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STAND DER TECHNIK
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Plausibilisieren einer Überrollbewegung eines Kraftfahrzeugs mit einer Sensoreinrichtung für fahrzeugdynamische Signale.
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Derartige Verfahren und Vorrichtungen zur Überrollsensierung sind bekannt. Bei diesen wird eine Auswertung eines Drehratensensors, der eine Wankbewegung eines Kraftfahrzeugs um seine Längsachse bzw. einen so genannten Wankwinkel abtastet, und zweier Beschleunigungssensoren vorgenommen. Die Beschleunigungssensoren erfassen zusätzlich die Fahrzeugbeschleunigung in Längs-, Quer- und Hochachse des Fahrzeugs. In einem Hauptalgorithmus werden die Sensorikdaten hinsichtlich eines bevorstehenden Fahrzeugüberschlags ausgewertet. Er besteht im Allgemeinen aus mehreren Funktionen mit unterschiedlichen Aufgaben. Eine wesentliche Funktion hierbei ist die allgemeine Feststellung, dass sich das Kraftfahrzeug in einem „überschlagskritischen” Zustand befindet. Aus dieser Feststellung resultiert, dass ein Auslöse- bzw. Feuerbefehl für das eine oder andere Rückhaltemittel, welcher in einer der weiteren Funktionen generiert wurde, freigegeben bzw. blockiert wird. In diesem Zusammenhang wird oft auch von einer „Plausibilisierung” der Sensorikdaten gesprochen.
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Die Feststellung eines „überschlagskritischen” Zustands beruht im Allgemeinen darauf, dass Datenwerte einzelner Sensoren empirisch bestimmte Schwellwerte überschreiten müssen. Diese Feststellung ist im Allgemeinen nicht an einen definierten dynamischen Fahrzeugzustand gekoppelt.
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Die Patentschrift
DE 101 18 062 C2 beschreibt ein Verfahren zum Erkennen von Überrollvorgängen bei einem Kraftfahrzeug. Es wird ein Drehratensensor verwendet, der eine Drehrate des Fahrzeugs um seine Längs- oder Querachse erfasst, wobei neben der Drehrate die Translationsbeschleunigungen des Fahrzeugs in seiner Längs- und Querachse in mindestens einer Richtung erfasst und bei der Auswertung der erfassten Drehrate mitberücksichtigt werden. Anhand der Translationsbeschleunigungen wird geprüft, ob eine Crash-Situation vorliegt, die die Funktion des Drehratensensors beeinträchtigen könnte. Eine Crash-Situation wird durch Vergleich der Translationsbeschleunigungen mit einem vorgebbaren Schwellwert erkannt. Bei einem erkannten Crash werden die Daten des Drehratensensors für einen bestimmten Zeitabschnitt ignoriert, so dass diese eventuell durch den Crash verfälschten Daten nicht zu einer irrtümlichen Auslösung von Rückhaltemitteln für einen Überschlag führen. Nachteilig dabei ist, dass bei einem solchen Crash, der auch zu einem Überrollvorgang führen kann, die Signale des Drehratensensors unwirksam sind.
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Die Bestimmung bzw. Erfassung von Wankwinkel in einem Bereich unterhalb von 15°, wie beispielsweise zur Auslösung von Windowbags gefordert wird, ist allein über einen Drehratensensor nicht ausreichend, wie sich herausgestellt hat.
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Aus der
DE 100 15 267 A1 ist bekannnt, eine Steuervorrichtung für Insassenschutzmittel im Kraftfahrzeug, die neben einem Längsbeschleunigungsaufnehmer mit vorzugsweise drei zueinander senkrechten Empfindlichkeitsachsen Reifensensoren an den Fahrzeugrädern aufweist, deren Messdaten Radlastveränderungen erfassen und damit der Auswerteeinheit ermöglichen langsame Kippbewegungen des Fahrzeugs zu errechnen. Mittels der Messdaten eines zusätzlichen Lenkwinkelsensors können auch dynamische Fahrzustandsänderungen erfasst werden. Insassenschutzmittel zum Front- und Seitenaufprallschutz sowie zum Überrollschutz werden je nach erkannter Unfallsituation ausgelöst.
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Aus der
DE 196 51 124 C1 ist bekannt, eine Anordnung zum Erkennen einer Drehbewegung eines Kraftfahrzeugs, die zwei Beschleunigungssensoren aufweist, die Beschleunigungssignale liefern und an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug angeordnet sind. Eine Auswerteeinrichtung liefert eine Drehbewegungsgröße, die durch die Beschleunigungssignale bestimmt wird.
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Aus der
DE 103 03 149 A1 ist bekannt, eine Anordnung zur Ansteuerung von einer Schutzvorrichtung, die derart konfiguriert ist, dass die Anordnung die Schutzvorrichtung in Abhängigkeit von einem Beladungszustand des Fahrzeugs ansteuert. Der Beladungszustand wird mittels einer Inertialsensorik ermittelt. Dabei werden entweder die Querbeschleunigung und die Wankrate oder die Fahrzeuglängsbeschleunigung und die Nickrate zur Bestimmung des Fahrzeugschwerpunktes als Merkmal für den Beladungszustand verwendet.
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VORTEILE DER ERFINDUNG
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Das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Vorrichtung liefert demgegenüber ein zuverlässiges Kriterium, indem sie durch eine kombinierte Auswertung von Daten von drei unterschiedlichen Sensoren den Beginn der „eigentlichen Überrollbewegung” in einem Wankwinkelbereich von 5...15° mit hoher Trennschärfe erkennt. Bei diesen drei Sensoren handelt es sich um lineare Beschleunigungssensoren in lateraler und vertikaler Richtung eines Fahrzeugs, sowie um einen Wankratensensor um die Längsachse des Fahrzeugs.
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Die Grundidee der Erfindung wird im Folgenden erläutert.
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Der Kern der Erfindung liegt darin, dass die Feststellung eines „überschlagskritischen” Zustands an einen definierten dynamischen Fahrzeugzustand gekoppelt wird. Es handelt sich dabei um den Zustand, in dem die Räder auf der einen Seite des Fahrzeugs die Berührung mit dem Boden verlieren. Dieses ist im Allgemeinen in einem Wankwinkelbereich von 5...15° der Fall. Dabei wird im Fahrbetrieb des Kraftfahrzeugs die Wankbewegung desselben hinsichtlich des effektiven Wankdrehpunkts ermittelt und überwacht. Der Wankdrehpunkt befindet sich bei Normalbetrieb des Fahrzeugs in einem Normalbereich, den er verlässt, wenn eine Überrollsituation auftritt.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Plausibilisieren einer Überrollbewegung eines Kraftfahrzeugs mit einer Sensoreinrichtung (3 bis 9) für fahrzeugdynamische Signale umfasst folgende Verfahrensschritte:
(S1) Ermitteln eines aktuellen Wankdrehpunkts aus mit der Sensoreinrichtung erfassten fahrzeugdynamischen Signalen und der Fahrzeuggeometrie;
(S2) Vergleichen des aktuellen Wankdrehpunkts und anderer möglicher Wankdrehpunkte mit zumindest einem vorgegebenen Schwellwert; und
(S3) Plausibilisieren einer Überrollbewegung, wenn der vorgegebene Schwellwert überschritten ist.
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Das Ermitteln des aktuellen Wankdrehpunkts erfolgt über eine korrelierte Auswertung der Wankrate sowie lateraler und vertikaler Beschleunigungswerte. Die Auswertung basiert auf einem vorteilhaft einfachen physikalischen Modell. Hierbei ist es vorteilhaft, dass zum Beispiel nur Beschleunigungswerte allein oder im Zusammenhang mit weiteren fahrzeugdynamischen Größen verwendet werden können.
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Dabei ist vorteilhaft, dass im Verfahrensschritt (S1) eine Newton'sche Bewegungsgleichung verwendet wird, die im Verfahrensschritt (S1) durch ein Analysieren zum Ermitteln von aktuellen Wankdrehpunkten verwendet wird.
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In bevorzugter Ausgestaltung wird im Verfahrensschritt (S2) eine Fallunterscheidung zum Unterscheiden eines normalen Fahrbetriebs des Kraftfahrzeugs von einem Überrollvorgang anhand von vorgegebenen Schwellwerten vorgenommen, was vorteilhaft mit der Analyse der Newton'schen Bewegungsgleichung erfolgen kann, wobei bei der Fallunterscheidung im Verfahrensschritt (S2) bei einem normalen Fahrbetrieb die Newton'sche Bewegungsgleichung in Kombination eines vorgegebenen Wankdrehpunkts kleiner als ein erster Schwellwert erfüllt ist, und dass bei einer Überrollsituation die Newton'sche Bewegungsgleichung in Kombination zum vorherigen Wankdrehpunkt größer als ein zweiter Schwellwert, und in Kombination eines für eine Überrollbewegung plausiblen Wankdrehpunkts kleiner als ein dritter Schwellwert ist.
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Zur Verbesserung der Ermittlung der Überrollbewegung ist es vorteilhaft, im Verfahrensschritt (S1) die fahrzeugdynamischen Signalen Gierrate und/oder Schwimmwinkel bei hochdynamischen Fahrmanövern mit eingebunden werden.
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In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird im Verfahrensschritt (S3) bei erfolgtem Plausibilisieren einer Überrollbewegung ein Freigabesignal zur Freigabe von Rückhaltemitteln erzeugt und an zum Weiterleiten bereitgestellt.
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Eine weitere Ausgestaltung sieht vor, dass im Verfahrensschritt (S3) bei erfolgtem Plausibilisieren einer Überrollbewegung dieser eine Überschlagsart zugeordnet wird, wobei ein entsprechendes Signal weitergeleitet wird. Damit ist eine vorteilhafte Einordnung eines Überschlags möglich, womit spezielle Rückhaltemittel auch selektiv ausgelöst werden können.
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Eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Plausibilisierung einer Überrollbewegung eines Kraftfahrzeugs mit einer Sensoreinrichtung für fahrzeugdynamische Signale und einem Steuergerät zur Aktivierung von Rückhaltemitteln, weist Folgendes auf:
eine Berechnungseinrichtung zur Berechnung eines aktuellen Wankdrehpunkts aus den fahrzeugdynamischen Signalen und der Geometrie des Kraftfahrzeugs;
eine Unterscheidungseinrichtung zur Unterscheidung eines normalen Fahrbetriebs von einer Überrollbewegung des Kraftfahrzeugs und zur Plausibilisierung der Überrollbewegung;
eine Übergabeeinrichtung zur Übergabe eines Freigabesignals zur Freigabe von Rückhaltemitteln an das Steuergerät, wenn eine Überrollbewegung durch die Unterscheidungseinrichtung plausibilisiert ist; und
eine Speichereinrichtung zur Speicherung von Datenwerten von vorgegebenen Schwellwerten und der Fahrzeuggeometrie.
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Darüber hinaus ist die Vorrichtung dazu ausgebildet ein Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung auszuführen.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Unterscheidungseinrichtung zur Zuordnung von Überschlagsarten zu einer jeweiligen Überrollbewegung ausgebildet ist, da somit weitere Funktionen, wie zusätzliche selektive Auslösung von Rückhaltemitteln vorteilhaft möglich werden.
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Es ist vorteilhaft, dass die Berechnungseinheit als Bestandteil der Software des Steuergeräts ausgebildet ist, da somit kein zusätzlicher Bauraum für die erfindungsgemäße Vorrichtung benötigt wird.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen und der Beschreibung unter Bezugnahme auf die Zeichnungen entnehmbar.
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ZEICHNUNGEN
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand des in der Figur der Zeichnung angegebenen Ausführungsbeispiels näher erläutert.
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Es zeigt dabei:
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1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs in Frontansicht mit Wankdrehpunkt im normalen Fahrbetrieb;
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2 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs in Frontansicht mit Wankdrehpunkt bei Beginn einer Überrollsituation;
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3 eine schematische Draufsicht auf ein Fahrzeug mit einer erfindungsgemäßen Vorrichtung; und
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4 ein schematisches Blockschaltbild eines Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
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Ein großer Anteil von tödlichen Einzelfahrzeug-Unfällen kann auf einen Überschlag zurückgeführt werden. Daher ist die Bedeutung der passiven Sicherheit bei Fahrzeugüberschlägen sehr hoch. Im gesamten Unfallgeschehen nimmt der Fahrzeugüberschlag oder -überrollvorgang zur Zeit einen Anteil von rund 20 Prozent ein.
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Vor diesem Hintergrund gibt es Konzepte für die Überrollsensierung, welche zum Beispiel einen Fahrzeugüberschlag bereits zu einem frühen Zeitpunkt erkennen können. Damit wird gewährleistet, dass Sicherheitsvorrichtungen wie Gurtstraffer, Kopfairbag und Überrollbügel rechtzeitig aktiviert und Verletzungsrisikos verringert werden. Bisherige Systeme zur Überschlagserkennung betrachten die Wankbewegung und die Beschleunigungen in x-, y- und z-Richtung des Fahrzeugs. Auf dieser Basis ist eine sichere Erkennung eines Überschlags des Fahrzeugs möglich. In herkömmlichen Systemen wird der Wankwinkel in der Regel allein über den Wankratensensor bestimmt. Aus diesem Grund werden Aktivierungsentscheidungen von Rückhaltemitteln für den Fahrzeugüberschlag nur bei Wankwinkeln größer als 15° akzeptiert.
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Für den Einsatz so genannter Windowbags wird von den Autoherstellern derzeit eine sehr frühe Erkennung bevorstehender Fahrzeugüberschläge gefordert, wobei dieses bei Wankwinkeln unter 15° erfolgen soll. Die Schwierigkeit in diesem Wankwinkelbereich liegt jedoch darin, dass die Fahrdynamik hier durch viele Einflussfaktoren bestimmt wird.
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Derzeitige neue Fahrzeuge werden in zunehmendem Maße mit elektronischen Stabilisierungssystemen (ESP) ausgerüstet, während ABS-Bremssysteme mittlerweile zur Standardausrüstung gehören. Diese Systeme haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Fahrdynamik im Wankwinkelbereich von 0...7°. Solange dieser Einfluss besteht, ist eine Vorhersage eines Überrollvorgangs unmöglich. Desweiteren spielen im Wankwinkelbereich bis 5° die Einflussfaktoren Reifenabmessung und -druck, Haftkoeffizient, Bodenkennwerte und Fahrzeuggewicht eine wesentliche Rolle für die Überschlagserkennung, die derzeit durch keine Sensorik erfasst werden kann.
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Daher ist ein verlässliches Kriterium zur Erkennung des im Hinblick auf die Fahrdynamik komplexen Wankwinkelbereichs von 0...7° erforderlich, welches eine Freigabe von Rückhaltemitteln für den Fahrzeugüberschlag nur außerhalb dieses Wankwinkelbereichs zulässt.
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Die vorliegende Erfindung liefert ein zuverlässiges Kriterium, wobei der Beginn der Überrollbewegung in einem Wankwinkelbereich von 5...15° mit hoher Trennschärfe erkannt wird.
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BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs 10 in Frontansicht mit einem Wankdrehpunkt rNF im normalen Fahrbetrieb auf einer Straße. Der Wankdrehpunkt rNF ist der Drehpunkt einer Wankbewegung des Fahrzeugs 10 um die Fahrzeuglängsachse, die hier parallel zu der senkrecht auf der Zeichnungsebenen stehenden x-Koordinate eines Koordinatensystems verläuft. Der Wankwinkelbereich für den normalen Fahrbetrieb bewegt sich im Bereich von 0° bis maximal 15°.
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Im normalen Fahrbetrieb liegt der Wankdrehpunkt rNF je nach Konstruktion der Achsen bzw. der Radaufhängungen, also des Fahrwerks des Fahrzeugs 10, unterhalb des Fahrzeugmittelpunkts. Die exakte Lage des Wankdrehpunkts rNF für unterschiedliche Fahrzeugkonstruktionen ist in der Literatur ausführlich beschrieben.
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Erreicht das Fahrzeug 10 einen Zustand, wie in 2 dargestellt ist, bei dem auf einer Fahrzeugseite die Räder (hier die in Fahrtrichtung linken Räder) den Bodenkontakt verlieren, wandert der aktuelle Wankdrehpunkt rNF nach Beginn einer Überschlagbewegung ab einem Wankwinkel von 5° in einen seitlichen Bereich. Er ist als Überroll-Wankdrehpunkt mit dem Bezugszeichen rR versehen. Dieser ist charakteristisch für die Überschlagsbewegung des Fahrzeugs 10.
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Die Erfindung ermöglicht es, dass eine Ermittlung eines aktuellen Wankdrehpunkts ri auf Basis eines einfachen physikalischen Modells erfolgt. Dabei werden die Wankrate ωx und die Beschleunigungsdaten des Fahrzeugs 10 in lateraler Richtung ay und in vertikaler Richtung az über eine Newton'sche Bewegungsgleichung f verknüpft.
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Durch eine Analyse der Newton'schen Bewegungsgleichung können bestimmte Wankdrehpunkte als wahrscheinlich angenommen werden, andere lokale Drehpunktbereiche können jedoch definitiv ausgeschlossen werden.
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In die Newton'sche Bewegungsgleichung f fließen bei dem dargestellten Beispiel folgende Datenwerte der Fahrzeugdynamik ein: Wankrate ωx, Lateralbeschleunigung ay, Vertikalbeschleunigung az, sowie Schwerpunkt rCM des Fahrzeugs 10 (aus der Fahrzeuggeometrie) und Wankdrehpunkt im normalen Fahrbetrieb rNF. Die Datenwerte der Fahrzeugdynamik werden von entsprechenden Sensoriken bzw. von im Fahrzeug 10 vorhandenen Fahrdynamiksystemen geliefert und/oder abgeleitet und können häufig mittels eines gemeinsamen Bussystems, beispielsweise CAN-Bus, übertragen werden.
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Für eine laufende Fallunterscheidung beim Betrieb des Fahrzeugs 10 wird in einem erfindungsgemäßen Verfahren der aktuelle Wankdrehpunkt über die Newton'sche Bewegungsgleichung f ermittelt. Ist im Idealfall der exakte Wankdrehpunkt rIF bekannt, ist die Newton'sche Bewegungsgleichung f erfüllt [f(ωx, ay, az, rCM, rIF) = 0]. In der Regel gilt ein Wankdrehpunkt als bestimmt, falls die Newton'sche Bewegungsgleichung f einen vorgegebenen Schwellwert nicht überschreitet: f(ωx, ay, az, rCM, rNF) < limNF (1)
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Im normalen Fahrbetrieb mit entsprechendem Wankdrehpunkt rNF wird ein erster Schwellwert limNF nicht erreicht.
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Zur Erkennung der Überrollbewegung müssen zwei Kriterien erfüllt sein, dass ein zweiter Schwellwert limi überschritten wird und ein dritter Schwellwert limR nicht erreicht wird: f(ωx, ay, az, rCM, ri) > limi (3) und f(ωx, ay, az, rCM, rR) < limR (2)
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Hierbei ist rR der aktuelle Wankdrehpunkt und ri eine definierte Menge, die mehrere Wankdrehpunkte oder nur einen enthält.
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Sind diese Kriterien erfüllt, steht zuverlässig fest, dass eine Überschlagbewegung des Fahrzeugs 10 vorhanden ist, und es können unverzüglich die erforderlichen Rückhaltemittel aktiviert werden, indem entsprechende Datenwerte einem Steuergerät 2 für Rückhaltemittel des Fahrzeugs 10 übergeben werden.
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3 zeigt eine schematische Draufsicht auf ein Fahrzeug 10 mit einer erfindungsgemäßen Vorrichtung 1, an welche ein lateraler Beschleunigungssensor 3, ein vertikaler Beschleunigungssensor 4 und eine Wankratensensor 5 angeschlossen sind. Weiterhin ist die Vorrichtung 1 mit einem Steuergerät 2 für Rückhaltemittel des Fahrzeugs 10 verbunden. Die Beschleunigungssensoren 3 und 4 sind vorzugsweise im Schwerpunkt des Fahrzeugs 10 angeordnet. Sie können auch durch eine Kombination mehrerer Beschleunigungssensoren 3 und 4 außerhalb des Schwerpunkts des Fahrzeugs 10 angeordnet sein. Im letzteren Fall kann eventuell auf den Wankratensensor 5 bzw. ein entsprechendes Signal aus der Fahrzeugelektronik verzichtet werden.
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In 4 ist ein schematisches Blockschaltbild eines Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Vorrichtung 1 gezeigt, die zur Erkennung bzw. Plausiblisierung einer Überrollbewegung des Fahrzeugs 10 zur Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendet wird.
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Die Vorrichtung 1 weist eine Berechnungseinrichtung 11 auf, welche mit einer Sensoreinrichtung 3 bis 9 als Eingabegrößen der Fahrzeugdynamik verbunden ist. Der laterale Beschleunigungssensor 3 liefert ein laterales Beschleunigungssignal ay, der vertikale Beschleunigungssensor 4 liefert ein laterales Beschleunigungssignal az, der Wankratensensor ermittelt die Wankrate ωx. Weiterhin sind eine Gierratensensorik 6 für Datenwerte einer Gierrate γ und eine Schwimmwinkelsensorik 7 für Datenwerte eines Schwimmwinkels β an der Berechnungseinrichtung 11 angeschlossen. Die Datenwerte für Gierrate γ und/oder Schwimmwinkel β können auch über eine erste und zweite Bearbeitungseinheit 8, 9 von anderen Sensordaten, die hier nicht dargestellt sind, abgeleitet werden.
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In der Berechnungseinrichtung 11 erfolgt die Ermittlung des aktuellen Wankdrehpunkts ri aus den Eingabewerten, welcher dann an eine Unterscheidungseinrichtung 12 zum Vergleich mit vorgegebenen Schwellwerten weitergeleitet wird. Die vorgegebenen Schwellwerte sind in einer Speichereinrichtung 14 eingegeben. In der Speichereinrichtung 14 sind außerdem Datenwerte gespeichert, welche die Fahrzeuggeometrie betreffen.
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Bei Erkennung einer Überrollbewegung gibt die Unterscheidungseinrichtung 12 ein Plausibilisierungssignal an eine Übergabeeinrichtung 13, welche daraufhin ein entsprechendes Signal in einer bestimmten Form und Größe dem Steuergerät 2 zur Verfügung stellt.
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Die vorliegende Erfindung ist wie beschrieben in der Lage, einen überschlagskritischen Zustand eines Fahrzeugs 10 in einem Wankwinkelbereich unterhalb von 15° mit hoher Zuverlässigkeit festzustellen, wobei fahrdynamische Größen des Fahrzeugs 10 kontinuierlich im Fahrbetrieb zur Feststellung eines Wankdrehpunkts rR oder mehrerer analysiert werden, der ein verlässliches Kriterium für einen Fahrzeugüberschlag bildet.
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Die Vorrichtung 1 kann softwaremäßig als ein Bestandteil bzw. ein Unterprogramm der Software des Steuergeräts 2 ausgeführt sein.
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Bei hochdynamischem Fahrbetrieb, was anhand von Fahrzeugdynamikdaten erkannt werden kann, können die Gierrate γ und/oder der Schwimmwinkel β mit in die Berechnung mit einbezogen werden.
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Die Schwellwerte sind vorgegeben und können wie Fahrzeuggeometriedaten in die Speichereinrichtung 14 einmalig oder veränderbar eingegeben werden, um einen großen Anwendungsbereich der erfindungsgemäßen Vorrichtung 1 zu erhalten.
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Weiterhin kann die Unterscheidungseinrichtung
12 so ausgebildet sein, dass zusätzlich zur Plausibilisierung oder anstelle der Plausibilisierung eine Unterscheidung und Einordnung der Art des Überschlags vorgenommen werden kann, beispielsweise in die Arten „Rampenüberschlag”, „Böschungsüberschlag”, „Schleuderüberschlag”. Diesen Überschlagsarten wird dann zum Beispiel ein entsprechendes Signal zur Weiterleitung zugeordnet. Verfahren und Vorrichtung zum Plausibilisieren einer Überrollbewegung BEZUGSZEICHENLISTE
1 | Vorrichtung |
2 | Steuergerät |
3 | Lateraler Beschleunigungssensor |
4 | Vertikaler Beschleunigungssensor |
5 | Wankratensensor |
6 | Gierratensensorik |
7 | Schwimmwinkelsensorik |
8 | Erste Bearbeitungseinheit |
9 | Zweite Bearbeitungseinheit |
10 | Kraftfahrzeug |
11 | Berechnungseinrichtung |
12 | Unterscheidungseinrichtung |
13 | Übergabeeinrichtung |
14 | Speichereinrichtung |
ay | Lateralbeschleunigung |
az | Vertikalbeschleunigung |
f | Bewegungsgleichung |
limNF | Erster Schwellwert |
limi | Zweiter Schwellwert |
limR | Dritter Schwellwert |
rCM | Schwerpunkt |
rIF | Wankdrehpunkt im Idealfall |
rNF | Wankdrehpunkt im Normalfahrbetrieb |
ri | Aktueller Wankdrehpunkt |
rR | Überroll-Wankdrehpunkt |
S1...3 | Verfahrensschritt |
x, y, z | Koordinate |
β | Schwimmwinkel |
γ | Gierrate |
ωx | Wankrate um x-Koordinatenachse |