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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Auslösen zumindest eines Insassenschutzsystems
eines Kraftfahrzeugs, insbesondere bei einer Böschungsfahrt, gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 1. Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung
zum Auslösen
zumindest eines Insassenschutzsystems eines Kraftfahrzeugs, insbesondere
bei einer Böschungsfahrt,
gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 13.
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Ein
Fahrzeugunfall mit Überschlag
ist für eine
sehr hohe Anzahl von tödlich
verletzten Fahrzeuginsassen verantwortlich. Die Gefahr eines Fahrzeugüberschlages
ist insbesondere bei sog. Sport Utility Vehicles (SUV), Großraumlimousinen
und leichten Lieferwagen besonders hoch. Bei einem Fahrzeugunfall
mit Überschlag,
einem sog. Rollover, handelt es sich, im Gegensatz zu frontalen
oder seitlichen Kollisionen, um Unfälle mit einer großen Vielzahl
an Varianten. Der Überschlag
wird z.B. durch eine vorangegangene Kollision mit einem anderen Objekt,
aufgrund von Schleudervorgängen
oder aufgrund einer Böschungsfahrt
eingeleitet. Die Einbindung der Fahrdynamik und die Vielfalt der
Einflussgrößen stellen
an die Entwicklung von wirksamen Insassenschutzsystemen große Anforderungen.
Ein wirksamer Schutz nur dann möglich,
wenn die zuverlässige
Erkennung eines drohenden Überschlags
in kürzester Zeit
erfolgt, so dass eine Auslösung
eines Insassenschutzsystems, z.B. eines sog. Curtain-Airbags, so
rechtzeitig erfolgt, bevor ein Insasse mit seinem Kopf an ein Karosseriebauteil
prallt.
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Für die Erkennung
eines Fahrzeugüberschlags
ist der Lastfall der "Böschungsfahrt" (Embankment) einer
der schwierigsten. Bei diesem Lastfall oder Crashmode fährt ein
Fahrzeug auf einer geneigten Ebene, bevor es durch äußere Einflüsse zum Umkippen
gebracht wird. Für
die Fahrzeugüberschlagserkennung
werden von Beschleunigungs- und Roll- oder Drehratensensoren gelieferten
Daten herangezogen. Bis zur eindeutigen Erkennung des Lastfalls "Böschungsfahrt" und insbesondere
zur Unterscheidung von anderen Crashmodi vergeht jedoch eine verhältnismäßig lange
Zeit, so dass der Auslösezeitpunkt
in einem tatsächlichen Überschlagsfall sehr
spät ist.
Dies kann dazu führen,
dass die Fahrzeuginsassen zwischen einem Karosseriebauteil, insbesondere
dem Fenster, und dem sog. Curtain-Airbag eingeklemmt werden. Da damit
eine hohe Verletzungsgefahr für
die Insassen einhergeht, ist eine Vorrichtung wünschenswert, welche eine frühere Zündentscheidung
erlaubt.
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Ein
Verfahren und eine gattungsgemäße Vorrichtung
zur Auslösung
eines Insassenschutzsystems eines Kraftfahrzeugs bei einem Front-
oder Seitenaufprall sind aus der
EP 0 458 796 B2 bekannt. Aus dieser Druckschrift
ist es bekannt, zur Bildung eines Auslösekriteriums mindestens einen
Schwellwert für
die Geschwindigkeit oder für
ein aus einem Beschleunigungssignal abgeleitetes Arbeitssignal vorzugeben,
wobei der als Auslösekriterium
benutzte Schwellwert in Abhängigkeit
von einer oder mehreren vom Crashvorgang abgeleiteten Zustandsgrößen des
Fahrzeugs veränderbar
ist. Hiermit ist es zwar möglich,
die Auslöseempfindlichkeit
und damit den Zeitpunkt der Zündentscheidung
zu beeinflussen. Zur Beeinflussung des Schwellwerts werden allerdings
Signale herangezogen, welche in dem speziellen Lastfall der Böschungsfahrt
ein zeitliches Vorverlegen der Zündentscheidung
nicht erlauben.
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Aus
der
DE 101 49 118
C1 ist ein Verfahren zur Ansteuerung der Auslösung passiver
Rückhaltemittel
bekannt. Bei diesem ist ein Schwellenwert des Drehmomentes um die
Fahrzeuglängsachse,
jenseits dessen ein Überrollen
stattfindet oder mit dem Stattfinden des Überrollens mit höchster Wahrscheinlichkeit
gerechnet werden muss, von weiteren Parametern des Fahrzustands
beeinflusst. Ein hoher Lenkwinkel lässt diesen Schwellenwert bei
der Auswertung von Umfelddaten nach unten verschieben.
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Aus
der
WO 2005/082680 ist
eine Vorrichtung zum Ermitteln einer Kipptendenz um die Längsachse
und einer Drehtendenz um die Drehachse eines Fahrzeugs bekannt.
Bei dieser Vorrichtung erfolgt eine Adaption des jeweiligen Fahrmanövers an die
Auslöseentscheidung
mindestens eines Airbags. Es werden der Lenkradwinkel, die Lenkgeschwindigkeit
und die Fahrzeuggeschwindigkeit mit jeweiligen Schwellenwerten verglichen.
Ferner wird eine Lenkbewegung im Hinblick auf eine Kippgefahr ausgewertet.
Ein Schwellenwert zur Auslösung
eines oder mehrerer Airbags kann an das Fahrmanöver unter Berücksichtigung
zweier Entscheidungskriterien adaptiert werden. Ein erstes Entscheidungskriterium zur
Modifikation des Schwellenwerts der Airbag-Auslöseentscheidung ist erfüllt, wenn
die Kippgefahr einen vorgegebenen Schwellenwert überschreitet, bei dem das Fahrzeug
um seine Längsachse
kippt und dieser Vorgang nicht mehr stabilisiert werden kann. Ein
zweites Entscheidungskriterium zur Modifikation des Schwellenwerts
ist erfüllt,
wenn anhand von Signalverläufen
der Gierrate und der Querbeschleunigung charakteristische Signalmuster
für eine
hohe Fahrzeugdynamik um die Längsachse
ermittelt werden.
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Es
ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und
eine Vorrichtung zum Auslösen
zumindest eines Insassenschutzsystems eines Kraftfahrzeugs, insbesondere
bei einer Böschungsfahrt,
anzugeben, welche bei Erkennung eines Lastfalls "Böschungsfahrt" eine zuverlässigere
Ermittlung einer Auslöseentscheidung
ermöglichen.
Darüber
hinaus soll sichergestellt sein, dass ein drohender Fahrzeugüberschlag
zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt
zum Auslösen
des Insassenschutzsystems möglich
ist.
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Diese
Aufgabe wird durch die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen
ergeben sich aus den abhängigen
Patentansprüchen.
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Ein
erfindungsgemäßes Verfahren
zum Auslösen
zumindest eines Insassenschutzsystems eines Kraftfahrzeugs, insbesondere
bei einer Böschungsfahrt,
umfasst die folgenden Schritte: Es wird eine, einen dynamischen
Fahrzeugzustand repräsentierende,
Zustandsgröße ermittelt;
es wird für
die Zustandsgröße ein Schwellwert
vorgegeben, bei dessen Überschreiten
ein Auslösekriterium
zur Aktivierung des zumindest eines Insassenschutzsystems erfüllt ist; es
wird eine, aus einem Lenkwinkel des Kraftfahrzeugs abgeleitete,
Korrekturgröße ermittelt,
wobei in Abhängigkeit
der Korrekturgröße der Schwellwert und/oder
die Zustandsgröße veränderbar
ist, um das Auslösekriterium
zu verändern.
Erfindungsgemäß wird das
Auslösekriterium
bei einer Böschungsfahrt angehoben,
wenn ein Lenkwinkeleinschlag böschungsaufwärts detektiert
wird, indem der Abstand zwischen dem Schwellwert und der Zustandsgröße verringert
wird und/oder es wird das Auslösekriterium bei
einer Böschungsfahrt
abgesenkt, wenn ein Lenkwinkeleinschlag böschungsabwärts detektiert wird, indem
der Abstand zwischen dem Schwellwert und der Zustandsgröße vergrößert wird.
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Eine
erfindungsgemäße Vorrichtung
zum Auslösen
zumindest eines Insassenschutzsystems eines Kraftfahrzeugs, insbesondere
bei einer Böschungsfahrt,
umfasst die folgenden Merkmale: Erste Mittel zur Ermittlung einer,
einen dynamischen Fahrzeugzustand repräsentierende, Zustandsgröße; zweite
Mittel zur Vorgabe eines Schwellwerts für die Zustandsgröße, bei
dessen Überschreiten
ein Auslösekriterium
zur Aktivierung des zumindest eines Insassenschutzsystems erfüllt ist;
ferner sind dritte Mittel zur Ermittlung einer, aus einem Lenkwinkel
des Kraftfahrzeugs abgeleitete, Korrekturgröße vorgesehen, wobei in Abhängigkeit
der Korrekturgröße der Schwellwert
und/oder die Zustandsgröße veränderbar
ist, um das Auslösekriterium
zu verändern.
Die dritten Mittel sind erfindungsgemäß dazu ausgebildet, das Auslösekriterium
bei einer Böschungsfahrt anzuheben,
wenn ein Lenkwinkeleinschlag böschungsaufwärts detektiert
wird, indem der Abstand zwischen dem Schwellwert und der Zustandsgröße verringert
wird; und/oder das Auslösekriterium
bei einer Böschungsfahrt
abzusenken, wenn ein Lenkwinkeleinschlag böschungsabwärts detektiert wird, indem
der Abstand zwischen dem Schwellwert und der Zustandsgröße vergrößert wird.
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Der
Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Verhalten des
Fahrers bei einer Böschungsfahrt
eine entscheidende Rolle spielt. Durch das Lenkverhalten des Fahrers
bei einer Böschungsfahrt
kann ein drohender Überschlag
verhindert oder sogar beschleunigt herbeigeführt werden. Im Wesentlichen
sind dabei drei Möglichkeiten
von Bedeutung:
- a) Der Fahrer zeigt keine Reaktion
und fährt
geradeaus weiter.
- b) Der Fahrer lenkt bergauf und versucht bei beibehaltener oder
veränderter
Geschwindigkeit wieder die Straße
zu erreichen.
- c) Der Fahrer lenkt bergab, verzögert das Fahrzeug und versucht
bei geringer Geschwindigkeit wieder auf die Fahrbahn zu gelangen.
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Insbesondere
im Fall c) wird die Überschlagswahrscheinlichkeit
minimiert. Ein Auslösen des
Insassenschutzsystems ist in diesem Fall nicht notwendig und sollte
sogar verhindert werden. Im Fall b) wird ein Überschlag geradezu provoziert,
so dass die Auslösung
des Insassenschutzsystems schnellstmöglich erfolgen muss. Im Fall
a) kann zur Überschlagswahrscheinlich keit
keine präzise
Aussage gemacht werden, wobei dieser Fall zwischen den Fällen b)
und c) anzusiedeln ist.
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Der
Gedanke der Erfindung besteht nun darin, die Auslöseentscheidung
für ein
Insassenschutzsystem nicht nur auf Basis der einem Steuergerät des Insassenschutzsystems
zur Verfügung
stehenden sensorischen Daten, wie Beschleunigungen und Roll- oder Drehrate, zu
treffen, sondern stattdessen eine das Fahrerverhalten repräsentierende
Variable zu berücksichtigen.
Damit kann die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Crashs, genauer
eines Fahrzeugüberschlags,
präziser
bestimmt werden. Hierdurch ist es möglich, die Zündentscheidung
zur Auslösung
eines Insassenschutzsystems im Vergleich zu einer herkömmlichen
Erkennung eines Fahrzeugüberschlags
zu einem früheren
Zeitpunkt zu treffen.
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Die
Beeinflussung des Auslösekriteriums kann
durch Anheben der Zustandsgröße oder
Absenken des Schwellwerts erfolgen. Die Beeinflussung des Auslösekriteriums
kann alternativ durch Absenken der Zustandsgröße oder Anheben des Schwellwerts
erfolgen.
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Eine
weitere Ausführungsform
sieht dabei vor, dass das Auslösekriterium
unverändert
bleibt, wenn ein Lenkwinkeleinschlag von 0° detektiert wird. Hierdurch
kann, wie bereits oben erläutert,
sichergestellt werden, dass bei einer höheren drohenden Überschlagswahrscheinlichkeit
die Auslösung
des Insassenschutzsystems zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt, im
Vergleich zu einem Verfahren, bei dem auf die Lenkwinkelinformation
verzichtet wird. Andererseits kann die Auslösung des Insassenschutzsystems
unterbunden werden, wenn die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Überschlags
abnimmt.
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Gemäß einer
weiteren Ausführungsform
des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Maß der Korrekturgröße in Abhängigkeit
der Größe des Lenkwinkels bestimmt
wird. Der Zusammenhang zwischen der Korrekturgröße und dem Lenkwinkel kann
dabei gemäß einer
linearen oder nicht-linearen Funktion erfolgen. So kann mit zunehmendem
Lenkwinkel eine betragsmäßig größere Korrekturgröße bestimmt
werden, um die Genauigkeit einer Auslöse entscheidung zu erhöhen. Neben
der Größe des Lenkwinkels
kann auch die Lenkwinkelgeschwindigkeitsänderung einfließen.
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Es
ist ferner vorgesehen, dass die Korrekturgröße aus einer Kennlinie bestimmt
wird, die eine Abhängigkeit
der Korrekturgröße von dem
Lenkwinkel beschreibt. Die Kennlinie kann beispielsweise in einem
Speicher eines das Insassenschutzsystem steuernden Steuergeräts oder
dergleichen hinterlegt sein. Die Kennlinie kann jedoch auch aus
einer hinterlegten Funktion errechnet werden.
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Es
ist ferner zweckmäßig, wenn
die Korrekturgröße mit zunehmendem
Lenkwinkel schrittweise ansteigt, da dies der in einem Steuergerät verwendeten
Integerarithmetik entspricht. Die Anzahl der Stufen kann dabei implementierungsabhängig gewählt sein.
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Gemäß einer
weiteren Ausführungsform
wird in der Korrekturgröße zusätzlich die
Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs während der Böschungsfahrt berücksichtigt.
Hierdurch lässt
sich die Wahrscheinlichkeit der Vorhersage eines drohenden Überschlags
weiter präzisieren.
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Darüber hinaus
kann vorgesehen sein, in der Korrekturgröße zusätzlich einen Schwerpunkt des Kraftfahrzeugs
und/oder Fahreigenschaften des Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen.
So braucht bei einem Kraftfahrzeug mit niedrigem Schwerpunkt und breiter
Spur der Betrag der Korrekturgröße nicht
so groß gewählt werden,
wie beispielsweise bei einem hochbauenden Lieferwagen.
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Die
Zustandsgröße wird
aus einer Drehrate um eine Fahrzeuglängsachse (x-Achse) ermittelt. Dies
kann unmittelbar eine Dreh- oder Rollrate sein, oder ein aus dieser
errechneter Wert.
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Die
Zustandsgröße wird
gemäß einer
weiteren Ausbildung aus einer modifizierten Drehrate um die Fahrzeuglängsachse
(x-Achse) ermittelt, wobei zur Modifikation eine gemessene Beschleunigung
in einer Fahrzeugquerachsenrichtung (y-Achse) und/oder eine gemessene
Beschleunigung in einer Fahrzeughochachsenrichtung (z-Achse) herangezogen
werden.
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Die
Zustandsgröße kann
ferner in Relation zu einem ermittelten Neigungswinkel bestimmt
werden, wobei der Neigungswinkel des Kraftfahrzeugs zwischen einer
Fahrzeugquerachse und der Horizontalen gebildet ist.
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Es
ist weiterhin zweckmäßig, wenn
jeweils ein Schwellwert für
eine in Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs im Uhrzeigersinn oder im
Gegenuhrzeigersinn verlaufenden Neigungswinkel vorgegeben ist.
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Die
Berücksichtigung
des Lenkwinkels erfolgt gemäß einer
weiteren Ausführungsform
lediglich dann, wenn eine Böschungsfahrt
ermittelt werden konnte. Die Ermittlung des Lastfalls einer Böschungsfahrt
wird üblicherweise
aus der Messung einer Beschleunigung in Fahrzeughochachsenrichtung (z-Achse)
ermittelt.
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Die
Erfindung kann somit darin gesehen werden, neben den üblicherweise
zur Erkennung einer Böschungsfahrt
herangezogenen Parametern einer Dreh- oder Rollrate sowie Beschleunigungen,
einen das Fahrerverhalten kennzeichnenden Parameter, den Lenkwinkel,
heranzuziehen, um die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Überschlages
zu einem frühestmöglichen
Zeitpunkt ermitteln zu können.
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Die
Erfindung wird nachfolgend näher
anhand der Figuren erläutert.
Es zeigen:
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1 eine
schematische Darstellung eines eine Böschung hinab fahrenden Kraftfahrzeugs,
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2 einen
Graphen mit Ortskurven, anhand dem die Auswirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens
deutlich wird und
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3 eine
schematische Darstellung des Vorgehens zum Treffen einer Auslöseentscheidung für ein Insassenschutzsystem
gemäß der Erfindung.
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1 zeigt
eine dem erfindungsgemäßen Verfahren
zugrunde liegende Situation. Ein Kraftfahrzeug K fährt in Pfeilrichtung
eine Böschung
B hinab. Über
einen in dem Kraftfahrzeug K eingebauten Rollratensensor kann festgestellt
werden, ob sich das Kraftfahrzeug K auf einer ebenen Fläche oder,
wie eingezeichnet, einer geneigten Böschung B befindet. Aus Daten
des Rollratensensors sowie in dem Fahrzeug verbauten Beschleunigungssensoren
können der
momentane Böschungswinkel
sowie die Richtung der Böschung
(in Fahrtrichtung im Uhrzeigersinn oder im Gegenuhrzeigersinn) bestimmt
werden. In Abhängigkeit
der Lenkreaktion des Fahrers erhöht oder
senkt sich die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Überschlages.
Eine Lenkbewegung böschungsaufwärts (Bezugszeichen
Lauf) erhöht
die Gefahr eines Überschlages,
während
eine Lenkbewegung böschungsabwärts (Bezugszeichen
Lab) die Gefahr eines Überschlages
verringert. In modernen Kraftfahrzeugen mit Fahrdynamikregelung
(ESP) ist üblicherweise
ein Lenkwinkelsensor verbaut. Die Messdaten dieses Sensors liegen
in der Regel auf einem Datenbus an und können von allen Busteilnehmern,
z.B. ein Steuergerät
für ein
Insassenschutzsystem, verwendet werden. Die Erfindung sieht vor,
den von dem Lenkwinkelsensor bereitgestellten Lenkwinkel einem Airbagsteuergerät zuzuführen, welches
den Lenkwinkel im Rahmen der Auslösung eines Insassenschutzsystems
berücksichtigt.
Die Daten des Lenkwinkelsensors werden dazu verwendet, eine im Wesentlichen
aus der Drehrate des Kraftfahrzeugs abgeleitete Zustandsgröße oder
einen, von der Zustandsgröße zu übersteigenden
Schwellwert zu verändern,
um ein Auslösekriterium
für das
Insassenschutzsys tem anzuheben (d.h. empfindlicher zu machen) oder
abzusenken (d.h. unempfindlicher zu machen).
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Das
im Rahmen der Erfindung angewendete Verfahren wird besser aus 2 ersichtlich.
Dargestellt ist ein Diagramm, in dem eine (modifizierte) Drehrate über einen
Neigungswinkel aufgetragen ist. Eine Ortkurve OK1 zeigt den Verlauf
von durch das Airbagsteuergerät
ausgewerteten Messdaten, welche sich aus der Verarbeitung der Drehrate
sowie von Beschleunigungssignalen in Fahrzeugquerachsenrichtung
(y-Richtung) und Fahrzeughochachsenrichtung (z-Richtung) ergeben.
Für jeden
Zeitpunkt des dynamischen Vorganges einer Böschungsfahrt wird ein Wertepaar
aus Drehrate und Neigungswinkel ermittelt, wodurch sich die Ortskurve
OK1 ergibt. Der Verlauf jeder Ortskurve beginnt dabei im Ursprung des
Diagramms, unter der Annahme, dass sich das Fahrzeug zunächst in
einer im Wesentlichen horizontalen Ebene bewegt. Mit Beginn der
Böschungsfahrt nimmt
der ermittelte Neigungswinkel des Kraftfahrzeugs zu. Darüber hinaus
steigt auch die gemäß einer
vorgegebenen Berechnungsvorschrift modifizierte Drehrate an. Im
gewählten
Ausführungsbeispiel kehrt
die Ortskurve oder Trajektorie nicht zum Ursprung des Diagramms
zurück,
sondern endet bei einem Neigungswinkel, der größer als 0 ist. Dies bedeutet,
dass das Fahrzeug seitlich (Winkel ≈ 90°) oder auf dem Dach (Winkel
180°) zum
Liegen kommt.
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Ab
einem bestimmten Neigungswinkel des Kraftfahrzeugs ist ein Überschlag
nicht mehr zu vermeiden. Aufgrund dessen ist die Auslösung eines
Insassenschutzsystems notwendig. Zur Bestimmung, wann das Auslösekriterium
erreicht ist, ist eine Schwellwertkurve SW in dem Diagramm eingezeichnet.
Die Schwellwertkurve SW ist für
jedes Kraftfahrzeug spezifisch und hängt von dessen Fahrzeuggeometrie,
Massenschwerpunkt und dergleichen ab. Sobald die Ortskurve OK1 die
Schwellwertkurve SW überschreitet,
ist das Auslösekriterium
erfüllt
und das Insassenschutzsystem wird aktiviert.
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Die
Berücksichtigung
des Lenkwinkels im Rahmen der Ermittlung des Auslösekriteriums
führt nun
dazu, dass für
jedes Wertepaar der Ortskurve OK1 überprüft wird, ob für einen
bestimmten Neigungswinkel NW die modifizierte Drehrate als Zustandgröße ZG um
eine Korrekturgröße KG erhöht oder
abgesenkt werden muss. Die Korrekturgröße KG wird aus dem Lenkwinkel
sowie optional der Fahrzeuggeschwindigkeit, dem Schwerpunkt des Kraftfahrzeugs
und den Fahreigenschaften des Kraftfahrzeugs ermittelt, welche im
Ausführungsbeispiel die
modifizierte Drehrate erhöht
oder absenkt.
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Bei
der mit dem Bezugszeichen OK2 versehenen Ortskurve führt die
Berücksichtigung
des Lenkwinkels zu einer Verringerung des Abstandes der Ortskurve
OK2 und der Schwellwertkurve SW. Die Empfindlichkeit des Algorithmus
wurde dabei erhöht.
Die Ortskurve OK2 entspricht damit einem Fall, in dem der Fahrer
bei der Böschungsfahrt
böschungsaufwärts lenkt.
In der mit dem Bezugszeichen OK3 versehenen Ortskurve ist der umgekehrte Fall
dargestellt, in dem der Abstand zwischen dem Schwellwert und der
Zustandsgröße vergrößert wird. Dies
bedeutet, dass ein Lenkwinkel böschungsabwärts detektiert
wurde. Diese kann beispielsweise anhand der Berücksichtigung des Vorzeichens
des Neigungswinkels ausgemessenen Beschleunigungssignalen ermittelt
werden.
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In
allen drei Fällen
(OK1, OK2, OK3) wird bei unterschiedlichen Neigungswinkeln NW1,
NW2, NW3 des Kraftfahrzeugs die Schwellwertkurve SW überschritten.
Das Auslösekriterium
ist damit bei der Ortskurve OK2 (Lenkung böschungsaufwärts) bei dem kleinsten Neigungswinkel
NW2 erreicht. Demgegenüber
ist das Auslösekriterium
bei der Ortskurve OK3 (Lenkung böschungsabwärts) bei
dem größten Neigungswinkel
NW3 erreicht. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass im Fall der
Ortskurve OK2 das Insassenschutzsystem zu einem früheren Zeitpunkt auslöst als im
Fall der Ortskurve OK1, bei der kein Lenkwinkel berücksichtigt
wird. Im Fall der Ortskurve OK3 erfolgt die Aus lösung bei einem größeren Neigungswinkel
als im Fall der Ortskurve OK1.
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In 2 ist
eine Situation dargestellt, in der das Kraftfahrzeug in Fahrtrichtung
nach rechts geneigt ist. Eine entsprechende Situation für eine in Fahrtrichtung
nach links gelegene Neigung würde durch
entsprechenden Vorzeichenwechsel von Neigungswinkel und modifizierter
Drehrate berücksichtigt
werden. Ferner ist dazu eine weitere Schwellwertkurve, die spiegelsymmetrisch
bezüglich
der beiden Achsen des Diagramms gelegen ist, vorgesehen.
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Das
Maß der
Korrekturgröße wird
kontinuierlich ermittelt, so dass sich für jedes Wertepaar aus Drehrate
und Neigungswinkel ein unterschiedlicher Wert ergeben kann. Die
Korrekturgröße hängt im Wesentlichen
von der Größe des Lenkwinkels
ab. Dies bedeutet anschaulich, dass eine kleine Fahrerreaktion in
die "richtige" Richtung das Auslösekriterium
nur gering absenkt und mit zunehmender Fahrerreaktion die Korrekturgröße betragsmäßig zunimmt. Entsprechendes
gilt für
eine Fahrerreaktion in die "falsche" Richtung. Zeigt
ein Fahrer keine Lenkreaktion, d.h. wird ein Lenkwinkel von 0° festgestellt,
so resultiert dies in einer Korrekturgröße mit dem betragsmäßigen Wert
0. Zweckmäßigerweise
wird die Lenkwinkelinformation über
einen Tiefpassfilter zur weiteren Verarbeitung einem Steuergerät des Insassenschutzsystems
zugeführt.
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Eine
Skalierung der Korrekturgröße kann stufenweise
erfolgen, da dies der in dem Steuergerät verwendeten Integerarithmetik
entspricht. Die Anzahl der Stufen kann dabei implementierungsabhängig sein.
Denkbar ist jedoch auch, eine Kennlinie für die Skalierung einzuführen.
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Bei
der Bestimmung der Korrekturgröße fließen darüber hinaus
Eigenschaften des Kraftfahrzeugs mit ein. Dadurch können beispielsweise
die Schwerpunkte oder Fahreigenschaften unterschiedlicher Fahrzeugtypen
berücksichtigt
werden. Insbesonde re kann auch die Geschwindigkeitsinformation des
Kraftfahrzeugs zur Bestimmung der Korrekturgröße mit verwendet werden, d.h.
es kann überprüft werden,
ob der Fahrer in einer Böschungssituation die
Fahrzeuggeschwindigkeit verringert oder nicht. Allgemein gesprochen
führt eine
Verringerung der Fahrzeuggeschwindigkeit auch zu einer Verringerung
der Korrekturgröße, und
umgekehrt.
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Mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren
kann damit die Genauigkeit einer Auslöseentscheidung erhöht und der
Zeitpunkt der Auslöseentscheidung
optimiert gewählt
werden.
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3 zeigt
in einer schematischen Darstellung die zur Ermittlung einer Auslöseentscheidung notwendigen
Schritte. Eine Sensorik 10 dient zur Bestimmung physikalischer
Größen, insbesondere
einer Drehrate, sowie Beschleunigungen in Fahrzeugquer- und Fahrzeughochachsenrichtung.
Darüber
hinaus wird durch die Sensorik 10 ein Lenkwinkel des Kraftfahrzeugs
erfasst. Eine Recheneinheit 12 übernimmt die Aufgabe zur Durchführung eines
Fahrzeugüberschlagalgorithmus.
Der Recheneinheit 12 werden die von der Sensorik ermittelten
Größen zur
weiteren Verarbeitung zur Verfügung
gestellt. Ausgangsseitig ist die Recheneinheit 12 mit einer
Recheneinheit 14 zur Auslösung eines Rückhaltemittels
verbunden, wobei eine Auslösung
lediglich dann erfolgt, wenn von der Recheneinheit 12 ein
Auslösekriterium erfüllt ist.
Die Recheneinheit 14 verarbeitet die von der Recheneinheit 12 ermittelte
Zündentscheidung und
sorgt für
die Auslösung
der entsprechenden Rückhaltemittel.
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In
der Recheneinheit 12 zur Durchführung des Fahrzeugüberschlagalgorithmus
werden folgende Schritte durchgeführt: In einem Verfahrensschritt 121 erfolgt
eine Kriteriumsberechnung, in der im Wesentlichen eine Drehrate
des Kraftfahrzeugs ermittelt wird. Im Verfahrensschritt 122 erfolgt
eine Modifikation der Kriteriums, in dem die Drehrate gemäß vorgegebener
Berechnungsvorschriften mit gemessenen Beschleunigungen zu einer
Zustandsgröße verarbeitet
wird. Anhand der vorliegenden Daten ist es nun möglich, zu entscheiden, ob eine
Böschungsfahrt vorliegt
oder nicht. Ist dies der Fall, so fließt in die ermittelte modifizierte
Drehrate, die als Zustandsgröße bezeichnet
wird, der Lenkwinkel ein, indem die Zustandsgröße mit einer Korrekturgröße zu einer
modifizierten Zustandsgröße verarbeitet
wird. Anschließend
erfolgt jeweils ein Schwellwertvergleich im Verfahrensschritt 123. Überschreitet
die Zustandsgröße einen
vorgegebenen Schwellwert, so ist ein Auslösekriterium erfüllt, welches
der Rückhaltemittelauslösung 14 zur
Auslösung
eines entsprechenden Insassenschutzsystems weitergeleitet wird.