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Verfahren zur Herstellung stabiler Zubereitungen aus miteinander
nicht verträglichen Stoffen Bei der Herstellung chemischer Fertigprodukte ergibt
sich häufig die Aufgabe, stabile Präparate aus mehreren Stoffen herzustellen, die
in gemeinsamer Lösung nicht haltbar sind, die also in unerwünschter Weise miteinander
reagieren. Oft sind auch Zubereitungen derartiger Substanzen in trockener Mischung
nicht haltbar, weil die Gegenwart vielfach unvermeidbarer geringer Reste von Wasser
allmählich, namentlich bei höherer Temperatur, die gegenseitige Zersetzung bewirkt.
Das gleiche gilt für lyophilisierte Produkte.
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Es wurde nun gefunden, daß man stabile Präparate aus zwei oder mehreren
unverträglichen Stoffen dadurch gewinnen kann, daß man sie in einem gemeinsamen
Gefäß, aber räumlich getrennt, der Gefriertrocknung unterwirft. Dies geschieht erfindungsgemäß
in der Weise, daß man z.B. Fläschchen oder Ampullen teilweise mit einer Lösung A
füllt, dann stark unterkühlt, bis die Flüssigkeit hart gefroren ist, und dann eine
gegebenenfalls vorgekühlte Lösung B in die gleichen Gefäße einfließen läßt. Infolge
der Unterkühlung der Fläschchen oder Ampullen und der tiefen Temperatur der bereits
gefrorenen Schicht A erstarrt auch die Lösung B an der Grenzfläche beider Schichten
sofort und gefriert dann weiterhin von unten nach oben. Ein Auftauen oder Vermischen
der beiden Komponenten findet dabei nicht statt. Es bilden sich also zwei von einander
scharf getrennte Schichten. Unterwirft man das Ganze nun in gefrorenem Zustand der
Vakuumtrocknung, so erhält man ein Produkt, in dem die beiden Komponenten durch
eine klare Trennungsfläche von einander abgesetzt sind.
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Daß tatsächlich keinerlei Vermischung der beiden Lösungen stattgefunden
hat, läßt sich leicht dadurch beweisen, daß man beispielsweise die Lösung einer
weißen Substanz in der einen Schicht und die Lösung eines kräftigen Farbstoffes
in der anderen Schicht lyophilisiert. Zerschlägt man dann die Ampulle und hebt den
gefärbten Anteil des Trockenpräparates von der anderen Hälfte ab, so sieht man,
daß die weiße Schicht an der Berührungsstelle nicht angefärbt worden ist.
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Stößt man eine solche Zweischichten-Ampulle mit der Spitze mehrmals
kräftig auf, so erfolgt vielfach eine saubere mechanische Trennung der beiden Anteile.
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Natürlich lassen sich in jeder Schicht auch mehrere chemische Substanzen
unterbringen, so daß durch das Verfahren je zwei Stoffgemische getrennt gehalten
werden können.
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Auch mehr als zwei Schichten übereinander können erfindungsgemäß
gefriergetrocknet werden. So lassen sich z. B. Fläschchen mit drei- und mehrfarbigem
Inhalt herstellen.
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Selbst Lösungen mit gänzlich verschiedenem pE können erfindungsgemäß
in einem Gefäß gemeinsam eingefroren und getrocknet werden. Wenn man beispielsweise
eine Bicarbonatlösung, der zur Stabilisierung des
späteren Gerüstes etwas Zucker
zugesetzt wurde, und eine ebenfalls zuckerhaltige Lösung von Citronensäure nach
schichtweisem Einfrieren der Lyophilierung unterwirft, so erhält man ein stabiles
Produkt, das sich nach Zusatz von Wasser schlagartig. unter Aufbrausen löst.
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Vielseitige Anwendung kann das Verfahren vor allem in der pharmazeutischen
Industrie finden, die häufig vor der Aufgabe steht, mehrere Wirkstoffe, die gleichzeitig
verabreicht werden sollen, sich aber in gemeinsamer Lösung allmählich gegenseitig
zersetzen, in einer Ampulle zu vereinigen.
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Der Erfindungsgedanke läßt naturgemäß mancherlei technische Abwandlungen
zu. So kann beispielsweise das Aufeinanderfrieren der einzelnen Schichten auch nach
dem Spinning- oder Shelling-Verfahren durchgeführt werden, wobei das Einfrieren
unter kräftiger Rotation des Aufnahmegefäßes erfolgt. Man kann die beiden agressiven
Komponenten auch noch zusätzlich durch Dazwischenfrieren einer inerten Lösung oder
einer Wasserschicht trennen.
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Beispiel 1 In weithalsige Fläschchen von 5 ccm Inhalt füllt man je
3 ccm einer wäßrigen Lösung, die im ccm 20 mg Glykokoll und 2 mg Gelatine enthält.
Die Fläschchen werden auf eine Metallplatte gestellt, die mit einer Kältemischung
aus Kohlensäure-Aceton von etwa - 85 gekühlt wird.
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Wenn die Glykokoll-Lösung hart gefroren ist, füllt man darauf unter
weiterer Kühlung in jedes Fläschchen 1 ccm einer Lösung, die 20 mg Glykokoll, 2
mg Gelatine und 10 mg des Natriumsalzes der 4-Sulfonamido-phenylazo-7-acetylamino-1
-oxynaphthalin-3, 6-disulfosäure enthält.
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Wenn der gesamte Inhalt aller Fläschchen gut durchgefroren ist, unterwirft
man ihn bei einem Hochvakuum von 11100 mm und einer Temperatur von 40° der
Gefriertrocknung.
Man erhält ein gleichmäßig lyophillsiertes Produkt, in dem die ldrschrote obere
Schicht von der weißen unteren durch eine scharf markierte Trennungsfiäche abgegrenzt
ist. Der Flascheninhalt löst sich spielend leicht in Wasser.
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Beispiel 2 Das Verfahren wird in der gleichen Weise durchgeführt,
wie im Beispiel 1. Dabei wird in Ampullen von 5 ccm Inhalt als untere Schicht 2
ccm einer Lösung eingefüllt, die 45 mg Natriumbicarbonat und 40 mg Rohrzucker enthält,
als obere Schicht 2 ccm, in denen 25 mg Citronensäure und 40 mg Rohrzucker gelöst
sind. Dabei tritt keinerlei Kohlensäureentwicklung auf. Man erhält nach der Gefriertrocknung
eine fein strukturierte Masse in zwei Schichten. Bringt man auf das Produkt 2 ccm
Wasser, so schäumt es sofort stark auf, und die Kohlensäure entweicht.
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Beispiel 3 Das Verfahren wird wiederum grundsätzlich nach Beispiel
1 durchgeführt. Als untere Schicht wird in die 5 ccm-Ampullen 1 ccm einer wäßrigen
Lösung eingefüllt, die 15 mg Aneurin und 10 mg Glykokoll enthält (PH 3,7). Darauf
füllt man als Oberschicht 3 ccm einer wäßrigen Lösung von 1,5 mg Lactoflavin, 4
mg Pyridoxin, 20mg Nicotinsäureamid, 6 mg Panthenol und 0,5 ccm eines Hefeextraktes
vom PH 5,5 (mit einem Trockengewicht von etwa 155 mg), der aus 2,5 g Frischhefe
gewonnen wurde.
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Nach der Gefriertrocknung erhält man in den Ampullen ein Produkt,
dessen untere Schicht weiß und dessen obere Schicht goldgelb gefärbt ist. Das Präparat
ist in 2 ccm Wasser leicht löslich und ist zur parenteralen Anwendung beim Menschen
geeignet. Die Vitamine bleiben auch bei monatelanger Aufbewahrung im Brutschrank
unverändert wirksam.
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Der durch das erfindungsgemäße Verfahren erzielte technische Fortschritt
wird besonders durch die beiden folgenden Vergleichsversuche veranschaulicht:
1.
In einer Ampulle wurden bei -50" 4 ccm einer Lösung eingefroren, die folgende Stoffe
enthält: 15 mg Aneurin, 1,5 mg Lactoflavin, 4 mg Adermin, 6 mg pantothensauren Calcium,
20 mg Nicotinsäureamid, 15 mg Glykokoll und einen Hefeextrakt von 155 mg Trockengehalt.
Die Mischung wurde der Gefriertrocknung unterworfen und ergab ein festes, goldgelbes
Substanzgerüst, das leicht in Wasser löslich war.
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2. Zum Vergleich wurden die gleichen Substanzen nach dem Zweischichtenverfahren
lyophilisiert, und zwar so, daß als untere Schicht 1 ccm einer Lösung von 15 mg
Aneurin, 4 mg Adermin, 20 mg Nicotinsäureamid und 15 mg Glykokoll in der Ampulle
eingefroren wurde, als obere Schicht 3 ccm einer Lösung, enthaltend 1,5 mg Lacoflavin,
6 mg pantothensaures Calcium und einen Hefeextrakt von 155 mg Trockengehalt. Es
wurde unter den gleichen Bedingungen lyophilisiert wie unter 1.
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Danach enthielt die Ampulle eine weiße Unterschicht und eine goldgelbe
Oberschicht, beide als festes Gerüst, leicht löslich in Wasser.
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Die zugeschmolzenen Ampullen wurden 51/2 Monate im Tropenschrank
bei +50° aufbewahrt und danach die Aneurin-Wirksamkeit bestimmt. Bei dem einschichtig
getrockneten Präparat war der Aneurin-Gehalt bis auf 230in abgesunken; in der zweischichtigen
Ampulle waren noch 930/0 der Aneurin-Wirksamkeit vorhanden. Außerdem war das Präparat
Nr. 1 zu einem dunkelbraunen Klumpen zusammengeschmolzen, der sich nur schwer in
Wasser löste, während Nr. 2 praktisch unverändert und nach wie vor spielend leicht
in Wasser löslich war.