unter Einhaltung eines gewünschten Abstands zu einem vorausfahrendem Fahrzeug mit einer gewünschten oder einer entsprechend geringeren Geschwindigkeit automatisch zu führen. Erkennt eine am Kraftfahrzeug angebrachte Abstandssensorik, die insbesondere auf Radarbasis arbeiten kann, ein vorausfahrendes Zielobjekt bzw. (Kraft-)Fahrzeug in der eigenen Spur, so wird die eigene Geschwindigkeit – bspw. durch Veranlassen eines geeigneten Bremsmoments – an die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs bzw. des Zielobjekts derart angepasst, dass eine in der „aktiven Fahrgeschwindigkeitsreglung” bzw. im entsprechenden Längsregelsystem enthaltene Abstandsregelung automatisch einen situationsgerechten Abstand zum vorausfahrenden Kraftfahrzeug bzw. Zielobjekt einregelt und einhält.
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Weiter sind sog. Geschwindigkeitsbegrenzungssysteme bekannt, welche ein Überschreiten der vom Fahrer eingestellten Geschwindigkeit verhindern.
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Die
DE 10 2012 211 967 A1 beschreibt eine Kombination aus einem Geschwindigkeitsbegrenzungssystem und einem Geschwindigkeitsregelsystem, wobei die Höchstgeschwindigkeit des Geschwindigkeitsbegrenzungssystems anstelle der einstellten Setzgeschwindigkeit als (neue) Sollgeschwindigkeit für die Geschwindigkeitsregelung übernehmbar ist.
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Schließlich gibt es in neueren Fahrzeugen auch Fahrerassistenzsysteme, welche entweder aus Kartendaten eines Navigationssystems und/oder mittels Bildverarbeitung vorausschauend eine Geschwindigkeitsbegrenzung erkennen und dem Fahrer dauerhaft anzeigen können, so dass dieser selbständig bei Bedarf seine Geschwindigkeit an die Geschwindigkeitsbegrenzung anpassen kann (z. B. BMW Speed Limit Info).
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Aus der
DE 10 2008 018 421 A1 ist ein Fahrerassistenzsystem zum Senden und Empfangen von Geschwindigkeitsdaten und/oder Verkehrsdichtedaten zur Steuerung einer Geschwindigkeitsregelanlage bekannt, welches anhand der empfangenen Daten eine zulässige Höchstgeschwindigkeit ermittelt und diese dem Fahrer durch Ausgabe eines entsprechenden Hinweises mitteilt. Der Fahrer kann diese Vorgabe der zulässigen Geschwindigkeit durch eine einfache Betätigung für seine Geschwindigkeitsregelanlage übernehmen.
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Schließlich ist aus der
DE 10 2011 119 007 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs und eine entsprechend ausgestalte Steuereinheit bekannt, wobei in Abhängigkeit der aktuellen Geschwindigkeit und einer aufgrund einer Geschwindigkeitsreduzierung reduzierten Zielgeschwindigkeit ein Ausrollweg des Fahrzeugs ermittelt wird, wobei der Ausrollweg des Fahrzeugs entweder für einen Freilauf-Betriebszustand oder einen Schubabschaltungsbetriebszustand ermittelt wird. In Abhängigkeit des ermittelt Ausrollwegs kann entweder eine Ausgabe an den Fahrer erzeugt werden, die den Fahrer zu einer bestimmten Fahrweise veranlassen soll, oder ein entsprechendes Steuersignal an eine automatische Geschwindigkeitsregelfunktion übergeben werden, d. h. entweder wird die Fahrweise dem Fahrer überlassen und lediglich eine Hinweis ausgegeben, oder es erfolgt eine vom Fahrer unabhängige automatische Geschwindigkeitssteuerung.
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Wird lediglich ein Hinweis ausgegeben, so ist der Unterstützungsgrad des Systems relativ gering, wird jedoch gleich eine automatische Steuerung vorgenommen, so wird der Fahrer in seiner Führungsaufgabe zu stark eingeschränkt.
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Aufgabe der Erfindung ist nun, ein Fahrerassistenzsystem bereitzustellen, welches den Fahrer bei einer erforderlichen Geschwindigkeitsreduzierung unterstützt, ohne die Führungsaufgabe des Fahrers zu stark einzuschränken.
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Diese Aufgabe wird durch ein Fahrerassistenzsystem nach Patentanspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Grundgedanke der Erfindung ist eine Verzögerungsstrategie mit einer gezielten Ansteuerung einer Teilstrecke in Segeln, in Schlepp und/oder in Bremsung anzugeben. Zumindest die Teilstrecken Segeln und Schlepp sollen in ihrer Länge applikativ einstellbar sei. Die Reststrecke soll gebremst werden, da nur so eine Geschwindigkeit an einem definierten Ort erreichbar sind.
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Das Fahrerassistenzsystem umfasst im Wesentlichen ein Erfassungssystem zum Erkennen vorausliegender Ereignisse, die eine Reduzierung der aktuellen Geschwindigkeit auf eine reduzierte Zielgeschwindigkeit erfordern, eine Funktionseinheit zum Ermitteln einer geeigneten Verzögerungsstrategie zur Reduzierung der Geschwindigkeit von der aktuellen Geschwindigkeit auf die Zielgeschwindigkeit am Ort des vorausliegenden Ereignisses, und ein Hinweissystem zum Ausgeben eines Aufforderungshinweises an den Fahrer zu einem definierten Zeitpunkt vor Erreichen des eine Geschwindigkeitsreduzierung erfordernden vorausliegenden Ereignisses zum Zulassen einer automatischen Umsetzen der Verzögerungsstrategie. Erst wenn der Fahrer durch eine entsprechende Bestätigung des Aufforderungshinweises die automatische Umsetzung der Verzögerungsstrategie zulässt, veranlasst die Funktionseinheit die automatische Umsetzung der Verzögerungsstrategie durch Aussenden entsprechender Steuersignale an die Antriebs- und/oder Bremseinheit.
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Die relevanten vorausliegenden Ereignisse, welche eine Reduzierung der Geschwindigkeit erfordern, können entweder aus Kartendaten eines Navigationssystems und/oder mittels Bildverarbeitung einer vorausschauenden Sensorik und/oder mittels einer Car-to-X-Kommunikationseinheit durch Empfangen relevanter Daten von anderen Fahrzeugen oder von Verkehrszeichen oder Verkehrsleitsystemen erkannt werden. Bei den vorausliegenden Ereignissen kann es sich somit bspw. um temporäre oder dauerhafte Geschwindigkeitsbegrenzungen handelt, welche entweder direkt auf einem Verkehrszeichen angegeben sind, oder aufgrund der allgemeinen Verkehrsregeln daraus abzuleiten sind (z. B. gilt in Deutschland bei einer Orts-Durchfahrt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h). Die für die Verzögerungsstrategie maßgebliche Zielgeschwindigkeit am Ort des vorausliegenden Ereignisses kann entweder die tatsächlich vorgegebene Geschwindigkeitsbegrenzung oder eine von der vorgegebenen Geschwindigkeitsbegrenzung um einen vorgegebenen Betrag nach oben oder unten abweichende Geschwindigkeit sein, wobei der Betrag und die Richtung der Abweichung bspw. durch den Fahrer in einem zentralen Fahrzeugmenü einstellbar sein kann.
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Alternativ oder zusätzlich ist es auch möglich, dass der Fahrer auf einer ihm bekannten Strecke über ein fahrzeuginternes oder fahrzeugexternes Interface selbst Geschwindigkeitslimits ortsbasiert festlegt. Bei Befahren der Strecke mit aktivem Längsführungssystem können diese Geschwindigkeitslimits entsprechend berücksichtig werden. Dabei kann der Fahrer im Vorfeld z. B. auch noch auswählen, ob der grundsätzlich alle selbst festgelegten Geschwindigkeitslimit berücksichtigt haben will, oder entsprechend einer Regel ausgewählte Geschwindigkeitslimits (z. B. nur auf einer bestimmten Strecke, für bestimmte Straßenklassen, zu einer bestimmten Uhrzeit, abhängig von Wetterbedingungen, etc.). Für einen bestimmten Streckenabschnitt können auch mehrere Geschwindigkeitsprofile angelegt werden, die dann entsprechend vordefinierten Regeln aktiv sind (Geschwindigkeitsprofil für gute Straßenbedingungen, Geschwindigkeitsprofil für nasse Straßen und/oder Geschwindigkeitsprofil für schneebedeckte Straßen).
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Das erfindungsgemäße Fahrerassistenzsystem zeichnet sich weiter dadurch aus, dass die Funktionseinheit bei Erkennen eines vorausliegenden Ereignisses, das eine Geschwindigkeitsreduzierung erfordert, zunächst eine erste Verzögerungsstrategie ermittelt, wobei die heranzuziehende Verzögerungsstufe der ersten Verzögerungsstrategie in Abhängigkeit vorgegebener Parameter festgelegt werden. Im Sinne der vorgegebenen Parameter können aktuell vorliegende Betriebsbedingungen des Fahrzeugs und/oder aktuelle Systemeinstellungen und/oder Fahrervorgaben und/oder relevante Umfeldbedingungen ausgewertet werden. Die erste Verzögerungsstrategie kann einstufig oder auch mehrstufig sein. Als Verzögerungsstufen können alle Betriebsarten des Kraftfahrzeugs definiert werden, welche eine Verzögerung des Fahrzeugs bewirken, wie z. B. Segelbetrieb (Kraftschlussunterbrechung z. B. durch Öffnen der Verbindungseinheit zwischen Getriebe und Motor), Schubbetrieb und Bremsbetrieb. Unter einer einstufigen Verzögerungsstrategie wird verstanden, dass während der gesamten Verzögerungsstrategie lediglich eine einzige Verzögerungsstufe (z. B. Schubbetrieb) zum Verzögern des Fahrzeugs herangezogen bzw. verwendet wird. Eine mehrstufige Verzögerungsstrategie besteht aus mehr als einer Stufe hintereinander (z. B. Schubbetrieb gefolgt von Bremsen).
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Grundsätzlich können bei der Ermittlung der Verzögerungsstrategie neben den maßgeblichen Rahmenbedingungen wie z. B. Differenzgeschwindigkeit zwischen der aktuellen Geschwindigkeit und der Zielgeschwindigkeit und Abstand zum Ort des maßgeblichen vorausliegenden Ereignissen auch weitere Kriterien berücksichtigt werden, welche einen Einfluss auf die Verzögerungswirkung des Fahrzeugs haben. Bei den Einflussfaktoren kann es sich insbesondere um aktuelle Einflussfaktoren handeln, es können aber auch bereits bekannte, zukünftig auftretende und die Verzögerung beeinflussende Einflussfaktoren, die bis zum Ort des vorausliegenden Ereignisses auftreten werden, berücksichtigt werden. Bspw. kann es sich um die Straßenneigung, um Wind- und sonstige Wetterverhältnisse, die aktuelle Beladung des Fahrzeugs oder Ähnliches handeln. Ebenso kann auch bei der Wahl der zu berücksichtigenden Verzögerungsstufen der ersten Verzögerungsstrategie (und bei mehreren Verzögerungsstufen der jeweilige Anteil der Verzögerungsstufe an der gesamten Verzögerung) in Abhängigkeit der oben genannten Parameter festgelegt werden.
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Insbesondere kann zum Festlegen der Verzögerungsar(en) bzw. -Stufe(n) für die erstmalige Verzögerungsstrategie zunächst anhand der vorgegebenen Parameter festgestellt werden, welche Verzögerungsstufen zum aktuellen Zeitpunkt grundsätzlich zugelassen sind. Vorteilhafterweise wird dann als (mit) heranzuziehende Verzögerungsstufe für die erstmalige Verzögerungsstrategie zumindest diejenige Verzögerungsstufe festgelegt, welche aus allen zugelassen Verzögerungsstufen die geringste Verzögerung des Fahrzeugs bewirkt. So kann z. B. aufgrund eines vom Fahrer gewählten Fahrmodus (z. B. „sportlich”) grundsätzlich der Segelmodus unterbunden sein, so dass dieser als Verzögerungsart für die erstmalige Verzögerungsstrategie auch nicht zugelassen werden kann. In diesem Fall kann als alleinige Verzögerungsstufe oder als erste Verzögerungsstufe der mehrstufigen Verzögerungsstrategie für die erste Verzögerungsstrategie der Schubbetrieb festgelegt werden, da dieser eine geringere Verzögerungswirkung hat als ein Bremsbetrieb. Ist jedoch der Segelbetrieb zugelassen, so würde der Segelbetrieb als alleinige Verzögerungsstufe oder als erste Verzögerungsstufe der mehrstufigen Verzögerungsstrategie für die erstmalige Verzögerungsstrategie festgelegt werden, da dieser wiederum eine geringere Verzögerung bewirkt als der Schubbetrieb. Der Segelbetrieb kann jedoch auch aufgrund von vorliegenden Getriebeparametern, z. B. einer zu geringen Getriebeöltemperatur nicht als Verzögerungsstufe zugelassen sein. Allein die Tatsache, dass sich das Getriebe aktuell nicht in Neutralstellung befindet, also keine Kraftschlussunterbrechung zwischen Getriebe und Antrieb vorliegt, wirkt sich jedoch nicht auf die Zulässigkeit des Segelbetriebs als Verzögerungsart für die erstmalige einstufige Verzögerungsstrategie aus.
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Zur besseren Fahrbarkeit kann vorteilhafterweise eine mehrstufige Verzögerungsstrategie als erste Verzögerungsstrategie ermittelt werden, wobei bei der mehrstufigen ersten Verzögerungsstrategie die Strategie derart aufgebaut ist, dass an eine erste lange Verzögerungsstufe mit geringer Verzögerungswirkung die weiteren Verzögerungsstufen anschließen, wobei mit zunehmender Verzögerungswirkung der Verzögerungsstufe die vorgesehene Dauer der Verzögerungsstufen weiter verkürzt wird. In einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung kann für die erste Verzögerungsstrategie als mehrstufige Verzögerungsstrategie eine Kombination aus einer langen Segelphase gefolgt von einer kurzen Schubphase, und wiederum gefolgt von einer sehr kurzen Bremsphase gewählt werden. Die Anzahl der Stufen, sowie deren Längen können von verschiedenen Einflussfaktoren wie z. B. der Stellung des Fahrerlebnisschalters, der aktuellen Geschwindigkeit, der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen aktueller Geschwindigkeit und Zielgeschwindigkeit, der Topologie und vorhandener Zielobjekte und ggf. deren Position abhängig sein.
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Vorteilhafterweise veranlasst die Funktionseinheit in Abhängigkeit der ersten Verzögerungsstrategie über das Hinweissystem zumindest in etwa zu demjenigen Zeitpunkt den Aufforderungshinweis, zu dem die erste Verzögerungsstrategie umgesetzt werden müsste, so dass am Ort des vorausliegenden Ereignisses (in etwa) die Zielgeschwindigkeit erreicht ist. Ermittelt die Funktionseinheit bspw. aufgrund der zu überwindenden Geschwindigkeitsdifferenz und ggf. weiterer Kriterien (wie z. B. Fahrbahnneigung, Wind, Beladung) dass die erste Verzögerungsstrategie spätestens 500 m vor dem eintretenden Ereignis umgesetzt werden müsste, veranlasst die Funktionseinheit, dass das Hinweissystem bei Erreichen der 500 m-Distanz zum relevanten Ereignis einen entsprechenden Aufforderungshinweis an den Fahrer zum Zulassen der automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie ausgibt. Der Aufforderungshinweis kann als akustisch, optisch und/oder haptisch wahrnehmbares Signal ausgegeben werden. Eine vorzeitige Ausgabe des Aufforderungshinweises wäre deshalb nicht von Vorteil, da bei einer sofortigen Bestätigung des Aufforderungshinweises durch den Fahrer und einer damit verbundenen sofortigen Umsetzung der Verzögerungsstrategie (die der Fahrer bei Betätigung auch erwartet) die Zielgeschwindigkeit am Ort des vorausliegenden Ereignisses selbst mit der geringsten Verzögerungswirkung nicht erreicht, sondern ggf. sogar unterschritten werden würde.
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Um der Problematik, dass der Fahrer nicht sofort eine Bestätigung des Aufforderungshinweises vornimmt und somit die Verzögerungsstrategie nicht unmittelbar zum Zeitpunkt der Aufforderungshinweis-Ausgabe umgesetzt wird, Rechnung zu tragen, wird zur Sicherstellung, dass auch bei einem späteren Zulassen der automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie am Ort des vorausliegenden Ereignisses die Zielgeschwindigkeit erreicht wird, bevorzugt kontinuierlich, spätestens jedoch ab dem Zeitpunkt, ab dem der Fahrer den Aufforderungshinweis bestätigt, die Verzögerungsstrategie anpasst bzw. neu ermittelt und diese dann nach Zulassen der automatischen Umsetzung entsprechend umsetzt.
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Da nach dem Zeitpunkt, zu dem der Aufforderungshinweis ausgegeben wird, ein Erreichen der Zielgeschwindigkeit am Ort des auftretenden Ereignisses mit der zuvor ermittelten ersten Verzögerungsstrategie (mit der geringsten Verzögerungswirkung) nicht mehr erreicht werden kann, wird vorteilhafterweise in der Regel frühestens ab dem Zeitpunkt, ab dem der Aufforderungshinweise veranlasst wurde, jedoch spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem der Fahrer die automatische Umsetzung der Verzögerungsstrategie zugelassen hat, die Funktionseinheit in Abhängigkeit von den zugelassenen Verzögerungsstufen eine neue Verzögerungsstrategie ermitteln, die auch aus anderen oder mehreren Stufen bzw. Verzögerungsarten bestehen kann, wobei sich die Verzögerungsstrategie an dem normalen Verzögerungsverhalten eines Fahrers anlehnen kann.
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Konkret kann die Funktionseinheit dabei unter Berücksichtigung der zugelassenen Verzögerungsarten und zumindest in Abhängigkeit von der Differenzgeschwindigkeit zwischen aktueller Geschwindigkeit und Zielgeschwindigkeit und/oder in Abhängigkeit von der Distanz bis zu dem vorausliegenden Ereignis eine angepasste ein-, zwei- oder dreistufige Verzögerungsstrategie ermitteln, wobei vorzugsweise mit steigendem Verzögerungsbedarf zumindest diejenigen Verzögerungsstufen in die ein-, zwei- oder dreistufigen Verzögerungsstrategie einfließen, mit denen eine größere Verzögerung erreicht werden kann. Mit anderen Worten fließen bei einem nur geringen Verzögerungsbedarf auf die Zielgeschwindigkeit am Ort des auftretenden Ereignisses (z. B. aufgrund einer geringen zu überwindenden Differenzgeschwindigkeit und/oder einen noch größeren Abstand zum vorausliegenden Ereignis) bevorzugt diejenigen zugelassenen Verzögerungsstufen in die angepasste Verzögerungsstrategie ein, welche eine geringere Verzögerung bewirken, wobei bei hohem Verzögerungsbedarf vorranging (oder nur) der Bremsbetrieb als alleinige Verzögerungsstufe bei der Ermittlung der Verzögerungsstrategie berücksichtigt wird.
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Um das Verzögerungsverhalten eines durchschnittlichen, vorausschauenden Fahrers möglichst gut abbilden zu können, ist die Funktionseinheit vorteilhafterweise derart aufgebaut, dass bei der kontinuierlichen Anpassung der Verzögerungsstrategie – wenn möglich und sinnvoll – grundsätzlich eine mehrstufige, also ein zwei- oder dreistufige Verzögerungsstrategie ermittelt wird, wobei zunächst eine Steuerung der Verzögerung durch Einleiten eins Segelbetriebs und/oder eine Schubbetriebs erfolgen soll, und erst anschließend eine Regelung der Verzögerung durch einen Bremsbetrieb vorgenommen wird, so dass die Zielgeschwindigkeit erreicht wird. Mit anderen Worten wird also als erste Verzögerungsstufe eine steuerbare Verzögerungsstufe mit einer geringen Verzögerungswirkung gewählt, und als letzte Verzögerungsstufe eine Verzögerungsstufe mit einer großen, vorteilhafterweise regelbaren Verzögerung gewählt. Idealerweise wird die angepasste Verzögerungsstrategie dabei derart ermittelt, dass jede Verzögerungsstufe in etwa für eine gleiche Distanz verwendet wird bzw. das Verhältnis der eingesetzten Verzögerungsstufen für alle Streckenabschnitte in etwa identisch ist.
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Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es grundsätzlich drei relevante Verzögerungsstufen, welche bei der Ermittlung der Verzögerungsstrategie berücksichtigt werden können: Segelbetrieb, Schubbetrieb und Bremsbetrieb. Vorteilhafterweise können unter der Voraussetzung, dass alle Verzögerungsstufen grundsätzlich zugelassen sind, alle drei Verzögerungsstufen bei der ein-, zwei- oder dreistufigen Verzögerungsstrategie berücksichtigt werden, wobei bei der Ermittlung und Umsetzung der Verzögerungsstrategie während des Schubbetriebs eine Regelung der Verzögerung auf ein von der Verzögerungsstrategie abhängiges Soll-Schubmoment und/oder während des Bremsbetriebs eine Regelung der Verzögerung auf ein von der Verzögerungsstrategie abhängiges Soll-Bremsmoment erfolgen kann. Mit anderen Worten kann beim Schubbetrieb und/oder Bremsbetrieb innerhalb der gewählten Verzögerungsstufe das Ausmaß der zu bewirkenden Verzögerung durch entsprechende Sollvorgaben geregelt werden. Eine entsprechende Regelung ist im Segelbetrieb nicht möglich, da hier aufgrund der Kraftschlussunterbrechung kein entsprechender Einfluss auf die Antriebseinheit möglich ist.
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Die Erfindung wird nun anhand nachfolgenden Ausführungsbeispiels näher erläutert. Dabei zeigt
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1 einen beispielhaften Aufbau einer Fahrerassistenzsystems in einem Kraftfahrzeug zur Ermittlung einer Verzögerungsstrategie und automatischer Umsetzung der Verzögerungsstrategie,
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2 ein erstes Beispiel einer ermittelten und automatisch umgesetzten Verzögerungsstrategie, und
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3 ein zweites Beispiel einer ermittelten und automatisch umgesetzten Verzögerungsstrategie.
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Im Detail zeigt die 1 als zentrales Element des Fahrerassistenzsystems eine Funktionseinheit FE, welche Eingangssignale e1 einer ersten Erfassungseinheit E1, Eingangssignale e2 einer zweiten Erfassungseinheit E2, ein Geschwindigkeitssignal v, ein Statussignal s eines Fahrerlebnisschalters und ein Zulassungssignal z zum Zulassen einer automatischen Umsetzung einer ermittelten Verzögerungsstrategie erhält.
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Bei der ersten Erfassungseinheit E1 kann es sich bspw. um eine am Fahrzeug angebrachte und nach vorne ausgerichtete (z. B. Video-)Sensorik handeln, welche vorausliegende, geschwindigkeitsbegrenzende Ereignisse erkennt, die möglicherweise eine Reduzierung der aktuellen Geschwindigkeit auf eine reduzierte Zielgeschwindigkeit erfordern. Bei der zweiten Erfassungseinheit E2 kann es sich bspw. um ein fahrzeuginternes Navigationssystem handeln, welches in Abhängigkeit der bekannten Position des Fahrzeugs und einem vorausliegenden Streckenabschnitt ebenfalls vorausliegende, geschwindigkeitsbegrenzende Ereignisse erkennt. Sowohl die erste Erfassungseinheit E1 als auch die zweite Erfassungseinheit E2 sind derart ausgestaltet, dass sie zum einen den Ort des vorausliegenden, geschwindigkeitsbegrenzenden Ereignisses, also auch die tatsächliche Geschwindigkeitsbegrenzung erkennen und an die Funktionseinheit FE weitergeben können.
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Weiter erhält die Funktionseinheit FE von einer im Fahrzeug angeordneten zentralen Menüeinheit zME ein Signal +/–Δv, welches angibt, mit welcher vom Fahrer vorgegebenen Abweichung nach oben oder unten die Zielgeschwindigkeit aus der tatsächlichen Geschwindigkeitsbegrenzung zu ermitteln ist. Diese Vorgabe kann vom Fahrer jederzeit verändert werden.
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Schließlich erhält die Funktionseinheit FE noch weitere relevante Daten s, aus denen sie ermitteln kann, welche Verzögerungsarten derzeit grundsätzlich zugelassen sind. Als Beispiel ist hier die Funktionseinheit FE mit einem sog. Fahrerlebnisschalter FES verbunden, mittels dem der Fahrer einen Betriebsmodus des Fahrzeugs auswählen kann. Hat der Fahrer bspw. den Sportmodus ausgewählt, so ist grundsätzlich kein Segelbetrieb zugelassen, was von der Funktionseinheit FE im Rahmen der Ermittlung der Verzögerungsstrategie grundsätzlich zu berücksichtigen ist.
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Sobald der Funktionseinheit FE relevante Daten e1 und/oder e2 über ein vorausliegendes, geschwindigkeitsbegrenzendes Ereignis und die Höhe der Geschwindigkeitsbegrenzung vorliegen, kann die Funktionseinheit FE zunächst unter Berücksichtigung der Fahrervorgabe aus der zentralen Menüeinheit zME die Zielgeschwindigkeit am Ort des vorausliegenden Ereignisses ermitteln und anschließend in Abhängigkeit der zugelassenen Verzögerungsstufen eine erste Verzögerungsstrategie planen, wobei in diesem Beispiel als alleinige Verzögerungsstufe diejenige Verzögerungsstufe herangezogen wird, welche die geringste Verzögerungswirkung hat. Alternativ kann die erste Verzögerungsstrategie auch derart aufgebaut sein, dass für die erste Verzögerungsstrategie eine Kombination aus einer langen Segelphase gefolgt von einer kurzen Schubphase, und wiederum gefolgt von einer sehr kurzen Bremsphase gewählt wird.
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Anhand der ermittelten ersten Verzögerungsstrategie veranlasst die Funktionseinheit FE durch ein entsprechendes Signal af an eine Anzeigebedieneinheit ABE, welche ein Hinweissystem HS und ein Bedienelement BE umfasst, die Ausgabe eines Aufforderungssignals in etwa zu dem Zeitpunkt, zu dem die ermittelte einstufige Verzögerungsstrategie umgesetzt werden müsste, so dass am Ort des vorausliegenden Ereignisses die ermittelte Zielgeschwindigkeit erreicht wird. Gleichzeitigt passt die Funktionseinheit FE ab dem Zeitpunkt, zu dem der Aufforderungshinweis ausgegeben wird, kontinuierlich die Verzögerungsstrategie an, so dass auch bei kontinuierlich kürzer werdendem Abstand oder sich verändernder aktueller Geschwindigkeit v die Zielgeschwindigkeit am Ort des vorausliegenden Ereignisses erreicht werden kann.
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Sobald der Fahrer durch Betätigung des Bedienelements BE das Aufforderungssignal bestätigt, sendet die Anzeigebedieneinheit ABE ein entsprechendes „Zulassungs”-Signal z an die Funktionseinheit FE zurück. Daraufhin beginnt die Funktionseinheit FE mit dem Einleiten der automatischen Umsetzung der (zuletzt ermittelten) Verzögerungsstrategie durch Veranlassen entsprechender Steuersignale „segeln”, „schub” oder „MBr” an die Antriebseinheit AE und/oder Bremseinheit BrE. Während der Ansteuerung wird die die Verzögerungsstrategie weiterhin an die aktuelle Situation angepasst und entsprechend umgesetzt, so dass am Ort des vorausliegenden Ereignisses die Zielgeschwindigkeit erreicht wird.
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Anhand den beiden nachfolgenden Beschreibungen zu 2 und 3 werden nun zwei verschiedene Beispiele verschiedener umgesetzter Verzögerungsstrategien dargestellt. Beide 2 und 3 zeigen eine Strecke d, wobei am Ort vE eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h gilt, welche nachfolgend auch als Zielgeschwindigkeit angenommen wird. Weiter wird davon ausgegangen, dass sich das der Geschwindigkeitsbegrenzung annähernde Fahrzeug mit einer konstanten Geschwindigkeit von 80 km/h bewegt. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass sich das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt entweder aufgrund einer aktiven Geschwindigkeitsregelung (z. B. Tempomat) mit der entsprechenden Anfangsgeschwindigkeit von 80 km/h oder aufgrund einer entsprechenden „manuellen” Fahrervorgabe durch Betätigung des Gaspedals mit dieser Geschwindigkeit bewegt. Weiter wird in beiden Beispielen davon ausgegangen, dass ein Segelbetrieb als Verzögerungsstufe grundsätzlich zuglassen ist und dieser Segelbetrieb von allen zugelassenen Verzögerungsstufen die geringste Verzögerungswirkung hat. Aufgrund der Differenzgeschwindigkeit zwischen der aktuellen Geschwindigkeit und der zu erreichenden Zielgeschwindigkeit ergibt sich, dass am Ort Ah der Segelbetrieb eingeleitet werden müsste, so dass allein durch den Segelbetrieb und dessen Verzögerungswirkung a1 am Ort vE die Zielgeschwindigkeit erreicht werden würde (gestrichelte Linie). Aufgrund dieser Erkenntnis wird somit am Ort Ah ein einsprechender Aufforderungshinweis an den Fahrer ausgegeben, bei dessen Bestätigung eine automatische Umsetzung einer (zuletzt) ermittelten Verzögerungsstrategie umgesetzt wird. Würde als erste Verzögerungsstrategie eine mehrstufige Verzögerungsstrategie gewählt werden, würde der Aufforderungshinweis erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
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In der 2 erfolgt nun am Ort Z1 durch eine entsprechende Bedienelement-Betätigung die Zulassung der automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie. Da seit dem Ausgeben des Aufforderungshinweises am Ort Ah und dem Zulassen der automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie am Ort Z1 bereits eine gewisse Zeit verstrichen ist und somit die Distanz zum Ort vE des geschwindigkeitsbegrenzenden Ereignisses geringer geworden ist, kann die Zielgeschwindigkeit durch einen alleinigen Segelbetrieb nicht mehr erreicht werden. Die mitterlweile angepasste Verzögerungsstrategie ist nun als dreistufige Verzögerungsstrategie aufgebaut, wobei zunächst in den Segelbetrieb geschaltet wird, bei dem sich das Fahrzeug mit einer ersten Verzögerung a1 verzögert wird, am Ort dü1 vom Segelbetrieb in den Schubbetrieb gewechselt wird, bei dem das Fahrzeug mit einer zweiten Verzögerung a2 verzögert wird, und erst am Ort dü2 vom Schubbetrieb in einem Bremsbetrieb gewechselt wird, bei dem das Fahrzeug durch Regelung der Verzögerung a3 abgebremst wird. Um die Verzögerungsstrategie dem Fahrer möglichst angenehm erscheinen zu lassen, werden die drei aufeinanderfolgenden Verzögerungsstufen für jeweils eine gleiche Distanz d umgesetzt.
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In der 3 erfolgt die Zulassung der automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie erst zu einem späteren Zeitpunkt Z2, so dass die Distanz zum geschwindigkeitsbegrenzenden Ereignis nur noch sehr gering ist. Da eine dreistufige Verzögerungsstrategie aufgrund der geringen Distanz nicht mehr sinnvoll erscheint, wird hier eine mittlerweile entsprechend angepasste einstufige Verzögerungsstrategie umgesetzt, wobei als Verzögerungsstufe der Bremsbetrieb, der die größte Verzögerung bewirken kann, gewählt wird. Dabei wird das auf ein eine entsprechende Verzögerung a4 bewirkendes Bremsmoment Mbr geregelt, so dass am Ort vE des vorausliegenden Ereignisses die Zielgeschwindigkeit noch erreicht werden kann.
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Anhand der beiden Beispiele zeigt sich, dass selbst bei anfänglich identischen Grundvoraussetzungen eine ständige Anpassung der Verzögerungsstufe erforderlich ist, so dass nach dem Zulassen der automatischen Umsetzung der Verzögerungsstrategie die Zielgeschwindigkeit am Ort des geschwindigkeitsreduzierenden Ereignisses erreicht wird.
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Die gezielte anfängliche Ansteuerung von einem Segelbetrieb und/oder einem Schubbetrieb während der automatischen Verzögerung bringt ein kundenähnliches Verhalten, wodurch die Akzeptanz derartiger Systeme wesentlich erhöht werden kann. Damit kann aber alleine nicht sichergestellt werden, dass die gewünschte Geschwindigkeit an dem gewünschten Ort erreicht wird, da es sich um eine Steuerung handelt und Störeinflüssen von außen (z. B. Steigungen, Windwiderstände) nicht kompensieren lassen. Die Reststrecke im Bremsbetrieb über eine entsprechende Regelung der Verzögerung bzw. des Bremsmoments stellt sicher, dass die Zielgeschwindigkeit an dem vorgegebenen Ort erreicht werden kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012211967 A1 [0004]
- DE 102008018421 A1 [0006]
- DE 102011119007 A1 [0007]