-
Verwendung von Polyvinylmischacetalen zur Herstellung von Sicherheitsglasfolien
Die Verwendung von Polyvinylbutyralen für Folien und Gießlösungen zur Herstellung
von Zwischenschichten für splitterfreies Glas ist bekannt und wird technisch ausgeführt.
Die Gießlösungen bestehen aus Polyvinylbutyral, Weichmacher und Lösungsmitteln;
die Folien aus Polyvinylbutyral und Weichmacher.
-
Die Zwischenschichten werden entweder auf dem Glas selbst durch Vergießen
einer Gießlösung erzeugt, oder es werden fertige Folien direkt zwischen zwei Glasscheiben
verlegt. Besonders die Verwendung von Folien ist eine sehr gebräuchliche Methode
zur Herstellung von Sicherheitsglas. In diesem Falle wird von der Polyvinylbutyralfolie
verlangt, daß sie eine geringe Oberflächenklebrigkeit besitzt, um sie ohne Beschädigung
lagern und transportieren zu können. Gleichzeitig muß sie sich bei erhöhter Temperatur
und unter Druck zu einem unlösbaren, splittersicheren Verbunde mit den Glasscheiben
verpressen lassen. Diese Forderung bedingt eine gute Wärmestabilität, die durch
Zusätze von Stabilisatoren erreicht wird. Die Eignung als Zwischenschicht für Sicherheitsglas
setzt ferner einen bestimmten Gehalt an Acetal- und Hydroxylgruppen voraus, die
einerseits gute Weichmacherverträglichkeit und optische Klarheit, andererseits gute
Haftung am Glase bewirken.
-
Die Darstellung der für Sicherheitsglaszwischenschichten geeigneten
Polyvinylbutyrale wird im allgemeinen nach zwei verschiedenen Verfahren ausgeführt,
die dem Fachmann unter der Bezeichnung vwäßriges Verfahren« und >1Lösungsmittelverfahren<z
bekannt sind.
-
Die nach den zwei Verfahren hergestellten PolyvinyI-butyrale zeigen
in ihren Eigenschaften als Sicherheitsglaszwischenschicht große Unterschiede. Die
Butyrale, nach dem @>wäßrigen Verfahrena hergestellt, können nur in Form von Gießlösungen
direkt auf Glas vergossen, zur Herstellung von Sicherheitsglas benutzt werden. Die
Verwendung von Folien, hergestellt auf dem Kalander oder einer Filmgießmaschine,
stößt auf große Schwierigkeiten, da diese Folien sehr große Oberflächenklebrigkeit
besitzen. Die zusammengeklebten Folien lassen sich nicht oder nur sehr schwer ohne
Beschädigungen auseinanderziehen. Dadurch wird ihre praktische Verarbeitung unmöglich
gemacht. Pudern mit Natriumbicarbonat oder anderen Puderungsmitteln nutzt nicht
sehr viel, da man wegen der starken Oberflächenklebrigkeit der Folien diese nicht
wieder abspülen kann. Hierdurch wird außerdem die optische Klarheit der Folien sehr
schlecht. Die weichmacherhaltigen Folien besitzen ferner eine zu geringe Festigkeit.
-
Die Polyvinylbutyrale, nach dem @JLösungsmittelverfahren« hergestellt,
zeigen diese Nachteile nicht und lassen sich gut zur Herstellung von Folien verwenden.
Diese Folien kleben praktisch nicht mehr, sind ziemlich starr und haben eine gute
Festigkeit. Gießlösungen lassen sich aus den Lösungsmittelbutyralen natürlich auch
herstellen.
-
Da dieses Verfahren umständlich und teuer ist, wurde mit verschiedenen
Mitteln versucht, auch nach dem wäßrigen Verfahren zu klebschwachen Folien zu gelangen.
Dies gelingt nur unvollkommen auf verschiedene Weise, sei es durch Einsatz. eines
besonders gereinigten Polyvinylalkohols, sei es durch Nachbehandlung der Butyrale
mit Säuren oder Wärme, sei es durch Pudern der Folien. Allen diesen Verfahren ist
der Nachteil gemeinsam, daß teuere und zeitraubende Nachbehandlungen erforderlich
sind, die nicht immer. zum gewünschten Effekt führen.
-
Der Unterschied in dem Verhalten der Folien aus den verschieden hergestellten
Polyvinylbutyralen beruht darauf; daß die in Lösungsmitteln hergestellten PolyvinyIbutyrale
eine gewisse Vernetzung der Molekülketten aufweisen, wodurch die guten Eigenschaften
der Sicherheitsglasfolien bedingt sind. Die teilweise Vernetzung geht unter anderem
daraus hervor, daß die Gießlösungen. in der Kälte sehr leicht gelieren, da die Löslichkeit
der Pölyvinylbutyrale. durch die Vernetzung schlechter geworden ist. Die nach dem
wäßrigen Verfahren hergestellten Pölyvinylbutyrale besitzen diese vernetzten Ketten
nicht oder nur in so geringem Maße, woraus sich eine starke Oberflächenklebrigkeit
und eine geringe Festigkeit der Folien ergeben.
-
Es wurde nun gefunden, daß man ohne zusätzlichen Arbeitsgang auch
nach dem an sich bekannten nwäßrigen
#rerfahreri« dädürch zu klebfreien
Sicherheitsglasfolien gelangt,daß manPolvvinylri11schacetale ausPolyvinylalkohol,
Butyraldehyd, Formaldehyd und/oder Acetaldehyd zur Herstellung der Folien verwendet.
Zur Herstellung der neuen, wertvollen Produkte kann man Butyraldehyd und Formaldehyd
und/oder 'cetaldehyd in- wechselnden Mengen einsetzen. Besonders vorteilhaft ist
ein Verhältnis `Ton Butyraldehyd zu Formaldehyd und./Oder Acetaldehyd von 5 : 1
bis,,20 ;.,1..s Die Menge an Gesamtaldehyd sollte so bemessen sein,. daß das Polyvinylmischacetalmolekül
70 bis 800/, Acetalgruppen enthält.
-
Der Formaldehyd und/öder Acetaldehyd kann vor oder gleichzeitig mit
dem Butyraldehy d eingesetzt werden, ohne daß die Eigenschaften der neuen Polyvinylmischacetale
sich grundsätzlich°ädern. Der-Formaldehyd öder Acetaldehyd _ kann in Form der Monomeren,
der Polymeren oder von Stoffen; elie diese Aldehyde abspalten, zugegeben werden.
Es ist ferner möglich, wasserlösliche Derivate des Polyvinylalkohols, dieFormaldehyd-und/oder
Acetaldehydgruppen--enthalten, -nach bekannten Methoden mit Butyraldehyd umzusetzen.
Diese Poly vinylmischacetale lassen sich sehr gut zu Folien verarbeiten. Diese besitzen
eine sehr geringe Oberflächenklebrigkeit, gute Klarheit, sind starr und haben eine
gute Festigkeit. Sie unterscheiden sich kaum von den Folien aus Polyvinylbutyralen,
die nach dem Lösungsmittelverfahren hergestellt worden sind. -Der Zusatz von Formaldehyd
bewirkt eine Folie vori strammerer und festerer Art, während Acetaldehyd etwas weichere
und elastischere Filme gibt.
-
Es ist bekannt, reine Pqlyvinylformale, besonders noch wasserlösliche
oder quellbare Produkte, als Sicherheitsglaszwischenschichten einzusetzen. Diese
Produkte haben sich aber nicht in der Praxis eingeführt, da sie zu spröde sind,
zu geringe Haftfähigkeit am Glase haben, leicht vergilben und zu feuchtigkeitsempfindlich
sind.
-
Es ist weiter bekannt,- daß reine Pölyvinylformale stark vernetzt
und dadurch nur sehr schwer löslich sind. Die Herstellung - von Polyvinylformalschwämmen
und -faden beruht auf dieser Eigenschaft. Ebenso ist bekannt, daß man reine Polyvinylacetaldehydacetale
für Sicherheitsglaszwischenschichten einsetzen kann, doch haben diese Polyvinylacetale
den Nachteil, nur mit erheblichen Mengen Weichmacher verarbeitet werden zu können,
wodurch eine größere Oberflächenklebrigkeit hervorgerufen wird, die den Einsatz
als frei tragende Folien sehr erschwert oder unmöglich macht.
-
Es ist ferner schon vorgeschlagen worden, Polyvinylmischacetale von
Formaldehyd bzw. Acetaldehyd mit verhältnismäßig geringen Mengen Butyraldehyd für
; fotografische Filme einzusetzen. Diese Filme werden jedoch ohne Weichmacher hergestellt.
Die Fabrikation dieser Polyvinylmischacetale geschieht nach dem "Lösungsmittelverfahren«.
Benutzt man sie zusammen mit Weichmachern als Sicherheitsglaszwischenschichten,
so sind sie gegenüber Folien von reinen Polyvinylbutyralen nicht besser, es besteht
vielmehr die Gefahr, daß eine geringere Haftfestigkeit und größere Kältesprödigkeit
auftritt, die den Einsatz als Sicherheitsglaszwischenschicht ausschließt.
-
Es war daher nicht vorauszusehen, daß Polyvinylmischacetale aus wäßriger
Polyvinylalkohollösung Sicherheitsglasfolien mit so ,guten Eigenschaften geben.
Der Einbau von wenig Formaldehyd und/oder Acetaldehyd in die Polyvinylbutyrale ergibt
nur teilweise vernetzte Polyvinylmischacetale, die noch sehr gut löslich sind und
zur Herstellung von Sicherheitsglasfolien ohne weiteres technisch eingesetzt werden
können. Diese Polyvrinylmischacetale haben den technischen Vorteil, daß sie in wirtschaftlicher
und einfacher Weise noch dem "wäßrigen Verfahren« hergestellt und daraus klebfreie,
klare und feste .Sicherheitsglasfolien hergestellt werden können. Man kann die Acetalisierung
nach bekannten Verfahren bei tiefer Temperatur ausführen. Besonders gute Produkte
werden erhalten, wenn die Acetalisierung jedoch bei 30 bis 50° durchgeführt wird.
Bestimmte Wärme- und Lichtstabilisatoren, "wie hydrierte Kampferderivate, können
schon während oder vor der Acetalisierung zugesetzt werden, so daß eine nachträgliche
Stabilisierung nicht mehr nötig ist.
-
Als Stabilisatoren, die vor, während oder nach der Acetalisierung
bei den erfindungsgemäßen Polyvinyl-@ mischacetalen angewendet werden können seien
unter anderem genannt: Hydrochinon, Harnstoff, Thioharnstoff, Tetramethylthiuramdisulfid,
Mercaptobenzothiäzöre oder hydrierte Kampferderivate. Beispiel -1 Ein Polyvinyhnischacetal
mit 5,001, Formalgruppen, 71,2 °% Butyralgruppen und 22,6 % Hy droxylgzuppen
ergibt klebfreie klare Folien mit einer guten Festigkeit: Die Reißfestigkeit beträgt
200 kg/cm2.
-
Ein reines Polyvinylbutyral, ohne Formaldehyd hergestellt, ergibt
nur Folien, die stark kleben. Die Reißfestigkeit liegt nicht höher als 85 kg/cm2,
bei 0,4 mm Folienstärke und 20°. Beispiel 2 7 Teile Polyvinylmischacetal, das 6,30/,
Formal-, 70160/, Butyralgruppen und 22,30/, Hydroxylgruppen enthält und mit
einem hydrierten Oxyphenylcamphan stabilisiert ist, werden mit 3 Teilen Weichmacher
vermischt und auf der Walze bei 70 bis 80° zu einer Sicher= heitsglasfolie verarbeitet.
Die Folie ist optisch vollkommen klar, besitzt keine Eigenklebrigkeit und hat eine
Reißfestigkeit von 205 kg/em2, bei 0;4 mm Folienstärke und 20°. Nach dem Tempern
(2 Stunden bei 130°) beträgt die Reißfestigkeit noch 190 kg/em2. Daraus hergestelltes
Sicherheitsglas hat bei der Kugelfallprüfung eine Splitter-' sicherheit von -[-
50 bis - 35°. Beispiel 3 7 Teile Polyvinylmischacetal, das 10,80/, Formal-,
67,3 % Butyral- und 21 % Hydröxylgruppen enthält und wie im Beispiel
2 stabilisiert ist, und 3 Teile Weichmacher werden in Methanol gelöst. Aus der filtrierten
Gießlösung erhält man Filme, die optisch klar sind und eine Reißfestigkeit von 240
kg/cm2, bei 0,42 mm Filmstärke und 20° haben. Nach dem Tempern (2 Stunden bei 130°)
beträgt die Reißfestigkeit noch 200 kg/cm2. Die Filme kleben nicht, und der Sicherheitsglasverbund
hat eine Splittersicherheit von -E- 40 bis - 30°. Beispiel 4 Aus 7 Teilen Polyvinylmischacetal,
das 3,9 °/o Formal-; 72,4°/o Butyral- und 22,1l)/, Hydroxylgruppen enthält; und
3 Teilen Weichmacher werden - wie im Beispiel 2 -Folien hergestellt. Die Folien
besitzen eine gute optische Klarheit, sind kaum klebrig und haben eine Reißfestigkeit
von 190 kg/cm2, bei einer Folienstärke von 0,42 mm und 20°. Nach dem Tempern (2
Stunden bei 130°) ist die Reißfestigkeit 170 kg/em2. Die Splittersicherheit des
Verbundglases ist von -[- 40 bis - 30° gut.
-
Beispiel 5 Eine Sicherheitsglasfolie, die aus 7 Teilen Polyvinyl"-mischacetal,
das 8,5 °/o Acetat-, 66,80/, Butyral- und 23,80/, Hydroxylgruppen enthält,
und 3 Teilen Weichmacher
-- wie im Beispiel 2 - hergestellt wurde,
ist optisch klar, besitzt eine geringe Eigenklebrigkeit und hat eine Reißfestigkeit
von 180 kg/cm', bei 0,41 mm Folienstärke und 20°. Nach dem Tempern (2 Stunden bei
130°) fällt die Festigkeit auf 150 kg/cm2 ab. Die Splittersicherheit ist von -f-
40 bis - 25° gut.
-
Beispiel 6 Ein Polyvinylmischacetal, das 5,61/, Formal-, 0,8"/, Acetal-,
710/, Butyral- und 21,6"/, Hydroxylgruppen enthält und wie im Beispiel 2
stabilisiert ist, gibt nach dem Verfahren von Beispiel 3 Sicherheitsglasfilme, die
optisch rein sind und keine Eigenklebrigkeit besitzen. Die Reißfestigkeit beträgt
210 kg/cm2 bei 0,4 mm Folienstärke und 20°. Nach dem Tempern beträgt die Festigkeit
185 kg/cm2. Die Splittersicherheit des Verbundglases ist von + 50 bis - 30°
gut.