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Die Erfindung betrifft das technische Gebiet der Formulierung, insbesondere der Formulierung von Agrochemikalien.
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Agrochemische Formulierungstechnologien sowie dazu nötige Hilfsstoffe sind dem Fachmann gut bekannt. Neuere Forschungsarbeiten auf diesen Gebieten zielen häufig auf eine erhöhte Wirkung oder ein verbessertes Sicherheitsprofil.
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So sind z. B. Natriumsalze von sulfatierten C8-C18-Alkanolethoxylaten als Formulierungshilfsstoffe gut bekannt. Die Alkylkette dieser Tenside können verzweigt oder linear bzw. synthetischen oder natürlichen Ursprungs sein. Häufig werden diese Tenside als Netzmittel oder Adjuvants eingesetzt wie zum Beispiel in dem Produkt Biopower von Bayer CS.
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Obwohl diese Tenside die Wirkung einiger Wirkstoffe deutlich steigern können, kann es bei anderen Wirkstoffen zu einer Minderwirkung kommen. Auch die Formulierbarkeit bzw. Gelbildung kann bei diesen Tensiden zu massiven Problemen führen, und zwar bei der Prozeßführung der Tensidherstelllung oder der Formulierungsherstellung, und schließlich kann es dazu kommen, dass der Gehalt an Wirkstoffen und Tensiden relativ niedrig ist.
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Ziel der vorliegenden Erfindung war es nun, neue Tenside zu finden, die diese Nachteile nicht haben.
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Überraschender Weise wurde gefunden, dass bestimmte Salze von Tensiden der Formel 1 die oben genannten Nachteile ganz oder teilweise vermeiden.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind Tenside der Formel 1, deren Herstellung und Verwendung als Hilfsstoffe in agrochemischen Formulierungen, wobei dies auch den Einsatz als Adjuvantien umschließt. R-O-Ax-SO3 +M– Tenside der Formel 1
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Tenside der Formel 1 sind neu. Sie lassen sich herstellen, indem zum Beispiel Alkohole der Formel 2 zunächst alkoxyliert werden. Die resultierenden Verbindungen der Formel 3 sind literaturbekannt und größtenteils kommerziell erhältlich. Sie werden anschließend in entsprechende Sulfate überführt (Gl. 1).
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Akoxylierungen sowie die anschließende Überführung in Sulfate (anionische Tenside) durch Umsetzung mit z. B. Schwefeltrioxid oder Cl-SO3H mit anschließender Neutralisation sind für den Experten industrielle chemische Transformationen und als solche gut bekannt. Geeignete Basen für die Neutralisation sind z. B. KOH, Cholinhydroxid sowie Hdyroxide der entsprechenden Schwefel- bzw. Stickstoffbasierten Kationen. Alkoxylierungen wie z. B. Ethoxylierung oder Propoxylierung werden beschrieben in Die Tenside, hrsg. Kurt Kosswig und Helmut Stache, Hanser 1993; Seite 148 und angegebene Literatur; Sulfatierungen werden in der gleichen Quelle beschrieben auf Seite 130 sowie der dort angegebenen Literatur.
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Alternativ können Tenside der Formel 1 durch eine nucleophile Substitution gemäß Gleichung 2 aus einem Alkohol der Formel 2 und einem Sulfat der Formel 4 hergestellt werden.
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Tenside der Formel 1 sind dadurch gekennzeichnet, dass
R einen aliphatischen (C8-C18)-Rest, der linear oder verzweigt bzw. gesättigt oder ein- oder mehrfach ungesättigt sein kann,
A eine Polyalkoxylen-gruppe, die sich aus Alkoxylenoxiden zusammensetzt, wobei die Monomere verschieden sein können und die Oligo- bzw. Polyalkoxylen-Einheit sich aus den Monomeren blockweise oder statistisch gemischt aufbauen,
M ein Kation aus der Gruppe Kalium, quarternäres Ammoniumion, Sulfonium-, Phosphonium- oder Sulfoxoniumion,
und x eine Zahl zwischen 1 und 100
bedeuten.
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Bevorzugte Tenside der Formel 1 sind dadurch gekennzeichnet, dass
R einen aliphatischen (C10-C14)-Rest, der linear oder verzweigt bzw. gesättigt oder ein- oder mehrfach ungesättigt sein kann,
A eine Polyalkoxylen-gruppe, die sich aus Ethylenoxid, Propylenoxid und Butylenoxid zusammensetzt, wobei die Monomere verschieden sein können und die Oligo- bzw. Polyalkoxylen-Einheit sich aus den Monomeren blockweise oder statistisch gemischt aufbauen,
M ein Kation aus der Gruppe Kalium, quarternäres Ammoniumion, das keine Stickstoffwasserstoff-Bindung enthält
und x eine Zahl zwischenl und 20
bedeuten.
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In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Rest R um ein Gemisch aus C12- und C14-Resten.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Rest R um einen Isotridecyl-Rest ('C13-Rest)
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Alkoxylat-Block A um eine Polyethoxylen-Einheit -(CH2-CH2-O)x.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei „x” um eine Zahl zwischen 0,5 und 10, bevorzugt um eine Zahl zwischen 1,5 und 4,5.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Kation M um das Kalium-Kation.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Kation M um ein quarterniertes Ammoniumion, wie zum Beispiel Me3N-CH2-CH2-OH, NMe4, NEt4, NPr4 und NBu4.
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Tenside der Formel 1 können als Formulierungshilfsmittel für Pflanzenschutzmittel oder als Adjuvantien verwendet werden. Beide Anwendungen sind ebenfalls neu und werden durch diese Anmeldung umfasst.
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Fallen Tenside der Formel 1 in flüssiger oder fester rieselfägier Produkte an, so können diese direkt als Hilfsstoff bzw. Adjuvants genutzt werden.
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In der Regel werden Tenside der Formel 1 mit mindestens einem weiteren Hilfsstoff zu einem festen, pastösen oder flüssigen Gemisch kombiniert.
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Erfindungsgemäße Hilfsstoffe bzw. Adjuvantien sind dadurch gekennzeichnet, dass sie
mindestens 1 Tensid der Formel 1,
und
mindestens 1 weiteres Hilfsmittel
beinhalten.
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Die Anwendung als Formulierungshilfsstoff wie z. B. als Netzmittel, ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen 0,1 Gewichtsprozent und 80 Gewichtsprozent an einem oder mehreren Tensiden der Formel 1 in einer agrochemischen Formulierung enthalten sind. Dabei kann es sich um feste oder flüssige Formulierungen handeln. Diese Formulierungen können ein- oder mehrphasig sein. Im Fall von flüssigen Formulierungen kann es sich um wässrige oder nicht-wässrige Lösungen, um Öl-in-Wasser- oder Wasser-in-Öl-(Mikro)Emulsionen, Suspensionen, Kapselsuspensionen, Suspoemulsionen oder Mischformen dieser Formulierungen handeln.
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Die Anwendung als Adjuvants ist dadurch gekennzeichnet, dass in der Regel zwischen 20 g und 1000 g an Tensid 1 pro 1 ha ausgebracht werden. Es kann auch eine Mischung aus verschiedenen Tensiden 1 appliziert werden bzw. Tenside der Formel 1 können auch mit weiteren Adjuvantien gemischt werden.
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Werden Tenside der Formel 1 als Adjuvants für Agrochemikalien wie z. B. Pestizide eingesetzt, so können diese Wirkstoff-frei als „Adjuvants” eingesetzt werden, oder sie können mit einem oder mehreren Wirkstoffen zusammen formuliert werden, sodass die entsprechenden Agrochemikalien ein Adjuvants beinhalten.
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Werden Adjuvantien basierend auf Tenside der Formel 1 hergestellt, so handelt es sich in der Regel um flüssige Formulierungen, die sich in der Regel durch einen möglichst hohen Gehalt an Tensid bzw. Tensiden der Formel 1 auszeichnen. In solchen Fällen können weitere Tenside und weitere Hilfsstoffe in der Formulierung vorhanden sein.
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Werden Tenside der Formel 1 als Adjuvantien genutzt, die zusammen mit einem oder mehreren Agrochemischen Wirkstoffen formuliert werden, dann sind sowohl feste als auch flüssige Formulierungen geeignet.
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Adjuvantien, Formulierungshilfsmittel und Formulierungsarten sowie -technologien, wie sie in agrochemischen Formulierungen genutzt werden, sind dem Fachmann gut bekannt und z. B. beschrieben in Proceedings from Formulation Forum '97, Formulation Science, Vol 1 (Chester L. Foy, David W. Pritchard, George B. Beestman); Chemistry and Technology of Agrochemical Formulations (ISBN 0-7514-0443-8; Herausgeber: D. A. Knowles, Kluwer Acaddemic Publishers 1998; Formulierungstechnik (Hans Mollet, Arnold Grubenmann; Wiley-VCH Verlag GmbH, 2000); sowie dort zitierte Literatur.
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Die Herstellung und Verwendung von Tensiden 1 als Adjuvantien stellt eine weitere bevorzugte Ausführungsform dar. Insbesondere flüssige Adjuvantien mit einem Gehalt von 5 Gewichtsprozenten, noch bevorzugter von 10 Gewichhtsprozenten an Tensid(en) 1 stellen eine besonders bevorzugte Ausführungsvariante dar.
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Ebenso stellt die Herstellung und Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, die ein oder mehrere Tenside 1 enthalten, eine bevorzugte Ausführungsform dar.
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Erfindungsgemäße Pflanzenschutzmittel sind dadurch gekennzeichnet, dass sie mindestens ein Tensid der Formel 1
mindestens ein Pestizid
und
mindestens einen weiteren Hilfsstoff
beinhalten
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Bei Pflanzenschutzmitteln handelt es sich zum einen um chemische Wirkstoffe, die entweder synthetisch hergestellt werden oder um Wirkstoffe natürlichen Ursprungs sind, oder um „Biologicals”, d. h. Pflanzenschutzmittel, die in der ökologischen Landwirtschaft zugelassen sind. Einen Überblick über diese Pflanzenschutzmittel findet man in The Pesticide Manual, 16 Auflage (British Crop Protection Council) sowie The BioPesticide Manual, 15. Auflage.
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Bevorzugte Pflanzenschutzmittel sind Herbizide, Fungizide, Insektizide, Accarizide, Nematizide, Safener und Rodentizide.
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Insbesondere sind Kombinationen aus Blatt-aktiven Pflanzenschutzmitteln und Tensiden der Formel 1 bevorzugt und stellen eine bevorzugte Ausführungsform dar. Beispiele für Blatt-aktive Pestizide sind
Glyphosate sowie davon abgeleitete Salze (z. B. Mono-, Di- oder Tri-Salze mit den Kationen K, NH4, 'PrNH3)
Glufosinate sowie davon abgeleitete Salze (z. B. Mono- oder Di-Salze mit den Kationen NH4 und K)
Auxine (natürliche und synthetische) und davon abgeleitete Salze, wie z. B. Dicamba, 2,4-D,
Sulfonylharnstoffe und davon abgeleitete Salze wie z. B. Metsulfuron, Mesosufuron, Nicosulfuron, Foramsulfuron,
und
HPPD-Inhibitoren wie z. B. Triketone wie Sulcotrione, Mesotrione und davon abgeleitete Salze.
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Beispiele
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Erfindungsgemäßer Versuch 1
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100 g eines Gemisches aus gesättigten, linearen C12- und C14-Alkoholen werden in einem Edelstahl-Autoklaven vorgelegt und mit 0,5% an NaOH versetzt. Anschließend wird bei Temperaturen von 130 bis 180°C Wasser abgezogen. Anschließend erfolgt die Zugabe von 2 Mol Ethylenoxid und die Umsetzung zu dem entsprechenden Fettalkoholethoxylat 3.1. Das resultierende Produkt wird mit ClSO3H (1,1 Äquivalente) unter Kühlung umgesetzt. Nach beendeter Reaktion wird Luft durch die Apparatur geleitet, um Chlorwasserstoff zu entfernen. Die resultierende Säure wird mit verdünnter Kaliumhydoxid-Lösung (2 N) unter Kühlung langsam neutralisiert. Im Hochvakuum werden anschließend alle flüchtigen Komponenten abgezogen. Der Rückstand kann entweder weiter aufgereinigt werden (z. B. durch eine Kieselgelfiltration mit einem polaren, wasserfreien Lösemittelsystem wie z. B. Tetrahydrofuran und anschließendem Abziehen des Solvens im Hochvakuum) oder direkt in Adjuvantsstudien oder Formulierungsversuche eingesetzt werden. Es lassen sich auf diese Weise Tensid 1.1 mit einer Reinheit von mindestens 90% herstellen.
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Auf analoge Weise lassen sich die Tenside der Formel 1 der Tabelle 1 herstellen Tabelle 1: Erfindungsgemäße Tenside der Formel 1
Tensid | R | A | X | M |
1.2 | C12-/C14-Alkyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 2 | Me3NCH2CH2OH |
1.3 | C12-/C14-Alkyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 2,5 | K |
1.4 | C12-/C14-Alkyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 3,2 | K |
1.5 | C12-/C14-Alkyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 5 | K |
1.6 | Isotridecyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 1,8 | K |
1.7 | Isotridecyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 2,5 | K |
1.8 | Isotridecyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 3,5 | K |
1.9 | Isotridecyl-O- | (-CH2-CH2-O)- | 10 | K |
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Erfindungsgemäßer Versuch 2
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10 g des Tensides 1.1 (Reinheit > 90%) werden zusammen mit 0,1 g Aktizide MBS (Bakterizid; Fa Thor-Chemie) in 39,9 g Wasser gelöst. Je nach Reinheit des Tensids 1.1 kann hierfür eine erhöhte Temperatur sowie eine intensive Durchmischung nötig sein. Man erhält so ein Adjuvants, das das Tensid 1.1 zu 20 Gewichtsprozent enthält, und für biologische Ausprüfungen direkt eingesetzt werden kann.
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Erfindungsgemäßer Versuch 3
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10 g des Tensides 1.1 werden mit 30 g Glyphosate in 30 g Wasser suspendiert und langsam und unter Kühlung mit 2 Moläquivalente Kaliumhydroxid versetzt.
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Anschließend wird das Gemisch mit Wasser zu einem Gewicht von 100 g aufgefüllt.
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Man erhält so eine Adjuvantshaltige Glyphosate-Formulierung, die Tensid 1.1 enthält. Diese Formulierung kann direkt für biologische Ausprüfungen genutzt werden
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Biologischer Vergleichsversuch
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In einem Gewächshausversuch wird Weizen als Modellpflanze für unerwünschten Pflanzenwuchs angezüchtet. Nachdem die jungen Pflanzen eine Wuchshöhe von ca. 20 cm erreicht haben, werden diese mit Glyphosate (Touchdown HiTech von Syngenta, Di-Kaliumsalz von Glyphosate, ohne Adjuvants) und einem Adjuvants behandelt.
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In einem erfindungsgemäßen Experiment werden – umgerechnet – 150 g/ha Glyphosate (als Touchdown HiTech) mit 300 g/ha Tensid 1.1 (entspricht 1,5 kg an erfindungsgemäßem Adjuvant aus Erfindungsgemäßem Versuch 1) und Wasser zu einer Spritzbrühe von 400 L/ha angesetzt und auf ca 20 cm hohe Weizenpflanzen appliziert.
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In einem entsprechenden Vergleichsversuch werden – umgerechnet – 150 g/ha Glyphosate (als Touchdown HiTech) mit 300 g/ha eines vergleichbaren anionischen Tensides mit Natrium als Kation (in Form von Genapo) LRO: 28%) und Wasser zu einer Spritzbrühe von 400 L/ha angesetzt und ebenfalls auf ca 20 cm hohe Weizenpflanzen appliziert.
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Die Auswertung der beiden Versuche erfolgt durch Messung der Höhe von grünen Pflanzenteilen 2 Wochen nach Applikation.
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Überraschenderweise sieht man, dass das erfindungsgemäße Adjuvants mit Tensid 1.1 dem Tensid Genapol LRO in der Adjuvants-Wirkung deutlich überlegen ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Kurt Kosswig und Helmut Stache, Hanser 1993; Seite 148 und angegebene Literatur; Sulfatierungen werden in der gleichen Quelle beschrieben auf Seite 130 [0009]
- Proceedings from Formulation Forum '97, Formulation Science, Vol 1 (Chester L. Foy, David W. Pritchard, George B. Beestman) [0028]
- Chemistry and Technology of Agrochemical Formulations (ISBN 0-7514-0443-8 [0028]
- Herausgeber: D. A. Knowles, Kluwer Acaddemic Publishers 1998; Formulierungstechnik (Hans Mollet, Arnold Grubenmann; Wiley-VCH Verlag GmbH, 2000) [0028]