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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vermindung von Anomeren des Spectinomycins.
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Spectinomycin (R-cis) ist aus einem Isomeren des Streptamins aufgebaut und über zwei Sauerstoff-Atome mit einem Tetrahydropyran zu einem Trizyklus gemäß der folgenden Formel (I) verknüpft:
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(2R,4aR,5aR,6S,7S,8R,9S,9aR,10aS)-4a,7,9-trihydroxy-2-methyl-6,8-bis(methylamino)decahydro-4H-pyrano[2,3-b][1,4]benzodioxin-4-one); CAS-Nr. 1695-77 -8
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Spectinomycin unterscheidet sich in seiner Struktur von den Aminoglykosiden im eigentlichen Sinne, doch weist der Wirkungsmechanismus gewisse Gemeinsamkeiten mit diesen auf.
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Spectinomycin-Salze zeichnen sich dadurch aus, dass sie neben der Verbindung Spectinomycin (R-cis) Verunreinigungen und Anomere des Spectinomycins enthalten. Anomere sind epimere Umlagerungsprodukte einer Diketon-Zwischenstufe des Spectinomycins (HOOGMARTENS, J. [et al.]: Analysis of spectinomycin by liquid chromatography with pulsed electrochemical detection. In: Journal of Chromatography A, Vol. 953, 2002, S. 123- 132.). Abhängig von dem Herstellungsverfahren können folgende Anomere in den Spectinomycin-Salzen theoretisch vorliegen:
Anomere R-trans der Formel (1)
Anomer (S-cis) der Formel (2)
Anomer (S-trans) der Formel (3)
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Bekannte Verunreinigungen des Spectinomycins werden im folgenden aufgezählt:
Actinamin (1,3-Dideoxi-1,3-bis(methylamino)-myo-inosytol) der Formel (A):
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Actinospectinsäure (2S,3RS,5R)-3-hydroxy-5-methyl-2-[[1 r,2R,3S,4r,5R,6S)-2,4,6-trihydroxy-3,5-bis(methylamino)cyclohexyl]oxy]tetrahydrofuran-3-carboxylic acid) der Formel (B):
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(4S)-Dihydrospectinomycin (2R,4S,4aS,5aR,6S,7S,8R,9S,9aR,10aS)-2-methyl-6,8-bis(methylamino)decahydro-2H-pyrano[2,3-b][1,4]benzodioxine-4,4a,7,9-tetrol der Formel (C):
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Dihydroxyspectinomycin (2R,3R,4S,4aS,5aR,6S,7S,8R,9S,9aR,10aS)-2-methyl-6,8-bis(methylamino)decahydro-2H-pyrano[2,3-b][1,4]benzodioxine-3,4,4a,7,9-pentol der Formel (D):
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N-Desmethylspectinomycin (2R,4aR,5aR,6S,7R,8R,9S,9aR,10aS)-6-amino-4a,7,9-trihydroxy-2-methyl-8-(methylamino)decahydro-4H-pyrano[2,3-b][1,4]benzodioxin-4-one der Formel (E):
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Tetrahydroxyspectinomycin (2R,3S,4aR,5aR,6S,7S,8R,9S,9aR,10aS)-3,4a,7,9-tetrahydroxy-2-methyl-6,8-bis(methylamino)decahydro-4H-pyrano[2,3-b][1,4]benzodioxin-4-one der Formel (G):
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Triol spectinomycin (2S,4S,6R)-4-hydroxy-6-methyl-2-[[1 r,2R,3S,4r,5R,6S)-2,4,6-trihydroxy-3,5-bis(methylamino)cyclohexyl]oxy]dihydro-2H-pyran-3(4H)-one (F):
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Für pharmazeutische Verwendungen müssen Spectinomycin-Salze den Anforderungen auf Reinheit gemäß den jeweils zuständigen Monographien, z. B. des europäischen Arzneibuches (Ph. Eur 5.7. Monograph: „Spectinomycin Dihydrochloride Pentahydrate“; 04/2007:1152 und „Spectimonycin Sulphate Tetrahydrahydrate for veterinary use“; 04/2007/1658), bzw. dem wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechen.
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In diesen Monographien werden mittels HPLC und amperometrischer Detektion Verunreinigungen und Anomere des Spectomycin bestimmt. Bestimmte Grenzwerte für Verunreinigungen und Anomere des Spektonomycins dürfen nicht überschritten werden, wobei in der Reinheitsprüfung der Monographien zwischen Anomeren und Verunreinigungen nicht spezifisch unterschieden wird.
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Die Dokumente Wiley, P.F.; ARGOUDELIS, A. D.; HOEKSEMA, H.: The Chemistry of Actinospectacin. IV.
The Determination of the Structure of Actinospectacin. In: Journal of the American Chemical Society, Vol. 85, 1963, S. 2652 - 2659sowie die
DE 22 33 555 A ,
DE 11 81 860 A ,
US 3 279 989 A und
US 3 269 907 A sind Veröffentlichungen, die sich mit der Struktur von Spectinomycin bzw. mit Herstellverfahren hierzu beschäftigen.
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Es kann nun vorkommen, dass Spectinomycin-Salze als Ausgangsstoff für die pharmazeutische Verwendung die Grenzwerte für den Anomergehalt gemäß der jeweiligen Monographien überschreiten. Da die Reinheitsanforderungen gemäß den entsprechenden Monographien somit nicht eingehalten werden, können diese Ausgangsstoffe nicht für die pharmazeutische Verwendung herangezogen werden.
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Es besteht nun das Bedürfnis, den Anomerengehalt in solchen Spectinomycin-Salzen zu senken, welche die Reinheitsanforderungen nicht erfüllen. Das Verfahren der Wahl, das bisher hierfür verwendet wurde, bestand in dem Umkristallisieren der Substanz, die Spectinomycin (R-cis) enthält und dem anschließenden Trocknen. Hierfür benötigt man ein geeignetes Lösungsmittel, das sowohl Spectinomycin in Lösung bringt als auch dessen selektive Auskristallisierung erlaubt. Ein solches Verfahren ist mit hohem Zeit-, Kosten- und Arbeitsaufwand verbunden.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, ein Verfahren bereitzustellen, das den Anomerengehalt in Spectinomycin-Salzen senkt, wobei der Gehalt an Spectinomycin zumindest gleich bleibt oder erhöht wird. Zudem sollte dieses Verfahren wenig zeit- und/oder kostenintensiv sein.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch die erfindungsgemäßen Gegenstände des vorliegenden Anspruchsatzes, wobei die bevorzugten Ausführungsformen in den abhängigen Ansprüchen wiedergegeben werden.
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Demzufolge löst ein Verfahren zur Verminderung von Anomeren des Spectinomycins, umfassend folgende Schritte:
- - Bereitstellung einer Substanz umfassend Spectinomycin, ein oder mehrere Spectinomycin-Salze und/oder ein oder mehrere Sepctinomycinsalz-Hydrate und eine oder mehrere Anomere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Anomer R-trans der Formel (1), Anomer S-cis der Formel (2) und Anomer S-trans der Formel (3) und
- - Autoklavieren der Substanz aus (a)
die Aufgabe der vorliegenden Erfindung.
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Die Erfindung ermöglicht Spectinomycin, Spectinomycin-salz und/oder Spectinomycinsalz-Hydrat erhalten oder erhältlich gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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Die Erfindung ermöglicht des weiteren ein veterinärmedizinisches Antibiotikum, umfassend Spectinomycin, ein oder mehrere Spectinomycinsalze und/oder ein oder mehrere Spectinomycinsalz-Hydrate erhalten oder erhältlich gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren, dadurch gekennzeichnet, dass der Gesamtgehalt an Verunreinigenden Verbindungen ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Anomer R-trans der Formel (1), Anomer S-cis der Formel (2) und Anomer S-trans der Formel (3) von höchsten 6 Gew.-%, vorzugsweise von höchstens 2 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge des Antibiotikums.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass Anomere des Spectinomycins in fester Phase über einen temperaturabhängigen, chemisch-physikalischen Prozess fast vollständig in Spectinomycin (R-cis) irreversibel umgelagert werden. Mit Verminderung des Anomeren-Gehaltes erhöht sich äquivalent der Gehalt von Spectinomycin (R-cis). Folglich kann durch das erfindungsgemäße Verfahren der Anomer-Gehalt in Spectinomycinsalzen vermindert werden, sodass die Anforderungen der Reinheitsprüfung gemäß der jeweiligen Monographien erfüllt werden können und der Gehalt an Spectinomycin (R-cis) wird sogar erhöht.
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Da der Umwandlungsprozess ausschließlich auf chemisch-physikalischen Parametern beruht, ist eine Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens im Produktionsmaßstab möglich. Die Einsparungen an Zeit, Kosten und Arbeitsaufwand gegenüber dem bekannten Verfahren der Umkristallisierung sind evident.
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Unter Spectinomycin ist Spectinomycin (R-cis) der Formel (I), wie oben beschrieben, in fester Form zu verstehen.
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Unter Spectinomycin-Salz sind alle denkbaren Salze in fester Form zu verstehen, insbesondere folgende, wobei es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handelt:
- Spectinomycinsulfat, Spectinomycindihydrochlorid, Spectinomycinphosphat, etc.
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Unter Spectinomycinsalz-Hydrat sind alle denkbaren Hydrate insbesondere Mono-, Hemi-, Di-, Tri-, Tertra-, Penta-, Hexa-, Hydrate usw. der oben genannten Spectinomycin-Salze in fester Form zu verstehen, insbesondere folgende, wobei es sich nicht um eine abschließende Auflistung handelt:
- Spectinomycinsulfat-Tetrahydrat, CAS-Nr. 64058-48-6, Spectinomycindichlorid-Pentahydrat, CAS-Nr. 22189-32-8
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Die erfindungsgemäße Bereitstellung einer Substanz umfassend Spectinomycin, ein oder mehrere Spectinomycin-Salze und/oder ein oder mehrere Spectinomycinsalz-Hydrate und ein oder mehrere verunreinigende Anomere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Anomer R-trans der Formel (1), Anomer S-cis der Formel (2) und Anomer S-trans der Formel (3) ist gemäß der vorliegenden Erfindung eine geeignete Bereitstellung zum Autoklavieren zu verstehen. Bevorzugt wird diese Substanz in einem geeigneten Behälter zum Autoklavieren, insbesondere einem Autoklavierbeutel, bereitgestellt.
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Unter Autoklavieren ist eine thermische Behandlung in einem Thermogerät, z. B. Dampfsterilisator KSG 25-2-3 der Firma; KSG Sterilisatoren GmbH; D-82140 Olching, bei Wasserdampfsättigung zu verstehen, wobei die Temperatur bevorzugt zwischen 90 °C und 130 °C, sowie die Autoklavierzeit bevorzugt ab 4 Min. an dem Gerät eingestellt wird.
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Die bevorzugten Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Gegenstände sind in den abhängigen Ansprüchen wiedergegeben.
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Demnach ist ein erfindungsgemäßes Verfahren bevorzugt, das dadurch gekennzeichnet ist, dass das Autoklavieren bei einer Temperatur von über 90° C, vorzugsweise zumindest 95° C und besonders bevorzugt zumindest 100° C erfolgt.
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Weiter bevorzugt ist ein Verfahren, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die Temperatur zum Autoklavieren 5 Minuten, 4 Minuten und besonders bevorzugt 3 Minuten gehalten wird.
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Bevorzugterweise wird die durch Autoklavieren erhaltene Substanz getrocknet.
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Unter Trocknen werden u. a. folgende Verfahren verstanden: Konvektive Trocknung (Lufttrocknung), Vakuumtrocknung, Gefriertrocknung, Sprühtrocknung, Wirbelschichttrocknung etc.
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Bevorzugte Trocknungsverfahren für die Hydrate sind u. a. folgende:
- Konvektive Trocknung (z. B. Horden - Umluftschrank), Trocknung an der Luft bei Raumtemperatur (25 °C) unter kontinuierlicher Umluft.
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Diese Verfahren können in dafür geeigneten Apparaturen, die der Fachmann kennt, erfolgen. Die Trocknung muss bei den Hydraten so erfolgen, dass der Kristallwassergehalt bestehen bleibt!
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird besonders bevorzugt bei einer zu autoklavierenden Substanz gemäß Merkmal (a) des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendet, wobei der Gehalt an Anomeren der Formeln (1), (2) und/oder (3) bis zu 10 Gew.-%, vorzugsweise bis zu 8 Gew.-% und besonders bevorzugt zwischen 4 und 7 Gew.-% bezogen auf die Gesamtmenge der zu autoklavierenden Substanz beträgt.
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Die Erfindung wird im Folgenden durch ein Ausführungsbeispiel beschrieben, wobei die Erfindung nicht hierauf beschränkt wird.
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Beispiel:
- Es wird Spectinomycinsulfat-Tetrahydrat vom Hersteller Zhejiang der Chargen 051105 und 051020-2 verwendet. Der Anomerengehalt liegt zwischen 4 und 7 Gew.-% bezogen auf die Gesamtmenge des Spectinomycinsulfat-Tetrahydrates.
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Ca. 250 g Spectinomycinsulfat-Tetrahydrat wurden in doppeltlagigen HELVOET Pharmaautoklavierbeuteln (RFS) eingeschweißt und unter folgenden Bedingungen thermisch behandelt:
- Dampfsterilisator der Firma KSG; KSG 25-2-3, QVP Nr. 2076
- Temperatur/Luftfeuchte: 100° C/Wasserdampfsättigung
- Temperaturaufzeichnung: Flukethermoschreiber; QC Mi0079
- Temperatur: Max. 100° C bei Wasserdampfsättigung
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Autoklaviermethode:
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- I: 100° C (Dauer 15 Minuten) Temperaturaufzeichnung
- II: 100° C (Dauer 5 Minuten) Temperaturaufzeichnung
- III: 100° C (Dauer 4 Minuten) Temperaturaufzeichnung
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Produktaufarbeitung:
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Nach der thermischen Behandlung liegt der Wirkstoff durchfeuchtet vor. Das Produkt wird bei Raumtemperatur gut durchmischt und ca. 3-4 Stunden bei 25° C an der Luft (Umluft) getrocknet. Nach der Trocknung liegt ein homogenes kristallines farbloses Pulver vor. Die analytische Prüfung auf Reinheit und Gehalt erfolgt nach Ph. Eur 5.7 Monographie 04/2007:1658 ( „Spectinomycin Sulphate Tetrahydrate For Veterinary Use“).
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Lagerung:
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Die behandelten Muster wurden in Braunglasflaschen (250 ml) mit Schraubdeckel abgefüllt und dicht verschlossen bei Raumtemperatur gelagert.
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Ergebnisse:
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In 1 wird der Anomerengehalt der Chargen 051105 nach thermischer Behandlung gemäß Methoden I, II und III dargestellt. Der korrespondierende Spectomycingehalt der Charge 051105 ist nach thermischer Behandlung gemäß den Methoden I, II und III wird in 2 dargestellt.
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In 3 wird der Anomerengehalt der Charge 051020-2 nach thermischer Behandlung gemäß Methoden I, II und III dargestellt. Der korrespondierende Spectomycingehalt der Charge 051020-2 nach thermischer Behandlung gemäß Methoden I, II und III wird in 4 dargestellt.
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Aus den Darstellungen in den 1 bis 4 ist ersichtlich, dass durch die erfindungsgemäßen thermischen Behandlungen der Anomerengehalt bezogen auf die Gesamtmenge der autoklavierten Substanz auf unter 1 Gew.-% fällt. Somit werden die Reinheitsanforderungen gemäß den jeweiligen Arzneibuchmonographien erreicht.
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Gleichzeitig erhöht sich der Spectinomycin-(R-cis)-Gehalt bezogen auf die Gesamtmenge der autoklavierten Substanz von unter 91 Gew.-% auf über 96 Gew.-% und entspricht somit ebenfalls den Reinheitsanforderungen des Europäischen Arzneibuchs, das mindestens einen Gehalt an Spectinomycin (R-cis) von 94 Gew.-% fordert.
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Abbauprodukte, wie sie gemäß Formeln (A), (B), (C), (D), (E), (F) und (G) beschrieben sind, werden gemäß erfindungsgemäßen Verfahren nicht oder nur in geringer Menge (kleiner 0,5 Gew.-%) gebildet.