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Die Erfindung bezieht sich auf einen Stuhl mit einem Fußteil, einem am Fußteil gehaltenen Basisträger, einem auf dem Basisträger gehaltenen Sitzteil, einer Rückenlehne und einer Sitzmechanik. Insbesondere kann es sich vorliegend um einen Bürostuhl handeln. Die Sitzmechanik dient bekanntermaßen dazu, das Sitzteil und/oder die Rückenlehne relativ zueinander beweglich zu halten und/oder beweglich an den typischerweise starr am Fußteil gehaltenen Basisträger anzukoppeln.
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Gerade bei Bürostühlen steht die Ergonomie und Dynamik des Sitzens besonders im Blickpunkt. Hierfür wurden bereits verschiedenste Sitzmechaniken vorgeschlagen, um das Sitzteil und/oder die Rückenlehne einzeln oder gekoppelt als Ganzes oder in Teilen so beweglich zu machen, dass der Stuhl den auf ihm sitzenden Benutzer in unterschiedlichen Sitzhaltungen möglichst gut unterstützt und ihm in verschiedenen Bewegungen möglichst gut folgt, beispielsweise beim nach hinten lehnen und beim seitwärts kippen. Entsprechende Sitzmechaniken wurden z.B. unter den Schlagworten Synchronmechanik und dreidimensionales Sitzen entwickelt.
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In der Offenlegungsschrift
DE 10 2011 051 966 A1 ist ein Stuhl mit einer Synchronmechanik offenbart, bei dem eine Sitzplatte in zwei getrennt bewegliche Sitzplattenteile und die Rückenlehne in zwei getrennt bewegliche Rückenlehnenstützen geteilt sind, wobei die Rückenlehnenstützen über Kreuz mit den Sitzplattenteilen im Sinn einer Synchronbewegung verbunden sind.
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In der Offenlegungsschrift
DE 10 2007 002 284 A1 ist ein Stuhl mit einem Sitzteil und einer Sitzmechanik offenbart, die eine seitliche Schwenkbewegung des Sitzteils derart ermöglicht, dass eine Seite des Sitzteils unabhängig von einer anderen Seite des Sitzteils bewegbar ist. Dies wird durch eine Verwindung des Sitzteils bewirkt, der ein Verschwenken und/oder Verwinden einer Rückenlehne des Stuhls überlagert sein kann.
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Die Gebrauchsmusterschrift
DE 20 2007 001 395 U1 offenbart einen Stuhl mit einer Sitzmechanik, die ein Sitzteil und eine Rückenlehne synchron bewegbar an einem Basisträger hält, wobei die Rückenlehne um eine horizontale Querachse nach hinten verschwenkbar am Basisträger angelenkt ist und das Sitzteil über ein Doppelgelenk derart am Basisträger angelenkt ist, dass es beim Verschwenken der Rückenlehne nach hinten eine nach hinten oben gerichtete Schwenkbewegung ausführt.
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Der Erfindung liegt als technisches Problem die Bereitstellung eines Stuhls der eingangs genannten Art zugrunde, der dem Benutzer ein weiter optimiertes dynamisches Sitzen ermöglicht und dessen Sitzmechanik sich hierfür mit vergleichsweise geringem Aufwand realisieren lässt.
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Die Erfindung löst dieses Problem durch die Bereitstellung eines Stuhls mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Bei diesem Stuhl ist die Sitzmechanik dafür eingerichtet, die Rückenlehne um eine erste horizontale Querachse schwenkbeweglich mit einem hinteren Bereich des Sitzteils zu verbinden, um eine zweite horizontale Querachse schwenkbeweglich mit dem Basisträger zu verbinden und um eine horizontale Längsachse schwenkbeweglich mit dem Basisträger zu verbinden, wobei die Schwenkbeweglichkeit der Rückenlehne um die horizontale Längsachse, bei der es sich insbesondere um eine lokale horizontale Längsachse handeln kann, von der Schwenkbeweglichkeit der Rückenlehne um die zweite horizontale Querachse entkoppelt ist.
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Diese Sitzmechanik stellt mit vergleichsweise geringem Aufwand ein ergonomisch optimiertes dynamisches Sitzen auf dem Stuhl zu Verfügung, insbesondere ein sogenanntes dreidimensionales Sitzen, bei dem die Rückenlehne um eine horizontale Schwenkachse nach hinten geneigt werden kann und sich dabei die Sitzfläche um eine ebenfalls horizontale Schwenkachse synchron mitverschwenkt und bei dem zusätzlich die Rückenlehne und mindestens ein hinterer Bereich des Sitzteils seitlich gekippt werden können. Dabei lässt sich durch die Sitzmechanik die seitliche Kippbewegung der Rückenlehne und mindestens des hinteren Sitzteilbereichs von den anderen Bewegungsmöglichkeiten, wie das Neigen der Rückenlehne nach hinten, entkoppeln. Dies schließt die Möglichkeit ein, die seitliche Kippbewegung separat arretieren und mit gewünschten Verstellkräften bzw. Rückstellkräften einstellen zu können.
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Es sei hier erwähnt, dass sich die vorliegend verwendeten Richtungs- und Lagebezeichnungen auf eine normale Ausgangs-/Gebrauchsstellung des Stuhls beziehen, in der dieser auf einem horizontalen Boden steht und sich die Rückenlehne und das Sitzteil in einer nicht verschwenkten Grundstellung befinden. Die horizontale Längsrichtung stellt die horizontale Verbindungslinie zwischen Vorderseite und Rückseite dar, die horizontale Querrichtung die dazu senkrechte Horizontalrichtung. Die Bezeichnung „horizontal“ umfasst vorliegend sowohl Richtungen und Achsen, die exakt in einer Horizontalebene liegen, als auch Richtungen und Achsen, die eine horizontale Hauptrichtungskomponente und eine demgegenüber betraglich kleinere Vertikalrichtungskomponente aufweisen und daher nicht exakt in einer Horizontalebene liegen. Unter der Bezeichnung „lokale horizontale Längsachse“ ist vorliegend zu verstehen, dass es sich nicht zwingend um eine bzgl. des Stuhls ortsfest bleibende horizontale Längsachse handelt, sondern sich diese Längsachse, um welche die Rückenlehne gegenüber dem Basisträger seitlich gekippt werden kann, mit dieser Kippbewegung der Rückenlehne verlagern kann.
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In entsprechenden Weiterbildungen der Erfindung beinhaltet die Sitzmechanik als Mittel zur schwenkbeweglichen Anlenkung der Rückenlehne am Basisträger um die lokale horizontale Schwenkachse elastische Abstützmittel, über die sich die Rückenlehne an gegenüberliegenden Querseitenbereichen elastisch schwenkbeweglich auf dem Basisträger abstützt, oder ein exakt oder näherungsweise längsmittig angeordnetes Schwenkgelenk oder eine Kulissenführung. Dies stellt konstruktiv vorteilhafte Ausführungen zur Bereitstellung dieser Sitzmechanikfunktionalität dar.
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In einer Weiterbildung der Erfindung ist die Sitzmechanik weiter dafür eingerichtet, einen vorderen Bereich des Sitzteils um eine dritte horizontale Querachse schwenkbeweglich mit dem Basisträger zu verbinden. Dadurch kann dem vorderen Sitzteilbereich eine vorteilhafte Beweglichkeit gegenüber dem Basisträger z.B. synchron zum Verschwenken der Rückenlehne nach hinten bzw. wieder nach vorn verliehen werden. In einer Ausgestaltung dieser Maßnahme ist die Sitzmechanik dafür ausgelegt, den vorderen Sitzteilbereich nach hinten unten zu verschwenken, wenn die Rückenlehne aus ihrer Ausgangsposition nach hinten geschwenkt wird. In einer vorteilhaften konstruktiven Umsetzung dieser Maßnahme beinhaltet die Sitzmechanik ein Doppelgelenk oder eine Kulissenführung zur schwenkbeweglichen Anlenkung des vorderen Sitzteilbereichs am Basisträger.
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In einer Weiterbildung der Erfindung ist die Sitzmechanik dahingehend konfiguriert, dass die zweite horizontale Querachse hinter einer Vertikalstütze des Fußteils liegt und einen kleineren Abstand von dieser aufweist als die dritte horizontale Querachse. Dies stellt eine günstige Abstimmung der Querachsen-Schwenkbeweglichkeit von Rückenlehne und Sitzteil nach hinten bzw. vorn dar. In einer Weiterbildung der Erfindung ist die Sitzmechanik dahingehend konfiguriert, dass die zweite horizontale Querachse auf einem tieferen Niveau liegt als die dritte horizontale Querachse. Auch dies kann zu einer vorteilhaften Abstimmung der Sitzteilbewegung nach hinten bzw. vorn auf die Neigebewegung der Rückenlehne nach hinten und wieder zurück beitragen.
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In Weiterbildung der Erfindung ist die Sitzmechanik dahingehend konfiguriert, dass die lokale horizontale Längsachse auf einem Niveau unter demjenigen der ersten horizontalen Querachse und über demjenigen der zweiten horizontalen Querachse liegt. Auch dieser Auslegungsaspekt der Sitzmechanik kann zu einem optimalen ergonomischen dynamischen Sitzen auf dem Stuhl beitragen.
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Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden nachfolgend beschrieben. Hierbei zeigen:
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1 eine schematische Seitenansicht eines Stuhls in einer Ausgangsstellung mit gelenkgeführter seitlicher Kippbeweglichkeit der Rückenlehne,
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2 eine schematische Draufsicht auf den Stuhl der 1 ohne unteren Fußteilbereich,
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3 eine schematische Rückansicht des Stuhls der 1 ohne unteren Fußteilbereich,
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4 eine schematische Vorderansicht des Stuhls der 1 ohne unteren Fußteilbereich,
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5 die Seitenansicht von 1 ohne unteren Fußteilbereich mit nach hinten geneigter Rückenlehnenposition,
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6 die Seitenansichten der 1 und 5 kombiniert, ohne unteren Fußteilbereich,
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7 die Rückansicht von 3 in seitlich gekippter Rückenlehnenposition,
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8 die Vorderansicht von 5 in seitlich gekippter Rückenlehnenposition,
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9 eine Ansicht entsprechend 1 ohne unteren Fußteilbereich für eine Stuhlvariante mit kulissengeführter seitlicher Kippbeweglichkeit der Rückenlehne,
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10 eine schematische Rückansicht entsprechend 3 für die Stuhlvariante von 9,
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11 die Rückansicht von 10 in seitlich gekippter Rückenlehnenposition,
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12 eine schematische Seitenansicht entsprechend 9 für eine weitere Stuhlvariante mit elastischen Abstützmitteln zur seitenkippbeweglichen Rückenlehnenanlenkung,
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13 die Rückansicht von 10 für die Stuhlvariante von 12,
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14 die Rückansicht von 13 in seitlich verkippter Rückenlehnenposition und
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15 eine Ansicht entsprechend 1 ohne unteren Fußteilbereich für eine weitere Stuhlvariante.
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In den 1 bis 8 ist ein insbesondere als Bürostuhl verwendbarer Stuhl in einer ersten erfindungsgemäßen Ausprägung schematisch mit seinen vorliegend interessierenden Komponenten veranschaulicht., wobei ihn die 1 bis 4 in einer normalen Grundstellung zeigen. Der Stuhl umfasst in einer üblichen Weise ein Fußteil 1 mit einer mittigen Vertikalstütze 1a und mehreren sich von deren unterem Endbereich sternförmig radial nach außen erstreckenden Horizontalstützen 1b, die an ihrem radial äußeren Ende jeweils eine Stuhlrolle 1c tragen. Am oberen Ende der Vertikalstütze 1a des Fußteils 1 ist ein Basisträger 2 gehalten, auf dem seinerseits ein Sitzteil 3 gehalten ist, das eine Sitzfläche des Stuhls bildet. Die Vertikalstütze 1a kann in üblicher Bauart aus teleskopartig gegeneinander längsverschieblichen und verdrehbaren Rohrstützenteilen aufgebaut sein, um eine Höhenverstellung und eine Verdrehbarkeit des Sitzteils 3 um eine vertikale Längsachse der Vertikalstütze 1a zu ermöglichen.
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Der Stuhl weist des Weiteren eine bewegliche Rückenlehne 4 und eine spezielle Sitzmechanik auf, um für die Rückenlehne 4 und das Sitzteil 3 Bewegungen zuzulassen, die dem Benutzer ein dreidimensionales, ergonomisches dynamisches Sitzen ermöglichen. Dazu umfasst die Sitzmechanik mehrere Verbindungen, die jeweils eine Schwenkbewegung der damit verbundenen Teile erlauben.
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So ist die Rückenlehne 4 über ein Schwenkgelenk 5 um eine zugehörige erste horizontale Querachse 5a schwenkbeweglich mit einem hinteren Bereich 3a des Sitzteils 3 verbunden. Das Schwenkgelenk 5 befindet sich direkt an der Unterseite des hinteren Sitzteilbereichs 3a, und die Rückenlehne 4 ist daran über eine im Wesentlichen horizontale Verlängerung 4a angelenkt, die sich von einer Unterseite eines im Wesentlichen vertikalen Lehnenteils 4b nach vorn zum Schwenkgelenk 5 erstreckt.
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Zudem ist die Rückenlehne 4 über einen Rückenlehnenträger 6 an ein Schwenkgelenk 7 angekoppelt, das den Rückenlehnenträger 6 und damit die Rückenlehne 4 insgesamt um eine zugehörige zweite horizontale Querachse 7a schwenkbeweglich mit dem Basisträger 2 verbindet. Das Schwenkgelenk 7 befindet sich mit geringem Abstand hinter der Vertikalstütze 1a, d.h. zwischen der Vertikalstütze 1a und der durch die Rückenlehne 4 definierten Stuhlrückseite mit geringerem Abstand zur Vertikalstütze 1a als zum Lehnenteil 4b. Der Rückenlehnenträger 6 erstreckt sich wie gezeigt von der Unterseite des Lehnenteils 4b unter der zur Sitzteilunterseite führenden Verlängerung 4a nach vorn und nach schräg unten zum Schwenkgelenk 7 am Basisträger 2.
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Weiter umfasst die Sitzmechanik ein Schwenkgelenk 8, mit dem das Sitzteil 3 in einem vorderen, d.h. der Rückenlehne 4 abgewandten Bereich 3b um eine zugehörige dritte horizontale Querachse 8a schwenkbeweglich an einem vorderen Endbereich des Basisträgers 2 angelenkt ist. Im gezeigten Beispiel ist das Schwenkgelenk 8 als ein Doppelgelenk ausgeführt, dessen beide Gelenkpunkte sich in der in 1 gezeigten Grundstellung des Stuhls auf einer im Wesentlichen vertikal verlaufenden Linie, d.h. übereinander befinden. Das Doppelgelenk 8 befindet sich wie das Schwenkgelenk 5 an der Unterseite des Sitzteils 3 auf einem Horizontalniveau höher als dasjenige des Schwenkgelenks 7. Die gegenüber dem Schwenkgelenk 7 höhere Lage des Doppelgelenks 8 ergibt sich durch einen schräg nach vorn oben gerichteten Verlauf des Basisträgers 2.
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Die Sitzmechanik weist zudem ein Schwenkgelenk 9 auf, durch das die Rückenlehne 4 um eine zugehörige horizontale Längsachse 9a schwenkbeweglich mit dem Rückenlehnenträger 6 und dadurch mit dem Basisträger 2 verbunden ist. Dies erlaubt seitliche Kippbewegungen der Rückenlehne 4.
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Aus dem geschilderten Aufbau der Sitzmechanik ist ersichtlich, dass die seitliche Kippbeweglichkeit der Rückenlehne 4 gegenüber dem Basisträger 2 um die horizontale Längsachse 9a vollständig von der Neigungsbeweglichkeit der Rückenlehne 4 gegenüber dem Basisträger 2 um die zweite horizontale Querachse 7a entkoppelt ist. Diese Bewegungsentkopplung wird aus den 5 bis 8 deutlich und unterstützt vorteilhaft das dynamische dreidimensionale Sitzen.
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5 zeigt den Stuhl in einer gegenüber der Ausgangs- bzw. Grundstellung von 1 nach hinten gekippten bzw. geneigten Position der Rückenlehne 4. Dieses Zurückneigen der Rückenlehne 4 wird durch Verschwenkung derselben um die Schwenkachse 7a am Schwenkgelenk 7 bewirkt. Das Sitzteil 3 wird durch die Anlenkung über das Schwenkgelenk 5 von dieser Schwenkbewegung der Rückenlehne 4 mitgenommen, wobei sein an der Rückenlehnenverlängerung 4a angelenkter hinterer Bereich 3a eine kombinierte Bewegung nach hinten und unten ausführt. Dabei tritt auch eine gewisse Verschwenkung der Rückenlehne 4 gegenüber dem hinteren Sitzteilbereich 3a um die horizontale Schwenkachse 5a auf, die eine Änderung eines Öffnungswinkels α zwischen der Rückenlehne 4 und dem Sitzteil 3 beim Kippen der Rückenlehne 4 nach hinten bzw. wieder nach vorn bewirkt, speziell eine gewünschte Vergrößerung dieses Öffnungswinkels α beim Zurückneigen der Rückenlehne 4.
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Die geschilderte Verlagerung des hinteren Sitzteilbereichs 3a beim Verschwenken der Rückenlehne 4 nach hinten bzw. vorn überträgt sich auf den vorderen Sitzteilbereich 3b, der dadurch eine Schwenkbewegung über das Doppelgelenk 8 gegenüber dem Basisträger 2 ausführt. Diese resultiert darin, dass sich der vordere Sitzteilbereich 3b beim Zurückneigen der Rückenlehne 4 nicht nur nach hinten verlagert, sondern auch etwas abgesenkt wird.
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6 zeigt in überlagerter Ansicht den Stuhl mit durchgezogenen Linien in der Grundstellung von 1 und mit gestrichelten Linien in der um einen Kippwinkel β nach hinten geneigten Rückenlehnenstellung von 5. Daraus ist direkt erkennbar, dass und wie sich mit dem Zurückkippen der Rückenlehne 4 der Öffnungswinkel α zwischen Sitzteil 3 und Rückenlehne 4 vergrößert und das Sitzteil eine leicht nach hinten unten geneigte Position einnimmt, in welcher es gegenüber der Grundstellung nicht nur im hinteren Bereich 3a, sondern auch im vorderen Bereich 3b abgesenkt ist, im hinteren Bereich 3a etwas mehr als im vorderen Bereich 3b. Die Absenkung des Sitzteils 3 in seinem Vorderkantenbereich 3b wird dadurch bewirkt, dass das Doppelgelenk 8 von seiner in der Stuhlgrundstellung etwa vertikalen Lage durch die Verlagerung des Sitzteils 3 nach hinten in eine demgegenüber schräge Lage geschwenkt wird, wie sie aus den 5 und 6 ersichtlich ist.
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Die 7 und 8 zeigen den Stuhl in einer Stellung mit seitlich um die horizontale Längsachse 9a am Schwenkgelenk 9 um einen Kippwinkel γ gekippter Stellung der Rückenlehne 4. Da der hintere Sitzteilbereich 3a über das Schwenkgelenk 5 mit der horizontalen Schwenkachse 5a in dieser seitlichen Kipprichtung fest mit der horizontalen Lehnenverlängerung 4a und dadurch mit der Rückenlehne 4 insgesamt verbunden ist, wird er von der seitlichen Kippbewegung der Rückenlehne 4 mitgenommen. Demgegenüber bleibt der vordere Sitzteilbereich 3b über das Doppelgelenk 8 ohne seitliche Verkippung am Basisträger 2 gehalten. Die seitliche Lehnenverkippung hat folglich eine entsprechende Torsion bzw. Verwindung des Sitzteils 3 zur Folge, durch die sich sein hinterer Bereich 3a auf der Seite nach unten neigt, zu der hin die Rückenlehne 4 gekippt wird. Diese seitliche Kippbewegung des Stuhls, speziell der Rückenlehne 4 und des hinteren Sitzteilbereichs 3a, ist ersichtlich vollständig von der zuvor geschilderten Neigebewegung nach hinten entkoppelt. Dies trägt zum gewünschten dreidimensionalen dynamischen Sitzverhalten des Stuhls bei. Zudem kann die seitliche Kippbewegung unabhängig von den anderen Bewegungsmöglichkeiten des Stuhls separat arretiert und in jeweils erforderlicher Kraft eingestellt werden. Gleiches gilt umgekehrt für die Unabhängigkeit der Neigebewegung des Stuhls nach hinten bzw. vorn relativ zu der seitlichen Kippbewegung.
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Die 9 bis 11 veranschaulichen eine Variante des Stuhls der 1 bis 8, wobei für identische und funktionell äquivalente Elemente zum leichteren Verständnis gleiche Bezugszeichen gewählt sind und insoweit auf die obige Beschreibung zum Stuhl der 1 bis 8 verwiesen werden kann. Der Stuhl der 9 bis 11 unterscheidet sich vom Stuhl der 1 bis 8 durch eine andere Realisierung der Verschwenkung der Rückenlehne 4 um eine horizontale Längsachse 10a, d.h. der seitlichen Lehnenkippbewegung. Beim Stuhl der 9 bis 11 beinhaltet die insoweit modifizierte Stuhlmechanik hierfür eine Kulissenführung 10 anstelle des realen Schwenkgelenks 9 des Stuhls der 1 bis 8. Die Kulissenführung 10 ist in einem Schwenkelement 11 ausgebildet, das in diesem Beispiel die Unterseite der Rückenlehne 4 mit dem hinteren Endbereich des Rückenlehnenträgers 6 verbindet. Die Kulissenführung 10 beinhaltet eine kreisbogenförmige Kulissenbahn 10b und eine in diese eingreifende Kulissenrolleneinheit 10c, wobei von den beiden Teilen das eine starr mit der Rückenlehne 4 und das andere mit dem Rückenlehnenträger 6 verbunden ist, z.B. die Kulissenrolleneinheit 10c mit dem Rückenlehnenträger 6 und die Kulissenbahn 10b, die insbesondere als Kulissennut ausgebildet sein kann, an der Rückenlehne 4.
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Aus dieser Kulissenführung 10 resultiert, dass in diesem Ausführungsbeispiel die horizontale Längsachse 10a, um welche die Rückenlehne 4 seitlich gekippt werden kann, durch den Mittelpunkt des vom Kulissenbogen 10b definierten Kreises geht. Die horizontale Längsachse 10a bildet somit in diesem Fall eine von der Kulissenführung 10 bereitgestellte virtuelle Schwenkachse für das seitliche Neigen der Rückenlehne 4 und des mit ihr bei dieser seitlichen Kippbewegung gekoppelten hinteren Sitzteilbereichs 3a. Diese virtuelle Schwenkachse 10a für die seitliche Lehnenkippbewegung liegt in diesem Beispiel höher als die durch das Schwenkgelenk 9 definierte Schwenkachse 9a des Stuhls der 1 bis 8. Während die Längsachse 9a des Schwenkgelenks 9 beim Stuhl der 1 bis 8 etwas unterhalb des Niveaus des Sitzteils 3 und dessen Anlenkung an der Rückenlehne 4 durch das Querachsen-Schwenkgelenk 5 liegt, befindet sich die virtuelle Seitenkipp-Schwenkachse 10a beim Stuhl der 9 bis 11 über dem Niveau des Schwenkgelenks 5 etwa auf dem Höhenniveau des Sitzteils 3.
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Eine Positionierung der virtuellen Schwenkachse 10a auf Höhe des Sitzteils 3 oder knapp darüber ist von Vorteil, da die seitliche Kippbewegung des Stuhls dann so nah wie möglich an der biomechanischen Schwenkachse einer auf dem Stuhl sitzenden Person liegt. Zudem minimiert dies eine seitliche Bewegung des Sitzteils 3 bei der seitlichen Kippbewegung. Die genaue Lage der virtuellen Schwenkachse 10a kann über die Gestaltung der Kulissenführung 10 und insbesondere der Kulissenbahn 10b gesteuert werden.
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Die 12 bis 14 veranschaulichen eine weitere Variante des Stuhls der 1 bis 8, wobei wiederum identische und funktionell äquivalente Elemente mit gleichen Bezugszeichen versehen sind und insoweit auf die obigen Erläuterungen zu den 1 bis 8 verwiesen werden kann. Der Stuhl der 12 bis 14 unterscheidet sich vom Stuhl der 1 bis 8 in noch einer anderen Realisierung der schwenkbeweglichen Anlenkung der Rückenlehne 4 am Basisträger 2 bzw. am diesen nach hinten verlängernden Rückenlehnenträger 6 zum seitlichen Kippen der Rückenlehne 4 um eine lokale virtuelle horizontale Längsachse.
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Beim Stuhl der 12 bis 14 weist die insoweit modifizierte Sitzmechanik hierfür elastische Abstützmittel 12 auf, über die sich die Rückenlehne 4 elastisch auf dem Basisträger 2 bzw. dem Rückenlehnenträger 6 an gegenüberliegenden Querseitenbereichen abstützt. Schematisch sind hierfür in den 12 und 13 zwei entsprechende Federelemente 12a, 12b gezeigt. Die elastischen Abstützmittel 12 bzw. die beiden Federelemente 12a, 12b sind so ausgeführt, dass durch seitliches Verlagern einer auf dem Stuhl sitzenden Person das seitliche Kippen der Rückenlehne 4 und des hinteren Sitzteilbereichs 3a auf der belasteten Seite nach unten erfolgt, während die entgegengesetzte Seite an einer Bewegung nach oben gehindert wird. Dadurch kommt die seitliche Kippbewegung des Stuhls, d.h. der Rückenlehne 4 und des hinteren Sitzteilbereichs 3a, dem biomechanischem Bewegungsablauf einer auf dem Stuhl sitzenden Person sehr nahe. Dazu können die Federelemente 12a, 12b beispielsweise Gasdruckfedern sein, deren maximale Länge durch ein Drahtseil oder in anderer herkömmlicher Weise begrenzt ist. Alternativ können die elastischen Abstützmittel durch Torsionsfedern und seitlich von diesen angeordneten technischen Elementen gebildet sein, die eine Bewegung der Rückenlehne 4 und des hinteren Sitzteilbereichs 3a beim seitlichen Kippen nach oben verhindern.
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Mit diesen elastischen Abstützmitteln 12 stellt die Sitzmechanik in diesem Ausführungsbeispiel somit für die seitliche Rückenlehnen-Kippbewegung eine virtuelle horizontale Längsachse ähnlich der virtuellen horizontalen Längsachse 10a des Stuhls der 9 bis 11 zur Verfügung, die sich aber im Unterschied zu letzterer während der seitlichen Lehnenkippbewegung in ihrer Lage ändert. Mit anderen Worten stellt die Sitzmechanik in diesem Ausführungsbeispiel die horizontale Längsachse 12a zur seitlichen Lehnenkippbewegung als eine lokale virtuelle horizontale Längsachse zur Verfügung, die sich mit zunehmendem seitlichen Kippen der Rückenlehne 4 auf einer im Wesentlichen vertikalen Linie nach unten verlagert, da sich die Rückenlehne 4 und der hintere Sitzteilbereich 3a auf der belasteten Seite nach unten neigen, während der entgegengesetzte Seitenbereich in etwa auf gleicher Höhe bleibt und sich nicht nach oben verlagert. Diese Ausführungsvariante der Sitzmechanik kommt den biomechanischen Bewegungen einer auf dem Stuhl sitzenden Person besonders nahe.
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15 veranschaulicht einen weiteren erfindungsgemäßen Stuhl als Variante einer der Stühle der 1 bis 14, wie z.B. des Stuhls der 9 bis 11. Der Stuhl von 15 weist eine modifizierte Sitzmechanik auf, bei welcher die Ankopplungen des Sitzteils 3 im hinteren Bereich 3a an die Rückenlehne 4 und im vorderen Bereich 3b an den Basisträger 2 jeweils durch Schwenkmittel 13, 14 realisiert sind, die als Querachsen virtuelle horizontale Schwenkachsen 13a bzw. 14a bereitstellen.
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Dazu ist in diesem Beispiel der hintere Sitzteilbereich 3a über eine Kulissenführung 13 mit der unterseitigen Horizontalverlängerung 4a der Rückenlehne 4 gekoppelt, welche die virtuelle horizontale Querachse 13a bereitstellt und in ihrer Bauart beispielsweise der oben zum Stuhl der 9 bis 11 erläuterten Kulissenführung 10 entsprechen kann. Die virtuelle horizontale Querachse 13a liegt wie gezeigt vorzugsweise auf oder geringfügig über dem Höhenniveau des Sitzteils 3, wodurch wiederum erreicht wird, dass sie vergleichsweise nahe am biomechanischen Schwenkpunkt einer auf dem Stuhl sitzenden Person liegt.
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Weiter ist im Beispiel von 15 der vordere Sitzteilbereich 3b über eine Kulissenführung 14, welche die zugehörige virtuelle horizontale Querachse 14a bereitstellt, mit dem Basisträger 2 gekoppelt. Auch in diesem Fall lässt sich durch entsprechende Gestaltung der Kulissenführung 14 die Lage der virtuellen horizontalen Querachse 14a in einer gewünschten Weise steuern bzw. einstellen.
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Wie die gezeigten und oben erläuterten Ausführungsbeispiele deutlich machen, stellt die Erfindung einen Stuhl mit einer Stuhlmechanik zur Verfügung, mit der sich bei vergleichsweise geringem Konstruktionsaufwand ein dynamisches dreidimensionales Sitzen erzielen lässt, das den biomechanischen Gegebenheiten der auf dem Stuhl sitzenden Person sehr weitgehend entspricht. Die Sitzfläche bleibt im vorderen Bereich immer horizontal, während der hintere Bereich der seitlichen Kippbewegung der Lehne folgt. Beim Zurückneigen der Lehne wird die Sitzfläche nach hinten und unten bewegt. Dadurch bleibt die Sitztiefe, d.h. der Abstand der Vorderkante der Sitzfläche zur Rückenlehne, immer etwa gleich. Zudem entspricht das Absenken der Sitzflächen-Vorderkante weitgehend dem natürlichen Bewegungsablauf der sitzenden Person. Der Stuhl kann insbesondere ein Bürostuhl sein, die Erfindung lässt sich aber in gleicher Weise mit den gleichen Funktionalitäten und Vorteilen auch für andere Stuhlarten einsetzen. Es versteht sich, dass die Erfindung neben den gezeigten zahlreiche weitere Ausführungsformen umfasst, u.a. auch solche, bei denen die Rückenlehne und/oder das Sitzteil aus mehreren relativ zueinander bewegbaren Teilen aufgebaut ist oder das Sitzteil einstückig mit der Rückenlehne ausgeführt ist. Herkömmliche Stühle können durch Nachrüstung mit der Sitzmechanik zu erfindungsgemäßen Stühlen umgerüstet werden.