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Die Erfindung betrifft eine Schalteinrichtung, insbesondere einen Leitungsschutzschalter, zum selektiven Abschalten eines elektrischen Leiters.
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Selektivität bedeutet, dass bei einem Fehler in einem Stromkreis von in Reihe geschalteten Überstromschutzeinrichtungen oder Fehlerstromschutzschaltern nur dasjenige Gerät auslöst, das sich unmittelbar vor der Fehlerstelle befindet. Somit gewährleistet die Selektivität, dass trotz des Fehlers möglichst viele Teile der elektrischen Schaltung oder Anlage in Betrieb bleiben. „Normale” Schalteinrichtungen wie Leistungsschalter oder Leitungsschutzschalter lösen unabhängig von ihrem Nennstrom bei einem vollständigen Kurzschluss sofort aus. Eine selektive Schalteinrichtung, welche beispielsweise als selektiver Hauptleitungsschutzschalter oder als selektiver Leitungsschutzschalter (sog. SH- oder SLS-Schalter) ausgebildet sein kann, unterbricht hingegen den Stromfluss im Falle eines Kurzschlusses nicht wie andere Leitungsschutzschalter sofort, sondern zeitlich verzögert. Auf diese Weise wird die Selektivität zu nachgeschalteten Sicherungen und normalen Leitungsschutzschaltern gewährleistet.
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Ein selektiver Hauptleitungsschutzschalter wird üblicherweise in einer Zuleitung vor einer Mehrzahl nachgeordneter Leitungsschutzschalter eingesetzt. Er hat die Aufgabe, bei einem auftretenden Kurzschluss zunächst nur den Strom zu begrenzen, damit gegebenenfalls einer der nachgeordneten Leitungsschutzschalter den Stromschluss unterbricht. Wurde eine bestimmte Energiemenge insgesamt seit Auftreten des Kurzschlusses durchgelassen, wird dies als Anzeichen dafür genommen, dass der nachgeordnete Leitungsschutzschalter nicht in der Lage ist, den Kurzschluss zu unterbrechen, und der selektive Hauptleitungsschutzschalter öffnet den Stromkreis endgültig.
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Aus dem Stand der Technik ist eine Vielzahl selektiv abschaltender Schalteinrichtungen bekannt. Beispielsweise offenbart die
EP 1 587 123 A1 einen selektiven Schutzschalter, der in einem Hauptstrompfad ein erstes und ein zweites Schaltelement umfasst, die in Reihe geschaltet sind. Parallel zum ersten Schaltelement ist in einem Nebenstrompfad ein Thermoauslöseelement in Form eines Bimetallelements angeordnet. Ein Schaltschloss steht sowohl mit dem Bimetallelement als auch mit dem zweiten Schaltelement in einer mechanischen Wirkverbindung. Bei einem Kurzschluss in der elektrischen Leitung wird der Strom zunächst durch Öffnen des ersten Schaltelements in den Nebenstrompfad kommutiert. Solange der Kurzschlussstrom nicht abgeschaltet wird, erwärmt sich das Bimetallelement und öffnet nach einer Verzögerungszeit das zweite Schaltelement.
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Aus der
DE 28 54 623 C2 ist eine weitere selektive Schalteinrichtung bekannt. Auch sie umfasst einen Haupt- und einen Nebenstrompfad. Der Nebenstrompfad enthält wieder ein Bimetallelement. Um Letzteres vor einer Überlastung zu schützen, ist im Nebenstrompfad ein strombegrenzender PTC(positive temperature coefficient)-Widerstand in Serie zum Bimetallelement geschaltet.
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Weiterhin ist aus der
DE 23 02 325 A ein Wechselstromleistungsschalter mit parallelgeschalteten, gleichsinnig stromdurchflossenen Strombahnen je Phase bekannt, welcher sowohl elektromagnetische als auch über Wandler beheizte thermische Auslöser aufweisen, um eine gleichmäßige Stromverteilung in den einzelnen Strombahnen einer Phase zu erreichen.
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Ferner ist auch aus der
DE 102 44 961 B3 ein selektiver Leitungsschutzschalter bekannt, der einen Hauptstromzweig mit Hauptstromwicklung, Hauptkontakte, einen Magnetauslöser für die Hauptkontakte sowie einen Nebenstromzweig mit Nebenkontakten aufweist. Bei Überschreiten eines vordefinierten Strom-Zeit-Wertes im Nebenstromzweig wird ein Schaltschloss ausgelöst, wodurch alle Haupt- und Nebenkontakte geöffnet werden.
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Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine alternative Schalteinrichtung bereitzustellen, bei der der Selektivschutz auf einfache Weise realisierbar ist.
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Diese Aufgabe wird durch die erfindungsgemäße Schalteinrichtung gemäß Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Die erfindungsgemäße Schalteinrichtung, welche insbesondere als Leitungsschutzschalter ausgebildet ist, ist zum selektiven Abschalten eines elektrischen Leiters vorgesehen und umfasst einen ersten Stromzweig, welcher ein Schaltelement und ein Überlastauslöseelement aufweist, sowie mindestens einen weiteren Stromzweig, welcher ebenfalls ein Schaltelement und ein Überlastauslöseelement aufweist. Der erste Stromzweig und der mindestens eine weitere Stromzweig sind elektrisch parallel zueinander geschaltet. Weiterhin ist ein Kurzschlussauslösesystem vorgesehen, welches mit den Schaltelementen in Wirkverbindung steht. Dabei ist für jeden Stromzweig ein unterschiedlicher Stromgrenzwert vorgesehen, bei dessen Überschreiten das dem jeweiligen Stromzweig zugeordnete Schaltelement über das Kurzschlussauslösesystem geöffnet wird. Ferner weisen die Überlastauslöseelemente jeweils eine unterschiedliche Auslösecharakteristik auf, wobei bei Auslösen eines der Überlastauslöseelemente alle Schaltelemente geöffnet werden.
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Selektive Leitungsschutzschalter werden in elektrischen Verteilungen zum Schutz der Vorsicherung in die Zuleitung von der Vorsicherung zu den Abzweigschaltern, insbesondere nachgeordnete Leitungsschutzschalter, geschaltet, um Überströme, die zum Ansprechen der Vorsicherung führen würden, nach Möglichkeit zu begrenzen oder rechtzeitig abzuschalten. Bei Kaskaden von Leitungsschutzschaltern bzw. Leistungsschaltern ist dabei die Selektivität entscheidend. Im Fehlerfall soll nur das Schutzgerät abschalten, welches dem Ort des Fehlers am Nächsten liegt. Damit wird erreicht, dass im Fehlerfall nur der fehlerhafte Zweig des Netzwerks ausfällt.
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Aus der Schaltungsanordnung zumindest zweier elektrisch parallel zueinander geschalteter Stromzweige mit jeweils einem Schaltelement und einem Überlastauslöseelement ergibt sich der Vorteil, dass in einem Normalbetrieb der Schalteinrichtung deren Innenwiderstand und damit die Verlustleistung deutlich geringer sind als dies bei einer vergleichbaren Schalteinrichtung mit nur einem Stromzweig der Fall wäre. Da der Normalbetrieb den überwiegenden Zeitanteil beim Betrieb der Schalteinrichtung ausmacht, ergibt sich aus der geringeren Verlustleistung auch ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Vorteil. Im Überlastbetrieb ergibt sich hingegen ein verhältnismäßig hoher Innenwiderstand, welcher den Stromfluss begrenzt.
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Die unterschiedlichen Stromgrenzwerte führen im Kurzschlussfall dazu, dass bei einem Überschreiten des ersten, untersten Grenzwertes das zugeordnete Schaltelement geöffnet wird. Dies kann auf unterschiedlichste Weise, beispielsweise elektrodynamisch, magnetisch oder auch elektronisch erfolgen. Ist das Schaltelement geöffnet, steht der betreffende. Stromzweig nicht mehr im Stromkreis zur Verfügung, so dass der gesamte Stromfluss über die verbleibenden Stromzweige erfolgt. Dadurch ändert sich das Widerstandsverhältnis in den verbleibenden Stromzweigen; der Innenwiderstand der Schalteinrichtung steigt an, was zugleich strombegrenzend wirkt. Wird dabei auch der nächst höhere Stromgrenzwert überschritten, so wird wiederum das zugeordnete Schaltelement geöffnet und der betreffende Stromzweig aus dem Stromkreis genommen. Die einzelnen Stromzweige werden folglich sukzessive, d. h. zeitlich nacheinander aus dem Stromkreis genommen und somit abgeschaltet, wodurch sich der Stromfluss und damit der Widerstand in den verbleibenden Stromzweigen erhöht. Wird der nächst höhere Stromgrenzwert unterschritten, und besteht der höhere Stromfluss in den verbleibenden Stromzweigen für längere Zeit fort, so erfolgt bei Übersteigen eines Schwellwertes, beispielsweise eines Strom-Zeit-Integrals ∫Idt, des Überlastauslöseelements ein Auslösen des betreffenden Überlastauslöseelements, wodurch dann alle Schaltelemente geöffnet werden.
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Die Überlastauslöseelemente in den verschiedenen Stromzweigen weisen dabei eine jeweils unterschiedliche Auslösecharakteristik auf. Dies spiegelt sich beispielsweise in unterschiedlichen Grenzwerten für das Strom-Zeit-Integral ∫Idt wider, ab dem ein Auslösen des betreffenden Überlastauslöseelements erfolgt. Die Selektivität des erfindungsgemäßen Schaltgeräts wird somit zum einen dadurch erreicht, dass das Überlastauslöseelement mit dem niedrigsten Grenzwert erst ab einem Auslösestrom auslöst, der gegenüber einem Auslösestrom eines Überlastauslöseelements eines nachgeschalteten Schaltgeräts erhöht ist. Somit erfolgt die Überlastauslösung des erfindungsgemäßen Schaltgeräts träger als bei dem nachgeschalteten Schaltgeräts. Weiterhin weisen die Überlastauslöseelemente des erfindungsgemäßen Schaltgeräts bei Kurzschlussströmen generell ein trägeres Auslöseverhalten gegenüber einem – bspw. elektromagnetischem – Kurzschlussauslösesystem des nachgeschalteten Schaltgeräts auf. Bei Überschreiten des obersten Stromgrenzwerts erfolgt ein öffnen aller Schaltelemente, so dass die Auslösung bei diesen sehr hohen Kurzschlussströmen nicht mehr selektiv gegenüber nachgeschalteten Schaltgeräten erfolgt.
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In einer vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung weist das Kurzschlussauslösesystem mehrere Kurzschlussauslöseelemente auf, wobei jeder Stromzweig jeweils ein Kurzschlussauslöseelement aufweist, das dem jeweiligen Schaltelement des Stromzweigs, zugeordnet ist. Dabei weist jedes der Kurzschlussauslöseelemente eine Kurzschlussauslöse-Wirkverbindung zu dem jeweils zugeordneten Schaltelement auf, so dass bei einem Überschreiten des jeweiligen Stromgrenzwerts das jeweilige Schaltelement geöffnet wird.
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Dadurch, dass in jedem der Stromzweige ein eigenes Kurzschlussauslöseelement angeordnet ist, können einfache und zuverlässige Bauformen für das Kurzschlussauslöseelement eingesetzt werden, was sich günstig auf die Herstellkosten der Schalteinrichtung auswirkt.
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In einer vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung ist die Auslösecharakteristik der Überlastauslöseelemente durch unterschiedliche Widerstände variierbar.
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Überlastauslöseelemente stellen sogenannte Stromintegratoren dar und sollen den Stromfluss unterbrechen, wenn in einen vordefinierten Zeitraum eine vordefinierte Strommenge überschritten wurde. Kennzeichnend hierfür ist beispielsweise das Strom-Zeit-Integral ∫Idt. Um die Auslösecharakteristik der Überlastauslöseelemente in den einzelnen, parallel geschalteten Stromzweigen beeinflussen zu können, weisen die einzelnen Stromzweige unterschiedliche Widerstände auf. Dies kann beispielsweise durch unterschiedliche Vorwiderstände in den einzelnen Stromzweigen erfolgen; es sind jedoch auch andere Lösungen möglich. Die Verwendung unterschiedlicher Widerstände stellt eine einfache und kostengünstige Realisierungsmöglichkeit zur Beeinflussung der Auslösecharakteristik dar.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung weist zumindest eines der Überlastauslöseelemente ein Thermoauslöseelement, insbesondere ein Bimetall-Element, auf.
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Ein Thermoauslöseelement stellt ein Schaltelement dar, dessen Schaltzustand sich in Abhängigkeit der Temperatur ändert. Eine gängige Ausgestaltungsform derartiger Temperaturschalter stellen sogenannte Bimetallschalter dar. Diese weisen einen Bimetallstreifen auf, welcher aus zwei unterschiedlichen metallischen Werkstoffen unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten besteht, welche fest miteinander verbunden sind. Bei Temperaturänderung dehnen sich die Werkstoffe unterschiedlich stark aus, was eine Veränderung der Form (Verbiegung) des Bimetallstreifens bewirkt. Derartige Bimetallschalter reagieren vergleichsweise genau sie auf die Stromwärme des durchfließenden Laststromes und stellen aufgrund ihres einfachen und kostengünstigen Aufbaus eine geeignete Alternative als Auslöseelemente bei Überstrom dar.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung ist der Widerstand durch Verwendung unterschiedlicher Bimetall-Elemente variierbar.
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Zur Veränderung der Auslösecharakteristik können anstelle unterschiedlicher Vorwiderstände auch Bimetall-Elemente mit unterschiedlichen Widerstandswerten, beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Geometrie oder Materialzusammensetzung, verwendet werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung ist zumindest eines der Kurzschlussauslöseelemente als elektro-dynamischer Auslöser ausgebildet.
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Ein elektrodynamischer Auslöser ist ein Schalter bzw. ein Schaltelement, bei dem die Kraft zum Öffnen des Schaltkontakts aus einer anziehenden bzw. abstoßenden Wirkung stromdurchflossener Leiter (je nach Orientierung der Stromrichtungen) resultiert. Der Schaltkontakt ist dabei quasi vorgespannt, so dass im Normalbetrieb, d. h. bei Nennstrom des Schalters, die elektrodynamische Kraft nicht ausreicht, um den Schaltkontakt zu öffnen. Bei überschreiten eines vordefinierten Grenzwerts, beispielsweise aufgrund eines Kurzschlusses, wird der Schaltkontakt aufgrund der höheren elektrodynamischen Kraft unmittelbar geöffnet. Die Öffnung kann dabei sowohl reversibel als auch nicht reversibel erfolgen.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung ist zumindest eines der Kurzschlussauslöseelemente als mechanischer Auslöser ausgebildet.
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Unter einem mechanischen Auslöser wird beispielsweise eine stromdurchflossene Spule mit einem Schlaganker verstanden. Im Kurzschlussfall, d. h. bei schlagartig auftretenden hohen Strömen, erzeugt die Spule unmittelbar eine Magnetkraft, aus der eine Bewegung des Schlagankers resultiert. Diese bewirkt dann eine mechanische Öffnung des Schaltelements. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine einfach zu realisierende Ausführungsform, welche eine unmittelbare Reaktion auf Kurzschlussströme aufweist.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung ist zumindest eines der Kurzschlussauslöseelemente als elektronischer Auslöser ausgebildet.
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Unter einem elektronischer Auslöser werden elektronische Baugruppen, beispielsweise elektrothermische Auslöseeinheiten (sogenannte ETU) verstanden, die einen Kurzschluss detektieren können und bei überschreiten eines vordefinierten Grenzwerts eine Öffnung des Schaltelements bewirken. Elektronische Auslöser können beispielsweise mit Hilfe von IGBTs, Hall Sensoren, Stromwandler, etc. realisiert werden, wobei die Anwendungsgebiete von Leistungsschalter über Motorschutzschalter bis hin zu Fehlerstromschutzschaltern und Leitungsschutzschaltern reichen. Ein elektronischer Auslöser stellt somit eine weitere alternative Realisierungsmöglichkeit für das Kurzschlussauslöseelement dar.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung weist die Schalteinrichtung ein Schaltschloss auf, welches mit jedem der Überlastauslöseelemente über eine Überlastauslöse-Wirkverbindung gekoppelt ist. Das Schaltschloss ist dabei mit den Schaltelementen über eine Schaltschloss-Wirkverbindung gekoppelt, so dass bei Auslösen des Schaltschlosses durch eines der Überlastauslöseelemente alle Schaltelemente geöffnet werden.
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Ein Schaltschloss ist eine gängige mechanische Vorrichtung in elektrischen Schalteinrichtungen, welche eine schnelle Auslösung eines Schalters mit kleinen Kräften ermöglicht. Dabei wird beim Einschalten ein Federmechanismus gespannt, welcher durch das Schaltschloss arretiert wird. Das Schaltschloss ist damit verklinkt. Wird das Schaltschloss ausgelöst, beispielsweise durch ein Kurzschluss- oder Überlastauslöseelement, so wird diese Arretierung gelöst, und die Schaltelemente der Schalteinrichtung werden geöffnet. Das Bedienelement der Schalteinrichtung springt dabei in seine AUS-Stellung zurück.
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Bei der erfindungsgemäßen Schalteinrichtung sind die Überlastauslöseelemente über eine Überlastauslöse-Wirkverbindung mit dem Schaltschloss gekoppelt, so dass bei Auslösen eines der Überlastauslöseelemente alle Schaltelemente geöffnet werden. Über eine mechanische Entklinkungs-Wirkverbindung kann das Schaltschloss beispielsweise mit jeweils einem beweglichen Kontaktteil der mindestens zwei Schaltelemente gekoppelt werden. Durch die Verwendung eines Schaltschlosses kann der Aufbau der Schalteinrichtung erheblich vereinfacht werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Schalteinrichtung weist das Kurzschlussauslöseelement mit dem höchsten Stromgrenzwert eine zusätzliche Kurzschluss-Wirkverbindung zu dem Schaltschloss auf, so dass bei Auslösen des Kurzschlussauslöseelements das Schaltschloss ausgelöst wird.
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Bei Auslösung des Schaltschlosses aufgrund eines Kurzschlusses desjenigen Kurzschlussauslöseelements mit dem höchsten Stromgrenzwert werden alle Schaltkontakte endgültig geöffnet. Im Gegensatz zur elektrodynamischen Kurzschlussauslösung ist diese jedoch keinesfalls reversibel und bedarf eines Eingriffs von außen, um das Schaltschloss wieder in die Verklinkungsposition zu bringen. Im Falle eines Kurzschlussstroms, welcher höher ist als der höchste Stromgrenzwert der Kurzschlussauslöseelemente stellt die Auslösung des Schaltschlosses über die zusätzliche Kurzschluss-Wirkverbindung eine schnelle und direkte Möglichkeit zur sofortigen Öffnung aller Schaltelemente der Schalteinrichtung dar.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele der Vorrichtung unter Bezug auf die beigefügten Figuren näher erläutert. In den Figuren sind:
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1 ein Ausführungsbeispiel einer Schalterkaskade mit einer erfindungsgemäßen Schalteinrichtung,
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2 ein Ausführungsbeispiel eines Schaltschemas der erfindungsgemäßen Schalteinrichtung zum selektiven Abschalten einer elektrischen Leitung.
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In den verschiedenen Figuren der Zeichnung sind gleiche Teile stets mit dem gleichen Bezugszeichen versehen. Die Beschreibung gilt für alle Zeichnungsfiguren, in denen das entsprechende Teil ebenfalls zu erkennen ist.
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In 1 ist ein Ausschnitt aus einem elektrischen Leitungsnetz mit einer Schalterkaskade schematisch dargestellt, welcher eine Strom leitende elektrische Hauptleitung 5 mit einem Eingang 6 aufweist. Nach dem Eingang 6 ist eine erfindungsgemäße selbst schaltend ausgebildete Schalteinrichtung 1 in der Hauptleitung 5 angeordnet. Hinter der Schalteinrichtung 1 weist die Hauptleitung 5 einen Verzweigungsknoten 7 auf, der eine Verbindung zwischen der Hauptleitung 5 und drei Nebenleitungen 8 bildet. In jeder der Nebenleitungen 8 befindet sich eine weitere Schalteinrichtung 9, welche die jeweilige Nebenleitung 8 vor Beschädigung durch zu starke Erwärmung in Folge zu hohen Stroms schützt und die Leitung bei Überlast selbsttätig abschaltet. Diesen ist in den einzelnen Nebenleitungen 8 jeweils ein Verbraucher (nicht dargestellt) nachgeschaltet. Bei diesen Verbrauchern kann es sich um allgemein bekannte Gebäudeinstallationen handeln.
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Die Schalteinrichtungen 1 und 9 können auch als Schutzeinrichtungen bezeichnet werden. Es kann sich beispielsweise um Leistungsschalter oder Leitungsschutzschalter handeln. Die Schalteinrichtungen 3 und 9 sind kaskadiert geschaltet, und schützen das Netz oder/und die daran angeschlossenen Verbraucher selektiv. Das bedeutet, dass bei einem Fehlerfall, wie z. B. einem Kurzschluss, nur diejenige der Schalteinrichtungen 1 bzw. 9 abschaltet, die dem Ort des Fehlers am nächsten liegt. Erst wenn im Falle eines Kurzschlusses in einer der Nebenleitungen 8 der Strom von der dort angeordneten weiteren Schalteinrichtung 9 nicht sofort abgeschaltet wird, wird dieser durch die in der Hauptleitung 5 angeordnete Schalteinrichtung 1 zeitlich verzögert abgeschaltet. Auf diese Weise wird die Selektivität zu den nachgeschalteten Schalteinrichtungen 9 gewährleistet und erreicht, dass nur der fehlerhafte Teil des Netzes ausfällt; der Rest bleibt betriebsbereit.
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In 2 ist ein Ausführungsbeispiel eines Schaltschemas der erfindungsgemäßen Schalteinrichtung 1 zum selektiven Abschalten einer elektrischen Leitung schematisch dargestellt. Dabei weist die Schalteinrichtung 1 drei elektrisch zueinander parallel geschaltete Stromzweige 10, 20, 30 auf. Jeder der Stromzweige 10, 20, 30 besteht aus einer Reihenschaltung eines Kurzschlussauslöseelements 13, 23, 33, eines Schaltelements 11, 21, 31, sowie eines Überlastauslöseelements 12, 22, 32. Jedes der Kurzschlussauslöseelemente 13, 23, 33 ist mit dem zugeordneten Schaltelement 11, 21, 31 über eine eigene Kurzschlussauslöse-Wirkverbindung 14, 24, 34 gekoppelt, so dass bei Überschreiten eines für jeden Stromzweig 10, 20, 30 jeweils definierten, maximalen Kurzschlussstroms das dem jeweiligen Stromzweig 10, 20, 30 zugeordnete Schaltelement 11, 21, 31 geöffnet wird.
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Die in den Stromzweigen angeordneten Überlastauslöseelemente 12, 22, 32 sind jedes für sich über eine eigene Überlastauslöse-Wirkverbindung 15, 25, 35 mit einem Schaltschloss 4 der Schalteinrichtung 1 gekoppelt. Wird das Schaltschloss 4 aufgrund eines Überlaststroms in einem der Stromzweige 10, 20, 30 durch das zugeordnete Überlastauslöseelement 12, 22, 32 ausgelöst, so werden über das Schaltschloss 4 alle Schaltelemente 11, 21, 31 unmittelbar und endgültig geöffnet. Hierzu besteht eine Schaltschloss-Wirkverbindung 15, welche das Schaltschloss 4 mit den Schaltelementen 11, 21, 31 verbindet. Dies kann beispielsweise über einen mechanischen Verklinkungs-Mechanismus erfolgen.
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Die elektrisch parallel zueinander geschalteten Stromzweige 10, 20, 30 befinden sich alle in einer Phase des Stromkreises, unterscheiden sich aber hinsichtlich ihres Widerstands voneinander. Jedes der Überlastauslöseelemente 12, 22, 32 arbeitet in einem jeweils definierten Strombereich. Dieser ist jeweils abhängig von dem Strom, ab dem ein – vorzugsweise elektrodynamisches oder mechanisches – Öffnen des jeweiligen Schaltelements 11, 21, 31 erfolgt.
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Das im ersten Stromzweig 10 angeordnete Überlastauslöseelement 12 arbeitet bis zu einem Kurzschlussstrom IK1, ab dem ein elektrodynamisches oder mechanisches Öffnen des Schaltelements 11 durch das Kurzschlussauslöseelement 13 erfolgt. Aufgrund des geöffneten Schaltelements 11 ist der Stromfluss über den Stromzweig 10 unterbrochen. Der Stromzweig 10 wird dabei bei Strömen, welche größer sind als der Kurzschlussstrom IK1, durch Öffnen des Schaltelements 11 aus dem Stromkreis genommen, bevor das im Stromzweig 10 angeordnete Überlastauslöseelement 12 eine Auslösung bewirken kann.
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Aus der Unterbrechung des Stromzweiges 10 resultiert eine Änderung des Widerstandsverhältnisses, wodurch sich der Stromfluss in den Stromzweigen 20 und 30 erhöht. Diese Erhöhung bewirkt, dass das im zweiten Stromzweig 20 angeordnete Überlastauslöseelement 22 auslöst und über das Schaltschloss 4 alle Schaltelemente 11, 21, 31 endgültig öffnet. Das Überlastauslöseelement 22 arbeitet dabei bis zu einem Kurzschlussstrom IK2, ab dem ein Öffnen des Schaltelements 21 durch das Kurzschlussauslöseelement 23 erfolgt. Dabei gilt es zu beachten, dass IK2 größer als IK1 ist (IK2 > IK1). Bei Strömen, welche größer sind als der Kurzschlussstrom IK2, werden somit die Stromzweige 10 und 20 durch Öffnen der Schaltelemente 11 und 21 aus dem Stromkreis genommen, bevor das im Stromzweig 20 angeordnete Überlastauslöseelement 22 – ebenso wie das im Stromzweig 10 angeordnete Überlastauslöseelement 12 – (siehe oben) eine Auslösung bewirken können.
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Durch das Öffnen der Schaltelemente 11 und 21 erhöht sich der Strom im dritten Stromzweig 30, da nun der gesamte Phasenstrom über den dritten Stromzweig 30 fließen muss. Das dort angeordnete Überlastauslöseelement 32 arbeitet bis zu einem Kurzschlussstrom IK3, ab dem ein Öffnen des Schaltelements 31 durch das Kurzschlussauslöseelement 33 erfolgt. Dabei gilt, dass IK3 größer als IK2 ist (IK3 > IK2 > IK1). Das Schaltelement 31 weist dabei eine Kurzschluss-Wirkverbindung 16 zum Schaltschloss 4 auf, welche derart gestaltet ist, dass ab einer definierten Öffnungsstrecke des Schaltelements 31 das Schaltschloss 4 auslöst, wodurch die Schaltelemente 11, 21, 31 endgültig über das Schaltschloss 4 geöffnet werden. Bei Strömen, welche größer sind als der Kurzschlussstrom IK3, werden somit die Stromzweige 10, 20 und 30 durch Öffnen der jeweiligen Schaltelemente 11, 21 und 31 aus dem Stromkreis genommen, bevor die in den Stromzweigen 10, 20 und 30 angeordneten Überlastauslöseelemente 12, 22 und 32 eine Auslösung bewirken können.
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Das Erfordernis der Selektivität wird bei der erfindungsgemäßen Schalteinrichtung 1 zum Einen dadurch erreicht, dass das Überlastauslöseelement 12 der selektiven Schalteinrichtung 1 erst bei einem Auslösestrom, welcher gegenüber dem Auslösestrom der nachgeschalteten, weiteren Schalteinrichtung 9 höher liegt, eine Auslösung bewirkt, so dass im Überlastfall die Auslösung der selektiven Schalteinrichtung 1 träger ist als die der weiteren Schalteinrichtung 9. Weiterhin weisen die Überlastauslöseelemente 12, 22 und 32 im Kurzschlussfall, d. h. bei Auftreten von Kurzschlussströmen, generell ein trägeres Auslöseverhalten gegenüber einem, beispielsweise elektromagnetischen, Kurzschlussauslöser der weiteren Schalteinrichtung 9 auf. Die Auslösung bei Strömen größer als der Kurzschlussstrom IK3 erfolgt vorzugsweise durch das elektrodynamische oder mechanisch/magnetische Öffnen aller drei Schaltelemente 11, 21, 31 und ist nicht mehr selektiv gegenüber der nachgeschalteten, weiteren Schalteinrichtung 9.
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Das in 2 dargestellte Ausführungsbeispiel weist drei Stromzweige 10, 20, 30 auf. Für die erfindungsgemäße Schalteinrichtung 1 ist jedoch lediglich erforderlich, dass zwei oder mehr parallel geschaltete Stromzweige vorhanden sind. Im Nennbetrieb der Schalteinrichtung teilt sich dann der Strom durch die Parallelschaltung auf die mehreren Stromzweige auf. Der Gesamtwiderstand der parallel geschalteten Stromzweige ist dabei kleiner als der kleinste Teilwiderstand eines der Stromzweige, so dass die Schalteinrichtung im Nennbetrieb eine geringere Verlustleistung als eine herkömmliche Schalteinrichtung mit nur einem Stromzweig aufweist. Im Überlastbetrieb werden die parallel geschalteten Stromzweige sukzessive abgeschaltet. Mit jedem Stromzweig, der aus der Schaltung „entfernt” wird, erhöht sich dabei der Gesamtwiderstand, woraus eine Strombegrenzung im Überlastbetrieb resultiert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Schalteinrichtung
- 2
- Überlastauslösesystem
- 3
- Kurzschlussauslösesystem
- 4
- Schaltschloss
- 5
- Hauptleitung
- 6
- Eingang
- 7
- Verzweigungsknoten
- 8
- Nebenleitung
- 9
- weitere Schalteinrichtung
- 10, 20, 30
- Stromzweige
- 11, 21, 31
- Schaltelement
- 12, 22, 32
- Überlastauslöseelement
- 13, 23, 33
- Kurzschlussauslöseelement
- 14, 24, 34
- Kurzschlussauslöse-Wirkverbindung
- 15, 25, 35
- Überlastauslöse-Wirkverbindung
- 16
- Schaltschloss-Wirkverbindung
- 17
- Kurzschluss-Wirkverbindung
- IK1, IK2, IK3
- Kurzschlussstrom