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Die vorliegende Erfindung betrifft eine transparente Reaktivpanzerung, die sich z. B. als Fahrzeugverglasung eignet und gleichermaßen Schutz gegen Wuchtgeschosse und Hohlladungsgeschosse bietet. Die erfindungsgemäße transparente Reaktivpanzerung hat einen Schichtaufbau und umfasst glasige, glaskeramische, keramische oder Kunststoffkomponenten, sowie sprengkräftige Stoffe. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer transparenten Reaktivpanzerung.
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Reaktivpanzerungen werden üblicherweise an den exponierten Flächen von Panzerfahrzeugen realisiert. Die Reaktivpanzerung wirkt dabei so, dass das Auftreffen oder der Jet eines detonierenden Hohlladungsgeschosses seinerseits eine Detonation des Sprengstoffanteils der Reaktivpanzerung auslöst, wodurch Teile der Reaktivpanzerung eine Relativbewegung gegen das Hohlladungsprojektil ausführen. Dadurch wird der Jet abgelenkt, gestört bzw. partikuliert und so in seiner penetrierenden Wirksamkeit geschwächt. Darüber hinaus soll die Reaktivpanzerung auch gegen auftreffende Wuchtgeschosse, die auch KE-Geschosse (kinetic energy) genannt werden, schützen. Dabei zündet der mit der Geschwindigkeit V
p auf die Reaktivpanzerung auftreffende Penetrator den zwischen den Platten befindlichen Sprengstoff. Durch die Explosion des Sprengstoffs trennen sich die beiden Plattenteile mit der Plattengeschwindigkeit V
pl von einander und die nun auf den eingedrungenen Penetrator wirkenden Scherkräfte brechen bzw. schädigen den Penetrator soweit, dass seine Wirkung stark gemindert wird. Dieses Prinzip der reaktiven Panzerung wird unter anderem in der Patentschrift
DE 19 707 160 vorgestellt.
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Es ist z. B. aus
DE 3 840 874 C1 bekannt, dass Reaktivpanzerungen Komponenten aus Glas umfassen können. Passive transparente Glaskeramikpanzerungen sind z. B. aus
GB 2 379 659 A bekannt.
DE 10 2008 021 479 A1 ist für die Neuheit der vorliegenden Erfindung relevant. Beschrieben wird eine Reaktivpanzerung, wobei über die genaue Anordnung des Sprengstoffes keine Aussage gemacht wird.
DE 38 40 874 C1 , betrifft eine Panzerung, die Stahl umfasst und die folglich nicht transparent ist.
GB 2 379 659 A betrifft eine Panzerung, wobei ein Sprengmittel nicht erwähnt wird.
EP 689 028 A1 betrifft eine Panzerung basierend auf einer inkompressiblen Flüssigkeit.
EP 689 028 A1 betrifft eine nicht transparente Panzerung.
DE 33 13 208 C1 betrifft eine Panzerung, die Metallplatten umfasst. Folglich ist eine solche Panzerung nicht transparent.
US 2006/0011057 A1 betrifft eine Panzerung, die nicht auf explosiven Materialien beruht, sondern einen Gasentwickler umfasst.
DE 28 31 415 C1 betrifft eine Aktivpanzerung, wobei aber kein Hinweis of Transparenz derselben gegeben wird.
DE 42 23 538 C1 beschreibt ein Schutzschild, das vor einer Glasscheibe zum Schutz derselben platziert werden kann. Es liegen keine Sprengstoffe in dem Schutzschild vor.
DE 34 20 883 C2 beschreibt zwei Glaseinheiten, die ein Ziel schützen sollen. Sprengstoffe werden nicht erwähnt.
DE 100 48 566 B4 beschreibt ein Paket von Glasscheiben.
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Der Stand der Technik kennt keine transparenten Reaktivpanzerungssysteme, umfassend einen in eine Matix dispergierten sprengkräftigen Stoff. Es ist deshalb die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, derartige transparente Reaktivpanzerungssysteme bereitzustellen.
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Ferner ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Reaktivpanzerungssysteme bereitzustellen, die aufgrund der verwendeten Materialien wesentlich leichter sind als herkömmliche Reaktivpanzerungssysteme.
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Die Aufgabe wird durch die Gegenstände des Anspruchs 1 gelöst.
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Die Reaktivpanzerung der vorliegenden Erfindung ist aus mindestens drei Schichten aufgebaut. Diese Schichten sind von außen nach innen die Frontplatte, die Sprengstoffschicht und das Sprengstoffsubstrat, sowie darüber hinaus ggf. weitere, innenliegende antibalistisch wirksame Schichten, so dass das Sprengstoffsubstrat Teil eines Mehrschichtlaminates ist.
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Da eine Reaktivpanzerung dann wirksam ist, wenn sie dem eintreffenden Projektil oder Hohlladungsstrahl eine Bahnänderung aufzwingt bzw. zu dessen Partikulierung führt, ist die äußere, dem Projektil zugewandte Platte aus besonders festem Material auszugestalten. Diese Frontplatte wird nämlich durch den in der Reaktivpanzerung enthaltenen Sprengstoff dem eindringenden Projektil entgegen beschleunigt. Erfindungsgemäß umfasst diese Frontplatte Glas, Glaskeramik oder eine transparente Keramik. Bevorzugt umfasst diese Frontplatte transparente Keramik, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Saphir, Spinell, Aluminiumgranat, Spinellkeramik, Alluminiumoxidkermaik, Yttriumoxidkeramik, Aluminiumgranatkeramik und Aluminiumgranatkeramik und Aluminiumoxinitridkeramik. Bevorzugt sind die Keramikwerkstoffe der vorliegenden Erfindung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Aluminiumoxidkeramik, Aluminiumoxinitridkeramik, Spinell und Aluminiumgranat. Am meisten bevorzugt sind Aluminiumoxidkeramik und/oder Aluminiumoxinitridkeramik.
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Weitere dem zu schützenden Objekt zugewandte Teile der Reaktivpanzerung umfassen das Sprengstoffsubstrat sowie darüber hinaus ggf. weitere, innenliegende antiballistisch wirksame Schichten. Diese sind ausreichend stabil zu gestalten, damit diese der Sprengwirkung der Sprengstoffschicht standhalten können. Die Detonation des Sprengstoffes löst eine Schockwelle aus, die sich mit Schallgeschwindigkeit im Substrat ausbreitet und lokale Kompression auslöst. Gegen diese lokale Kompression muss das Substrat stabil sein. Erfindungsgemäß umfasst das Sprengstoffsubstrat eine Glaskeramik sofern das Sprengstoffsubstrat als Bestandteil eines Mehrschichtlaminates ausgebildet ist, umfassen die weiteren, antiballistisch wirksamen Schichten Glas oder Glaskeramik und Kunststoffschichten. Das Sprengstoffsubstrat selbst besteht erfindungsgemäß aus Glaskeramik. Aufgrund der nanoskaligen Heterogenität der Glaskeramik (”weiche” Glasphase neben ”harten” Kristalliten) ist diese Materialklasse durch nanoskalige Kompressibilität prädestiniert, gerade Kompressionen durch Schockwellen in gewissem Grade auszuhalten. Diese Eigenschaften qualifizieren Glaskeramik insbesondere gegenüber Glas oder Kunststoff. Kunststoff hingegen hat den Vorteil einer geringeren Schallgeschwindigkeit der Schockwellenweiterleitung. Bevorzugt umfassen die Teile der Reaktivpanzerung, die dem Sprengstoffsubstrat in Richtung des zu schützenden Objektes folgen, ein Mehrschichtlaminat aus Glas oder Glaskeramik und Kunststoff. Erfindungsgemäß ist auch der verwendete Sprengstoff bzw. die verwendete Sprengstoffschicht transparent. Der Sprengstoff muss innerhalb der Reaktivpanzerung ausreichende Sprengwirkung haben, um die notwendige kinetische Energie, die zur Projektilablenkung erforderlich ist, auf die Frontplatte zu übertragen. Erfindungsgemäß kann Sprengstoff in Form von Platten zum Einsatz kommen. Es ist gemäß der vorliegenden Erfindung vorgesehen, bevorzugt, transparente Sprengstoffkristalle in einer transparenten Matrix zu dispergieren. Die Sprengstoffkristalle haben bevorzugt Partikelgrößen von etwa 1 mm3. Bevorzugt sind die Sprengstoffkristalle kleiner als 1 mm3. Die Matrix, in der die Sprengstoffkristalle dispergiert sind, umfasst Kunststoff und besteht vorzugsweise aus Kunststoff. Der Sprengstoff muss folgende Anforderungen erfüllen;
- – Verfügbarkeit in transparenten, möglichst farblosen Partikeln,
- – Zündtemperatur < Herstellungstemperatur der Dispersion in der Kunststoffmatrix,
- – Zündtemperatur < Einsatztemperatur der Panzerung und
- – Auslösung der Detonation durch Schockwelle des Projektileinschlages oder thermisch.
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Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, einen Sprengstoff zu verwenden, der ausgewählt ist aus:
- – Perhydro-1,3,5-Trinitro-1,3,5-triazin (RDX)
- – Octahydro-1,3,5,7-tetranitro-1,3,5,7-tetrazocin (HMX)
- – Pentaerythritoltetranitrat (PETN)
- – 2,2',4,4',6,6'-Hexanitrophenylethylen (HNS)
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Erfindungsgemäß ist die Reaktivpanzerung transparent. Transparent im Sinne der vorliegenden Erfindung bedeutet, dass die Reaktivpanzerung eine hohe Gesamttransmission für sichtbares und infrarotes Licht im Wellenlängenbereich zwischen 380 und 1000 nm aufweist, so dass der Helligkeitswert Y für durchstrahlendes Normlicht A unter 2°-Beobachtung YA/2° > 50 beträgt. Der Helligkeitswert Y des CIE-xyY Farbmesssystems wird jeweils für durchstrahlendes Normlicht A unter 2°-Beobachtung angegeben und lässt sich aus wellenlängenaufgelöste Transmissionsspektren unter Zuhilfenahme der CIE-definierten Augenempfindlichkeitskurven x (λ), y (λ) und z (λ) (Tristimuluskurven) bestimmen (Commission internationale de I'Eciairage proceedings, 1931. Cambridge University Press, Cambridge bzw. DIN 5031): X = ∫ ∞ / 0I(λ)x(λ)dλ Y = ∫ ∞ / 0I(λ)y(λ)dλ Z = ∫ ∞ / 0I(λ)z(λ)dλ
- λ:
- Wellenlänge des monochromatischen Lichtes;
- I(λ):
- Intensität des monochromatischen Lichts (I(λ) = τ(λ)·fA/2°(λ): wellenlängenaufgelöste Transmission der Probe τ(λ) multipliziert mit dem wellenlängenaufgelösten Intensitätsfaktor für Normlicht A unter 2°-Beobachtung fA/2°.
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Die Farbkoordinaten x und y lassen sich berechnen aus: x = X / X+Y+Z y = Y / X+Y+Z
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Der Unbuntpunkt für Normlicht A ist definiert durch: xU,A = 0,4476 yU,A = 0,4074
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Wesentlich für die Gesamttransparenz des Systems ist, dass sowohl die dem Projektil zugewandte äußere Platte, die Sprengstoffschicht als auch die Sprengstoffsubstratschicht sowie darüber hinaus ggf. weitere, antiballistisch wirksame Schichten transparent sind, d. h. für sich gesehen eine hohe Transparenz für sichtbares Licht aufweisen, so dass der Helligkeitswert des Gesamtsystems der transparenten Reaktivpanzerung für durchstrahlendes Normlicht A unter 2°-Beobachtung YA/2° Werte > 50 annimmt. Dabei sind erfindungsgemäß Reflexionsverluste unter 0,5% an einer beliebigen Grenzfläche A/B innerhalb des transparenten Reaktivpanzerungssystems bevorzugt. Hierzu ist es erforderlich, dass aneinandergrenzende Bestandteile der transparenten Reaktivpanzerung so ausgewählt sind, dass sie sich in ihren Brechungsindices nicht wesentlich unterscheiden. Der Brechungsindexunterschied beträgt |Δn| < 0,25, bevorzugt < 0,1, besonders bevorzugt < 0,05 und ganz besonders bevorzugt < 0,01. Bei einem zu großen Unterschied im Brechungsindex führen Reflexionsverluste an den Grenzflächen zu einer verringerten Transmission (verringerte Transparenz).
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In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist die Sprengstoffschicht segmentiert, damit nicht der gesamte Sprengstoff, der in der transparenten Reaktivpanzerung enthalten ist, mit einem Male aufgebraucht wird. Dies ist dadurch realisiert, dass das Sprengstoffsubstrat Vertiefungen aufweist, die mit Sprengstoff gefüllt sind. Form und Größe dieser Vertiefungen bestimmen die verfügbare Sprengstoffmenge und damit die an die Frontplatte übertragbare kinetische Energie. Selbstverständlich sind Form und Größe dieser Vertiefungen vom verwendeten Sprengstoff abhängig.
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Auch die Frontplatte kann strukturiert oder segmentiert sein, um nicht bei einem Einzeltreffer vollständig verbraucht zu werden, sondern um abseits des ersten Treffers noch ausreichenden Schutz zu bieten.
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Um eine hohe Gleichförmigkeit der Segmente bei geschlossener Front zu realisieren ist eine regelmäßige polyedrische Struktur bevorzugt (z. B. gleichseitige Dreiecke, Rechtecke, Fünfecke, Sechsecke etc.). Die Struktur der Frontplattenkachelung hängt von der Strukturierung der Sprengstoffschicht ab. Sie kann deckungsgleich ausgeführt sein, aber auch mehrere Sprengstoffsegmente überlappen.
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In einer besonderen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung können sowohl die Kunststoffanteile des transparenten Reaktivpanzerungssystems als auch der Sprengstoff selbst mit Fasern verstärkt sein. Um die Gesamttransparenz des Systems zu erhalten, gelten bezüglich der Brechungsindexunterschiede zwischen Fasern und Kunst- bzw. Sprengstoffen dieselben Überlegungen wie für die übrigen Schichten. Die Fasern haben bevorzugt einen Durchmesser von kleiner 10 μm und eine Länge von größer 5 mm. Bevorzugte Fasermaterialien sind Glasfasern, Glaskeramikfasern und Kunststofffasern wie z. B. Aramid®. Die Einbettung der Fasern in den Kunst- bzw. Sprengstoff kann als Gewebe oder ungeordnet als Wirrfaserknäul erfolgen. Besonders bevorzugt sind Glas oder Glaskeramikfasern, deren Brechungsindexunterschied zur Kunst- bzw. Sprengstoffmatrix |Δn| < 0,016 beträgt. PVB- oder TPU-Materialien lassen sich bevorzugt z. B. mit Duran®-Fasern (nd = 1,473) faserverstärken (PVB (z. B. TROSIFOL® XT90; nd = 1,482) oder TPU (z. B. ETIMEX® vistasolar®; nd = 1,4887)).
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Faserverstärkte Polycarbonate, die im transparenten Reaktivpanzerungssystem die dem schützenden Objekt am nächsten liegende Scheibe, das sogenannte ”spall shield” darstellen können, sind beispielsweise in den Schriften
US 5,807,914 oder
US 7,208,542 beschrieben.
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Erfindungsgemäß ist also eine transparente Reaktivpanzerung umfassend mindestens eine Frontplatte, mindestens eine Sprengstoffschicht und eine Sprengstoffsubstratschicht, dadurch gekennzeichnet, dass die Sprengstoffsubstratschicht eine Glaskeramik umfasst und der Prengstoff in einer Matrix dispergiert ist, die einen Kunststoff umfasst. Bevorzugt umfasst die Frontplatte eine Keramik. Bevorzugt ist das transparente Reaktivpanzerungssystem ein Mehrschichtlaminat, das eine Frontplatte, mindestens eine Sprengstoffschicht, eine Sprengstoffsubstratschicht sowie darüber hinaus ggf. weitere, antiballistisch wirksame Schichten aus Glas, Glaskeramik oder Kunststoff enthält, die untereinander durch Kunststoffschichten verbunden sind. Diese verbindenden Kunststoffschichten können bevorzugt aus transparentem thermoplastischen Polyurethan oder Polyvinylbutyral bestehen. Die antiballistisch wirksamen Schichten können Schichten aus transparenten Kunststoffen umfassen, bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe:
- – Thermoplastische Polyurethane
- – Polyvinylbutyrale
- – Ethylen/Vinylacetate Copolymere
- – Polycarbonate
- – Polymethylenmethacrylate
- – Polyurethane
- – Polycaprolactame
- – Polyisoprene
- – Polyethylene
- – Polyethyleneterephthalate
- – Polyetherimide
- – Polyetheretherketone
- – Vernetzte oder teilvernetze Polyesterharze
- – Vernetzte oder teilvernetze Vinylesterharze
- – Vernetzte oder teilvernetzte Epoxidharze
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Die obige Liste gibt bevorzugt verwendete Kunststoffe an. Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, dass einer oder mehrere der folgenden Kunstoffe verwendet werden: thermoplastische Polyurethane, Polyvinylbutyrale, Ethylen/Ninylacetate Copolymere, Polycarbonate und Polymethylenmethacrylate. Es ist dabei besonders bevorzugt, dass thermoplastische Polyurethane oder Polyvinylbutyrale als Verbindungskunstoffe im Mehrschichtlaminat verwendet werden (siehe beispielhaft 1, Bezugszeichen 6 bzw. 5). Ferner ist es besonders bevorzugt, dass Ethylen/Vinylacetat-Copolymere als Gießharze zum Verbinden der Frontplatte und der Sprengstoffschicht sowie zur Verbindung der dem zu schützenden Objekt zugewandten weiteren Kunststoffschichten mit den übrigen Schichten des Laminates (Spall Shield, siehe beispielhaft 1, Bezugszeichen 9) verwendet werden. Es ist ferner bevorzugt, dass einer oder mehrere der Kunststoffe aus folgender Liste als Matrixmaterial für den Sprengstoff verwendet werden: Polyurethane, Polycaprolactame, Polyisoprene, Polyethylene, Polyethyleneterephthalate, Polyetherimide, Polyetheretherketone, vernetzte oder teilvernetze Polyesterharze, vernetzte oder teilvernetze Vinylesterharze, vernetzte oder teilvernetze Epoxidharze.
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Die Kunst- oder Sprengstoffanteile des transparenten Reaktivpanzerungssystems können glas- oder glaskeramikfaserverstärkt sein.
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Bevorzugte transparente Glaskeramiken als Glaskeramikbestandteil des transparenten Reaktivpanzerungssystems sind ausgewählt aus der Gruppe umfassend:
Glaskeramiken mit Hochquarzmischkristall Li
2-x(Mg, Zn),
x/2Al
2[SiO
4]
2 (x = 0...1) als Hauptkristallphase und einer Zusammensetzung in Gew.-% mindestens enthaltend:
Li2O | 3,0–4,5 |
Al2O3 | 18,0–24,0 |
SiO2 | 55,0–70,0 |
sowie 0,6–6,0 Gew.-% Keimbildneroxide ausgewählt aus der Gruppe umfassend TiO
2, ZrO
2, SnO
2, HfO
2.
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Glaskeramiken mit Keatitmischkristall (Li
2O·Al
2O
3·4...8SiO
2) als Hauptkristallphase und einer Zusammensetzung in Gew.-% mindestens enthaltend:
Li2O | 3,0–4,5 |
Al2O3 | 15,0–25,0 |
SiO2 | 60,0–70,0 |
sowie 0,5–6,0 Gew.-% Keimbildneroxide ausgewählt aus der Gruppe umfassend TiO
2, ZrO
2, SnO
2, HfO
2.
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Glaskeramiken mit Lithiumdisilikat oder Lithiummetasilikat als Hauptkristallphase und einer Zusammensetzung in Gew.-% mindestens enthaltend:
Li2O | 5,0–15,5 |
Al2O3 | 2,0–8,0 |
SiO2 | 60,0–80,0 |
sowie 0,6–10,0 Gew.-% Keimbildneroxide ausgewählt aus der Gruppe umfassend TiO
2, ZrO
2, SnO
2, HfO
2.
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Glaskeramiken mit Nephelin (Nas-xKxAlsSis032, x = 0,25...4,73) als Hauptkristallphase und einer Zusammensetzung in Gew.-% mindestens enthaltend:
Na2O | 0,1–22,0 |
K2O | 0,1–26,0 |
AlO3 | 30,0–45,0 |
SiO2 | 35,0–50,0 |
sowie 6,0–10,0 Gew.-% Keimbildneroxide ausgewählt aus der Gruppe umfassend TiO
2, ZrO
2, SnO
2, HfO
2.
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Glaskeramiken mit Spinellmischkristall Mg
xZn
1-xAlO
4 (x = 0...1) als Hauptkristallphase und einer Zusammensetzung in Gew.-% mindestens enthaltend:
MgO + ZnO | 5,0–20,0 |
AbO3 | 15,0–25,0 |
SiO2 | 50,0–65,0 |
sowie 5–15,0 Gew.-% Keimbildneroxide ausgewählt aus der Gruppe umfassend TiO
2, ZrO
2, SnO
2, HfO
2.
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Glaskeramik mit Forsterit (MgSiO4) als Hauptkristallphase und einer Zusammensetzung in Gew.-% mindestens enthaltend:
MgO | 13,0–30,0 |
Al2O3 | 10,0–25,0 |
SiO2 | 30,0–60,0 |
K2O | 8,0–20,0 |
sowie 0,5–10,0 Gew.-% Keimbildneroxide ausgewählt aus der Gruppe umfassend TiO
2, ZrO
2, SnO
2, HfO
2.
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Die erfindungsgemäß eingesetzte Glaskeramik ist bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Hochquarzmischkristall, Spinellmischkristall, Lithiumdisilikat und Lithiummetasilikat. Am meisten bevorzugt sind Hochquarzmischkristall und/oder Spinellmischkristall.
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Bevorzugte Gläser als Glasbestandteil des transparenten Reaktivpanzerungssystems sind ausgewählt aus der Gruppe umfassend:
Kalk-Natron-Glas,
Alumosilikatglas,
Borosilikatglas,
Flintglas,
Schwerflintglas,
Kronglas.
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Die Gläser des Glasbestandteils des transparenten Reaktivpanzerungssystems können thermisch vorgespannt oder chemisch gehärtet sein. Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, dass ein Glas verwendet wird, dass ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Flintglas, Schwerflintglas und Kronglas.
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Der Keramikanteil des transparenten Reaktivpanzerungssystems hat bevorzugt eine Stärke von 3 bis 8 mm. Besonders bevorzugt sind Stärken von 4 bis 6 mm. Innerhalb des Mehrschichtlaminates sind die Glaskeramikschichten bevorzugt zwischen 5 und 20 mm stark und die Glas-, Glaskeramik-, Sprengstoff-, Sprengstoffsubstrat- oder Kunststoffanteil des transparenten Reaktivpanzerungssystems untereinander verbindenden Kunststoffschichten sind bevorzugt zwischen 0,25 und 1 mm stark.
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Damit die erforderliche Gesamtlichttransmission des transparenten Reaktivpanzerungssystems von YA/2° > 50 gewährleistet ist, ist es erfindungsgemäß bevorzugt, dass der Betrag der Differenz der Brechungsindices |Δn| von an einer Grenzfläche innerhalb des transparenten Reaktivpanzerungssystems zusammentreffenden Materialien 0,25 und weiter bevorzugt 0,01 ist. Damit ausreichende Transparenz insbesondere der Sprengstoffschicht gegeben ist, ist der Betrag der Differenz der Brechungsindices |Δn| zwischen dem Sprengstoff und der Sprengstoffmatrix bevorzugt kleiner oder gleich 0,001.
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Die vorliegende Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen transparenten Reaktivpanzerung, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst: Übereinanderschichten der verschiedenen Schichten des Mehrschichtlaminates, Herstellung des Mehrschichtlaminates im Autoklaven, Aufbringen des in einer Matrix, die Kunststoff umfasst, dispergierten Sprengstoffes, Auflaminieren der Frontplatte auf die Sprengstoffschicht.
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Das Laminat wird bevorzugt entsprechend den Lamination Guidelines der Kunststoffhersteller erzeugt.
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Ausführungsbeispiel:
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Eine Glaskeramikscheibe (ROBAX®; SCHOTT AG) der Dimension 500·500 mm2 mit einer Dicke von 15 mm, die mit einem Vertiefungsmuster entsprechend 4 versehen wurde (polierte Kalottenvertiefungen; Durchmesser = 30 mm, maximale Tiefe = 3 mm, Volumina der Vertiefung = 1,075 cm3, Abstand benachbarter tiefster Punkte = 31 mm) dient als Sprengstoffsubstrat.
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Auf der nicht strukturierten Fläche desselben wird eine 0,38 mm starke TPU-Folie (505·505 mm2, DUREFLEX® A 4700, Deerfield Urethane, nd = 1,545) zentrisch aufgelegt. Weitere Glaskeramikscheiben (ROBAX®; SCHOTT AG) der Dimension 500·500 mm2 mit einer Dicke von 8 mm) und Zwischenlagen 0,38 mm starker TPU-Folie (505·505 mm2, DUREFLEX® A 4700; Deerfield Urethane) folgen, abgeschlossen mit einer 15 mm starken 500·500 mm großen Palycarbonat-Platte (Macrolon®, BAYER AG), so dass sich folgende Schichtfolge ergibt:
Sprengstoffsubstrat, 15 mm
TPU
ROBAX, 8 mm
TPU
ROBAX, 8 mm
TPU
ROBAX, 8 mm
TPU
ROBAX, 8 mm
TPU
ROBAX, 8 mm
TPU
Polycarbonat
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Das Mehrschichtlaminat wird entsprechend den DUREFLEX lamination guidelines im Autoklaven erzeugt.
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Eine Mischung aus gereinigtem 80 Vol.-% Octahydro-1,3,5,7-tetranitro-1,3,5,7-tetrazocin (HMX) in Kugelform (0,75...0,8 mm Durchmesser = ca. 0,244 mm3, nd = 1,594) und 20 Vol.-% Polydiphenylmethylmethacrylat (nd = 1,5933) wird in die kalottenförmigen Vertiefungen des Sprengstoffsubstrates (ROBAX, nd = 1,544) gefüllt und mit einer TPU-Folie (0,38·505·505 mm3, DUREFLEX® A 4700; Deerfield Urethane, nd = 1,545) abdeckt. Die Frontplatte wird aus polierten EFG-Saphir-Platten (Saphikon®; Saint Gobain Crystals nd = 1,78) der Dicke 5 mm und der Abmessung 60·120 mm2 entsprechend dem Muster in 5D realisiert. Es schließt sich ein Laminationsschritt im Autoklaven entsprechend der DUREFLEX lamination guidelines an.
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Der Helligkeitswert Y für durchstrahlendes Normlicht A unter 2°-Beobachtung beträgt für diese transparente Reaktivpanzerung YA/2° = 51,2. Ein Beschussversuch erfolgte mit einer Panzerabwehrgranate PG-7 aus einer 40 mm Panzerbüchse RPG-7 aus 250 m Entfernung mit einer Auftreffgeschwindigkeitvon 300 m/s unter einem Auftreffwinkel von 45°. Ein 50 cm hinter der Scheibe senkrecht montiertes ”Witness plate” aus 100 mm dickem RHA-Stahl wird vom Hohlladungsjet auf einer Fläche von 5·15 cm2 oberflächlich geschädigt, aber nicht penetriert.
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In einem vergleichbaren Beschussversuch mit einem sprengstofffreien Laminat gleichen Aufbaus wird die Stahlplatte auf einer Fläche von 10·15 cm2 geschädigt und stellenweise penetriert.
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Ohne vorgestellte Panzerung wird das Witness plate in einer kreisrunden Zone von 10 cm Durchmesser vollständig penetriert/zerstört.
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Die hohlladungshemmende Wirksamkeit der transparenten Reaktivpanzerung gegenüber einer Passivpanzerung ist damit unter Beweis gestellt.
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Beschreibung der Figuren
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Fig. 1
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Die Abbildung zeigt einen beispielhaften Aufbau einer Reaktivpanzerung gemäß der vorliegenden Erfindung mit der Frontplatte 1, die mit einem Gießharz 9 an eine Sprengstoffschicht 2 gebunden ist. Die Sprengstoffschicht 2 ist an eine Glaskeramikplatte mit Sprengstoffkontakt 3A gebunden. In Richtung des zu schützenden Objektes folgen eine Kunststoffschicht aus transparentem Polyurethan (TPU) sowie alternierende Glaskeramikplatten 3 und Kunststoffschichten aus Polyvinylbutyral 5 oder alternierende Schichten aus Glasplatten 4 und Kunststoffschichten aus transparentem Polyurethan 6. In Richtung des zu schützenden Objektes folgt dann eine weitere Gießharzschicht 9. Den Abschluss bildet eine Schicht aus Polycarbonat 7 oder Polymethylenmethacrylat 8. Die Gießharzschichten können durch eine Kunststoffschicht aus Polyvinylbutyral oder transparentem Polyurethan 6 ersetzt sein.
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Fig. 2
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2 illustriert eine sprengstoffseitige Strukturierung der Glaskeramikplatte mit Sprengstoffkontakt 3A. Die Vertiefungen dienen der Aufnahme des Sprengstoffs. Hierdurch wird erreicht, dass einzelne Sprengstoffportionen voneinander separiert vorliegen, was ein vollständiges Abbrennen der Sprengstoffschicht bei lokalen Treffern vermeidet. Es ist optional möglich, die Sprengstoffschicht über die Maximaltiefe der Ausnehmungen auszudehnen, so dass eine geschlossene Schicht mit lokalen Verdickungen resultiert (im Bereich der Vertiefungen), wodurch dort höhere Sprengleistungen abgerufen werden können. Dies ist besonders dann interessant, wenn eine einteilige Frontplatte eine große Anzahl an Vertiefungen bedeckt aber gleichmäßig beschleunigt werden soll.
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Fig. 3
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3 zeigt eine alternative sprengstoffseitige Strukturierung einer Glaskeramikplatte mit Sprengstoffkontakt 3A.
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Fig. 4
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4 zeigt eine alternative sprengstoffseitige Strukturierung einer Glaskeramikplatte mit Sprengstoffkontakt 3A.
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Fig. 5
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5 zeigt bevorzugte Patchworkstrukturen in Ausführungsformen der Reaktivpanzerungen, bei denen mehrteilige Frontplatten zum Einsatz kommen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Frontplatte
- 2
- Sprengstoffschicht
- 3
- Glaskeramikplatte;
- 3A
- Glaskeramikplatte mit Sprengstoffkontakt
- 4
- Glasplatte
- 5
- Kunststoffschicht aus Polyvinylbutyral (PVB)
- 6
- Kunststoffschicht aus transparentem Polyurethan (TPU)
- 7
- Kunststoffschicht aus Polycarbonat
- 8
- Kunststoffschicht aus Polymethylenmethacrylat (PMMA)
- 9
- Gießharz