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Verfahren zur Herstellung von wasser-und eisenfreiem Natriumsulfid
Ein Verfahren zur Herstellung von Natriumsulfid, das weder Wasser noch Eisen enthält,
ist in der Technik unbekannt. Das im Handel erhältliche Natriumsulfid wird in jedem
Fall durch Reduktion von Natriumsulfat hergestellt, und zwar meistens mittels Kohle,
aber auch mittels Wasserstoffs und anderer reduzierender Gase. Die Reduktion mit
Kohle liefert eine Rohschmelze, die neben Natriumsulfid erhebliche Mengen an Verunreinigungen
und Nebenprodukten enthält, wie nicht umgesetzte Kohle, Aschebestandteile und Gangart
der Kohle, Carbonate, Sulfite. Thiosulfate des Natriums und Eisenverbindungen. Diese
Rohschmelze wird üblicherweise mit Wasser ausgelaugt, so daß der wasserlösliche
Teil der Verunreinigungen und erhebliche Mengen von Eisen in die Lauge mitgehen.
In der wäßrigen Lösung finden später noch weitere Umsetzungen statt, die zu unerwünschten
Nebenprodukten führen. Durch Eindampfen der Lauge gewinnt man entweder Kristalle
der Zusammensetzung Nag S - 9 H2 O oder unter weiterem Eindampfen ein als Schmelze
erstarrendes Produkt mit 60°/o Nag S. Beide Hydrate, sowohl das aus der Lösung kristallisierte
mit 32°/o Na. S wie auch besonders das aus der Schmelze erstarrte mit 60'°/o Na,
S, enthalten erhebliche Mengen an Soda, Sulfit, 'Thiosulfat, Sulfat und Eisensalzen.
Die handelsübliche Ware mit 60% Nag S ist durch das Eisen dunkelrotbraun gefärbt
und für bestimmte Verwendungszwecke, z. B. für die Textilbehandlung, kaum brauchbar.
Die restlichen 40% Wassergehalt durch weiteres Eindampfen zu verringern, ist wegen
des außerordentlichen steilen Anstiegs der Schmelztemperatur oberhalb 601/o Na 2
S wirtschaftlich nicht mehr annehmbar und technisch nicht durchzuführen, da ein
geeigneter, gegen konzentriertere Natriumsulfidschmelze beständiger Werkstoff nicht
bekannt ist. Schon das Eindampfen auf nur 60% Nag S erfordert teure Sonderlegierungen
oder verursacht hohen Verschleiß an anderen Werkstoffen.
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Handelsfähiges wasserfreies Natriumsulfid ist zwar auch schon hergestellt
worden, nämlich durch Reduktion von Natriumsulfat mit Wasserstoff; jedoch bedeutet
die Anwendung von Wasserstoff einen erheblichen Mehraufwand sowohl wirtschaftlich
im Vergleich zu der wohlfeilen Kohle als auch apparativ bezüglich der Abdichtung
des Reaktionsofens, sowohl gegen Lufteintritt als auch gegen Wasserstoffaustritt.
Außerdem aber ergibt dieses Verfahren immer noch eine eisenhaltige Ware, auch wenn
man dem Sulfat keinen Eisenkatalysator zusetzt, da schon das technisch verfügbare
Natriumsulfat mindestens so viel Eisen mitbringt, daß bei der Anwendung des daraus
erhaltenen Sulfids Mißfärbungen eintreten.
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Es wurde nun ein Verfahren gefunden, durch Reduktion von i\Tatriumsulfat
mit Kohle oder auch anderen Reduktionsmitteln ein Natriumsulfid von hervorragender
Reinheit zu gewinnen, das insbesondere frei von Eisen und Wasser ist. Das Verfahren
beruht auf der Entdeckung, daß wasserfreies Natriumsulfid im Gegensatz zum Hydrat
in Alkoholen gut löslich ist.
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Es wurde gefunden, das wasserfreies Natriumsulfid zu 160 g, also 2,05
Mol Nag S, von 1 1 Methanol bei 20° gelöst wird, dagegen das Nonahydrat nur zu 30g,
also 0,12 Mol Nag S - 9H20. Das hierauf begründete Verfahren besteht nun darin,
daß nach in an sich bekannter Weise durchgeführter Reduktion von Natriumsulfat,
beispielsweise mit Kohle, die so erhaltene Rohschmelze mit einem Alkohol extrahiert
und der Extrakt nach Filtration zur Trockne eingedampft wird. Falls Extraktionsmittel
und Rohschmelze nicht völlig wasserfrei sind, bleibt das Wasser mit einem dementsprechend
kleinen Anteil des Natriumsulfids im Rückstand. Das durch Kondensation zurückgewonnene
und von neuem für das Verfahren verwendete Extraktionsmittel wird so im Verlauf
der erstmaligen Verwendung wasserfrei. Offenbar drängt die hohe Natriumsulfidkonzentration
nach dem Massenwirkungsgesetz die ohnehin geringe Löslichkeit des Hydrats praktisch
gänzlich zurück. Das durch Abdampfen des Extraktionsmittels gewonnene Natriumsulfid
enthält weder Wasser noch Eisen noch Sulfid, Sulfat oder Thiosulfat. Lediglich Natriumcarbonat
kann in Anteilen bis zu 519/o vorhanden sein; außerdem elementarer Schwefel, soweit
solcher in der Rohschmelze enthalten und in dem benutzten Alkohol löslich ist.
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Außer Methanol eignen sich andere aliphatische oder aromatische, auch
mehrwertige Alkohole als Extraktionsmittel. So hat sich gezeigt, daß Na. ,S
z.
B. in Äthanol zu 90 g, in Isobuty lalkohol zu 31 g, in Benzylalkohol zu mehr als
40 g, in Äthylenglykol
zu mehr als 200 g je Liter gelöst werden
kann. Dabei ist die Sättigung in dem Glykol mit 200 g Na2S je Liter noch nicht erreicht,
nur sind konzentriertere Lösungen wegen stark erhöhter Viskosität nicht mehr mit
einfachen Mitteln filtrierbär. Bei Anwendung hochsiedender Alkohole empfiehlt sich;
das Eindampfen des Extraktes im Vakuum durchzuführen, um Merkaptanbildung zu vermeiden,
wenngleich diese auch in 197° heißem, also unter Atmosphärendruck siedendem Glykol
noch sehr gering ist und daher die Ausbeute nicht nennenswert beeinträchtigt.
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Neben der ausgezeichneten Reinheit gehört zu den Vorteilen des wasserfreien
Erzeugnisses der geringe wirtschaftliche Aufwand für Lagerung und Beförderung. Gegenüber
der wäßrigen Extraktion ergibt das Verfahren auch höhere Ausbeuten, weil sich der
Extraktionsrückstand mit Alkoholen, beispielsweise Methanol, gründlicher auswaschen
läßt als in der bisher üblichen Weise mit Wasser, bei welcher der gequollene Rückstand
hartnäckig Natriumsulfid zurückhält. Anhaftender Alkohol wird durch Abdampfen und
Kondensation des Dampfes so gut wie vollständig zurückgewonnen.
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Es hat sich weiterhin erwiesen, daß die Lösung von Natriumsulfid in
Alkohol Eisen nicht angreift, so daß als Apparatewerkstoff gewöhnlicher Stahl verwendet
werden kann. Dagegen erfordert die Konzentrierung einer wäßrigen Natriumsulfidlösung
kostspielige und schwer zu verarbeitende Metalle, nämlich das nur sehr begrenzt
haltbare Gußeisen, -Nickel oder hochnickel- und chromhaltige Legierungen.
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Zu betonen ist schließlich noch, daß die im Vergleich zum Wasser nur
die Hälfte oder weniger betragende spezifische Verdampfungswärme eines organischen
Lösungsmittels zu dessen völligem Abdatnpfen aus einer 10 bis 20% Natriumsulfid
enthaltenden Lösung nicht mehr Energie erfordert, als bisher zum Eindampfen einer
wäßrigen Lösung von üblicherweise 20 bis 3011/o N 112 S auf 60% l\Ta2 S aufzubringen
ist. Beispielsweise enthält die bei 20° gesättigte Methanollösung 16,5% Nag S. Unter
Vernachlässigung der einer wäßrigen Lauge ähnlichen Lösungswärme läßt sich leicht
errechnen, daß daraus mit einem Aufwand von 135 000 kcal 100 kg reines Na, S zu
erhalten sind, mit gleichem Energiebetrag also wie aus einer 24% Nag S enthaltenden
wäßrigen Lösung 100 kg N a2 S mit zusätzlich 67 kg restlichem H20.
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Beispiel 430 g stückige Rohschmelze - gewonnen durch Reduktion von
Natriumsulfat mit Kohle - tnit einem Gehalt von 75.5'% Na, S werden mit 2 1 Methanol
übergossen und unter Rühren 2 Stunden am Rückflußkühler in der Wärme behandelt.
Nach beendeter Extraktion wird Lösung und Rückstand auf der Drucknutsche getrennt.
Die klare gelbliche Lösung hat ein spezifisches Gewicht von 0,9-1 und enthält 155g
N a2 S im Liter. Sie wird unter Rückgewinnung des Alkohols bis zur vollständigen
Trockenheit eingedampft. Erhalten werden 320 g einer feinkristallinen Ware mit 94,8011/o
Na. s, 2,00°/o Nag C03 und 3,20% \Tatriumtrithiocarbonat. Der auf der Drucknutsche
erhaltene Rückstand wird mit etwa 300 cm3 Methanol aufgeschlämmt, gerührt und abermals
filtriert. Bei der zweiten Extraktion werden noch 11,1 g Na2S gelöst. Diese sehr
verdünnte Lösung wird für eine weitere Extraktion an Stelle von frischem Lösungsmittel
eingesetzt. Der zweite Filterrückstand enthält als Nutschenkuchen noch etwa 18%
Methanol, die durch Erwärmen auf 70° abgetrieben und wiedergewonnen werden. Der
trockene Rückstand enthält schließlich 7,9g Nag S. Die Ausbeute an Na, S ist demnach
97,611i°.