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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Kapillare für die Kapillarelektrophorese sowie eine chemische Trenn- und Analysevorrichtung, die diese Kapillare enthält.
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Die elektrophoretische Auftrennung wird durch Anlegen einer Spannung verursacht. Geladene Teilchen wandern im elektrischen Feld zu den entsprechenden Polen, z. B. negativ geladene Teilchen zum Pluspol. Jedes geladene Teilchen zeigt dabei im elektrischen Feld unterschiedliche Geschwindigkeiten aufgrund unterschiedlicher Mobilitäten. Die Mobilität hängt von der Ladungszahl, vom Radius und der ausbildenden Hydratschicht des Teilchens ab. Die Viskosität des Puffers beeinträchtigt ebenfalls die Mobilität der geladenen Teilchen. Somit können geladene Teilchen mit unterschiedlichen Mobilitätskonstanten voneinander getrennt werden.
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Ein weiterer elektrophoretischer Effekt, der die Auftrennung im elektrischen Feld beeinflusst, ist der elektroosmotische Fluss (EOF). Erzeugt wird dieser gleichmäßige und gerichtete Fluss durch Oberflächenladungen auf der inneren Kapillaroberfläche. Kapillarmaterialien mit einer großen Dichte an Ladungen erzeugen einen hohen EOF. Eine negative Oberfläche wie sie z. B. bei Glas ausgebildet wird, ergibt einen Fluss in Richtung Pluspol. Durch den EOF werden negativ geladene Teilchen beschleunigt und positiv geladene Teilchen gebremst. Neutrale Teilchen hingegen wandern mit dem EOF durch die Kapillare. Der pH-Wert hat auf die Oberflächenladung und somit auf den EOF ebenfalls einen signifikanten Einfluss.
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Routinemäßig werden Glaskapillaren eingesetzt, da sie einfach und kostengünstig hergestellt werden können. Ein weiterer großer Vorteil ist die optische Durchlässigkeit für Licht im UV/VIS-Bereich. Optische Detektoren können dadurch „on-column” eingesetzt werden, ohne mit der unter Spannung stehenden Flüssigkeit in Kontakt zu kommen. Allerdings können nur Verbindungen, die im geeigneten Wellenlängenbereich absorbieren, nachgewiesen werden. So weisen z. B. Mono- und Oligosaccharide kein Chromophor auf. Für diese Verbindungen müssen andere sensitive Detektoren wie massenselektive und elektrochemische Detektoren eingesetzt werden. Diese Detektoren kommen aber mit der unter Spannung stehenden Flüssigkeit in Kontakt, was zu einer signifikanten Verschlechterung bzw. zum Ausfall dieser Detektoren führt. Somit ist es unbedingt erforderlich, die Spannung aus der Trennstrecke herauszuführen, bevor das Fluid den Detektor erreicht.
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Ein weiterer Nachteil von Glaskapillaren ist die hohe Adsorptionstendenz von Verbindungen, die sich an der negativen Oberfläche irreversibel anlagern können. Eine Inertisierung der inneren Oberfläche kann durch eine dünne Beschichtung mit einem Polymer herbeigeführt werden. Allerdings kann die intensive UV-Strahlung des Detektors die feine Polymerschicht leicht irreversibel beschädigen.
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Bisher wurde das Problem der nachgeschalteten Detektion z. B. durch ein sog. „Sheath Interface” gelöst. Nach der elektrophoretischen Auftrennung gelangt das Fluid über ein Interface zum Massenspektrometer. Im Interface wird eine Flüssigkeit (Sheath Liquid) zugeführt, um die Spannung aus der Kapillare herausführen zu können. Ein unerwünschter Effekt der Zuführung ist die Verdünnung mit dem Fluid aus der Kapillare. Dadurch wird die Nachweisempfindlichkeit deutlich herabgesetzt.
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Um die Nachweisempfindlichkeit bei der nachgeschalteten Detektion nicht zu verschlechtern, wird in neueren Entwicklungen versucht, auf das Sheath Liquid zu verzichten und stattdessen ein sog. „Sheathless Interface” zu verwenden. Neue Entwicklungen werden von Zamfir et al. in Journal of Chromatography A, 1159 (2007), 2–13, beschrieben. Leitfähige sog. Emitter bestehen aus einer speziell hergestellten Glaskapillare und einem leitfähigen Material, das auf die Außenseite der Glaskapillare aufgebracht wird. Der Emitter wird dann mit der Trennkapillare verbunden und elektrisch kontaktiert. Die Anforderungen an das Design und Material des Emitters sind sehr hoch, um eine exzellente und reproduzierbare Sprüheigenschaft für die Massenspektrometrie zu erhalten. Weiterhin darf der Emitter keinen negativen Einfluss auf die Trennqualität und somit auf die analytische Performance haben. Das Design hat den Vorteil, dass der Emitter flexibel auf verschiedene Trennsäulen aufgebracht werden kann, Trennkapillare und Emitter müssen aber sauber miteinander verbunden werden. Laut Veröffentlichung bestehen aber Schwierigkeiten, die genannten Anforderungen zu realisieren.
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In einem Workshop für Kapillarelektrophorese von Beckman/Coulter, der im September 2009 in Basel stattgefunden hat, wurde in einer Präsentation ein neu entwickelter Emitter vorgestellt. Dabei werden die letzten 4 cm einer Glaskapillare an einem Ende geätzt, bis die Wand der Glaskapillare porös wird und dadurch die Spannung aus der Kapillare herausgeführt werden kann. Der poröse Teil wird in ein Metallgehäuse (= Elektrode) eingebracht und elektrisch kontaktiert. Zwischen poröse Kapillare und Metallgehäuse wird eine leitfähige Flüssigkeit gespült, um gebildete Gasblasen durch Elektrolyse des wässrigen Puffers an der Elektrode abzutransportieren. Allerdings kann der poröse Teil der Kapillare zu einer deutlich höheren Oberflächenadsorption von Verbindungen führen, die eine deutliche Verschlechterung der analytischen Performance zur Folge haben kann. Nachteilig kann auch das sehr schlagempfindliche Design der behandelten Kapillare sein.
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Ein weiterer bekannter Ansatz besteht in der Anwendung der Chip-Technologie. A. Rios et al. beschreiben in „Miniaturization of Analytical Systems", ISBN-10: 0-470-06110-3, S. 237 Lösungen auf Mikrochips mit integrierter Kapillarelektrophorese, die es ermöglichen, die Spannung vor der Detektion aus der Trennstrecke heraus zu führen.
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In der Chiptechnologie spricht man nicht mehr von Trennkapillaren, sondern von Mikrotrennkanälen, die durch Ätzprozesse in den Chip eingebracht wurden.
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In obiger Veröffentlichung wird eine Variante vorgestellt, die auf einem Chip, abgehend vom eigentlichen Trennkanal, einen Seitenarm aufweisen, in dem sich auch die zweite Kontaktelektrode befindet. Dieser Seitenarm wird mit Polyacrylamid beschichtet, um den elektroosmotischen Fluss deutlich zu erniedrigen. Der Trennkanal aus Glas hingegen ist nicht beschichtet, wodurch ein hoher EOF erreicht wird. Dieser Unterschied in den EOF führt nach der Abzweigung bis zum Kanalende zu einem indirekten hydrodynamischen Fluss. Unterstützt wird dieser Fluss durch Erhöhen des Flusswiderstandes im Seitenarm, indem die Länge des Seitenarms länger als die Strecke von der Abzweigung bis zum Kanalende ist. Als Detektionstechnik wird hier die Massenspektrometrie beschrieben. Bei der elektrochemischen Detektionen spricht man von „Off-channel Detektion”, wenn die Spannung vor der elektrochemischen Detektion herausgeführt werden soll. Mit Hilfe eines „Decouplers” werden in obiger Veröffentlichung und von H. Chen et al. in Trends in Analytical Chemistry, Band 26, Nr. 2, 2007, mehrere Varianten vorgestellt.
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J. S. Rossier et al., Journal of Electroanalytical Chemistry, 492 (2000), 15, beschreibt eine Konstruktion, bei der Mikrolöcher am Ende des Trennkanals integriert werden, die aus einem anderen Polymermaterial bestehen. Diese Konstruktion ermöglicht es, die Spannung vor der elektrochemischen Detektion aus dem Trennkanal herauszuführen. Osbourne et al., Analytical Chemistry, 75 (2003), 2710, beschreiben ebenfalls ein Design mit Löchern am Ende des Trennkanals. Die Löcher sind mit einer Celluloseacetat-Membran verschlossen. Die Membran ist durchlässig genug, um den elektrischen Kontakt zur Elektrode herstellen zu können.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Bereitstellung einer geeigneten Kapillare für die Kapillarelektrophorese, die den Einsatz von sensitiven, nicht-optischen Detektoren wie z. B. massenselektiven oder elektrochemischen Detektoren ermöglicht und den Verlust an Analysat (z. B. durch irreversible Immobilisierung) möglichst minimiert. Weitere Aufgaben der vorliegenden Erfindung bestehen in der Bereitstellung einer geeigneten chemischen Trenn- und Analysevorrichtung, die die erfindungsgemäße Kapillare enthält sowie eines chemischen Trenn- und Analyseverfahrens unter Anwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
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Gemäß eines ersten Aspekts der vorliegenden Erfindung wird diese Aufgabe gelöst durch die Bereitstellung eines Kunststoffkapillarröhrchens für die Kapillarelektrophorese, wobei das Kunststoffkapillarröhrchen eine Eingangs- und eine Ausgangsöffnung aufweist sowie weiterhin mindestens ein Loch in der Kapillarröhrchenwand aufweist und der Durchmesser des Lochs an der Innenseite der Kapillarröhrchenwand dL(innen) im Bereich von 0,5 μm bis 30 μm liegt.
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Wie oben dargelegt, handelt es sich bei dem erfindungsgemäßen Kapillarröhrchen um ein Polymer- bzw. Kunststoffkapillarröhrchen, d. h. ein aus einem Polymermaterial gefertigtes Kapillarröhrchen.
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Kunststoffkapillarröhrchen zeigen gegenüber herkömmlichen Glaskapillarröhrchen weniger Oberflächenadsorptionen für Verbindungen, die aufgrund ihrer chemischen Struktur stark dazu tendieren. Beispiele sind Proteine und Oligosaccharide. Für solche Verbindungsklassen wirkt sich die elektrophoretische Auftrennung in Kunststoffkapillarröhrchen günstig aus. Weiterhin können chemisch und mechanisch stabile Kunststoffkapillarröhrchen kostengünstiger hergestellt werden.
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Wie bereits oben diskutiert, setzt der Einsatz von sensitiven und selektiven Detektoren voraus, dass die für die elektrophoretische Trennung angelegte Spannung vor Erreichen des Detektors möglichst wirksam herausgeführt wird. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird dies ermöglicht, indem das Kunststoffkapillarröhrchen mindestens ein Loch in der Kapillarröhrchenwand aufweist und der Durchmesser des Lochs an der Innenseite der Kapillarröhrchenwand dL(innen) im Bereich von 0,5 μm bis 30 μm liegt. Durch den gewählten Durchmesser des Lochs in der Kapillarwand wird es ermöglicht, dass einerseits die Spannung herausgeführt, aber andererseits ein Austreten des Fluids aus dem Loch in der Kapillarröhrchenwand bei gegebenen Versuchsbedingungen möglichst weitgehend verhindert wird.
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Bevorzugt liegt der Durchmesser des Lochs an der Innenseite der Kapillarröhrchenwand dL(innen) im Bereich von 1 μm bis 20 μm, bevorzugter 2 μm bis 12 μm.
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Im Fall eines Lochs, dessen Querschnittsöffnung nicht kreisförmig ist (z. B. elliptisch), entspricht dL(innen) dem maximalen Durchmesserwert.
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Die Bestimmung des Lochdurchmessers kann z. B. über optische Auswertung von Lichtmikroskopiebildern erfolgen. Der Loch- bzw. Bohrungsdurchmesser wird manuell durch das Hineinlegen von Kreisen über das 3-Punkt-Verfahren bzw. durch die Bestimmung von Mittelpunkt und Radius im Lichtmikroskopbild bestimmt. Dabei muss das Loch mittig positioniert werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist der Durchmesser des Lochs an der Innenseite der Kapillarröhrchenwand dL(innen) geringer als der Durchmesser des Lochs an der Außenseite der Kapillarröhrchenwand dL(außen).
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Im Fall eines Lochs, dessen Querschnittsöffnung nicht kreisförmig ist (z. B. elliptisch), entspricht dL(außen) dem maximalen Durchmesserwert.
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Bevorzugt weist das Loch eine konische bzw. kegelförmige Form auf. Wie nachfolgend noch erläutert wird, lässt sich eine solche konische Form des Lochs z. B. durch Laserbohrung, d. h. „Einbrennen” eines Lochs in die Kapillarwand durch Lasereinwirkung verwirklichen.
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Bevorzugt liegt das Verhältnis des Lochdurchmessers an der Innenseite der Kapillarröhrchenwand zu dem Lochdurchmessers an der Außenseite der Kapillarröhrchenwand dL(innen)/dL(außen) im Bereich von 1/2 bis 1/7, bevorzugter 1/3 bis 1/5. Das Verhältnis dL(innen)/dL(außen) kann mit Hilfe einer seitlichen Lichtmikroskopieaufnahme des Kapillarröhrchens bestimmt werden.
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Bevorzugt verläuft die Achse des Lochs in einem Winkel im Bereich von 90° ± 20°, bevorzugter im Bereich von 90° ± 10° zur Längsachse des Kunststoffkapillarröhrchens.
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Das erfindungsgemäße Kunststoffkapillarröhrchen kann nur ein Loch oder alternativ zwei oder mehr Löcher in der Kapillarröhrchenwand aufweisen.
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Um jeglichen Analysat- bzw. Probenverlust möglichst zu minimieren, kann es bevorzugt sein, dass das Kunststoffkapillarröhrchen nur ein Loch in der Kapillarröhrchenwand aufweist.
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Sofern das Kunststoffkapillarröhrchen weitere Löcher in der Kapillarröhrchenwand aufweist, kann hinsichtlich der Eigenschaften dieser zusätzlichen Löcher auf die obigen Ausführungen hinsichtlich des ersten Lochs verwiesen werden.
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Weist das Kunststoffkapillarröhrchen zwei Löcher in der Kapillarröhrchenwand auf, ist es bevorzugt, dass sich die beiden Löcher in der Kapillarröhrchenwand möglichst genau gegenüber liegen, d. h. möglichst auf gleicher Achse liegen bzw. einachsig vorliegen.
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In Abhängigkeit von der zu untersuchenden Probe und den optimalen Trennbedingungen können die Abmessungen des erfindungsgemäßen Kunststoffkapillarröhrchens für die Kapillarelektrophorese entsprechend variiert werden.
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Bevorzugt liegt der Außendurchmesser des Kunststoffkapillarröhrchens dK(außen) im Bereich von 50 μm bis 200 μm, bevorzugter von 75 μm bis 170 μm und der Innendurchmesser des Kunststoffkapillarröhrchens dK(innen) liegt bevorzugt im Bereich von 10 μm bis 150 μm, bevorzugter von 50 μm bis 125 μm.
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Bevorzugt liegt die Dicke der Kapillarröhrchenwand im Bereich von 1 μm bis 25 μm.
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Die Gesamtlänge L0 des Kunststoffkapillarröhrchens kann je nach Art der zu analysierenden Probe und den erforderlichen Trennbedingungen variieren. Eine geeignete Gesamtlänge L0 des Kunststoffkapillarröhrchens kann z. B. im Bereich von 40 cm bis 150 cm, bevorzugter 55 cm bis 100 cm liegen.
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Kunststoffkapillarröhrchen mit solchen Abmessungen sind kommerziell erhältlich. Das Loch mit einem Durchmesser, der im oben angegebenen Durchmesserbereich liegt, kann über Verfahren, die dem Fachmann grundsätzlich bekannt sind, in der Kapillarröhrchenwand angebracht werden. Beispielhaft kann in diesem Zusammenhang die Laserbohrung genannt werden. Bei der Laserbohrung kann z. B. ein Mikrochiplaser mit einer Wellenlänge von 532 nm verwendet werden. Eingesetzt wird z. B. die Spotbestrahlung-Technik. Dabei wird der Laserstrahl so fokussiert, dass ein Brennpunkt auf der Kapillaroberfläche entsteht. Durch Variation von Bestrahlungsparametern kann letztendlich der erwünschte Lochinnendurchmesser festgelegt werden.
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Bevorzugt befinden sich Einlass- und Auslassöffnung des Kunststoffkapillarröhrchens an seinen jeweiligen Enden, d. h. das Kapillarröhrchen weist an einem Ende eine Einlassöffnung für die Aufnahme der Probenflüssigkeit und am anderen Ende eine Auslassöffnung auf.
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Bevorzugt befindet sich das Loch in der Kapillarröhrchenwand möglichst nahe an der Auslassöffnung des Röhrchens. In einer bevorzugten Ausführungsform befindet sich das Loch in einem Abstand L1 von dem die Auslassöffnung aufweisenden Ende des Kapillarröhrchens und die Gesamtlänge des Kunststoffkapillarröhrchens beträgt L0 und das Verhältnis L1/L0 liegt im Bereich von 1/8 bis 1/500, bevorzugter 1/20 bis 1/100.
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Als geeignete Polymermaterialien, aus denen das erfindungsgemäße Kunststoffkapillarröhrchen gefertigt sein kann, können z. B. Polyimid, Polymethylmethacrylat, Polycarbonat, Polystyrol, Polypropylen, Polyether-etherketon, Fluorpolymere u. a., sowie deren Gemischen genannt werden. Auch können weitere Substanzen, wie z. B. Keramikpartikel in das Polymermaterial zugefügt werden, um z. B. den elektroosmotischen Fluss beeinflussen zu können.
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Gemäß eines weiteren Aspekts stellt die vorliegende Erfindung eine chemische Trenn- und Analysevorrichtung bereit, umfassend eine Kapillarelektrophoreseeinheit, die das oben beschriebene erfindungsgemäße Kunststoffkapillarröhrchen enthält.
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Bevorzugt steht die Außenseite der Kapillarröhrchenwand im Bereich des Lochs in Kontakt mit einer Elektrolytflüssigkeit, in die eine Elektrode E1 eintaucht.
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Bevorzugt umfasst die Kapillarelektrophoreseeinheit ein Aufnahmegefäß für eine Proben- bzw. Elektrolytflüssigkeit im Bereich des die Einlassöffnung aufweisenden Endes des Kapillarröhrchens, so dass die Flüssigkeit problemlos in das Kapillarröhrchen injiziert werden kann, z. B. durch hydrodynamische oder elektrokinetische Injektion. Bevorzugt wird eine Elektrode E2 im Bereich des Aufnahmegefäßes so angebracht, dass sie bei gefülltem Aufnahmegefäß in die Proben- bzw. Elektrolytflüssigkeit eintauchen oder mit dieser in elektrisch leitendem Kontakt sein kann.
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Bevorzugt umfasst die Kapillarelektrophoreseeinheit ein Vorrichtungselement zum Aufbau eines externen Drucks in dem Kunststoffkapillarröhrchen. Möglich wird dies z. B. durch Anlegen eines Gasdruckes über der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit wird abhängig vom externen Druckes mit unterschiedlicher Fließgeschwindigkeit in die Kapillare geleitet. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verwendung einer flüssigkeitsfördernden Pumpe. Diese wird bevorzugt vor dem Spannungseinlass positioniert.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst die chemische Trenn- und Analysevorrichtung eine Detektionseinheit, die nach der Kapillarelektrophoreseeinheit angebracht ist.
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Bevorzugt handelt es sich bei der Detektionseinheit um einen elektrochemischen Detektor, massenselektiven Detektor, Leitfähigkeitsdetektor, AOW- bzw. SAW-Sensoren (AOW: akustische Oberflächenwellen bzw. SAW: Surface Acoustic Waves), Impendanzspektroskopiesensor bzw. Impedanzsensor, optisch basierende Detektoren, wie UV-, VIS-, Fluoreszenz-, und Brechungsindex-Detektoren, oder Kombinationen dieser Detektoren.
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Gemäß eines weiteren Aspekts stellt die vorliegende Erfindung ein chemisches Trenn- und Analyseverfahren bereit, umfassend das Einbringen einer zu analysierenden Probenflüssigkeit in das Kunststoffkapillarröhrchen der oben beschriebenen erfindungsgemäßen Vorrichtung und die elektrophoretische Auftrennung durch Anlegen einer Spannung.
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Das Einbringen der zu analysierenden Probenflüssigkeit in das Kunststoffkapillarröhrchen kann in üblicher, dem Fachmann bekannten Weise erfolgen, z. B. durch hydrodynamisch oder elektrokinetisch durchgeführte Injektion.
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Wie bereits oben diskutiert, ist es bevorzugt, dass die Außenseite des Kapillarröhrchens im Bereich des Lochs in Kontakt mit einer Elektrolyt- bzw. Pufferflüssigkeit steht, in die eine Elektrode E1 eintaucht bzw. die in elektrisch leitendem Kontakt mit einer Elektrode E1 steht. Beispielsweise wird das Kapillarröhrchen im Bereich des Lochs in der Kapillarwand durch einen die Elektrolyt- bzw. Pufferflüssigkeit enthaltenden Behälter geführt, so dass die Außenseite des Röhrchens in diesem Bereich mit der Elektrolyt- bzw. Pufferflüssigkeit in Kontakt steht. In diesen Behälter kann dann auch die Elektrode E1 eingelassen sein. Eine weitere Elektrode E2 taucht bevorzugt in eine Probenflüssigkeit ein bzw. steht in elektrisch leitendem Kontakt mit dieser, wobei die Probenflüssigkeit in einem Gefäß vorliegt, das bevorzugt im Bereich der Einlassöffnung des Kapillarröhrchens positioniert ist. In dieser Anordnung wird die Spannung über das Loch in der Röhrchenwand wirksam aus dem Kapillarröhrchen herausgeführt, so dass die Probenflüssigkeit nach dem Passieren des Lochs nicht mehr unter Spannung steht und somit einer nachgeschalteten Detektionseinheit zugeführt werden kann.
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Bevorzugt wird die in das Kunststoffkapillarröhrchen eingebrachte Probenflüssigkeit mit einem Druck im Bereich von 1 bis 500 mbar, bevorzugter 5 mbar bis 150 mbar beaufschlagt.
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Indem die in das Kunststoffkapillarröhrchen eingebrachte Probenflüssigkeit einem externen Druck ausgesetzt wird, kann die Verweilzeit des Analyten im Bereich des Lochs in der Kapillarröhrchenwand minimiert werden. Dies verringert auch die Wahrscheinlichkeit, dass geringe Mengen des Analyten durch das Loch aus dem Röhrchen herausdiffundieren und in Richtung Elektrode E1 wandern. Dieser externe Druck bewirkt vielmehr, dass der Analyt nach dem Passieren des Lochs unter Einwirkung eines hydrodynamischen Flusses im Kapillarröhrchen in Richtung der Auslassöffnung weiterbewegt wird.
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Bevorzugt wird die Probenflüssigkeit nach dem Vorbeiführen an dem Loch in der Kapillarröhrchenwand einer nachgeschalteten Detektionseinheit zugeführt. Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Detektionseinheit bevorzugt um einen elektrochemischen Detektor, massenselektiven Detektor, Leitfähigkeitsdetektor, AOW- bzw. SAW-Sensoren (AOW: akustische Oberflächenwellen bzw. SAW: Surface Acoustic Waves), Impendanzspektroskopiesensor bzw. Impedanzsensor, optisch basierende Detektoren, wie UV-, VIS-, Fluoreszenz-, und Brechungsindex-Detektoren, oder Kombinationen dieser Detektoren.
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1 zeigt schematisch eine bevorzugte Ausführungsform, die nachfolgend eingehender beschrieben wird.
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Die in 1 dargestellte bevorzugte chemische Trenn- und Analysevorrichtung enthält das oben beschriebene Kunststoffkapillarröhrchen 1 mit einem Loch 2 in der Kapillarröhrchenwand. Das die Einlassöffnung aufweisende Ende des Kapillarröhrchens taucht in eine Puffer- bzw. Elektrolytflüssigkeit oder Probenflüssigkeit 3 ein. In dieser Flüssigkeit ist auch eine Elektrode 4 angebracht. Ein Puffer- bzw. Elektrolytgemäß 5 wird an dem Loch 2 in der Kapillarröhrchenwand platziert. In diesem Puffer- bzw. Elektrolytgefäß 5 wird die zweite Elektrode 6 angebracht. Zwischen den Elektroden wird eine Gleichspannung angelegt (Spannung zwischen 1 und 30 kV). Die Spannung wird durch das Kunststoffkapillarröhrchen 1 zwischen Kapillareinlassöffnung und dem Loch 2 in der Kapillarröhrchenwand geleitet und schließt den Stromkreis. In diesem Kapillarabschnitt findet die elektrophoretische Auftrennung statt. Um die Probe in die Kapillare zu bekommen, wird das erste Puffer- bzw. Elektrolytgefäß mit dem Probengefäß 3 ausgetauscht. Die Injektion wird hydrodynamisch oder elektrokinetisch durchgeführt.
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Die Polung der Elektroden 4, 6 kann je nach der analytischen Fragestellung negativ-positiv oder umgekehrt geschaltet werden. Sollen negativ geladene Analyten nachgewiesen werden, wird die Elektrode im ersten Puffer- bzw. Elektrolytgefäß 3 negativ und im zweiten Puffer- bzw. Elektrolytgefäß 5 positiv kontaktiert. In der elektrophoretischen Trennstrecke wandern die negativ geladenen Analyten zum Pluspol und werden aufgrund ihrer unterschiedlichen Mobilität aufgetrennt. Ein zweiter elektrophoretischer Effekt ist der bereits oben diskutierte elektroosmotische Fluss EOF, der den gesamten Bulk-Teil im Kapillarröhrchen in Richtung Pluspol transportiert. Das hat zur Folge, dass negativ geladene Analyten beschleunigt und positiv geladene Analyten verlangsamt durch das Kapillarröhrchen 1 bewegt werden. Neutrale Teilchen hingegen wandern mit dem elektroosmotischen Fluss. Da beim Einsatz des erfindungsgemäßen Kapillarröhrchens 1 die Spannung durch das Loch 2 in der Kapillarröhrchenwand herausgeführt wird, liegt nach dem Loch 2 keine Spannung mehr an. Die Folge ist eine Veränderung vom elektroosmotischen in einen hydrodynamischen Fluss HDF. Nach dem Loch 2 in der Kapillarröhrchenwand befinden sich die negativ geladenen Analyten außerhalb der elektrophoretischen Trennstrecke und werden hydrodynamisch zu einem nachgeschalteten Detektor 7 geleitet. Um die Verweilzeit des Analyten im Bereich des Lochs 2 zu minimieren, ist es bevorzugt, dass zusätzlich zur Spannungsaufgabe ein hydrodynamischer Fluss HDF auf die Kapillare angewendet wird. Der externe Druck auf die Kapillare beträgt bevorzugt < 500 mbar und kann als Ersatz für den EOF betrachtet werden.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines Beispiels eingehender erläutert.
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Beispiel
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Verwendet wurde ein kommerziell erhältliches Polyimidkapillarröhrchen mit einem. Außendurchmesser von 168 μm und einem Innendurchmesser von 122 μm. Die Wanddicke betrug folglich 23 μm. Ein solches Kunststoffkapillarröhrchen ist kommerziell erhältlich, z. B. von Goodfellow. Das Kapillarröhrchen wies eine Gesamtlänge von 60 cm auf. Im Abstand von 7 cm von dem die Auslassöffnung aufweisende Kapillarende wurden zwei gegenüberliegende Löcher in der Kapillarröhrchenwand angebracht. Dies erfolgte durch Laserbohrung unter Verwendung eines Mikrochiplasers mit einer Wellenlänge von 532 nm. Eingesetzt wurde die sog. Spotbestrahlung-Technik, wobei der Laserstrahl so fokussiert wird, dass ein Brennpunkt auf der Kapillaroberfläche entsteht. An der Innenseite der Kapillarröhrchenwand betrug der Lochdurchmesser 10 μm. Das Loch wies eine konische Form auf. Der Lochdurchmesser an der Wandaußenseite war größer als der Lochdurchmesser an der Wandinnenseite.
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Als Detektionseinheit wurde ein UV-Detektor von Dionex mit Durchflussküvette eingesetzt, die mit dem Kunststoffkapillarröhrchen über eine Transferline verbunden war. Eine kommerziell erhältliche wässrige Boratlösung wurde als Puffer eingesetzt. Als UV-aktive Testsubstanz wurde Nitrat verwendet.
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Es wurde eine Spannung von U = 15 kV angelegt. Weiterhin wurde ein externer Druck von 4 psi angelegt. An der Stelle der beiden Löcher in der Kapillarröhrchenwand fließt ein Strom von 55 μA. An anderen Stellen der Kapillare ist der Stromfluss unterbrochen. Weiter zeigt sich trotz eines externen Drucks von 4 psi keine Tropfenbildung durch austretende Pufferflüssigkeit aus den Löchern in der Kapillarwand. Das Beispiel zeigt, dass an der Stelle der Löcher in der Kapillarwand Spannung austreten kann, hingegen aber bei gegebenem Druck die Pufferflüssigkeit in dem Kapillarröhrchen zurückgehalten wird.
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Wie bereits oben erwähnt, wurde Nitrat als Analyt injiziert. Bei einer Spannung von U = –15 kV und zusätzlich einem hydrodynamischen Druck von 4 psi resultierte aus dem Elektropherogramm eine Retentionszeit von 2,3 min für das Nitrat.
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Wie oben diskutiert, lassen sich mit dem erfindungsgemäßen Kunststoffkapillarröhrchen und der dieses Kapillarröhrchen umfassenden erfindungsgemäßen chemischen Trenn- und Analysevorrichtung unter anderem folgende Vorteile realisieren:
- – Oberflächenladungen in Kunststoffkapillarröhrchen sind in Vergleich zu Glaskapillaren deutlich herabgesetzt. Der positive Effekt dadurch ist, dass große geladene Moleküle (insbesondere Biomoleküle) durch die Oberflächenladungen nicht adsorbiert werden und elektrophoretisch aufgetrennt werden kann.
- – Anbindung von Detektoren, die mit der Pufferflüssigkeit in Kontakt kommen. Durch das in der Kapillarröhrchenwand angebrachte Loch kann die Spannung für die elektrophoretische Auftrennung herausgeführt werden, ohne dass die Detektoren dadurch negativ beeinflusst werden.
- – Nachweisempfindlichkeit bleibt erhalten, es wird keine „Sheath-Flüssigkeit” eingesetzt. Die Probe (Injektionsmenge) wird nicht verdünnt.
- – Die Gasbildung durch Elektrolyse des Puffers hat durch den gegeben Aufbau keinen Einfluss auf die elektrophoretische Bedienung.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Zamfir et al. in Journal of Chromatography A, 1159 (2007), 2–13 [0007]
- Beckman/Coulter, der im September 2009 in Basel [0008]
- A. Rios et al. beschreiben in „Miniaturization of Analytical Systems”, ISBN-10: 0-470-06110-3, S. 237 [0009]
- H. Chen et al. in Trends in Analytical Chemistry, Band 26, Nr. 2, 2007 [0011]
- J. S. Rossier et al., Journal of Electroanalytical Chemistry, 492 (2000), 15 [0012]
- Osbourne et al., Analytical Chemistry, 75 (2003), 2710 [0012]