Verfahren zur Herstellung von Zellgummi
Zellgummi, dessen Zellen voneinander getrennt sind, konnte bisher nur in relativ aufwendiger Weise erzeugt werden. So erfordert z.B. das bekannte Pfleumer-Verfahren die Anwendung eines Autoklaven, in welchem die Kautschukmischung bei erhöhter Temperatur dem Druck eines indifferenten Gases (Stickstoff) bei etwa 200 atü ausgesetzt wird. Dabei löst sich das Gas in der plastischen Mischung und expandiert nach Öffnen des Autoklaven in der bereits teilweise oder vollständig ausgeheizten Mischung.
Bei dem zwei- oder mehrstufigen sogenannten Gegendruckverfahren wird der Kautschukmischung ein Treibmittel zugesetzt, welches sich bei der Vulkanisationstemperatur zersetzt und Gase abspaltet. Dabei wird die Mischung in dicht schliessende Formen eingeleitet und in Hochdruckpressen vulkanisiert. Auch bei diesem Verfahren lösen sich die Gase in der plastischen Kautschukmischung, da die zur Anwendung gelangende dichtschliessende Form und der hohe Gegendruck das Entweichen der Gase verhindert. Beim öffnen der Form expandieren aber die Gase in der teilweise ausgeheizten Mischung und der Formling springt aus der Form. Das Nachheizen erfolgt in einer Niederdruckpresse und/oder in Heissluft. Bei diesem Verfahren werden aber an die Form und die Presse besondere Anforderungen, z.B. hinsichtlich Dichte und Stabilität, gestellt.
Man hat daher z.B. für die Herstellung von zellartigem Hartgummi bereits vorgeschlagen, die entsprechende Mischung in einer ersten Stufe in gesättigtem Dampf durch Freiheizung anzuvulkanisieren und anschliessend in einer von aussen erhitzten Form die Zersetzung des gasentwickelnden Stoffes herbeizuführen, wobei das ausgedehnte Material seine Endform annimmt. Hier ist es jedoch wiederum erforderlich, Formen zu besitzen, die den gesamten Blähdruck des gasentwickelnden Mittels aufnehmen. Das Verfahren lässt sich ausserdem nur für Hartgummi anwenden, weil es eine langsame Vulkanisation erfordert.
Zum Unterschied von diesen bekannten Verfahren kann das den Gegenstand vorliegender Erfindung bildende Verfahren ohne dichtschliessende Formen und ohne Hochdruckpresse durchgeführt werden. Erfindungsgemäss wird nämlich Zellgummi dadurch hergestellt, dass vulkanisierbare Mischungen aus Natur- und/oder Kunstkautschuk mit organischen Treibmitteln zunächst durch Erhitzen unter einem geringen Druck von 1 - 3 atü auf eine solche Temperatur anvulkanisiert werden, bei der noch keine merkliche Zersetzung des Treibmittels eintritt, und dass dann die Mischung ohne Form und ohne Druck auf eine höhere Temperatur erhitzt wird, bei der sich das Treibmittel rasch zersetzt und gleichzeitig die Ausvulkanisation erfolgt.
Bei der Teilvulkanisierung, die bei einer Temperatur ohne merkliche Zersetzung des Treibmittels stattfindet, erhält der Kautschuk zunächst die erforderliche innere Stärke; erst dann wird die Temperatur über den Punkt der raschen Zersetzung des Treibmittels erhöht und das Treibgas entwickelt, wobei das Kautschukmaterial sich frei ausdehnen kann. Diese höhere Temperatur wird vorzugsweise für längere Zeit aufrechterhalten, um die Vulkanisierung zu vollenden. Die erste Stufe dieses Verfahrens erfolgt demnach unter geringfügig höherem Druck (1 - 3 atü), kann aber auch unter atmosphärischem Druck erfolgen, während die zweite Stufe ohne Druck ausgeführt wird.
Während bei dem eingangs genannten bekannten Gegendruckverfahren die Form in einer Hochdruckpresse dicht schliessend sein muss, damit kein Austrieb erfolgt (der zu einer unkontrollierten Blähung führen würde), kann beim erfindungsgemässen Verfahren bei dem Vorheizen bzw. der Anvulkanisation durchaus ein geringfügiger Austrieb wie bei einem üblichen Pressenartikel in Kauf genommen werden; es ist daher keine Hochdruckpresse und keine dichtschliessende Form erforderlich, sondern es genügt eine Niederdruckpresse u.
eine konventionelle, z.B. Rahmenform, die beispielsweise mit einem Druck von nur 2 kg/cm2 projizierter Formenfläche verschlossen ist. Die von dem bekannten Verfahren zur Herstellung von zellartigem Hartgummi vorgeschlagene Anvulkanisation durch Freiheizung ergibt häufig keine gute Endform. Das erfindungsgemässe Verfahren verbessert daher die Wirtschaftlichkeit der kon ventionellen Einrichtungen der Gummiindustrie, insbesondere durch die bessere Ausnützung der Pressflächen.
Eine nach dem Hochdruckverfahren hergestellte Zell eummiplatte darf im nichtexpandierten Zustand höchstens 1,4 bis 1% der vorhandenen Pressenfläche ausnützen, da beim Öffnen der Form die expandierende Platte noch zwischen den Holmen der Presse durchgehen muss.
Nach dem Niederdruckverfahren hergestellte Rohplatten können jedoch, nachdem die volle Pressenfläche ausgenützt wurde, in einem Temperschrank aufspringen gelassen werden.
Da, wie erwähnt, die Ausvulkanisation drucklos erfolgt, ist es auch möglich, sie kontinuierlich, beispielsweise im Salzbad oder in einem Wirbelschichtbett durchzuführen. Es ist jedoch auch möglich, insbesondere bahnenförmiges Zellgummimaterial, auf einer AUMA (automatische Vulkanisationsmaschine) mit einem Oberflächendessin zu versehen.
Bei dem erfindungsgemässen Verfahren werden vor allem Treibmittel mit hoher Zersetzungstemperatur verwendet, wie z.B. solche, deren gasbildender Anteil aus Azodicarbonamid besteht, und deren Korngrösse eine zu frühe Zersetzung verhindert, also z.B. etwa 0,01 mm beträgt. Es ist auch von Vorteil, wenn die Kautschukmischung nicht zu weich eingestellt ist, da unter sonst gleichen Bedingungen weiche Mischungen rascher treiben als härter eingestellte.
Natürlich ist es wünschenswert, wenn die Anvulkanisation bei möglichst hoher Temperatur und damit in kurzer Zeit erfolgen kann, um eine wirtschaftlichere Ausnützung der Getriebseinrichtungen zu ermöglichen.
Andererseits ist es von Vorteil, wenn die An- und Ausvulkanisationstemperatur nahe beisammen liegen, soferne nur gewährleistet ist, dass das Treibmittel sich bei der Anvulkanisationstemperatur noch nicht zersetzt und die Mischung noch nicht zu stark anvulkanisiert, um in der zweiten Stufe eine richtige Expansion zu ermöglichen.
Nachdem andererseits die Zersetzungstemperatur von beispielsweise reinem Azodicarbonamid über 200 C liegt, kann es in Einzelfällen vorteilhaft sein, dieselbe durch Zugabe an sich bekannter basischer oder saurer Kicker-Substanzen, oder eines zwei- oder dreiwertigen Alkohols (z.B. Glykol oder Glycerin), einer Blei- oder Zinkseife etwas herabzusetzen, soferne diese Wirkung nicht von bereits in der Kautschukmischung vorhandenen Bestandteilen, wie Zinkweiss, Stearinsäure, Thiuram, halogenhaltigen Substanzen, erfolgt.
Auch das Auftreten eines Treibeffektes bei der Anvulkanisationstemperatur kann durch Zusatz geeigneter Stoffe, wie z.B. Faktis, sowie durch die erwähnte Auswahl gröberer Körnungen des Treibmittels verhindert werden.
Bei Einhaltung der erfindungsgemässen Arbeitsbedingungen differieren überraschenderweise die Anvulkanisationstemperatur und die Ausvulkanisationstemperatur in sehr engen Grenzen, z.B. innerhalb 10- 150C.
Das erfindungsgemässe Verfahren eignet sich zur Herstellung von Zellgummi aus allen üblichen Kautschukmischungen, wie insbesondere Naturkautschuk, Styrolbutadienkautschuk, synthetischer Isoprenkautschuk, Isobutylenisoprenkautschuk, Nitrilbutadienkautschuk, Butadienkautschuk, Chloroprenkautschuk, Äthylenpropylenmischpolymerisaten, Äthylen - Propylen-Terpolymeren und chlorsulfoniertem Polyäthylen, allein oder in Mischungen miteinander.
Beispiel I
Eine Mischung aus
100 Teilen Polychlorb-utadien
10 Teilen Faktis
30 Teilen Russ
15 Teilen naphthenischem Mineralöl
8 Teilen Magnesiumoxid
5 Teilen Zinkoxid
2 Teilen Stearinsäure
7 Teilen Azodicarbonamid (z.B. Genitron AC. 2) wird 8 Minuten auf 151 C bei einem Druck von 2 kg/ cm2 vorgeheizt und 20 Minuten lang bei 1 650C ohne Druck nachgeheizt, wobei die Blähung erfolgt, und ausvulkanisiert. Dabei wird gleichmässiger Zellgummi erzielt.
Beispiel 2
Eine Mischung aus
100 Teilen Chloropren
20 Teilen SRF-Russ
5 Teilen I(reide
25 Teilen naphthenischem Mineralöl
8 Teilen Faktis
3 Teilen Paraffinöl
2 Teilen Stearinsäure
4 Teilen Magnesiumoxid
5 Teilen Zinkoxid
1 Teil 2-Mercaptoimidazolin
7 Teilen Azodicarbonamid wird 15 Minuten bei 51 oC in einer Niederdruck-Plat- tenpresse anvulkanisiert, entformt und in einem Umluftschrank mittels Heissluft 20 Minuten bei 1650C fertigvulkanisiert. Eine derart hergestellte Platte von ursprünglich 5 mm expandiert dabei auf etwa 12 mm, und wird anschliessend auf zweimal je 6 mm gespalten.
Die beiden Plattenhälften werden nochmals bei 1510C über eine automatische Vulkanisationsmaschine zur Anbringung eines Dessins geführt. Ein so hergestellter Zellgummi findet z.B. für die Herstellung von Taucheranzügen Verwendung; er hat eine Dichte von 0,32 eine Festigkeit von 13 kg/cm2, eine Weiterreissfestigkeit von 2,7 kg/cm und eine Stichausreissfestigkeit von 3,7 kg/cm, sowie 650% Dehnung.
Beispiel 3
100 Teile Äthylen/Propylen-Copolymer
25 Teile HAF-Russ
25 Teile SRF-Russ
50 Teile Paraffinöl
5 Teile Zinkoxid aktiv
5 Teile 1,1 -Di-tertiär-butylperoxyd-3,3,5-trime- thylcyclohexan (40%ig)
0,32 Teile Schwefel
7 Teile Azodicarbonamid werden gemischt und 23 Minuten bei 151 oC vorgeheizt, 15 Minuten bei 1700C ausgeheizt, wobei gleichzeitig die Blähung stattfindet, sowie anschliessend noch 30 Minuten bei 1400C getempert. Der erzielte Zellgummi weist eine Dichte von 0,25 g/cm3, eine Festigkeit von 8,3 kg/ cm2 und 250% Dehnung auf.
Beispiel 4
Zur Herstellung von Zellgummi-Dichtungsplatten werden
100 Teile Chloropren
18 Teile SRF-Russ
48 Teile Kaolin
26 Teile naphthenisches Mineralöl
8 Teile Faktis
3 Teile Paraffin
2 Teile Stearinsäure
4 Teile Magnesiumoxid
5 Teile Zinkoxid
1 Teil Mercaptoimidazolin
7 Teile Azodicarbonamid gemischt, 10 Minuten bei 1550C vor- und 30 Minuten bei 1 650C nachgeheizt, sowie 30 Minuten bei 1400C getempert.
Aus einer ursprünglich 10 mm starken Platte entsteht eine 28 mm starke Zellgummiplatte, die dann auf gewünschte Dichtungsplattenstärken gespalten werden kann. Der Zellgummi weist eine Dichte von 0,30, eine Festigkeit von 12 kg/cm , 300% Dehnung, eine Weiterreissfestigkeit von 1,6 kp/cm, eine Stichausreissfestigkeit von 3,2 kp/cm und einen Verformungsdruck von 0,7 kp/25% auf.