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Die
Erfindung bezieht sich auf die Gebiete der Medizin, der Zellbiologie
und des Gerätebaus und
betrifft eine Vorrichtung, mit deren Hilfe beispielsweise Zellen
und/oder Gewebe mit Gewebetypischen Reizen stimuliert werden und
ein Verfahren zur Realisierung der Stimulierung.
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Stand der
Technik
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Eine
Vielzahl von biologischen Zellen und Geweben ist durch das Vorhandensein
einer aktiven oder passiven mechanischen Funktion gekennzeichnet.
Es sind zahlreiche Vorrichtungen und Verfahren bekannt, mit denen
eine den physiologischen oder bestimmten pathologischen Verhältnissen
angepasste mechanische Stimulierung von Zellen oder Geweben erzielt
werden kann. Mit diesen Verfahren wird der Einfluß von mechanischen
Reizen auf Zellen und Gewebe untersucht. Außerdem wird versucht, konstante
Zell- und Gewebekulturbedingungen zu schaffen.
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Dazu
ist aus dem „Journal
In vitro Cellular Developmental Biology", Vol. 24, No. 7, July 1988, S. 609–619 eine
Vorrichtung bekannt, bei der eine dehnbare Silastic-Membran den
Boden von 24 Kulturschalen mit einem Durchmesser von jeweils 15 mm
bildet. Über
24 Schrittmotor-gesteuerte Stempel (Durchmesser 2 mm) wird die Zell-tragende
Membran in jeder einzelnen Kulturschale zyklisch kegelförmig gedehnt,
indem der Stempel von unten gegen die Membran drückt.
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Nachteilig
ist, dass die Zellen in dieser Anordnung nicht nur einer Dehnung
sondern durch die Auslenkung der Membran in vertikaler Richtung
auch einer Druckbelastung und Scherbewegung ausgesetzt sind, wodurch
gleichzeitig mehrere verschiedenartige mechanische Reize appliziert
werden. Die isolierte Untersuchung des Effekts einer einachsigen Dehnung/Entdehnung
der Zellen ist deshalb nicht möglich:
Weiterhin ist eine optische Beobachtung bei dieser Vorrichtung nicht
möglich.
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Die
Firma Flexcell stellt kommerziell erhältliche Systeme für die mechanische
Stimulierung von Zellen her. Eines des Systeme verwendet einen Exzentermotorbetriebenen
vertikalen Stempel, der eine dehnbare Membran zyklisch nach oben
und unten bewegt, wodurch die Membran radiär über den Stempel gleitet und
dabei radiär
gedehnt wird (
US 5,217,899 und
US 5,348,879 ).
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Bei
weiteren Systemen dieser Firma (FX-4000T und „Tissue Train") wird die radiäre Dehnung
der Membran durch eine Vakuumanordnung erreicht. Der zu dehnende
zentrale Membrananteil wird gleitend auf einer kreisförmigen Tischunterlage
aufgebracht. Der ringförmige
Membranrand wird nicht durch die Tischunterlage gestützt. In
diesem Bereich wird die Membran vielmehr durch das zyklische Anlegen
von Unterdruck auf der Membranunterseite nach unten gezogen. Dadurch
wird der zentrale Anteil auf der Tischunterlage radiär gedehnt.
Ein spezifischer Nachteil der Flexcell-Systeme ist darin zu sehen, dass
die Reibung der Membran auf der Tischunterlage durch ein Gleitmittel
vermindert werden muß.
Ein negativer Einfluss des Gleitmittels auf die Zellfunktionen durch
Diffusion durch die Membran ist nicht ausgeschlossen.
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Nach
Fink et al., FASEB Journal. Vol. 14, No. 6, April 2000, S. 669–679 ist
weiterhin eine Vorrichtung und ein Verfahren bekannt, mit deren
Hilfe ringförmige
Kulturen von künstlichem
Herzgewebe (engineered heart tissue, EHT) erstellt werden können. Die
mechanische Stimulierung des Gewebes, welches als wesentliche Komponenten
neanatale Rattenzellen und Kollagen enthält, erfolgt über eine
Exzentermotorbetriebene Anordnung, in der die ringförmigen EHT's zyklisch gedehnt
und entdehnt werden. Die Ringe werden dazu zwischen jeweils zwei
beweglichen Metallhaken aufgespannt. Eine optische Kontrolle der
Dehnung/Entdehnung ist nicht möglich.
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Bekannt
ist nach der. älteren
Anmeldung
DE 100 61
704 A1 ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung
von biologischem Gewebe in einer Wachstumskammer unter Einwirkung
von mechanischen, elektrischen, magnetischen, chemischen, olfaktorischen,
akustischen und optischen Reizen.
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In
DE 195 00 498 C2 werden
Matrixkörper
für die
Messung isometrischer Kraftparameter von Zellgewebe, ein Verfahren
zum Herstellen dieser Matrixkörper,
Sets für
dieses Verfahren und die Verwendung der Matrixkörper zum Kultivieren von Kardiomyozyten
beschrieben. Die offenbarte Vorrichtung wird insbesondere bei der
Analyse von Zellgewebe bzw. von Muskelkontraktionen verwendet.
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Weiterhin
ist nach
US 6,281,007
B1 eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Ausbildung von
bänderförmigen Ersatzgewebe
bekannt. Insbesondere wird das Gewebe in einer Apparatur entlang
seiner Längsachse
gedehnt. Für
eine solche Dehnung wird eine magnetische Vorrichtung wie ein ferromagnetischer
röhrenförmiger Zylinder,
der sich auf dem Gewebe befindet, eingesetzt und der dort während der Dehnung
verbleibt.
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In
US 6,107,081 wird eine Vorrichtung
zur linearen, mechanischen Belastung bzw. Dehnung von Gewebe von
Säugetieren
offenbart. Die Vorrichtung dient für Untersuchungen von mechanischen
Belastungen menschlicher Gewebe, insbesondere des Skelettes sowie
von Herzgewebe.
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Darüber hinaus
wird in
US 4,940,853 eine Vorrichtung
und ein Verfahren zum Wachsen von Gewebepräparaten in vitro beschrieben.
Die Vorrichtung beinhaltet dabei eine Membran und das Gewebepräparat, die
während
des Verfahrens gedehnt werden.
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Bekannt
sind nach WO 00/17 322 A2 auch elektroaktive Materialien zur Stimulation
der biologischen Aktivität
von Zellen. Die Stimulation erfolgt insbesondere elektromagnetisch
mittels eines elektroaktivem Polymers, wobei die zu stimulierenden
Zel len am elektroaktivem Polymer angebracht oder mit diesem verbunden
sind.
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Nachteilig
bei allen bekannten Vorrichtungen und Verfahren ist die fehlende
Möglichkeit
zur elektrischen Stimulierung der kultivierten Zellen und/oder Gewebe.
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Aufgabenstellung
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Die
Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Vorrichtung anzugeben,
mit der Zellen und/oder Gewebe je nach Zielsetzung unter Anwendung
von Gewebe-typischen Reizen unter optischer Kontrolle in Kultur
gehalten werden können,
und weiterhin ein Verfahren anzugeben, mit dem Zellen und/oder Gewebe
unter Beobachtung Gewebe-typischen Reizen ausgesetzt werden können.
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Die
Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Weiterbildungen sind
Gegenstand der Unteransprüche.
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Die
Erfindung betrifft eine Vorrichtung, die eine elektrische und mechanische
Stimulierung von Zellen und/oder Geweben in zweidimensionaler oder dreidimensionaler
Kulturanordnung erlaubt, und eine fortlaufende visuelle Kontrolle
der Zellen und/oder Gewebe ermöglicht.
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Dabei
besteht die Vorrichtung zur elektrischen und mechanischen Stimulierung
von Zellen und/oder Geweben aus einer Kulturkammer zur Aufnahme
von mindestens einem Träger
und Kulturmedium, wobei die Kulturkammer mit einer Gasphase verbunden
ist, und mindestens der Kammerboden oder die Kammerdecke aus einem
durchsichtigen Material besteht, aus mindestens zwei bewegbaren Klammern
zur Fixierung des Trägers
in der Kammer, aus mindestens zwei in oder an der Kammerwandung
positionierten Elektroden, die mit dem Kulturmedium und/oder den
Klammern und/oder dem Träger
und/oder den Vorrichtungen zur Übertragung
der mechanischen Stimulierung elektrisch kontaktiert sind, und aus
mindestens einem Motor, der mit den Klammern über eine Vorrichtung zur Übertragung
der mechanischen Stimulierung verbunden ist.
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Die
Erfindung betrifft auch ein Verfahren, bei dem kultivierte Zellen
und/oder Gewebe durch frei programmierbare elektrische und mechanische
Reize eine physiologischen oder pathologischen Verhältnissen
angepasste Stimulierung erfahren, um je nach Einsatz die Entdifferenzierung
differenzierter Zellen und/oder Geweben aufzuhalten, die Differenzierung
von undifferenzierten Zellen und/oder Geweben zu unterstützen, künstliches
Biogewebe funktionell zu konditionieren, oder den Einfluss der beiden Reize
auf Zellen und/oder Gewebe zu untersuchen oder zu nutzen.
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Beim
Verfahren zur elektrischen und mechanischen Stimulierung von Zellen
und/oder Geweben werden Zellen und/oder Gewebe auf einen Träger aufgebracht
und/oder der Träger
besteht aus Zellen und/oder Geweben, und Kulturmedium und mindestens
ein Träger
in eine Kulturkammer einer Vorrichtung zur elektrischen und mechanischen
Stimulierung von Zellen und/oder Geweben eingebracht wird, wobei
der Träger
zyklisch einachsig entdehnt und gedehnt wird und über mindestens
zwei Elektroden elektrische Reize auf die Zellen und/oder das Gewebe
ausgeübt
werden.
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Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
zur elektrischen und mechanischen Stimulierung von Zellen und/oder
Geweben besteht im wesentlichen aus einer Kulturkammer, die mindestens
einen Träger
und Kulturmedium enthält.
Im direkten oder indirekten Kontakt mit dem Kulturmedium befindet
sich eine Gasphase, die vorteilhafterweise über dem Kulturmedium und von
ihm durch eine Membran getrennt angeordnet ist und die aus einem
Gasgemisch aus Sauerstoff und Kohlendioxid oder aus einem Sauerstoff
und/oder Kohlendioxid enthaltenden Gasgemisch besteht.
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Mindestens
die Kammerdecke und/oder der Kammerboden bestehen aus einem durchsichtigen Material,
welches vorteilhafterweise aus Glas bestehen kann.
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Der
Bereich der Kammer, in der sich das Kulturmedium befindet, kann
temperierbar sein. Vorteilhafterweise ist der Kammerboden doppelwandig ausgeführt, und
durch den Zwischenraum kann eine Temperierflüssigkeit hindurchgeleitet werden.
Vorteilhafterweise kann die Temperierflüssigkeit ein erwärmtes Alkohol/Wasser-Gemisch
sein. Die Temperierflüssigkeit
ist dabei durch den Kammerboden und durch eine autoklavierbare Dichtung
vom Kulturmedium getrennt.
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In
der Kammer sind mindestens zwei bewegbare Klammern vorhanden, in
die der Träger
eingespannt ist. Die Klammern dienen der Fixierung des Trägers und
zur Übertragung
der mechanischen Bewegung auf den Träger. Sie müssen so bewegbar sein, dass
sie durch Übertragung
der mechanischen Bewegung eine Dehnung und Entdehnung des Trägers realisieren
können.
Die Klammern sind vorteilhafterweise gegenläufig bewegbar. Die Bewegung wird
durch einen oder mehrere Motoren, die über ein oder mehrere Getriebe
und Wellen mit den Klammern verbunden sind, erzeugt.
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Der
Träger
ist aus den zu stimulierenden Zellen und/oder Gewebe aufgebaut oder
die Zellen und/oder das Gewebe werden bei der Herstellung des Trägers integriert
oder auf einen Träger
aufgebracht. Der Träger
kann entweder selbst aus einem Biomaterial oder aus einem nichtbiologischen
Material bestehen. Ein nichtbiologisches Material sollte vorteilhafterweise
an den Oberflächen
biofunktionalisierbar, d.h. mit Biomolekülen beschichtbar sein. Besonders
vorteilhaft ist die Beschichtung mit Proteinen der extrazellulären Matrix
und/oder mit Wachstumsfaktoren. Auch Biomaterialien können an
den Oberflächen derart
behandelt sein, dass sie verbesserte Bedingungen für die Zellfunktionen
bieten. Es kann auch vorteilhaft sein, die Trägeroberflächen mit morpholo gischen Mikrostrukturen
zu versehen, die sich besonders günstig auf die Zellfunktionen
auswirken. [0026] Als Träger
können
zweidimensionale oder dreidimensionale Strukturen benutzt werden.
Ein Träger
für zweidimensionale
Kulturanordnungen kann eine durchsichtige Folie sein. Er ist elastisch
und kann aus einem Polymer bestehen, vorteilhafterweise aus Silikon
oder Latex. Auch ist es von Vorteil, wenn der Träger am Rand eine ganz oder
teilweise umlaufende Wulst, vorteilhafterweise aus trägereigenem
Material, aufweist. Beispielsweise kann bei Einsatz einer rechteckigen
Folie als Träger
die Halterung mittels der Klammern an den langen Seiten erfolgen
und die Kurzseiten sind mit einer Wulst versehen.
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Ein
Träger
für dreidimensionale
Kulturen besteht vorteilhafteiweise auch aus einer elastischen Struktur,
die den Zellen ein möglichst
günstiges
Gerüst
vorgibt. Dieser dreidimensionale Träger kann aus einem Polymer,
beispielsweise Silikon oder Latex, aber auch aus einem textilen
Gewebe oder im wesentlichen aus Kollagen oder Gelatine aufgebaut sein.
Als Träger
kann auch ein natürliches
Gewebe, beispielsweise ein Stück
Herzmuskelgewebe, oder auch ein künstliches Biogewebe dienen.
Auch auf diese Gewebe können
weitere Zellen und/oder Gewebe aufgebracht werden. Die Zellen und/oder
Gewebe werden mit dem erfindungsgemäßen Verfahren elektrisch und
mechanisch stimuliert, unabhängig
davon, ob sich die Zellen und/oder Gewebe auf dem Träger befinden
und/oder den Träger
selbst bilden.
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Die
Elektroden für
die elektrische Stimulierung der Zellen und/oder Gewebe sind in
oder an der Kammerwandung positioniert und befinden sich im direkten
oder indirekten Kontakt mit mindestens dem Kulturmedium und/oder
den Klammern und/oder dem Träger
und/oder der Vorrichtung zur Übertragung
der mechanischen Stimulierung. Vorteilhafterweise ragen sie in das
Innere der Kulturkammer hinein. Die Elektroden sind an einen Stimulator
angeschlossen und dienen zur Einbringung eines elektrischen Impulses
in die Kammer und auf die Zellen und/oder Gewebe in der Kammer auf
dem Träger. Vorteilhafterweise
sind die Elektroden gegenüberliegend
angebracht.
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Ebenfalls
vorteilhafterweise kann die gesamte Vorrichtung auf dem Objekttisch
eines Mikroskopes, insbesondere eines Lichtmikroskopes, angebracht
sein. Damit ist eine laufende optische Kontrolle der Vorgänge in der
Kammer möglich.
Alle im Kontakt mit dem Kulturmedium befindlichen Teile bestehen
aus Materialien, die keinen nachteiligen Einfluss auf das Kulturmedium
und die Zell- und/oder Gewebefunktionen haben, und sollen vorteilhafterweise autoklavierbar
sein.
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Die
Vorrichtung kann modular aufgebaut sein, dass heißt, mehrere
erfindungsgemäße Kammern
können
parallel geschaltet sein. Die Kammern können auch hintereinander geschaltet
sein, um eine bessere Ausnutzung von Kulturmedium und Gasphase zu
realisieren.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
wird vorteilhafterweise in der erfindungsgemäßen Vorrichtung realisiert.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird mindestens ein Träger
zwischen mindestens zwei Klammern eingelegt und fixiert. Auf dem
Träger
können
sich differenzierte oder undifferenzierte Zellen und/oder Gewebe
befinden, oder der Träger
selbst gesteht aus differenzierten oder undifferenzierte Zellen
und/oder Geweben mit oder ohne aufgebrachten differenzierten oder
undifferenzierten Zellen und/oder Gewebe. Der Träger kann in der Vorrichtung
entspannt oder vorgedehnt fixiert werden. Die Zellen und/oder Gewebe
können
auf den entspannten oder vorgedehnten Träger aufgebracht werden.
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Vor,
vorteilhafterweise aber nach dem Einbringen des Trägers in
die Kulturkammer, wird Kulturmedium in den Kulturkammerraum geleitet,
wobei das Kulturmedium den Kammerraum ganz oder teilweise ausfüllt. Bei
einer teilweisen Ausfüllung
befindet sich in dem freien Raum die Gasphase, die auch über eine
Membran vom Kulturmedium abgetrennt sein kann. Die Gasphase kann
aber auch in einer separaten Kammer untergebracht sein, die mindestens über eine
Membran oder über
einen direkten Zugang mit dem Kulturmedium in Kontakt steht oder
verbunden ist. Die Gasphase kann über eine Schlauchleitung mit
einer Waschflasche und über
eine weitere Schlauchleitung mit einer Druckflasche verbunden sein.
Ein Gemisch aus Sauerstoff und Kohlendioxid oder ein Sauerstoff
und/oder Kohlendioxid enthaltendes Gasgemisch wird vorteilhafterweise
eingeleitet.
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Das
Kulturmedium soll vorteilhafterweise eine stabile Temperatur und
Zusammensetzung mindestens in der Kulturkammer aufweisen. Bei dem
erfindungsgemäßen Verfahren
kann ein kontinuierlicher aber auch diskontinuierlicher Wechsel
des Kulturmediums realisiert werden.
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Die
Temperatur des Kulturmediums kann beispielsweise durch den Einsatz
eines bereits temperierten Kulturmediums, das außerhalb der Kammer aufgeheizt
worden ist, realisiert werden. Besonders günstig ist es aber, wenn weiterhin
das Kulturmedium in der Kammer temperiert werden kann. Dies kann
beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Kammer von außen beheizbar
ist. Beispielsweise kann der Kammerboden doppelwandig ausgeführt sein und
in dem Zwischenraum ein erwärmtes
Temperiermedium, vorteilhafterweise ein Alkohol/Wasser-Gemisch durchgeleitet
werden. Über
eine Pumpe kann dies realisiert werden.
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Nach
dem sterilen Aufbau der Vorrichtung und Realisierung der Gas- und
Flüssig-Phasen
in der Kammer mit dem Träger
wird über
die vorteilhafterweise gegenläufige
Bewegung der Klammern der Träger
entdehnt und gedehnt. In Bezug auf die Länge des Trägers nach der Vordehnung kann
ein Zyklus mit einer Dehnung oder mit einer Entdehnung beginnen.
Erfindungswesentlich ist, dass die Entdehnung/Dehnung in Trägerebene
einachsig erfolgt. Die se Anordnung bewirkt eine weitgehend gleichmäßige mechanische
Stimulation aller Zellen und/oder Gewebeanteile. Es werden im wesentlichen
Druck- und Scherbelastungen der Zellen und/oder Gewebe vermieden.
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Zu
dieser einachsigen, gerichteten mechanischen Stimulierung wird weiterhin
erfindungsgemäß eine elektrische
Stimulierung ausgeführt.
Diese elektrische Stimulierung wird über mindestens zwei Elektroden
realisiert, die mindestens über
das Kulturmedium und/oder die Klammern und/oder den Träger und/oder
die Vorrichtungen zur Übertragung
der mechanischen Stimulation die elektrischen Reize auf die Zellen
und/oder Gewebe vermitteln. Vorteilhafterweise wird der elektrische
Reiz über
das Kulturmedium appliziert. Ebenso ist von Vorteil, wenn die Polarität der Elektroden
nach jedem oder mehreren elektrischen Reizen gewechselt wird.
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Weiterhin
ist es vorteilhaft, wenn für
die Dauer des elektrischen Impulses ein lineares und möglichst
homogenes elektrisches Feld um den Träger und insbesondere um die
Zellen und/oder die Gewebe aufgebaut wird. Besonders vorteilhaft
ist es weiterhin, wenn die Richtungen des elektrischen Feldes mit
der Dehnungsrichtung übereinstimmt.
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Die
elektrischen und mechanischen Reize können unabhängig voneinander in Muster,
Frequenz, Form, Dauer und Amplitude frei gewählt werden. Die Parameter des
elektrischen Reizes sind in der Regel mit wenigen Versuchen ermittelbar.
Die Reizparameter richten sich unter anderem nach der Reizantwort
der Zellen und/oder des Gewebes. Beispielsweise wird ein überschwelliger
elektrischer Reiz im Falle von Herzmuskelzellen durch eine Kontraktion
beantwortet. Die Reizparameter richten sich auch nach den Gegebenheiten
des Zielgewebes oder Zielorgans.
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Elektrische
und mechanische Reize können unkoordiniert
auf die Zellen und/oder die Gewebe einwirken. Es ist jedoch besonders
vorteilhaft, wenn die elektrischen und mechanischen Reize zeitlich aufeinander
abgestimmt appliziert werden. Sie können gleichzeitig einwirken,
aber auch zeitlich versetzt. Damit lassen sich Organ- oder Gewebetypische
Reizmuster nachahmen und applizieren, um beispielsweise differenzierte
Zellen gemäß ihrem Herkunftsorgan
zu stimulieren. Mit diesem Verfahren lassen sich Entdifferenzierungsprozesse
aufhalten und ganz allgemein die Wirkungen der verschiedenen Reizmuster
auf die Zellen und/oder Gewebe untersuchen. Umgekehrt läßt sich
durch die Anwendung von Organ- und/oder Gewebe-typischen Reizmustern
auch die Differenzierung undifferenzierter Zellen auslösen, unterstützen oder
beschleunigen. Die jeweilige Auswahl erfolgt nach dem gewünschten physiologischen
und/oder pathologischen Ergebnis des Verfahrens.
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Im
Falle differenzierter Herzmuskelzellen. kann eine Stimulierung mit überschwelligen
elektrischen Reizen entsprechend der natürlichen Herzfrequenz erfolgen,
wobei jedem elektrischen Reiz eine Entdehnung und Rückdehnung
des Trägers
folgt, die ihrem zeitlichen Ablauf dem physiologischen Kontraktionsablauf
einer einzelnen Herzmuskelzelle nachempfunden sind. Dies wäre für diesen
Fall eine besonders vorteilhafte Abstimmung der Stimulierung. Ebenso
läßt sich
ein solches Herztypisches Reizmuster ausnutzen, um beispielsweise
undifferenzierte Stammzellen in Richtung Herzgewebe zu differenzieren
oder künstliches
Herzgewebe funktionell zu konditionieren. Allgemein ist dieses Verfahren
vorteilhaft, um künstliche
Gewebe vor einer Implantation funktionell auf die Erfordernisse
im Empfängerorganismus
vorzubereiten.
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In
einigen Fällen
kann es günstig
sein, wenn nur jeder n-te elektrische Reiz von einem mechanischen
Reiz gefolgt wird oder wenn nur jeder n-te mechanische Reiz von
einem elektrischen Reiz begleitet wird (n = 1, 2, 3 ...). Ebenso
können
bei dem Verfahren beispielsweise Reizmuster angewendet werden, die
sich besonders günstig
auf die Kultur von Skelettmuskelzellen, glatten Muskelzellen oder
deren Gewebe auswirken. Hierbei kann es von Vorteil sein, wenn einem
mechanischen Reiz nicht nur ein einzelner elektrischer Reiz sondern
eine Serie elektrischer Reize vorausgeht oder wenn zeitgleich eine
Serie elektrischer Reize von einem mechanischen Reiz begleitet wird,
gefolgt von einer Reizpause. Die Steuerung der elektrischen und
mechanischen Impulse erfolgt vorteilhafterweise programmgesteuert.
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Besonders
vorteilhaft ist die Möglichkeit
einer fortlaufenden visuellen Kontrolle der Zellen und/oder Gewebe.
Eine Regelung des Lichteinfalls auf die Zellen und/oder das Kulturmedium,
beispielsweise durch eine Abdeckung der Kammer außerhalb der
visuellen Kontrollen, ist ebenfalls von Vorteil.
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Ausführungsbeispiel
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Im
weiteren wird die Erfindung an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.
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Eine
Temperierkammer, eine Kulturkammer und eine obere Kammer zur Aufnahme
der Gasphase werden auf einer Edelstahl-Halterung übereinander
angeordnet, wobei zwei fest mit der Halterung verbundene Stäbe in der
Mitte der kurzen Seiten die passgenaue Anordnung gewährleisten,
und über
ein Schraubengewinde die Anpressung der einzelnen Komponenten vermitteln.
Die Abdichtung zwischen den verschiedenen Hohlräumen erfolgt mittels autoklavierbarer
EPDM-Rundringe. Die Temperierkammer besteht aus zwei Glasobjektträgern (1
mm Dicke), durch deren Zwischenraum ein auf 37 °C vorgewärmtes Gemisch aus Alkohol und
Wasser geleitet wird. Die Kulturkammer, bestehend aus PEEK mit den
Innenabmessungen 67 × 19 × 19,5 mm
(L × B × H) und
einer Dicke der Wandungen von 6,5 mm, verfügt an den kurzen Seiten über sich
gegenüberliegende,
von außen
zugängliche
Luer-Anschlüsse
für die
Zu- und Ableitung des Kulturmediums. Über der Kulturkammer, und durch
eine gasdurchlässige PET23-Membran
(Porendurchmesser 1 μm)
von dieser abgetrennt, befindet sich die obere Kammer (PEEK) für die Gasphase,
die an ihren kurzen Seiten ebenfalls über jeweils einen Luer-Anschluss
verfügt. Die
beiden Anschlüsse
sind mit von außen
aufgesteckten Sterilfiltern der Porengröße 0,2 μm versehen. Über sie wird ein Gasgemisch
bestehend aus 5 Vol.-% Kohlendioxid und 95 Vol.-% Luft, als Gasphase,
durch die obere Kammer geleitet. Das Gasgemisch wird zuvor in einer
Gaswaschflasche befeuchtet. Das Dach der oberen Kammer wird durch
einen Glasobjektträger
gebildet, so dass die gesamte Vorrichtung in vertikaler Richtung
durchsichtig aufgebaut ist.
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Die
Kulturkammer wird in Längsrichtung
von zwei Wellen durchzogen. Eine der Wellen ist über ein spielfreies Getriebe
mit einem Elektromotor gekoppelt und überträgt die vorgegebenen Bewegungen durch
ein Zahnrad-Getriebe gegenläufig
auf die zweite Welle. An beiden Wellen sind Klammern befestigt, die
nebeneinander zwei durchsichtige Silikonfolien mit den Maßen 18 × 6,5 mm
(L × B)
und einer Dicke von 50 μm
aufnehmen. Die Silikonfolien sind von einer Wulst des selben Materials
umgeben, die an den Klammerseiten einen Durchmesser von 1 mm und
an den Querseiten einen Durchmesser von 0,5 mm hat. Die motorgetriebene
Bewegung der Wellen bewirkt eine Entdehnung und Dehnung der beiden
Silikonfolien. An den Längsseiten
der Kulturkammer sind in Höhe
der Silikonfolien zwei gegenüberliegende
Plattenelektroden aus chloriertem Silber angebracht, die einen elektrischen
Kontakt zum Kulturmedium herstellen.
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Die
Vorrichtung wird in vierfacher Ausführung parallel nebeneinander über einen
Edelstahl-Rahmen auf dem Objekttisch eines Lichtmikroskopes eingeklinkt.
Die Vorgänge
im Inneren der Kulturkammer können über „long distance"-Objektive mit 5-fachen,
10-fachen und 20-fachen Vergrößerung kontinuierlich
beobachtet und über
eine Videokamera dokumentiert werden.
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Das
Zusammensetzen der Vorrichtung aus den zuvor autoklavierten Einzelteilen
erfolgt unter einer Sterilarbeitsbank. Die Silikonfolien werden
auf die Aufnahme von Zellen vorbereitet, indem ihre Oberflächen außerhalb
der Vorrichtung biofunktionalisiert werden. Anschließend werden
sie im entdehnten Zustand in die Kulturkammer eingebracht und mit den
beiden Klammern fixiert. Die Folien werden nun auf 130% ihrer Ausgangslänge vorgedehnt
(Länge
I0) und mit humanem Laminin beschichtet.
Nach zweimaligem Spülen
mit Phosphat-gepufferter Salzlösung
werden Herzmuskelzellen in Form einer Zellsuspension auf die beschichtete
Silikonfolie aufgebracht. Nun wird die Vorrichtung verschlossen,
indem die einzelnen Komponenten über
einen Spannmechansimus aufeinander gepresst werden. Nach einer Stunde
haben sich die Zellen an Laminin angeheftet, so dass die Vorrichtung
aus der Sterilarbeitsbank genommen werden kann, um sie auf dem Lichtmikroskop
zu fixieren.
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Im
Folgenden werden der Temperierboden in Betrieb genommen, der Gasfluß wird auf
1 ml/min eingestellt und die Kulturkammer mit Kulturmedium gefüllt. Das
Kulturmedium wird zuvor steril in 200 ml Spritzen aufgezogen und
in eine Perfusionspumpe eingesetzt, die sich im Inneren eines Kühlschranks befindet.
Die Zuleitung zur Vorrichtung wird über möglichst kurze, schwarze Infusionsschläuche gewährleistet.
Als Kulturmedium wird „Dulbecco's modified Eagle's medium" mit 10% fetalem
Kälberserum und
einem Zusatz von 100 IU/ml Penicillin und 100 μg/ml Streptomycin verwendet.
Die Flußgeschwindigkeit
des Kulturmediums beträgt
0,5 ml/h.
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Die
Herzmuskelzellen werden für
14 Tage in der Vorrichtung in Kultur gehalten und dabei mit einer Grundfrequenz
von 1 Hz rechteckförmigen
Stromimpulsen von 5 ms Dauer und 50 mA Amplitude ausgesetzt. Jedem
elektrischen Reiz folgt mit einer Verzögerung von 5 ms eine Entdehnung
und Rückdehnung der
Silikonfolien in Form einer unsymmetrischen Cosinushalbwelle, einer
Dauer von 0,4 s und einer maximalen Auslenkung von 5% von I0.
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Durch
die aufeinander abgestimmte elektrische und mechanische Stimulierung
konnte die unter serumhaltigen Kulturbedingungen stets nach wenigen
Tagen auftretende Entdifferenzierung kultivierter Herzmuskelzellen
deutlich verzögert
werden.
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Figuren (nachgereicht)
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1 zeigt einen Querschnitt
der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
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2 zeigt einen Längsschnitt
der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
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In 1 ist die erfindungsgemäße Vorrichtung
zur elektrischen und mechanischen Stimulierung von Zellen und/oder
Gewebe dargestellt. Sie besteht aus einer Temperierkammer 1,
einer Kulturkammer 4 und einer Kammer zur Aufnahme der
Gasphase 17. Die Kammern 1, 4, 17 sind
auf einer Halterung übereinander
mittels Spannvorrichtungen 19 angeordnet, bei denen zwei
fest mit der Halterung verbundene Stäbe in der Mitte der kurzen
Seiten die passgenaüe
Anordnung der Kammern 1, 4, 17 und über ein
Schraubgewinde die Anpressung der Kammern bewerkstelligen.
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Die
Temperierkammer 1 beinhaltet die Kammerdecke 3 und
den Kammerboden 2, die in dieser Ausführungsform aus Glas bestehen,
sowie die Kammer zur Aufnahme des Temperiermediums 20, die
sich zwischen Kammerboden 2 und Kammerdecke 3 befindet.
Durch diese Kammer 20 wird die Temperierflüssigkeit
hindurchgeleitet. Die Temperierflüssigkeit ist dabei durch die
Kammerdecke 3 und durch eine autoklavierbare Dichtung vom
Kulturmedium 16 getrennt.
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Die
Kulturkammer 4 enthält
einen Träger 5 und
ein Kulturmedium 16. In Kontakt mit dem Kultur medium 16 befindet
sich eine Kammer zur Aufnahme einer Gasphase 17, die über der
Kulturkammer 4 und von dieser durch eine Membran 18 getrennt
angeordnet ist.
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In
der Kulturkammer 4 sind zwei bewegbare Klammern 6, 15 vorhanden,
in die der Träger 5 eingespannt
ist. Die Klammern 6, 15 dienen der Fixierung des
Trägers 5 sowie
zur Übertragung
der mechanischen Bewegung auf den Träger 5. Die Klammern 6, 15 sind
in dieser Ausführungsform
gegenläufig
bewegbar.
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Der
Träger 5 weist
am Rand eine umlaufende Wulst 11 aus demselben Material
wie der Träger 5 auf.
In dieser Ausführungsform
handelt es sich bei 5, 11 um Silikon.
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Die
elektrische Stimulierung der Zellen und/oder des Gewebes wird mittels
der Elektroden 9, 10 durchgeführt, die an der Kammerwandung
positioniert sind und sich im direkten Kontakt mit dem Kulturmedium 16,
den Klammern 6, 15, dem Träger 5 und den Vorrichtungen
zur Übertragung
der mechanischen Stimulierung 7 (in 2 dargestellt), 12, 13 befinden.
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Die
Elektroden 9, 10 sind gegenüberliegend befestigt.
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Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
befindet sich auf dem Objekttisch 14 eines Mikroskops.
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In 2.
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In 2, bei der es sich um einen
Längsschnitt
der erfindungsgemäßen Vorrichtung
handelt, wird der Teil der Vorrichtung gezeigt, der die mechanische
Bewegung hervorruft. Dies geschieht mit Hilfe eines Motors 8,
der über
ein Getriebe 7 und den Wellen 12, 13 (in 1 zu sehen) mit den Klammern 6, 15 (beide
in 1 zu sehen) verbunden
ist.
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- 1
- Temperierkammer
- 2
- Kammerboden
- 3
- Kammerdecke
- 4
- Kulturkammer
- 5
- Träger
- 6
- Klammer
- 7
- Zahnradgetriebe
- 8
- Motor
- 9
- Elektrode
- 10
- Elektrode
- 11
- Wulst
- 12
- Welle
- 13
- Welle
- 14
- Objekttisch
- 15
- Klammer
- 16
- Kulturmedium
- 17
- Kammer
mit Gasphase
- 18
- Memtiran
- 19
- Spannvorrichtung
- 20
- Kammer
zur Aufnahme des Temperiermedi
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- ums