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Gegenstand der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen Führungskäfig, zur Aufnahme einer oder mehrerer Halbleiterscheiben zu deren beidseitigen Bearbeitung zwischen zwei Arbeitsscheiben einer Schleifvorrichtung. Er umfasst einen Kern aus einem ersten Material mit einer ersten und einer zweiten Oberfläche, wobei die erste und die zweite Oberfläche jeweils eine Beschichtung aus einem zweiten Material tragen, die die erste und zweite Oberfläche vollständig oder teilweise bedeckt, sowie wenigstens eine Öffnung zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe. Die vom Kern abgewandte Oberfläche der Beschichtung weist eine aus Erhebungen und Vertiefungen bestehende Strukturierung auf.
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Stand der Technik
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Für Elektronik, Mikroelektronik und Mikro-Elektromechanik werden als Ausgangsmaterialien Halbleiterscheiben mit extremen Anforderungen an globale und lokale Ebenheit, einseitenbezogene Ebenheit (Nanotopologie), Rauigkeit und Sauberkeit benötigt. Halbleiterscheiben sind Scheiben aus Halbleitermaterialien wie Elementhalbleitern (Silicium, Germanium), Verbindungshalbleitern (beispielsweise aus einem Element der dritten Hauptgruppe des Periodensystems wie Aluminium, Gallium oder Indium und einem Element der fünften Hauptgruppe des Periodensystems wie Stickstoff, Phosphor oder Arsen) oder deren Verbindungen (beispielsweise Si1-xGex, 0 < x < 1) .
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Gemäß dem Stand der Technik werden Halbleiterscheiben mittels einer Vielzahl von aufeinander folgenden Prozessschritten hergestellt, die sich allgemein in folgende Gruppen einteilen lassen:
- (a) Herstellung eines meist einkristallinen Halbleiterstabs;
- (b) Auftrennen des Stabs in einzelne Scheiben;
- (c) mechanische Bearbeitung;
- (d) chemische Bearbeitung;
- (e) chemo-mechanische Bearbeitung;
- (f) ggf. zusätzliche Herstellung von Schichtstrukturen.
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Als ein besonders vorteilhaftes Verfahren aus der Gruppe der mechanischen Bearbeitungsschritte ist ein Verfahren unter der Bezeichnung „Planetary Pad Grinding“ („PPG“, Tuchschleifen mit Planetenkinematik) bekannt. Das Verfahren ist beispielsweise beschrieben in
DE102007013058A1 , eine dafür geeignete Vorrichtung beispielsweise in
DE19937784A1 . PPG ist ein Verfahren zum gleichzeitigen beidseitigen Schleifen mehrerer Halbleiterscheiben, wobei jede Halbleiterscheibe frei beweglich in einer Aussparung einer von mehreren mittels einer Abwälzvorrichtung in Rotation versetzten Läuferscheiben (Führungskäfige, engl. „insert carriers“) liegt und dadurch auf einer zykloidischen Bahnkurve bewegt wird. Die Halbleiterscheiben werden zwischen zwei rotierenden Arbeitsscheiben Material abtragend bearbeitet. Jede Arbeitsscheibe umfasst eine Arbeitsschicht, die gebundenes Schleifmittel enthält. Die Arbeitsschichten liegen in Form strukturierter Schleiftücher vor, die klebend, magnetisch, formschlüssig (beispielsweise Klettverschluss) oder mittels Vakuum auf den Arbeitsscheiben befestigt sind.
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Ein ähnliches Verfahren ist das sog. „Flachhonen“ oder „Feinschleifen“. Dabei werden mehrere Halbleiterscheiben in der zuvor für PPG beschriebenen Anordnung mittels einer Abwälzvorrichtung auf den charakteristischen Zykloidenbahnen zwischen zwei großen rotierenden Arbeitsscheiben geführt. In die Arbeitsscheiben ist Schleifkorn fest eingebunden, so dass der Materialabtrag mittels Schleifen erfolgt. Das Schleifkorn kann beim Flachhonen direkt in die Oberfläche der Arbeitsscheibe eingebunden sein oder in Form einer flächigen Belegung der Arbeitsscheibe mittels einer Vielzahl einzelner Schleifkörper vorliegen, sog. „Pellets“, die auf die Arbeitsscheibe montiert sind (P. Beyer et al., Industrie Diamanten Rundschau IDR 39 (2005) III, S. 202).
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Beim PPG- und Pellets-Schleifen sind die Arbeitsscheiben ringförmig ausgeführt, und die Abwälzvorrichtung für die Läuferscheiben wird aus einem Innen- und einem Außenstiftkranz gebildet, die konzentrisch zur Rotationsachse der Arbeitsscheiben angeordnet sind. Innen- und Außenstiftkranz bilden somit Sonnen- und Hohlrad einer Planetengetriebe-Anordnung, mittels derer die Läuferscheiben unter Eigendrehung wie Planeten um die Mittelachse der Anordnung umlaufen - daher der Name „Läuferscheiben“.
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Ein weiteres, dem PPG-Schleifen ähnliches Verfahren ist schließlich das simultane Doppelseiten-Orbitalschleifen, das beispielsweise beschrieben wird in
US 2009/0311863A1 . Auch beim Orbitalschleifen sind die Halbleiterscheiben in Aufnahmeöffnungen eines Führungskäfigs eingelegt, der sie während der Bearbeitung zwischen den rotierenden Arbeitsscheiben führt. Im Unterschied zum PPG- oder Pellets-Schleifen besitzt eine Orbital-Schleifvorrichtung jedoch nur einen einzigen Führungskäfig, der die gesamte Arbeitsscheibe überdeckt. Die Arbeitsscheiben sind nicht ringförmig ausgeführt, sondern kreisförmig. Der Führungskäfig wird mittels mehrerer, außerhalb der Arbeitsscheibe und um deren Umfang herum angeordneter Führungsrollen geführt. Die Drehachsen dieser Führungsrollen sind exzentrisch mit Antriebsachsen verbunden. Durch Rotation dieser Antriebsachsen führen die Führungsrollen eine Exzenterbewegung aus und treiben dadurch eine Kreisel- oder Orbitalbewegung des Führungskäfigs an. Beim Orbitalschleifen rotiert der Führungskäfig also nicht um seine eigene Mittelachse und läuft auch nicht um die Rotationsachse der Arbeitsscheiben um, sondern vollführt eine Schwingbewegung in Form kleiner Kreise über die Fläche der Arbeitsscheiben. Diese Orbitalbewegung ist dadurch gekennzeichnet, dass es unter jeder so von dem Führungskäfig geführten Halbleiterscheibe stets jeweils eine Fläche im raumfesten Bezugssystem gibt, die während der Bewegung ständig vollständig innerhalb der von der Halbleiterscheibe überstrichenen Fläche liegt.
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DE102007049811A1 lehrt, dass zur Durchführung des PPG- oder Pellets-Schleifverfahrens Läuferscheiben verwendet werden, deren Dicke gleich oder dünner ist als die Enddicke der damit bearbeiteten Halbleiterscheiben. Dies gilt aus gleichen Gründen auch für das Orbitalschleifen. Die Läuferscheiben (PPG, Pellets-Schleifen) bzw. der Führungskäfig (Orbital-Schleifen) sind daher sehr dünn, beispielsweise weniger als typischerweise 0,8 mm bei der Bearbeitung einer Siliciumscheibe mit einem Durchmesser von 300 mm. Ferner lehrt
DE102007049811A1 , dass die Läuferscheiben bzw. der Führungskäfig ausreichend steif sein müssen, um den während der Bearbeitung einwirkenden Kräften standzuhalten, und dass deren während der Bearbeitung in Kontakt mit der Arbeitsschicht gelangende Flächen besonders verschleißresistent sein müssen und nur eine geringe Wechselwirkung mit der Arbeitsschicht aufweisen dürfen, damit die Arbeitsschicht nicht stumpf wird und durch unerwünscht häufiges und aufwändiges Abrichten wieder aufbereitet (geschärft) werden muss. Gemäß
DE102007049811A1 umfassen daher zur Durchführung beispielsweise des PPG-Verfahrens geeignete Läuferscheiben bevorzugt einen Kern aus einem ersten Material, das eine hohe Steifigkeit aufweist, der vollständig oder teilweise mit einem zweiten Material beschichtet ist, sowie wenigstens eine Öffnung zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe. Bevorzugt wird gemäß
DE102007049811A1 als zweites Material ein duroplastisches Polyurethan mit einer Härte zwischen Shore 40 A und Shore 80 A verwendet. Dieses erwies sich als besonders verschleißresistent gegenüber dem bevorzugt eingesetzten Abrasivstoff Diamant.
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Die Verschleißschutzschicht wird dabei durch Aufsprühen, Tauchen, Fluten, Streichen, Walzen oder Rakeln aufgebracht. Bevorzugt ist im Stand der Technik jedoch ein Beschichten durch Formverguss in einer Spritzform, in die das erste Material zentriert mit vorder- und rückseitig Platz für die Beschichtung eingelegt wird. Alternativ ist auch ein Beschichten mit einer Schicht in Überdicke und ein anschließendes Rückschleifen auf die gewünschte Zieldicke bekannt.
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DE102007049811A1 legt dar, dass auf die im Stand der Technik bekannten Verschleißschutzschichten sehr hohe Reibkräfte einwirken. Diese sind weit größer als die Reibkräfte infolge der durch den Materialabtrag an der Halbleiterscheibe ausgeübten Spanleistung.
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Aufgrund der großen Kräfte muss der Steifigkeit verleihende Kern der Läuferscheibe sehr dick sein, damit die Läuferscheibe noch ausreichend stabil ist. Dadurch verbleibt nur ein geringer Dickenanteil - maximal 100 µm, in der Praxis jedoch bedeutend weniger - für die Beschichtung der Läuferscheibe, was deren Lebensdauer beträchtlich einschränkt und hohe Kosten für das Verschleißteil Läuferscheibe bedeutet.
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Außerdem bewirken die hohen Reibkräfte, dass die Halbleiterscheiben während der Bearbeitung nicht, wie gewünscht, möglichst kräftearm und „frei schwimmend“ bewegt werden. Dadurch werden die Vorteile der simultanen Doppelseitenbearbeitung, die zu einer besonders hohen Ebenheit der Halbleiterscheibe führen, teilweise zunichte gemacht, wenn die Bearbeitung mit im Stand der Technik bekannten Läuferscheiben durchgeführt wird.
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DE102007049811A1 zufolge bewirken die hohen Reibkräfte infolge der geringen Schichtdicke besonders schädliche Schälkräfte zwischen Kernmaterial und Beschichtung des Führungskäfigs. Diese führen verstärkt zu einem vorzeitigen Ablösen der Beschichtung durch Delamination. Um einer Schichtablösung, die zu Bruch der Halbleiterscheibe und meist auch der Läuferscheibe führt, entgegenzuwirken, beschreibt beispielsweise
WO2008/064158A2 die Verwendung einer zusätzlichen Schicht eines Haftvermittlers zwischen Kernmaterial und Verschleißschutzbeschichtung der Läuferscheibe. Jedoch löst auch diese nicht das Problem der zu geringen Schichthaftung, so dass im Stand der Technik bekannte verschleißschutzbeschichtete Läuferscheiben zur Durchführung des PPG-Verfahrens und verwandter Schleifverfahren ungeeignet sind.
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Schließlich beschreiben
DE102007049811A1 und
W02008/064158A2 auch Läuferscheiben, deren Kernmaterial nur teilweise mit einer Verschleißschutzschicht beschichtet ist. Diese erwiesen sich jedoch als besonders anfällig gegenüber vorzeitiger Schichtablösung und sind somit ebenfalls ungeeignet für die Bearbeitung von Halbleiterscheiben.
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Aufgabe
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Der Erfindung lag somit die Aufgabe zu Grunde, die Gebrauchsdauer der beim PPG und verwandten Schleifverfahren verwendeten Führungskäfige zu verlängern und gleichzeitig eine frei schwimmende Bearbeitung der Halbleiterscheiben ohne Bruchrisiko für Führungskäfig und Halbleiterscheibe zu gewährleisten.
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Beschreibung der Erfindung
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Gelöst wird die Aufgabe durch einen Führungskäfig, zur Aufnahme einer oder mehrerer Halbleiterscheiben zu deren beidseitigen Bearbeitung zwischen zwei Arbeitsscheiben einer Schleifvorrichtung, umfassend einen Kern aus einem ersten Material mit einer ersten und einer zweiten Oberfläche, wobei die erste und die zweite Oberfläche jeweils eine Beschichtung aus einem zweiten Material tragen, die die erste und zweite Oberfläche vollständig oder teilweise bedeckt, sowie wenigstens eine Öffnung zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe, wobei die vom Kern abgewandte Oberfläche der Beschichtung eine aus Erhebungen und Vertiefungen bestehende Strukturierung aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Material ein Polyurethan ist und die Korrelationslänge der Erhebungen und Vertiefungen der Strukturierung im Bereich von 0,5 mm bis 25 mm und das Aspektverhältnis der Strukturierung im Bereich von 0,0004 bis 0,4 liegen.
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Die Erfindung ist sowohl bei Bearbeitungsverfahren mit umlaufenden Läuferscheiben (PPG- oder Pellets-Schleifverfahren) als auch bei Bearbeitungsverfahren mit nicht umlaufenden Führungskäfigen (Orbitalschleifen, Orbital-Pellets-Schleifen) anwendbar. Der Einfachheit halber wird daher im Folgenden der Begriff „Führungskäfig“ synonym für „Läuferscheibe“ (umlaufend; PPG, Pellets-Schleifen) und für „Führungskäfig“ (nicht umlaufend; Orbitalverfahren) verwendet. Diese Verfahren sind im Abschnitt „Stand der Technik“ weiter oben beschrieben.
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Der Erfindung liegt die Beobachtung zugrunde, dass im Stand der Technik verfügbare Läuferscheiben eine hohe Reibung aufweisen oder zur frühzeitigen Ablösung von Teilen einer Beschichtung neigen. Beides ist äußerst unerwünscht und erschwert die Durchführung beispielsweise des PPG-Schleifens oder macht sie unmöglich. Insbesondere wurde beobachtet, dass die Gesamt-Reibkräfte von Läuferscheibe und Halbleiterscheiben deutlich größer sind als die der Halbleiterscheiben infolge des Materialabtrags allein (Spanleistung, Spanreibung).
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Weiter wurde beobachtet, dass diese hohe Reibung von im Stand der Technik bekannten Läuferscheiben die Läuferscheibe überlastet (Abknicken und Bruch der Läuferscheibe) und dass sich Läuferscheibe und Halbleiterscheibe ungleichförmig und unreproduzierbar bewegen („stick & slip“, Rattern, Vibration). Schließlich wurde erkannt, dass die auf die Halbleiterscheibe wirkenden Kräfte sich nicht ausgleichen, also die erwünschte, weitgehend kräftefreie (kräftekompensierte) „frei schwimmende“ Bearbeitung der Halbleiterscheibe mit im Stand der Technik bekannten Läuferscheiben nicht durchgeführt werden kann und die so bearbeiteten Halbleiterscheiben Zwangskräften unterliegen, wie sie von nicht kräftekompensierten Verfahren bekannt sind, bei denen die Werkstücke aufgespannt werden.
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Ferner wurde beobachtet, dass die hohe Reibung der im Stand der Technik verfügbaren Läuferscheiben insbesondere zu einer Unbrauchbarkeit einer angebrachten Verschleißschutzbeschichtung führt, da sich diese während der Bearbeitung unter hoher Krafteinwirkung (insbesondere Schälkräfte) ganz oder teilweise löst. Insbesondere wurde beobachtet, dass sich meist die gesamte Dicke der Beschichtung, also der gesamte Schichtstapel aus Nutzschicht und ggf. vorhandenen Haftzwischen- und Grundierschichten von der Unterlage - dem Kern der Läuferscheibe - löst.
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Abgelöste Bruchstücke der Oberflächenschichten oder der Verschleißschutzbeschichtung einer Läuferscheibe gelangen in den Arbeitsspalt zwischen Halbleiterscheiben-Oberfläche und Arbeitsschicht. Aufgrund der hohen Härte der Arbeitsschichten (Schleiftücher, Pellets) kann die punktuelle Last, die ein Schichtbruchstück auf die Halbleiterscheibe ausübt, nicht durch elastische Deformation der Arbeitsschicht ausgeglichen werden, und die Halbleiterscheibe bricht daher sofort.
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Im Einzelnen liegt der Erfindung insbesondere die Beobachtung zugrunde, dass die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Schichtablösung mit der Reibung, der die Schicht beim Gleiten auf der Arbeitsschicht unterworfen ist, und der Gesamtlänge des Randes der Beschichtung der Läuferscheibe zunimmt.
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Die Erfinder haben erkannt, dass eine Beschichtung des aus einem ersten Material bestehenden Kerns mit einem zweiten Material, dessen Oberfläche die erfindungsgemäßen Erhebungen und Vertiefungen aufweist, sowohl sehr verschleißresistent ist als auch eine geringe Gleitreibung aufweist. Die Struktur des erfindungsgemäßen Führungskäfigs wird im Folgenden im Detail erläutert:
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Der Führungskäfig umfasst einen Kern aus einem ersten Material, das dem Führungskäfig die nötige Steifigkeit verleiht. Das erste Material weist daher vorzugsweise eine hohe Steifigkeit auf. Vorzugsweise ist das erste Material ein Metall, insbesondere ein Stahl, da dieser einen hohen Elastizitätsmodul (Steifigkeit) aufweist. Besonders bevorzugt ist ein gehärteter Stahl, weil dieser eine hohe Härte und Zugfestigkeit aufweist, so dass die Läuferscheibe auch bei stärkerer Verbiegung nicht plastisch verformt wird und ihre gewünschte Ebenheit dauerhaft beibehält. Dabei ist eine Rockwell-Härte von HRC 30 bis 60 besonders bevorzugt. Der aus dem ersten Material bestehende Kern hat zwei Oberflächen, von denen die erste bei der Verwendung des Führungskäfigs der einen Arbeitsschicht und die zweite der anderen Arbeitsschicht der Doppelseitenbearbeitungsvorrichtung zugewandt ist.
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Das zweite Material weist vorzugsweise eine hohe Abriebfestigkeit auf. Erfindungsgemäß ist Polyurethan, besonders duroplastisches Polyurethan mit einer Härte von 60 bis 95 nach Shore A.
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Das zweite Material ist mit dem ersten Material so verbunden, dass es eine möglichst hohe Haftfestigkeit aufweist, d.h., dass möglichst hohe Kräfte erforderlich sind, um das zweite Material vom ersten Material zu trennen. Bevorzugt ist dabei die Adhäsion an der Grenzfläche zwischen erstem und zweitem Material größer als die Kohäsion innerhalb des zweiten Materials. Adhäsion bezeichnet die Kraft, die aufgewendet werden muss, um die Materialanhangskraft, mit der ein erstes Material mit einem zweiten Material entlang einer Grenzfläche verbunden ist, zu überwinden. Kohäsion bezeichnet die Kraft, die aufgewendet werden muss, um die Materialzusammenhaltskraft, die zwischen den Molekülen oder innerhalb der Moleküle eines Materials herrscht und so einen homogenen Materialverbund des Material bewirkt, zu überwinden. Es wird also bevorzugt, dass ein Materialverlust der Beschichtung, wie er durch Verschleiß durch Reibung unvermeidlich im Laufe der Benutzung erfolgt, über einen Abtrag von - mikroskopisch kleinen - Mengen des Beschichtungsmaterials selbst stattfindet (Kohäsionsversagen) und nicht über ein Ablösen zusammenhängender Bereiche des Beschichtungsmaterials von dem unterliegenden ersten Material (Kern) des Führungskäfigs entlang der Grenzfläche (Adhäsionsversagen).
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Eine starke Adhäsion kann durch inhärente Klebwirkung des ersten Materials mit dem zweiten Material (van-der-Waals-Kräfte), durch Formschluss (Verzahnen, Hinterschneidungen) oder durch Aufbringen einer zusätzlichen, haftvermittelnden dritten Schicht zwischen erstem und zweitem Material erfolgen.
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Die vom Kern abgewandte Oberfläche des zweiten Materials weist eine aus Erhebungen und Vertiefungen bestehende Strukturierung auf. Eine Erhebung ist ein Bereich mit größerer Höhe, der eine vom Kern des Führungskäfigs wegweisende Oberfläche aufweist, die in Kontakt mit einer der Arbeitsscheiben der Vorrichtung zum Läppen, Schleifen oder Polieren der Halbleiterscheiben gelangen kann. Eine Vertiefung ist ein Bereich mit geringerer Höhe, deren vom Kern des Führungskäfigs wegweisende Oberfläche nicht in Eingriff mit einer Arbeitsscheibe gelangen kann. Erfindungsgemäß sind Erhebungen und Vertiefungen dabei stets in Form einer zusammenhängenden Schicht miteinander verbunden.
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Der Flächenanteil der Erhebungen an der Gesamtfläche der Beschichtung beträgt vorzugsweise zwischen 5 % und 80 %. Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf den Flächenanteil, der mit den Arbeitsscheiben in Berührung kommt. Dieser Flächenanteil wird auch kurz als Traganteil bezeichnet.
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Es hat sich gezeigt, dass Aspektverhältnis und typische Strukturgröße der strukturierten Beschichtung aus begrenzten Bereichen gewählt werden müssen, damit die Strukturierung erfindungsgemäß wirksam ist, also eine Reibungsreduktion erzielt wird und sich kein Beschichtungsmaterial vom Führungskäfig löst.
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So zeigte sich, dass die charakteristische laterale Ausdehnung der Strukturen (Erhebungen und Vertiefungen), mit denen die Beschichtung versehen ist, aus einem begrenzten Bereich gewählt werden muss, um eine erfindungsgemäße Verringerung der Gleitreibung zu erzielen. Dabei stellte es sich heraus, dass es nahezu unwesentlich ist, ob die Strukturierung der Beschichtung durch die Verteilung und Ausdehnung der Erhebungen oder die Verteilung und Ausdehnung der Vertiefungen beschrieben wird. Eine charakteristische Länge lässt sich beispielsweise als Korrelationslänge λ angeben. Die Angabe der Korrelationslänge hat den Vorteil, dass sie eine intrinsische Eigenschaft der gesamten Beschichtung darstellt und von Einzelheiten der örtlich gewählten Ausführung des Musters aus Erhebungen und Vertiefungen unabhängig ist. Die Korrelationslänge ergibt sich aus der zweidimensionalen Autokorrelationsfunktion
wobei
wenn sich am Ort
eine Erhebung befindet,
wenn sich am Ort
eine Vertiefung befindet als diejenige Länge
für die
gilt.
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A bezeichnet die Gesamtfläche der Beschichtung, über die sich das zweidimensionale Integral erstreckt, und
das infinitesimale Flächenelement.
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Die Autokorrelation gibt somit die Wahrscheinlichkeit an, mit der im Mittel ein Element der Beschichtung - also Erhebung oder Vertiefung - mit einem Element im Abstand
korreliert ist. Diese Wahrscheinlichkeit nimmt den Wert 1 an (strenge Korrelation), wenn sich am Ort
und gleichzeitig am Ort
identische Elemente befinden, also jeweils Erhebungen (1·1 = 1) oder Vertiefungen ((-1) ·(-1) = 1); den Wert -1 (Antikorrelation), wenn sich bei
und
genau verschiedene Elemente befinden, also wenn sich entweder eine Erhebung bei
und gleichzeitig eine Vertiefung bei
oder eine Vertiefung bei
und gleichzeitig eine Erhebung bei
befindet ((-1) ·(+1) = -1); und schließlich den Wert 0, wenn die Elemente bei
und
im Mittel unkorreliert sind (mal Erhebung, mal Vertiefung; Summe über gleichverteilt viele „+1“ und „-1“ liefert Null). Definitionsgemäß gilt stets die Identität χ(0)=1. Integration über alle
und Division durch die Fläche, über die integriert wird, liefert eine Mittelwertbildung, so dass
tatsächlich die über die gesamte beschichtete Fläche gemittelte Wahrscheinlichkeit angibt, im Abstand
gleichartige Elemente anzutreffen.
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Erfindungsgemäß beträgt die Korrelationslänge zwischen 0,5 und 25 mm, besonders bevorzugt zwischen 1 und 10 mm.
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Neben der lateralen Ausdehnung der Strukturen spielt auch deren Aspektverhältnis eine erhebliche Rolle. Aspektverhältnis wird das Verhältnis aus der Höhendifferenz zwischen einer Erhebung und einer Vertiefung zur lateralen Ausdehnung der Erhebung oder Vertiefung bezeichnet. Zur Berechnung des erfindungsgemäßen Aspektverhältnisses wird die laterale Ausdehnung mit der oben definierten Korrelationslänge der Strukturierung gleichgesetzt. Es wurde beobachtet, dass bei zu großem Aspektverhältnis genauso wie bei zu geringem Aspektverhältnis keine Verringerung der Reibung zwischen Beschichtung des Führungskäfigs und Arbeitsschicht der Bearbeitungsvorrichtung auftritt.
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Ein großes Aspektverhältnis liegt vor, wenn die Beschichtung starke Höhenmodulationen innerhalb kurzer lateraler Abstände aufweist, beispielsweise in Form zahlreicher kleiner Erhebungen mit jeweils großer Höhe aber geringer lateraler Ausdehnung, die von einem zusammenhängenden Netzwerk aus sie umgebenden Vertiefungen voneinander getrennt sind. Es zeigte sich, dass derartige Erhebungs-„Stifte“ durch die während des Arbeitseinsatzes einwirkenden lateralen Reibungskräfte stark verformt werden. Dies führt zu Materialspannungen insbesondere am Sockel der Erhebung, an der diese mit den umgebenden Bereichen der Vertiefungen verbunden ist. Das Beschichtungsmaterial reißt dort ein, und Teile der Erhebungen können sich aus dem Verbund der gesamten Beschichtung lösen. Dies würde, wie beschrieben, zu Bruch oder Schädigung der Halbleiterscheibe führen.
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Ein großes Aspektverhältnis liegt ebenfalls vor, wenn umgekehrt die Strukturierung der Beschichtung beispielsweise in Form einer Vielzahl einzelner Vertiefungen („Sacklöcher“), die von einem Netzwerk zusammenhängender Erhebungen umgeben sind, vorliegt. Es zeigte sich, dass diese Sackloch-artigen Vertiefungen sich mit dem Schleifschlamm, der bei der Material abtragenden Bearbeitung der Halbleiterscheiben entsteht, füllen und verstopfen. Dadurch wird die Wirkung der Strukturierung zunichte gemacht.
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Im Gegensatz dazu liegt ein geringes Aspektverhältnis vor, wenn die Beschichtung geringe Höhenmodulationen innerhalb weiter lateraler Abstände aufweist, beispielsweise in Form breiter Vertiefungen oder ausgedehnter Erhebungen mit nur geringer Höhendifferenz zwischen Erhebung und Vertiefung. Auch im Fall eines zu geringen Aspektverhältnisses wirkt die Beschichtung nicht erfindungsgemäß, wie im Folgenden erläutert wird.
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Offenbar wird die Verminderung der Gleitreibung zwischen der Beschichtung des Führungskäfigs und der Arbeitsschicht der Bearbeitungsvorrichtung dadurch bewirkt, dass eine geeignet strukturierte Beschichtung die Dicke des zwischen Beschichtung und Arbeitsschicht befindlichen Films des zugeführten Kühlschmiermittels - beim PPG vorzugsweise Wasser - erhöht. Der Führungskäfig schwimmt bei Relativbewegung zwischen Führungskäfig und Arbeitsschicht mittels einer Art „Aquaplaning“-Effekt auf, wodurch die Gleitreibung reduziert wird. Erklärt wird dies dadurch, dass offenbar die Vertiefungen einen Vorrat an Kühlschmiermittel aufnehmen und beim Gleiten des Führungskäfigs über die Arbeitsschicht durch das Schergefälle im Kühlschmiermittelfilm aufgrund der Relativbewegung wieder abgeben. Das abgegebene Kühlschmiermittel kann die Vertiefungen nur durch Strömungstransport über die Erhebungen verlassen. Sind die Vertiefungen zu klein oder zu seicht und die Erhebungen zu breit, reicht die mitgenommene Kühlschmiermittelmenge nicht aus, um die Filmdicke über den Erhebungen so zu erhöhen, dass eine gleitreibungsmindernde Wirkung erzielt wird. Sind umgekehrt die Vertiefungen zu groß und die Erhebungen zu klein, kann nicht genügend Kühlschmiermittel zugeführt werden, um das Reservoir der Vertiefungen so aufzufüllen, dass genug Kühlschmiermittel für eine erhöhte Filmbildung der umgebenden Erhebungen erzielt wird. Auch in diesem Fall bildet sich dann kein dickerer Film und ein reibungsverminderndes „Aufschwimmen“ des Führungskäfigs bleibt ebenfalls aus.
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Als geeignet hat sich ein Aspektverhältnis der Strukturierung zwischen 0,0004 und 0,4 erwiesen. Bevorzugt wird ein Bereich zwischen 0,004 und 0,1.
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Das zweite Material bedeckt die erste und die zweite Oberfläche des ersten Materials teilweise oder vollständig. Vorzugsweise weist jede der beiden Oberflächen des ersten Materials genau eine zusammenhängende Schicht des zweiten Materials auf. Die erfindungsgemäße Beschichtung besteht somit vorzugsweise nicht aus mehreren unzusammenhängenden Bereichen („Inseln“), sondern aus genau einem zusammenhängenden Bereich pro Oberfläche. Als „vollständig zusammenhängend“ wird dabei eine Fläche genau dann bezeichnet, wenn es genau eine Randlinie dieser Fläche gibt, die die gesamte Fläche umschließt.
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Es hat sich gezeigt, dass eine Beschichtung aus einem zweiten Material genau dann die höchste Haftfestigkeit auf dem ersten Material aufweist, also nicht zur Ablösung neigt, wenn bei gegebenem Inhalt der Fläche, die die Beschichtung jeweils auf der ersten und der zweiten Oberfläche des zweiten Materials einnimmt, das Verhältnis von „Rand“ zu „Fläche“ möglichst klein ist. Genauer bedeutet dies, dass die Form der Flächen, die die Beschichtungen der ersten und zweiten Oberflächen des ersten Materials jeweils einnehmen, bei gegebenem Flächeninhalt bevorzugt jeweils so gewählt werden, dass die Länge jeder der beiden jeweils genau einen Randlinie, die diese Fläche jeweils vollständig umschließt, minimal wird. Im Idealfall wird jede der beiden Beschichtungen somit jeweils von einer Kreislinie genau umschlossen.
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Es hatte sich nämlich gezeigt, dass eine Ablösung einer etwaig unzureichend haftfesten Beschichtung stets vom Rand der Beschichtung, also von der Linie, die die von der Beschichtung eingenommene Fläche jeweils genau umschließt, ausgeht. Es wurde praktisch nie ein Schichtablösen aus der Mitte der geschlossenen Schicht heraus beobachtet. Besonders bevorzugt sind daher Beschichtungen, deren Form so gewählt wird, dass die Summe aller Randlinien, die die von der Beschichtung eingenommene Fläche begrenzen, möglichst klein ist. Die die Beschichtung begrenzenden Ränder sollen also möglichst gleichmäßig gekrümmt sein, ohne zusätzliche Ausbuchtungen und Einschnitte.
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Die Strukturierung der Oberfläche des zweiten Materials kann auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden:
- (a) Das erste Material kann in dem vom zweiten Material bedeckten Bereich eine gleichförmige Dicke aufweisen. In diesem Fall muss das zweite Material eine ungleichförmige Dicke aufweisen, um die gewünschte Oberflächenstruktur zu erzielen.
- (b) Andererseits kann auch das erste Material in dem vom zweiten Material bedeckten Bereich eine ungleichförmige Dicke aufweisen. Das zweite Material weist eine gleichförmige Dicke auf, die dem Dickenverlauf des ersten Materials formschlüssig folgt. In diesem Fall werden die Erhebungen und Vertiefungen durch die Dickenstruktur des ersten Materials vorgegeben.
- (c) Es ist auch möglich, dass sowohl das erste als auch das zweite Material eine ungleichförmige Dicke aufweist, wobei der Dickenverlauf beider Materialien nicht komplementär zueinander erfolgt. In diesem Fall ergibt sich die Oberflächenstruktur aus der Summe der Dickenschwankungen des ersten und zweiten Materials.
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Eine Dickenmodulation des zweiten Materials (Fälle (a) und (c)) lässt sich vorzugweise mittels des folgenden Verfahrens erzielen: Das erste Material wird zentriert zwischen zwei Halbformen angeordnet, deren dem ersten Material zugewandte Seiten jeweils Hohlräume umfassen. Die die Hohlräume begrenzenden Wände der Halbformen weisen eine durch Prägen, Schleifen, Gravieren, Rändeln, Rillieren, Fräsen, Drehen oder Ätzen hergestellte Struktur auf, so dass sich im nachfolgenden Schritt eine ungleichmäßige Weite des Hohlraums und somit des erfolgten Vergusses mit dem zweiten Material ergibt. Die Hohlräume werden nun simultan mit einer fließfähigen chemischen Vorstufe des zweiten Materials gefüllt (Spritzverguss). Anschließend wird die Vorstufe beispielsweise durch Vernetzen oder Aushärten zu dem zweiten Material umgewandelt, die Halbformen entfernt und der so mit dem zweiten Material beschichtete Kern entnommen.
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Ebenso lässt sich eine Dickenmodulation des zweiten Materials vorzugsweise auch mittels des folgenden Verfahrens erzielen: Das erste Material wird in einem Sprühverfahren, alternativ auch durch Tauchen, Fluten, Streichen, Rakeln oder Siebdrucken, mit einem spritzfertig verdünnten, nicht ausgehärteten chemischen Vorläufer des zweiten Materials weitgehend homogen beschichtet. Dabei können beide Seiten gleichzeitig (Tauchen, Fluten) oder nacheinander (Streichen, Rakeln, Drucken) beschichtet werden. Dem Lösungsmittel wird nach Beschichtung Zeit zum Ablüften (Verdunsten) gegeben, so dass sich der chemische Vorläufer mit einer Haut überzieht, jedoch noch nicht durchhärtet. Von den als zweites Material bevorzugten duroplastischen Polyurethanen sind die besonders verschleißfesten Typen in der Regel warmvernetzend, d.h. bei Raumtemperatur tritt ohnehin keine Durchhärtung des aufgebrachten chemischen Vorläufers auf. Dann wird die Läuferscheibe zwischen zwei Platten aus warmfestem Kunststoff unter Druck und Wärmezufuhr gepresst. Die Platten bestehen bevorzugt aus selbsttrennendem Material wie Polytetrafluorethylen (PTFE) oder Siliconkautschuk; alternativ können die der Läuferscheibe zugewandten Oberflächen der Platten zuvor auch mit einem Trennmittel beschichtet werden (Wachse, Silicone). Die der Läuferscheibe zugewandten Oberflächen der Platten sind mittels Schleifen, Gravieren, Fräsen usw. mit einer Strukturierung versehen, die komplementär zu der für die Strukturierung des zweiten Materials vorgesehenen Textur ist. Unter Pressen unter Wärmeeinwirkung wird der noch plastisch verformbare chemische Vorläufer des zweiten Materials so in die gewünschte Form überführt und härtet in dieser aus. Nach Entfernen der formgebenden Platten liegt die Oberfläche des zweiten Materials mit der gewünschten Form vor.
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Eine Dickenmodulation des ersten Materials (Fälle (b) und (c)) kann durch Umformung (Prägen, Gravieren, Rändeln, Rillieren, Stauchen, Tiefziehen), Spanabnahme (Schleifen, Fräsen, Drehen), Perforation (Stanzen, Bohren, Schleifen, Fräsen) oder chemische Behandlung (Ätzen) erzielt werden.
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Der Auftrag des zweiten Materials auf das erste geschieht im Fall (b) dann beispielsweise mittels Formverguss oder durch Aufsprühen. Beim Formverguss muss dazu in den beiden Formhälften der Höhenverlauf der der jeweiligen Formhälfte zugewandten Oberfläche des zwischen ihnen eingespannten zweiten Materials jeweils genau nachgebildet sein, so dass beidseitig jeweils eine gleichförmige Beschichtungsdicke resultiert. Beim Aufbringen der Beschichtung mittels Sprühauftrag werden die beidseitigen Beschichtungen aus einer Vielzahl einzelner sehr dünn aufgesprühter Schichten mit Ablüftzeiten dazwischen, um einen weiteren Filmverlauf zu unterbinden, aufgebracht. Dabei ist jeder einzeln aufgebrachte Film so dünn, dass die Oberflächenspannung den Film an Konturrändern, Erhebungen und Vertiefungen nicht zusammenziehen kann, so dass insgesamt ein sehr gleichmäßig dicker Filmstapel entsteht, der dem Formverlauf des unterliegenden ersten Materials genau folgt.
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Die aus dem Stand der Technik bekannten Auskleidungen der Öffnungen zur Aufnahme der Halbleiterscheiben können wie folgt mit der aus dem zweiten Material bestehenden Beschichtung kombiniert werden: Die Auskleidung kann aus einem dritten Material bestehen, das sich zusammenhängend von der ersten Oberfläche des ersten Materials durch die Öffnung im ersten Material bis zur zweiten Oberfläche des ersten Materials erstreckt. Vorzugsweise bedeckt das dritte Material alle Wandflächen aller Öffnungen zur Aufnahme von Halbleiterscheiben sowie aller sonstigen Öffnungen im ersten Material vollständig.
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Ebenfalls bevorzugt ist, dass das dritte Material identisch mit dem zweiten Material ist und mit diesem eine zusammenhängende Schicht bildet, die die erste und zweite Oberfläche des ersten Materials sowie die Wandungen aller Öffnungen weitgehend vollständig bedeckt. Besonders bevorzugt wird eine vollständige Beschichtung mit einem zweiten Material, das mit dem dritten Material identisch ist, in einem Arbeitsgang hergestellt, beispielsweise mittels Formverguss zwischen Formteilen, die ein Umfließen der gesamten zur Beschichtung vorgesehenen Bereiche des ersten Materials durch einen fließfähigen chemischen Vorläufer des zweiten Materials; oder durch eine „Rundum“-Sprühbeschichtung aller zur Beschichtung vorgesehenen Bereiche in einem Sprühvorgang.
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Im Fall einer Läuferscheibe (beispielsweise für ein PPG-Verfahren) bleiben jedoch die Außenverzahnung sowie ein schmaler an die Außenverzahnung angrenzender Randbereich frei vom zweiten und dritten Material. Ebenfalls bevorzugt können weitere Bereiche innerhalb der beschichteten Fläche frei bleiben, jedoch stets so, dass keine Stelle des ersten Materials (Kern des Führungskäfigs) die Arbeitsschicht der Bearbeitungsvorrichtung berührt. Während der Bearbeitung wird der Führungskäfig aufgrund der auf ihn wirkenden Kräfte (Antrieb, Reibung) elastisch verformt, beispielsweise auch in vertikaler Richtung (Torsion, Wölbung). Die freibleibenden Flächen müssen nach Größe und Lage daher so gewählt werden, dass der Führungskäfig auch bei dieser elastischen Verformung nicht in Kontakt mit der Arbeitsschicht gelangt.
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Die Verformung ist besonders stark im Bereich der Außenverzahnung, über die im Beispiel einer umlaufenden Läuferscheibe Kräfte eingeleitet werden. Eine Teilbeschichtung ohne ein in-Kontakt-Gelangen unbeschichteter Bereiche der Läuferscheibe kann beispielsweise wie folgt erreicht werden:
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Oft werden bei Bearbeitungsverfahren mit umlaufender Läuferscheibe (PPG, Pellets-Schleifen, Läppen, DSP) die Läuferscheiben im Bereich der Außenverzahnung besonders geführt, um ein Abknicken der Läuferscheibe in diesem Bereich, in dem sie nicht beidseitig von den Arbeitsscheiben geführt werden können, zu vermeiden. Dies geschieht beispielsweise durch den Einsatz spezieller Stiftkranzhülsen auf den Stiften der Abwälzvorrichtung, die Rillen aufweisen, in die die Läuferscheiben eingreifen, sodass ein Abknicken verhindert wird. Um Abrieb der Beschichtung in dem Bereich zu vermeiden, mit dem die Zahnflanken in diese Rillen eintauchen, ist es bevorzugt, zusätzlich einen schmalen Randbereich der Läuferscheibe von mindestens der Rillentiefe unbeschichtet zu lassen. Vorzugsweise bleibt die Läuferscheibe auf einer Breite von 0 bis 2 mm, gemessen vom Fußkreisradius der Außenverzahnung, unbeschichtet.
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Bei Bearbeitungsverfahren mit nicht umlaufendem Führungskäfig (Orbitalschleifen, Orbitalpolieren) ist der Führungskäfig entlang seines Außenumfangs in der Regel in einem stabilen Führungsring gehalten, der außerhalb des Außendurchmessers der Arbeitsscheiben geführt wird und dadurch einen Kontakt des Führungskäfigs mit den Arbeitsschichten im Außenbereich konstruktiv verhindert. Durch Bauchen oder Wölben aufgrund während der Bearbeitung einwirkender Antriebskräfte kann der Führungskäfig die Arbeitsschicht nur im Innenbereich berühren. Daher ist im Beispiel eines nicht umlaufenden Führungskäfigs bevorzugt, den Zentrumsbereich vollständig beschichtet zu lassen.
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Die erfindungsgemäßen Führungskäfige können in verschiedenen Doppelseitenbearbeitungsverfahren verwendet werden. Daher bezieht sich die Erfindung auch auf ein Verfahren zur gleichzeitig beidseitigen Material abtragenden Bearbeitung wenigstens einer Halbleiterscheibe zwischen zwei rotierenden Arbeitsscheiben, wobei die Halbleiterscheibe frei beweglich in einer Aussparung eines Führungskäfigs liegt und von diesem im zwischen den Arbeitsscheiben gebildeten Arbeitsspalt unter Druck bewegt wird dadurch gekennzeichnet, dass ein erfindungsgemäßer Führungskäfig verwendet wird und dass die Erhebungen des zweiten Materials in Kontakt mit einer der Arbeitsscheiben gelangen und dass das erste Material sowie die Vertiefungen des zweiten Materials nicht in Kontakt mit einer der Arbeitsscheiben gelangen.
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Die Erfindung kommt bei Verfahren zum Einsatz, bei denen jede Arbeitsscheibe eine Arbeitsschicht umfasst, die gebundenes Abrasiv (Schleifmittel) enthält. Dem Arbeitsspalt wird in diesem Fall ein Kühlschmiermittel zugeführt, das kein Abrasiv enthält. Derartige Verfahren werden als Schleifverfahren bezeichnet. Die Arbeitsschichten können in Form zusammenhängender oder aus einzelnen Segmenten zusammengesetzter Tücher, Folien oder Schleifkörper vorliegen, die vorzugsweise mittels einer Schälbewegung von der Arbeitsscheibe entfernt werden können.
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Die Erfindung kann sowohl bei Doppelseitenbearbeitungsverfahren mit Planetenkinematik als auch bei Orbital-Verfahren eingesetzt werden:
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Bei einem Orbitalverfahren sind die Arbeitsscheiben kreisförmig und es wird genau ein Führungskäfig verwendet, der die gesamte Arbeitsscheibe überdeckt und von am Umfang der Arbeitsscheibe angeordneten, exzentrisch rotierenden Führungsrollen zu einer Orbitalbewegung so angetrieben wird, dass es unter jeder Halbleiterscheibe stets je eine ortsfeste Fläche gibt, die zu jeder Zeit vollständig von der Halbleiterscheibe überdeckt wird.
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Bei Verfahren mit Planetenkinematik sind die Arbeitsscheiben ringförmig. Es werden mindestens drei Führungskäfige (die in diesem Fall auch als Läuferscheiben bezeichnet werden) mit jeweils mindestens einer Aussparung verwendet. Die Führungskäfige weisen jeweils eine Außenverzahnung auf, so dass sie mittels einer Abwälzvorrichtung, umfassend einen konzentrisch zur Rotationsachse der Arbeitsscheiben angeordneten Innen- und einen Außenstiftkranz und die Verzahnung, unter Eigendrehung um die Rotationsachse der Doppelseitenbearbeitungsvorrichtung umlaufen.
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Figurenliste
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- 1: Leerlaufdrehmomente der Hauptantriebe für verschiedene Drehzahlen
- 2: Drehmomente, Auflagekraft und Restabtrag einer PPG-Bearbeitungsfahrt
- 3: Vergleichsbeispiel der kraftbezogenen Netto-Drehmomente der Arbeitsscheiben einer PPG-Bearbeitungsfahrt mit einem nicht erfindungsgemäßen Verfahren
- 4: Beispiel der kraftbezogenen Netto-Drehmomente der Arbeitsscheiben einer PPG-Bearbeitungsfahrt mit einem erfindungsgemäßen Verfahren
- 5: Kern (erstes Material) einer Läuferscheibe in Aufsicht
- 6: Vergleichsbeispiele von Läuferscheiben mit Beschichtungen nach dem Stand der Technik im Querschnitt
- 7: Beispiele für Läuferscheiben mit erfindungsgemäßen Beschichtungen Verfahren im Querschnitt
- 8: Beispiele für Läuferscheiben mit Beschichtungen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in Aufsicht
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Leerlaufdrehmoment der oberen Arbeitsscheibe
- 2
- Leerlaufdrehmoment der unteren Arbeitsscheibe
- 3
- Leerlaufdrehmoment des inneren Stiftkranzes
- 4
- Leerlaufdrehmoment des äußeren Stiftkranzes
- 5
- Drehmoment der oberen Arbeitsscheibe
- 6
- Drehmoment der unteren Arbeitsscheibe
- 7
- Drehmoment des inneren Stiftkranzes
- 8
- Drehmoment des äußeren Stiftkranzes
- 9
- Auflagekraft der oberen Arbeitsscheibe
- 10
- Restabtrag
- 11
- kraftbezogenes Netto-Drehmoment der oberen Arbeitsscheibe für ein nicht erfindungsgemäßes Vergleichsbeispiel
- 12
- kraftbezogenes Netto-Drehmoment der unteren Arbeitsscheibe für ein nicht erfindungsgemäßes Vergleichsbeispiel
- 13
- kraftbezogenes Netto-Drehmoment der oberen Arbeitsscheibe für ein erfindungsgemäßes Beispiel
- 14
- kraftbezogenes Netto-Drehmoment der unteren Arbeitsscheibe für ein erfindungsgemäßes Beispiel
- 20
- Kern (erstes Material) eines Führungskäfigs (Läuferscheibe)
- 21
- Öffnung zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe
- 22
- Außenverzahnung
- 23
- Schwalbenschwanz-Verzahnung
- 24
- Auskleidung („Rähmchen“)
- 25
- Ausgleichsöffnung (Kühlschmiermittel-Durchlass)
- 26
- Schnittlinie durch Läuferscheibe
- 27
- vollflächige Beschichtung (Vergleichsbeispiel)
- 28
- unzusammenhängend teilflächige Beschichtung
- 29
- teilflächige, unzusammenhängend segmentierte Beschichtung
- 30
- Vertiefung einer zusammenhängenden Beschichtung
- 31
- Erhebung einer zusammenhängenden Beschichtung
- 32
- Freifläche einer zusammenhängend teilflächigen Beschichtung
- 33
- Vorder- und rückseitig verbundene Beschichtung
- 34
- Vorder- und rückseitig verbundene Beschichtung, die die Auskleidung der Öffnung („Rähmchen“) ersetzt
- 35
- Schnittlinie durch beschichtete Läuferscheibe (Typ 1)
- 36
- Schnittlinie durch beschichtete Läuferscheibe (Typ 2)
- <dR/dt>
- mittlere Abtragsrate (gemittelte Ableitung des Restabtrags nach der Zeit)
- F
- Auflagekraft der oberen Arbeitsscheibe (Schleifkraft)
- L
- Nennleistung eines Hauptantriebs
- M1
- Drehmoment der oberen Arbeitsscheibe
- M2
- Drehmoment der unteren Arbeitsscheibe
- M3
- Drehmoment des inneren Stiftkranzes
- M4
- Drehmoment des äußeren Stiftkranzes
- M10
- Leerlaufdrehmoment der oberen Arbeitsscheibe
- M20
- Leerlaufdrehmoment der unteren Arbeitsscheibe
- M30
- Leerlaufdrehmoment des inneren Stiftkranzes
- M40
- Leerlaufdrehmoment des äußeren Stiftkranzes
- <M*>
- mittleres Netto-Drehmoment der Arbeitsscheiben
- M1*
- Netto-Drehmoment der oberen Arbeitsscheibe
- M2*
- Netto-Drehmoment der unteren Arbeitsscheibe
- n1
- Drehzahl der oberen Arbeitsscheibe
- n2
- Drehzahl der unteren Arbeitsscheibe
- n3
- Drehzahl des inneren Stiftkranzes
- n4
- Drehzahl des äußeren Stiftkranzes
- PU
- Polyurethan
- R
- Restabtrag
- RIM
- Reaction Injection Molding (Formverguss mit Aushärtung in der Form)
- RPM
-
Rotationen (Umdrehungen) pro Minute
- T
- Zeit
- ΔΩ
- Abweichung der Arbeitsscheibendrehzahlen von der mittleren Drehzahl
- σ0
- Drehzahl des Umlaufs der Läuferscheibenmittelpunkte um den Mittelpunkt der Bearbeitungsvorrichtung im raumfesten Bezugssystem
- ω0
- Drehzahl der Eigendrehung der Läuferscheiben um ihre jeweiligen Mittelpunkte im raumfesten Bezugssystem
- Ω
- mittlere Drehzahl der Arbeitsscheiben relativ zu den Mittelpunkten der umlaufenden Läuferscheiben
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Beispiele und Vergleichsbeispiele
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Es wurden Versuche mit nach Form, Aufbau und Struktur verschiedenen Beschichtungen durchgeführt, um die Ursachen für die beobachteten Probleme der im Stand der Technik bekannten Läuferscheiben zu verstehen und eine Lösung zu erarbeiten.
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Als wesentlich für das Zustandekommen der Erfindung erwies sich dabei eine genaue Messung der Reibkräfte, die während der Bewegung der Läuferscheiben relativ zu den Arbeitsschichten auftreten. Da die für die Läuferscheibenbeanspruchung relevante Reibung eine Nass-Gleitreibung während der Bearbeitung ist, zeigte es sich, dass diese auch während der Bearbeitung und unter realen Drehzahlen (Kinematik) der Vorrichtungsantriebe und realen Auflagekräften (Schleifkraft, Schleifdruck) ermittelt werden muss. Dies ergab sich auch aus der Beobachtung, dass unter realen Schleifbedingungen die auftretenden Reibungskräfte von einer Mischung aus Gleitreibung der Arbeitsschicht (Diamant, Füllstoffe) und Rollreibung am während der Bearbeitung der Halbleiterscheiben freigesetzten granularen Abrieb von Halbleitermaterial bestimmt ist. Diese lässt sich im Laboraufbau ohne eine gleichzeitig Halbleiterscheiben-Material abtragende Bearbeitung nicht abbilden.
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Die Untersuchungen wurden an einer zur Durchführung des PPG-Schleifverfahrens geeigneten Vorrichtung durchgeführt, wie sie beispielsweise beschrieben ist in
DE19937784A1 . Verwendet wurde eine Doppelseiten-Bearbeitungsvorrichtung vom Typ AC-2000 der Fa. Peter Wolters GmbH. Diese besitzt zwei ringförmige Arbeitsscheiben mit Außendurchmesser 1935 mm und Innendurchmesser 563 mm und einen Innen- und einen Außenstiftkranz. Die Nennleistungsabgaben
L der Antriebe sind in Tab. 1 angegeben.
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Die aus Innen- und Außenstiftkranz gebildete Abwälzvorrichtung kann bis zu fünf Läuferscheiben aufnehmen. Für die Untersuchungen wurden auch jeweils genau fünf Läuferscheiben verwendet. Die Läuferscheiben besitzen eine Außenverzahnung, die in Innen- und Außenstiftkranz eingreift. Der Teilkreisdurchmesser dieser Außenverzahnung beträgt 720 mm. Die Läuferscheibe weist somit eine Nutzfläche auf, in der bis zu drei Öffnungen zur Aufnahme jeweils einer Halbleiterscheibe mit 300 mm Durchmesser oder bis zu sechs Öffnungen zur Aufnahme jeweils einer Halbleiterscheibe mit 200 mm Durchmesser oder nur genau eine Öffnung zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe mit 450 mm Durchmesser angeordnet werden können. Für die Untersuchungen wurden durchgehend Läuferscheiben mit jeweils drei Öffnungen für drei Halbleiterscheiben mit 300 mm Durchmesser verwendet.
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Die für die Versuche verwendete Läuferscheibe zeigt 5. Diese umfasst Öffnungen 21 zur Aufnahme der Halbleiterscheiben, eine Außenverzahnung 22, Schwalbenschwanz-förmige Ausnehmungen 23 zur Ausbildung eines formschlüssigen Verbunds mit Auskleidungen 24 (Kunststoffrähmchen), die den direkten Kontakt der Halbleiterscheibe mit dem den Kern der Läuferscheibe bildenden ersten Material (Stahl) verhindern, und Ausgleichsöffnungen 25 zum Durchtritt bzw. Austausch des während der Bearbeitung dem zwischen den beiden Arbeitsscheiben gebildeten Arbeitsspalt zugegebenen Kühlschmiermittels. Für die Untersuchungen wurde ausschließlich reines Wasser ohne weitere Zusätze verwendet, das dem Arbeitsspalt während der Bearbeitung der Halbleiterscheiben mit einer Flussrate von konstant 28 1/min zugeführt wurde. (26 bezeichnet eine Schnittlinie durch die verwendete Läuferscheibe, entlang der weiter unten in 7 Beispiele und in 6 Vergleichsbeispiele für Läuferscheiben im Querschnitt gezeigt werden.)
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Für die Reibungsmessungen unter PPG-Schleifbedingungen wurden die Arbeitsscheiben mit einem Schleiftuch „Trizact Diamond Tile“, Typ 677XAEL der Fa. 3M belegt. Dieses enthält Diamant als fest gebundenes Abrasiv. Für jede Versuchsreihe wurde das Schleiftuch jeweils frisch abgerichtet (geebnet) und geschärft mit einem Verfahren wie beispielsweise beschrieben in T.
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Fletcher et al., Optifab 2005, Rochester NY, May 2, 2005, um identische Startbedingungen (Schnittschärfe, Schnittleistung) für alle Versuche sicherzustellen.
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Die für die Messungen verwendeten Drehzahlen (in Umdrehungen pro Minute,
RPM) der Antriebe der PPG-Bearbeitungsvorrichtung sind angegeben in Tab. 1. Dabei bezeichnet „abs.“ die Absolutdrehzahlen der Antriebe (Laborsystem) und „rel.“ die Drehzahlen im mit den Läuferscheiben mitbewegten Bezugssystem, dem sogenannten Eigensystem, in dem eine besonders universelle, Werkzeug-invariante Beschreibung der Bearbeitungskinematik gegeben ist. n1, n2, n3, n4 bezeichnen die gewählten Absolutdrehzahlen für obere und untere Arbeitsscheibe und Innen- und Außenstiftkranz im raumfesten (anlagen-bezogenen) Bezugssystem.
Ω bezeichnet die im Eigensystem resultierende mittlere Drehzahl der Arbeitsscheiben relativ zu den Mittelpunkten der umlaufenden Läuferscheiben,
ΔΩ die Abweichung der Einzeldrehzahlen der Arbeitsscheiben von der mittleren Drehzahl,
ω0 die Eigendrehung der Läuferscheiben um ihre jeweiligen Mittelpunkte im raumfesten Bezugsystem und
σ0 die Drehzahl des Umlaufs der Mittelpunkte der Läuferscheiben um das Zentrum der Vorrichtung im raumfesten Bezugssystem. Zwischen den Parametersätzen, die durch die Vektoren (
n1,
n2,
n3,
n4) und (
Ω,
ΔΩ,
ω0 ,
σ0 ) in ihren jeweiligen Bezugssystemen ausgedrückt werden und die die Bewegungsabläufe während der Bearbeitung jeweils vollständig beschreiben, lässt sich mittels Multiplikation mit einer Transformationsmatrix, die die bekannten Planetengetriebe-Gleichungen repräsentiert, umrechnen.
Tab. 1
abs. | rel. | L |
n1 | -32 | RPM | Ω | 28,5 | RPM | 18 | kW |
n2 | +25 | RPM | ΔΩ | -0,12 | RPM | 18 | kW |
n3 | +4 | RPM | ω0 | -11,52 | RPM | 4,5 | kW |
n4 | -6 | RPM | σ0 | -3, 38 | RPM | 6 | kW |
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Die Bestimmung der Reibung erfolgt anhand der tatsächlich abgegebenen Motorleistung (in Prozent zur jeweiligen Nennleistungsabgabe L des betreffenden Antriebs, siehe Tab. 1; abgekürzt als „%L“). Dazu müssen zunächst die Leerlaufleistungen aufgrund von Lagerreibung und sonstigen Verlusten ermittelt werden, um die die später während der Bearbeitung ermittelten Leistungsabgaben bereinigt werden müssen. 1 zeigt die Leerlaufleistungen M10 , M20 , M30 und M40 von oberer (1) und unterer (2) Arbeitsscheibe und innerem (3) und äußerem (4) Stiftkranz bei abgehobener oberer Arbeitsscheibe und ohne eingelegte Läuferscheiben und Halbleiterscheiben in Abhängigkeit von den entsprechenden Antriebsdrehzahlen n1, n2, n3 und n4.
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2 zeigt die während des Verlaufs einer PPG-Bearbeitungsfahrt ermittelten Betriebskennzahlen gegen die Zeit T (in Stunden und Minuten, h:mm). 2 (A) zeigt dabei die Momente bzw. Leistungsabgaben M1 und M2 von oberer (5) und unterer (6) Arbeitsscheibe in Prozent (%L) der jeweiligen Nennleistung L der jeweiligen Antriebe. 2 (B) zeigt die Momente M3 und M4 von innerem (7) und äußerem (8) Stiftkranz und 2 (C) den Verlauf der Auflagekraft F der oberen Arbeitsscheibe 9 (Schleifkraft, Schleifdruck) in Dekanewton (daN) und den verbleibenden Restabtrag R (10) in Mikrometern (µm) relativ zur gewählten Zieldicke der Halbleiterscheiben. 550 daN Auflagekraft während der Hauptlastphase entsprechen bei 3×5 = 15 Halbleiterscheiben mit 300 mm Durchmesser einem Druck von 5,2 kPa (Kilopascal), also 0,052 bar. Die Bearbeitungsbedingungen und Materialabträge wurden so gewählt, dass die Gesamtdauer einer Bearbeitungsfahrt von Lastaufbau und Drehbeginn der Antriebe am Fahrtanfang bis Lastabbau und Drehstopp der Antriebe am Fahrtende zwischen fünf und sieben Minuten beträgt, wie 2 beispielhaft zeigt. Im vorliegenden Beispiel wurden dazu 90 µm Material abgetragen. Aus der Steigung des Restabtrags 10 ergibt sich eine mittlere Materialabtragsrate während des Hauptabtragsschritts von etwa 17 pm/min (Mikrometer pro Minute).
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Zur Ermittlung der tatsächlichen Reibleistungen werden die in 2 (A) und 2 (B) beispielhaft gezeigten gemessenen Antriebsmomente M1, M2 usw. um die gemäß 1 ermittelten Leerlaufmomente bereinigt. Es ergeben sich die tatsächlichen Momente M1*, M2* usw. Diese werden auf die während der Bearbeitung einwirkende Auflagekraft F bezogen. Da die Materialabtragsrate (Zeitspanvolumen) bei gleichem Schleiftuch, gleichen Abrichtbedingungen und gleichen Drehzahlen (gleichen Bahngeschwindigkeiten der Werkstücke über die Arbeitsschichten) proportional zur Auflagekraft F ist, sind die Auflagekraftbezogenen Nettodrehmomente M1*/F, M2*/F usw. eine direkte Maßzahl für die Reibung, die die Gesamtheit aus Läuferscheiben und Halbleiterscheiben während der Bearbeitung erfahren. Da die Arbeitsscheiben den Hauptbeitrag zur Abtragsleistung erbringen, wurden in ausreichender Näherung der tatsächlichen Reibleistung nur die kraftbezogenen Nettomomente M1*/F und M2*/F der oberen und unteren Arbeitsscheibe betrachtet.
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Vergleichsbeispiel 1
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In Vergleichsbeispiel 1 wurde eine vollflächig und dickenhomogen beschichtete Läuferscheibe verwendet, wie sie in 6 (A) dargestellt ist: 6 (A) zeigt die Läuferscheibe mit Öffnung 21 zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe, Außenverzahnung 22, „Rähmchen“ 24 zur Auskleidung der Aufnahmeöffnung zum Schutz der Hableiterscheibe, Ausgleichsöffnungen 25 zum Durchtritt von Kühlschmiermittel und vollflächiger Beschichtung 27 des verbleibenden Stahlkerns 20.
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3 zeigt die zeitliche Entwicklung der kraftbezogenen Nettomomente M1*/F und M2*/F von oberer und unterer Arbeitsscheibe für nicht erfindungsgemäße Läuferscheiben. Die Zeit ist in Stunden und Minuten im Format „h:mm“ angegeben. Die Nettomomente sind in Prozent der Nennleistungsabgabe, %L angegeben. Die Läuferscheiben umfassten einen 600 µm starken Kern aus gehärtetem Edelstahl, der beidseitig eine Beschichtung von je 100 µm Dicke aus duroplastischem Polyurethan mit einer Shore-Härte von Sh 80 A trug. Stahlkern und Beschichtung waren äußerst dickenhomogen ausgeführt und die Beschichtung bedeckte die gesamte Läuferscheibenkontur. Nur der Bereich der Außenverzahnung war von den Zahnköpfen bis zum Fußkreis unbeschichtet. Damit entsprach die Läuferscheibe der Darstellung in 6 (A).
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Die PU-Beschichtung war in diesem Vergleichsbeispiel 1 mittels eines Formverguss-Verfahrens aufgetragen worden. Dazu wurde der mittels Läppen auf besondere Wellfreiheit und Dickenhomogenität bearbeitete Stahlkern zwischen zwei Halbformen eines Gusswerkzeugs zentriert. Die beiden Halbformen enthielten auf den dem Läuferscheibenkern zugewandten Innenseiten Hohlräume, deren Form der geplanten Beschichtung entspricht, sowie Anguss- und Entlüftungskanäle. Die Form wurde mit einem flüssigen chemischen Vorläufer des Beschichtungsmaterials (unvernetztes Polyurethan) gefüllt und in der Form ausgehärtet (RIM, reaction injection molding; reaktives Spritzgießen). Nach Aushärtung wurden die Halbformen entfernt und so die mit duroplastischem PU beschichtete Läuferscheibe erhalten.
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Aufgrund der hohen Formbearbeitungsgenauigkeit mittels eines Fräs- und Polierverfahrens betrug die Schwankung der Gesamtdicke der Läuferscheibe von 800 µm weniger als ±1,5 µm. Aufgrund der Elastizität der Beschichtung (Härte Shore 80 A) wurde davon ausgegangen, dass während der Bearbeitung die gesamte Beschichtung in Kontakt mit der Arbeitsschicht (Schleiftuch) gelangt. Die Beschichtung hat also einen Traganteil von nahezu 100 %.
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Die kraftbezogenen Nettomomente liegen im in
3 gezeigten Vergleichsbeispiel einer glatten Läuferscheibe (
6 (A)) gemäß dem Stand der Technik im Mittel bei etwa 0,135 %L/daN. Sehr glatte Läuferscheiben werden im Stand der Technik als bevorzugt dargestellt. Die Gründe erläutert beispielsweise
DE10023002B4 . Im Stand der Technik wird sogar, wo technisch möglich, nicht nur eine möglichst gute makroskopische Ebenheit, sondern auch eine besonders geringe mikroskopische Rauigkeit bevorzugt. Gründe hierfür erläutert beispielsweise
DE10250823B4 .
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Beispiel 1
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In Beispiel 1 wurde eine vollflächig beschichtete Läuferscheibe verwendet, wie sie in 7 (A) dargestellt ist. Sie weist hervorstehende Bereiche 31 (Erhebungen) auf, die während der Durchführung des PPG-Verfahrens in Kontakt mit der Arbeitsschicht der Schleifvorrichtung gelangen, sowie zurückgezogene Bereichen 30 (Vertiefungen), die nicht in Kontakt mit der Arbeitsschicht gelangen. Erhebung und Vertiefungen bilden erfindungsgemäß eine zusammenhängende Fläche. Charakteristisches Merkmal einer derart vollflächig zusammenhängenden Beschichtung ist, dass an keiner Stelle der Kern der Läuferscheibe sichtbar ist.
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Bei der in 7 (A) gezeigten vollflächigen Beschichtung wurde nur der Bereich der Außenverzahnung 22 von den Zahnköpfen bis zum Fußkreis der Außenverzahnung durch Maskierung während der Beschichtung von Beschichtungsmaterial freigehalten. Dies erwies sich als vorteilhaft, da es sich gezeigt hatte, dass insbesondere ggf. an den Zahnflanken anhaftendes Beschichtungsmaterial wegen der hohen punktuellen Belastung während des Abwälzens der Läuferscheibe zwischen Innen- und Außenstiftkranz der Bearbeitungsvorrichtung abgelöst wird. Dies würde sofort zu einem Bruch der Halbleiterscheibe führen.
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Die Beschichtung hatte auf beiden Seiten der Läuferscheibe jeweils eine Schichtdicke von 100 µm im Bereich der Erhebungen und von etwa 20 µm im Bereich der Vertiefungen. Der Traganteil betrug etwa 40 %, und die Korrelationslänge, die die mittlere laterale Ausdehnung von Erhebungen und Vertiefungen beschreibt, betrug etwa 3 mm bei einer Tiefe von im Mittel 30 µm. Das Aspektverhältnis betrug demnach etwa 0,01.
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Die Läuferscheibe war mit dem gleichen Polyurethan (Shore 80 A) wie die aus dem Vergleichsbeispiel 1 mittels eines Spritzgussverfahrens (RIM) zwischen zwei Halbformen beschichtet worden. Die für den PU-Verguss vorgesehenen Hohlräume der Form waren nach Form und Größe identisch mit denen des Vergleichsbeispiels 1. Im Unterschied zu Vergleichsbeispiel 1 wurden jedoch die dem zentrierten Stahlkern abgewandten Wände der auszuspritzenden Formhohlräume, die die später in Kontakt mit den Arbeitsschichten der Schleifvorrichtung gelangenden Oberflächen des Vergusses ausformen, mit Hilfe eines Gravurverfahrens strukturiert. Dabei wurde die Rautiefe so gewählt, dass der Schichtverguss zusammenhängend verblieb, also alle erhabenen, später in Kontakt mit den Arbeitsschichten gelangenden Erhebungen der Beschichtung ohne Unterbrechung von Vertiefungen verbunden waren, ohne dass beschichtungsfreie Flächen, in denen das beschichtete Kernmaterial der Läuferscheibe sichtbar würde, entstanden. Damit entsprach die Läuferscheibe der Darstellung in 7 (A).
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Ansonsten bestanden keine Unterschiede in der Versuchsdurchführung verglichen mit Vergleichsbeispiel 1.
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4 zeigt analog zu 3 (Vergleichsbeispiel 1) die kraftbezogenen Nettomomente M1*/F und M2*/F, die bei der Verwendung einer Läuferscheibe gemäß Beispiel 1 auftreten. Die kraftbezogenen Nettomomente lagen im Fall des Beispiels 1 im Mittel bei nur 0,051 %L/daN. Dieser Wert wurde durch Mittelung von M1*/F und M2*/F über den Zeitbereich weitgehend konstanter Reibungsbedingungen (zwischen etwa ½ min und 6½ min in 4) ermittelt. Dies sind weniger als 40 % der im Vergleichsbeispiel 1 erzeugten Reibung - bei gleicher Bedeckung der Läuferscheibe mit der Verschleißschutzschicht, gleichem Material der Beschichtung und gleichen PPG-Bearbeitungsbedingungen (Drehzahlen, Kraft, Kühlschmierung, vor Fahrtbeginn abgerichtetes Schleiftuch usw.).
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Die Beschichtung erwies sich als äußerst stabil, und es gab auch bei wiederholten Versuchsfahrten keine sichtbaren partiellen Schichtablösungen und insbesondere keine Fälle von Bruch der Halbleiterscheiben.
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Beispiele 2 - 3 und Vergleichsbeispiele 2 - 4
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Tab. 2 zeigt weitere Ergebnisse von erfindungsgemäßen Beispielen 2 und 3 und von nicht erfindungsgemäßen Vergleichsbeispielen 2, 3 und 4. Die Versuche wurden mit unterschiedlich beschichteten Läuferscheiben unter ansonsten identischen Bedingungen wie in Beispiel 1 und Vergleichsbeispiel 1 durchgeführt. Der Läuferscheibenkern entsprach in allen Fällen der Darstellung in 5.
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Für Tab. 2 wurde das auf die während der Bearbeitung erzielte mittlere Materialabtragsrate <dR/dt> (in Mikrometer je Minute, pm/min) bezogene mittlere Nettoreibmoment <M*> (in Prozent der Antriebsnennleistungsabgabe, %L) beider Arbeitsscheiben ermittelt. Dies ist ein noch genaueres Maß für die Reibung als das in 2 (A) und (B) und 3 aufgetragene schleifkraftbezogene Antriebsmoment M*/F, da bei Bezug auf die tatsächlich erzielte Abtragsrate die Schnittleistung je Kraft (bei konstanten Bahngeschwindigkeiten) schwanken darf. Derartige Schwankungen der kraftbezogenen Schnittleistung können auftreten, wenn es nicht gelingt, vor jedem Versuch durch Abrichten der Arbeitsschicht vollkommen identische „Schnittfreudigkeiten“ der Arbeitsschichten herzustellen.
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Die Abtragsraten werden aus den ermittelten Restabträgen durch Ableitung nach der Zeit errechnet. Die Restabträge werden aus dem Abstand der Arbeitsscheiben zueinander ermittelt. Da dieses Verfahren indirekt und in der erforderlichen Mikrometer-Genauigkeit von einem starken Rauschen überlagert ist, schwankt die Zeitableitung dieses Messsignals umso mehr. Daher müssen die Abtragsraten über die gesamte Dauer der Bearbeitungsfahrt gemittelt werden, um die erforderliche Genauigkeit zu erzielen. Für die Reibungskennzahl
<M*>/
<dR/dt> stehen daher keine zeitaufgelösten Fahrtmitschriebe wie in
3 und Fig. 4 für den Parameter M*/F zur Verfügung, sondern jeweils nur eine - dafür aber sehr genaue - Kennzahl je Versuchsfahrt. Diese sind für die Beispiele 2 - 3 und die Vergleichsbeispiele 2 - 4 in Tab. 2 zusammengestellt.
Tab. 2
Beispiel | <M*>/<dR/dt> | Bruch? |
Beispiel 2 | 1, 50 | nein |
Beispiel 3 | 1, 60 | nein |
Vergleichsbeispiel 2 | 2,45 | nein |
Vergleichsbeispiel 3 | 2, 03 | nein |
Vergleichsbeispiel 4 | 1,45 | ja |
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In Beispiel 2 wurde eine Läuferscheibe identischer Beschichtungsbedeckung wie in Beispiel 1 verwendet. Auch diese Beschichtung wurde durch Formverguss (RIM) mit gravierten Gussform-Freiflächen hergestellt. Jedoch wurden ein höherer Traganteil (etwa 60 %) und größere mittlere Abmessungen der Erhebungen (etwa 5 mm) und Vertiefungen (etwa 4 mm) bei ebenfalls vergrößerter Höhe der Erhebungen über die Vertiefungen (etwa 70 µm) gewählt. Die Korrelationslänge betrug in diesem Beispiel etwa 4,7 mm. Das Aspektverhältnis der Beschichtung betrug also etwa 0,015. Die Beschichtung entspricht wiederum der Darstellung von 7 (A).
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Für Beispiel 3 wurde eine Beschichtung aus einem duroplastischen Polyurethan (PU) durch manuellen Sprühauftrag hergestellt (Hochdruckspritzen mit Spritzpistole einer geeignet verdünnten unvernetzten PU-Lösung mit anschließendem Abdampfen und Aushärten). Ein manueller Sprühauftrag führt, wenn er in Form einer oder nur einiger weniger relativ dicker Schichten ausgeführt wird, in der Regel über Ungleichmäßigkeiten beim manuellen Auftrag und Randkontur-abhängigen Oberflächenspannungen („Randwulst“) zu einer Schicht mit ungleichförmiger Dicke. Der Traganteil ergab sich zu etwa 30 % (gleiche Gesamtbeschichtungsform und -fläche wie Vergleichsbeispiel 1 und Beispiel 1). Der Traganteil wurde nach mehreren Bearbeitungsfahrten durch Vermessen der sich abzeichnenden Abnutzungsspuren der in Kontakt mit der Arbeitsschicht gelangenden Oberflächenbereichen ermittelt. Aufgrund des Sprühauftrags waren die mittleren Längen der Erhebungen und Vertiefungen jedoch erheblich größer als die der Beispiele aus 3 und 4 mit Korrelationslängen von etwa 20 bis 30 mm. Die mittlere Höhe der Erhebungen gegenüber den Vertiefungen lag wieder bei zwischen 10 und 20 pm, wie mit einer Mikrometerschraube durch stichprobenartige Messung an verschiedenen Punkten im Bereich der Beschichtung der Läuferscheibe ermittelt wurde. Das Aspektverhältnis lag somit etwa bei 0,0006. Trotz des geringeren Traganteils von Beispiel 3 gegenüber Beispiel 2 ergibt sich wegen der großen Ausdehnungen der Erhebungen und Vertiefungen eine etwas höhere Reibung (Abriss des Kühlschmiermittel-Tragfilms). Mit einem Aspektverhältnis von etwa 0,0006 liegt die Beschichtung aus Beispiel 3 auch bereits nah an den Grenzen des bevorzugten Bereichs (0,0004 bis 0,4), in deren Nähe ein Übergang von einer noch erfindungsgemäß niedrigen auf eine nicht mehr erfindungsgemäß hohe Reibung stattfindet.
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In Vergleichsbeispiel 2 wurde eine Läuferscheibe verwendet, die unstrukturiert vollflächig mit hoher Dickengleichförmigkeit beschichtet wurde (etwa 90 % Traganteil der beschichteten Fläche). Sie entsprach damit der Darstellung in 6 (A). Im Unterschied zu Vergleichsbeispiel 1 wurde die Läuferscheibe in Vergleichsbeispiel 2 mit einem Sprühverfahren beschichtet, wobei die Schicht durch Auftragen vielen einzelner sehr dünner Schichten und einem jeweiligen Ablüften und Anhärten vor dem nächsten Schichtauftrag erfolgte, so dass ein sehr dickenhomogener Schichtstapel ohne Schichtverlauf beispielsweise durch Oberflächenspannung resultierte.
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In Vergleichsbeispiel 3 wurde das gleiche PU-Material wie bei Vergleichsbeispiel 2 eingesetzt. Es wurde jedoch eine wesentlich geringere Fläche der Läuferscheibe beschichtet (entsprechend 6 (B)), indem die Gesamtfläche der Beschichtung 28 reduziert wurde und zusätzlich die Beschichtung 28 in vier unzusammenhängende Bereiche unterteilt wurde. Durch die geringere Gesamtkontaktfläche reduziert sich die Reibung etwas gegenüber Vergleichsbeispiel 2.
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Die Beispiele 2 und 3 sowie die Vergleichsbeispiele 2 und 3 zeigen, dass neben dem Traganteil insbesondere die absolute Größe der Erhebungen und Vertiefungen sowie deren Aspektverhältnis wesentlich für eine möglichst nassgleitreibungsarme Oberfläche der Läuferscheiben sind.
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In Vergleichsbeispiel 4 wurde die Läuferscheibe entsprechend
6 (C) nur teilweise beschichtet.
6 (C) zeigt einen Kern
20 mit unzusammenhängend teilflächiger Beschichtung
29. Die Teilbeschichtung wurde mit Verfahren nach dem Stand der Technik durch Maskierung mehrer Bereiche während des Beschichtungsvorgangs und anschließendem Entfernen der Maskierung durchgeführt, wie dies beispielsweise in
WO 2008/064158 A1 beschrieben ist. Dadurch entstand eine Teilbeschichtung in Form einer Vielzahl unzusammenhängender Einzelbereiche. Die Versuche konnten nicht beendet werden, da es während der ersten Bearbeitungsfahrt bereits zu Schichtablösungen von der so beschichteten Läuferscheibe und Bruch der so bearbeiteten Halbleiterscheiben kam.
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Da beobachtet worden war, dass das Schichtversagen (Delamination) vorzugsweise an der Grenzfläche zwischen der Schicht bzw. dem Schichtstapel aus PU-Nutzschicht und ggf. weiteren haftvermittelnden Zwischen- und Grundierschichten und dem Läuferscheibenkern auftritt, kann die Ablösung durch die in Summe sehr lange exponierte Randlinie der unzusammenhängenden Beschichtungssegmente erklärt werden, die viele Angriffspunkte liefert. Zwar liefert dieses Vergleichsbeispiel einer mit geringem Traganteil beschichteten Läuferscheibe ein Abtragsraten-bezogenes Moment <M*>/<dR/dt>, das vergleichbar mit dem der Läuferscheibe des Beispiels 2 ist; aber wegen der Instabilität der Beschichtung und der fortwährenden Schädigung der so bearbeiteten Halbleiterscheiben ist die Läuferscheibe nach Vergleichsbeispiel 4 für eine Durchführung des PPG-Bearbeitungsverfahrens ungeeignet.
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Weitere Ausführungsbeispiele
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7 zeigt weitere Ausführungsbeispiele erfindungsgemäßer Läuferscheiben:
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7 (A) wurde bereits im Zusammenhang mit Beispiel 1 erläutert.
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7 (B) zeigt eine Läuferscheibe mit teilflächiger Beschichtung mit erfindungsgemäß zusammenhängenden Erhebungen 31 und Vertiefungen 30. Aufgrund der teilflächigen Beschichtung gibt es freibleibende Bereiche 32, in denen der Kern 20 der Läuferscheibe sichtbar bleibt, jedoch nicht in Kontakt mit der Arbeitsschicht gelangen kann, da die Erhebungen 31 den Kern 20 auf Abstand zur Arbeitsschicht halten und die freien Bereiche 32 klein genug sind, als dass aufgrund der wegen der geringen Dicke und endlichen Steifigkeit des Läuferscheibenkerns 20 vorhandenen Elastizität der Läuferscheibe die freien Bereiche 32 sich bis an die Arbeitsschicht heran verformen könnten. Aufgrund des Zusammenhangs von Erhebungen und Vertiefungen ist die Randlinie der Beschichtung kurz, und eine derartige erfindungsgemäße Läuferscheibe weist eine sehr langlebige Schichthaftung ohne Teilablösung oder Halbleiterscheiben-Bruch auf.
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7 (C) zeigt eine Läuferscheibe mit vollflächig zusammenhängender Beschichtung, bei der zusätzlich vorder- und rückseitige Schicht zusammenhängen, da sie durch die Öffnungen 21 zur Aufnahme der Halbleiterscheibe und die Ausgleichsöffnungen 25 zum Durchtritt von Kühlschmiermittel hindurchgeführt und verbunden wurden. Eine derartige „Rundum“-Beschichtung weist eine besonders langlebige Schichthaftung auf, da eine Randlinie nur entlang des ausgesparten Bereichs zwischen Zahnköpfen und Fußkreis der Außenverzahnung besteht.
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Das Herumführen der Beschichtung durch die Öffnungen der Läuferscheibe und Verbinden der vorder- und rückseitigen Schicht erlaubt es bei entsprechender Ausführung auch, das „Rähmchen“ 24 (siehe bspw. 7 (B)), das einen Kontakt der Halbleiterscheibe mit dem harten Material des Läuferscheibenkerns 20 verhindert (Vermeidung einer Schädigung der Halbleiterscheibe durch mechanische Einwirkung, beispielsweise eine Materialabsplitterung im Randbereich, oder durch Metallkontamination des Halbleitermaterials) vollständig durch die Beschichtung 34 (7 (C)) zu ersetzen. Eine derartige Läuferscheibe ist besonders einfach aufgebaut und daher besonders wirtschaftlich herzustellen.
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7 (D) zeigt schließlich eine Läuferscheibe mit vollflächig zusammenhängender Beschichtung mit einem besonders geringen Traganteil (wenige kleine Erhebungen 31, durch breite Vertiefungen 30 voneinander getrennt). Trotz des geringen Traganteils ist die Beschichtung erfindungsgemäß zusammenhängend (keine abgetrennten Teilschichtbereiche) ausgeführt.
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Weitere erfindungsgemäße Ausführungsformen zeigt 8:
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8 (A) zeigt eine Läuferscheibe in Aufsicht mit Läuferscheibenkern 20, Öffnung 21 zur Aufnahme einer Halbleiterscheibe, Außenverzahnung 22, Schwalbenschwanz 23 zur formschlüssigen Verbindung von Kunststoffrähmchen 24 und Kern 20, Ausgleichsöffnungen 25 für den Durchtritt des Kühlschmiermittels und einer zusammenhängenden vollflächigen Beschichtung (bis auf den ausgesparten Bereich der Außenverzahnung 22) mit Vertiefungen 30, die nicht in Kontakt mit der Arbeitsschicht der Bearbeitungsvorrichtung für die Halbleiterscheiben gelangen, und Erhebungen 31, die in Kontakt mit der Arbeitsschicht gelangen. Im gezeigten Ausführungsbeispiel haben die Erhebungen eine kreisförmige Grundfläche von 8 mm Durchmesser und sind hexagonal angeordnet. Der kürzeste Abstand (minimale Breite der Vertiefung) benachbarter Erhebungen ist ca. 3,4 mm, die Korrelationslänge beträgt 5,2 mm. Der Traganteil der so beschichteten Oberfläche beträgt 40 %.
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Bei Ausführung einer derartigen Läuferscheibe zur Aufnahme mindestens einer 300 mm Halbleiterscheibe (Dicke der Halbleiterscheibe nach Schleifen etwa 820 µm) beträgt die Gesamtdicke der Läuferscheibe etwa 800 µm. Davon entfallen mindestens 600 µm auf den Kern aus gehärtetem Stahl, damit dieser eine ausreichende Steifigkeit aufweist, und somit maximal 100 µm je Seite auf die Beschichtung. Von den 100 µm entfallen ggf. 10 µm auf eine optionale Haft-Zwischenschicht und somit 90 bis 100 µm auf die eigentliche Nutzschicht. Zum Erzielen einer ausreichenden Haft- und Einreißbeständigkeit weist der durchgehende Anteil der Schicht eine Dicke von mindestens 10 µm auf. Auf die Höhe der Erhebungen über den Vertiefungen entfallen also schließlich je Seite der Beschichtung etwa 70 bis 80 µm. Damit liegt das Aspektverhältnis einer Beschichtung nach dem in 8 (A) gezeigten Beispiel etwa bei 0,014. 8 zeigt mit den angegebenen Schichtdicken somit ein Ausführungsbeispiel für eine Beschichtung im besonders bevorzugten Bereich für das Aspektverhältnis (0,004 bis 0,1).
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8 (B) zeigt einen vergrößerten Querschnitt der beschichteten Läuferscheibe entlang Schnittlinie 35 in 8 (A) .
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Ein weiteres Ausführungsbeispiel einer Läuferscheibe in Aufsicht mit nicht vollflächiger, jedoch erfindungsgemäß zusammenhängender Beschichtung zeigt 8 (C). Bereiche 32 um alle Öffnungen im Läuferscheibenkern 20 (Aufnahmeöffnungen 21 für die Halbleiterscheiben mit Schwalbenschwanz 23 und Rähmchen 24 sowie Durchtrittsöffnungen 25 für Kühlschmiermittel) wurden nicht beschichtet. Der Bereich der Außenverzahnung 22 wurde, wie stets bevorzugt, ebenfalls wieder freigelassen. Die Erhebungen 31 liegen als zusammenhängendes quadratisches Raster vor mit einer kürzesten Breite der Erhebungen von 2,7 mm. Die Vertiefungen 30 sind rechteckige Vertiefungen mit etwa 6,2 mm Kantenlänge und ca. 40 mm2 Fläche, die vollständig von Erhebungen 31 umgeben sind. Die Korrelationslänge beträgt in diesem Fall etwa 4,5 mm. Der Traganteil der Beschichtung beträgt etwas über 50 %. Das Aspektverhältnis liegt bei gleicher Schichtdickendifferenz zwischen Erhebungen und Vertiefungen (etwa 75 µm), wie oben für 8 (A) beschrieben, bei etwa 0,017. 8 (B) zeigt mit den angegebenen Schichtdicken somit ebenfalls ein Ausführungsbeispiel für eine Beschichtung im besonders bevorzugten Bereich für das Aspektverhältnis (0,004 bis 0,1).
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8 (D) zeigt einen vergrößerten Querschnitt der beschichteten Läuferscheibe entlang Schnittlinie 36 in 8 (C) .