Verfahren zum Filz- und Krumpffestmachen von Wolle und Wolle enthaltenden Textilien Es ist bekannt, dass sich die Widerstandsfähigkeit von Wolle oder Wolle enthaltenden Textilien gegen Schrumpfung und Verfilzung erhöhen lässt, wenn man das Fasergut mit Oxydationsmitteln, wie p-Toluol- sulfonsäurechlorimid - Natrium, gasförmigem Chlor oder Chlorwasser bzw. Hypochlorit, behandelt. Die Behandlung mit gasförmigem Chlor wird meist schon aus praktischen Gründen abgelehnt. In flüssiger Phase und saurem Medium wirkt das Chlor zu stürmisch und ungleichmässig auf die Wolle ein.
Eine der Folgen davon ist, dass die Wolle beim Färben Schwie rigkeiten bereitet. Verschiedene Abhilfen, Zugabe des Chlors in kleinen Anteilen, in Form von lockeren Chlor-Anlagerungsprodukten oder Mitverwendung von niedermolekularen Mitteln, die Chlor vorüber gehend zu binden vermögen, wurden versucht; sie konnten die Nachteile jedoch nicht beseitigen. Alle diese Oxydationsverfahren haben den Nachteil, dass sie die Wolle chemisch unerwünscht verändern und somit schädigen.
Da die Wollfaser in schwach alkalischen Bädern sehr wenig geschädigt wird, ja nach neueren Unter suchungen sogar vorteilhafte Veränderungen erfahren kann, ist ein technisch brauchbares Verfahren beson ders erwünscht, das in diesem Bereich wirksam ist. Die obengenannten Oxydationsmittel haben sich hier für als ungeeignet erwiesen. Beim Oxydieren mit Chlor in alkalischem Medium beispielsweise muss man infolge der geringen Reaktionsgeschwindigkeit lange Behandungszeiten in Kauf nehmen, wenn man nicht die Chlormenge in unbequem hohem Masse steigert. So werden die Vorteile des alkalischen Behandlungs bades wieder zunichte gemacht.
Um diese Schwierigkeiten bei der alkalischen Be handlung zu umgehen, hat man schon versucht, die Wolle dadurch zu veredeln, dass man sie gleichzeitig oder nacheinander mit wässrigen alkalischen Lösun gen von Alkalipermanganat oder wässrigen alkalischen Lösungen oder Dispersionen eines Alkali- oder Erd- alkahhypochlorits oder einer Stickstoff-Chlor-Ver- bindung, wie Stickstofftrichlorid, Monochloramin oder p-Toluolsulfonsäureamid, behandelt.
Dadurch gelingt es, die Filz- und Krumpfneigung der Wolle in be friedigender Weise herabzusetzen, doch kann das Fasergut zugleich erheblich durch sich niederschla genden Braunstein verunreinigt werden.
Es ist sehr schwierig, den Braunstein durch eine Nachbehandlung wieder vollständig zu entfernen.
Es wurde nun gefunden, dass man Wolle oder Wolle enthaltende Textilien wesentlich besser als nach den bekannten Verfahren filz- und krumpffest machen kann, wenn man sie mit Dichlor- und/oder Trichlorcyanursäure in wässrigem Medium behandelt und die Behandlung in neutralem oder alkalischem Milieu vornimmt.
Man kann dabei zusätzlich anor ganische und/oder organische Salze und Oxydations mittel mitverwenden und das Fasergut kann einer üblichen oxydativen oder reduktiven Entchlorung unterworfen werden.
Die Oxydationsmittel Dichlor- und bzw. oder Trichlorcyanursäure sollen im Behandlungsbad im allgemeinen in einer Menge vorhanden sein, die 2 bis 5 % Aktivchlor, bezogen auf das Gewicht des Be- handlungsgutes, entspricht;
die Bäder enthalten dem- nach etwa 2,8 bis 7,2 % Di- oder 2,2 bis 5,6 % Tri- chlorcyanursäure. Auch grössere Mengen dieser Stoffe können in den Bädern enthalten sein, doch leidet dann die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens.
Ausserdem kann das Bad weitere für die Textilbehandlung übliche Oxydationsmittel, wie die Salze der Peroxy- mono- und -dischwefelsäure, Peressigsäure und Per benzoesäure, enthalten.
Weiterhin kann man dem Bad anorganische Salze, wie Natriumchlorid, Natrium bromid, Natriumsulfat, Calciumchlorid, Magnesium sulfat und Zinksulfat und bzw. oder organische Salze, beispielsweise die Alkali- und Erdalkalisalze der Essigsäure und Äthylendiaminotetraessigsäure, zu setzen. Zur Erhöhung der Benetzbarkeit des Behand lungsgutes können dem Bad Netzmittel der für die Textilbehandlung üblichen Art zugesetzt werden. Ins besondere kann man in einem Bad arbeiten, das an Natriumchlorid gesättigt ist.
Das Behandlungsbad wird im allgemeinen durch Zugabe von alkalisch reagierenden Stoffen, vorzugs weise von Puffersubstanzen, wie Borax oder Alkali- phosphaten, so eingestellt, dass es einen pH-Wert über 7 hat; von besonderem Vorteil sind Bäder mit einem pH-Wert zwischen 7,5 und 9.
Das Verfahren wird bei gewöhnlicher oder erhöh ter Temperatur ausgeführt. Vorzugsweise wendet man Temperaturen von 20 bis 40 C an. In der Regel ist es nicht erforderlich, oberhalb 70 C zu arbeiten. Die Dauer der Behandlung ist von der Temperatur ab hängig. Bei Raumtemperatur reicht in der Regel eine Einwirkungsdauer von etwa einer Stunde aus. Darauf wird das so behandelte Material mit kaltem Wasser gespült.
Nach dem erfindungsgemässen Verfahren erhält man eine wesentlich bessere Filz- und Krampffestig keit als nach den bekannten Verfahren, ohne eine merkliche Faserschädigung in Kauf nehmen zu müs sen.
Ein weiterer Vorteil des Verfahrens nach der Erfindung ist, dass es nicht, wie beispielsweise die bekannte Behandlung mit Hypochlorit, zu einer Ver- gilbung, sondern vielmehr zu einer merklichen Auf hellung der Wollfaser führt.
Auch ein später etwa eintretendes Vergilben des Fasergutes lässt sich mit Sicherheit verhindern, wenn man eine Behandlung in einem reduktiven oder oxy- dativen Entchlorungsbad anschliesst. Dazu bringt man das gespülte Gut in ein Bad, das ein Reduktions mittel, z. B. ein Alkalibisulfit, ein Alkalidithionit, ein Salz einer Hydroxyalkansulfinsäure oder eines Um setzungsprodukts einer solchen Säure mit Ammoniak, oder ein Oxydationsmittel, z. B. Wasserstoffperoxyd, enthält. Derartige Bäder sind zum Entchloren allge mein gebräuchlich.
Je nach Art des in ihnen enthal tenen Wirkstoffes werden sie bekanntlich sauer, neu tral oder alkalisch eingestellt.
Es ist zwar bekannt, dass man Wolle mit chlorier ten Cyanursäuren in sauren Bädern filz- und krumpf- fest machen kann (vergleiche hierzu beispielsweise die belgische Patentschrift Nr. 571790). Da aber die chlorierten Cyanursäuren im sauren Medium mit der Wolle langsamer reagieren als freies Chlor oder Hypochlorit, war nicht vorauszusehen, dass ihre An wendung in alkalischen Bädern, in denen die üblichen Chlorierungsmittel nur unzureichend wirksam sind, zu dem gewünschten Erfolg führen würde.
Gegenüber der Behandlung mit chlorierten Cyanursäuren in sauren Bädern hat das neue Ver fahren den Vorteil, dass die veredelte Wolle bei glei chen Werten für die Filz- und Krumpffestigkeit weni ger angegriffen wird und einen besseren Griff erhält. Ausserdem werden wegen der Verwendung alkalischer Bäder die Metallteile der Textilmaschinen und -appa- rate weniger angegriffen als bei der Behandlung mit sauren, aktives Chlor enthaltenden Bädern, denen selbst viele Edelstähle nur für begrenzte Zeit wider stehen.
Die in den Beispielen genannten Prozente sind, soweit nicht anders angegeben, Gewichtseinheiten. <I>Beispiel 1</I> 3 Proben Wollgewebe (Kammgarngewebe) werden bei Raumtemperatur in einem Flottenverhältnis 1<B>:30</B> eine Stunde lang in je einem Bade<I>(a, b</I> und c) be handelt, das, berechnet auf das Gewicht der Ware, 10 % Calciumchlorid, 4 % Borax und 3,5 0lo Aktiv- chlor - in Form von<I>a)</I> Hypochlorit, <I>b)
</I> Dichlor- cyanursäure, c) Trichlorcyanursäure - enthält. Der pH-Wert der Flotte wird vor der Wollzugabe auf pH 8,5 eingestellt.
Nach Entnahme der Wolle aus dem Oxydations bad wird kurz gespült und dann in einem Bad, das einen pH-Wert zwischen 3 und 4 hat und ungefähr 10% Bisulfit enthält, bei einem Flottenverhältnis 1 : 20 behandelt und anschliessend wieder gespült.
Der drei Stunden ausgeführte Waschtest ergibt folgende Werte der Flächenschrumpfung:
EMI0002.0095
",.ö <SEP> Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 34,41
<tb> b) <SEP> Dichlorcyanursäure <SEP> 9,2
<tb> c) <SEP> Trichlorcyanursäure <SEP> 8,3 Setzt man dem mit Hypochlorit angesetzten Bade zusätzlich 211/o Kaliumpermanganat zu, so ergibt sich folgender Wert für die Flächenschrumpfung:
EMI0002.0098
Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 22,7 <I>Beispiel 2</I> Drei Wollproben werden nach der im Beispiel 1 gegebenen Vorschrift in je einem Bad behandelt, das mit Essigsäure auf den pH-Wert 7,2 eingestellt ist und das 10 0lo Natriumchlorid, 4% Natriumpyro- phosphat und 3,51/o Aktivchlor - in Form von <I>a)</I> Hypochlorit, <I>b)</I> Dichlorcyanursäure, c)
Trichlor- cyanursäure - enthält. Der drei Stunden ausgeführte Waschtest ergibt folgende Werte der Flächen schrumpfung:
EMI0003.0001
", <SEP> Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 25,2
<tb> b) <SEP> Dichlorcyanursäure <SEP> 8,8
<tb> c) <SEP> Trichlorcyanursäure <SEP> 8,6 Enthält das mit Natriumhypochlorit angesetzte Bad a) noch 211/o Kaliumpermanganat, so ergibt sich folgender Wert für die Flächenschrumpfung:
EMI0003.0004
ö <SEP> Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 18,3 Bei dem in den Beispielen erwähnten Waschtest wurden folgende Vorschriften eingehalten:
Die Wollproben, auf denen vor der Ausrüstung ein Quadrat von 10 X 10 cm mit Wäschetinte mar kiert worden ist, werden in einer Trommelwasch maschine zusammen mit ungefähr 2 kg Ballaststoff bei 65 bis 700 C gewaschen. Die Waschflotte (1 :20) enthält 1,5 g Feinwaschmittel im Liter.
Nach @-, 1, 2 und 3 Stunden Waschdauer wird die Flächenschrumpfung durch Ausmessen des Qua drats unter Wasser bestimmt.
<I>Beispiel 3</I> Zwei Wollproben werden bei 250 C in einem Flottenverhältnis 1 : 40 eine Stunde lang in je einem Bad<I>(a</I> und<I>b)</I> behandelt, das, berechnet auf das Ge- wicht der Ware, 10 % Natriumsulfat, 8 % Natrium- pyrophosphat und 4 % Aktivchlor - in Form von <I>a)</I> Hypochlorit,
<I>b)</I> Dichlorcyanursäure - enthält. Der pH-Wert der Flotte wird vor der Wollzugabe auf 7 eingestellt.
Nach Entnahme der Wolle aus dem Oxydations bad wird kurz mit Wasser gespült und dann in einem Bad, das 3 g/1 Natriumdithionit, 0,125 g/1 Natrium- spermölalkoholsulfat und 0,125 g/1 Glaubersalz ent hält, eine Stunde lang bei 500 C im Flottenverhältnis 1 : 20 behandelt und anschliessend nochmals mit Was ser gespült.
Der drei Stunden ausgeführte Waschtest ergibt folgende Werte der Flächenschrumpfung:
EMI0003.0031
% <SEP> Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 35,64
<tb> b) <SEP> Dichlorcyanursäure <SEP> 8,96 Unbehandelte Wolle erlitt bei der Wäsche eine Flächenschrumpfung von 48,17'%.
<I>Beispiel 4</I> Zwei Wollproben werden bei 250 C in einem Flottenverhältnis 1 :40 eine Stunde lang in je einem Bad<I>(a</I> und<I>b)</I> behandelt, das, berechnet auf das Ge- wicht der Ware, 10 1/a Natriumsulfat, 8 % Natrium- pyrophosphat und 4 % Aktivchlor - in Form von a)
Hypochlorit, <I>b)</I> Dichlorcyanursäure - enthält. Der pH-Wert der Flotte wird vor der Wollzugabe auf pH 7,5 eingestellt. Nach Entnahme der Wolle aus dem Oxydations bad wird kurz mit Wasser gespült und dann in einem Bad, das 3 g/1 Natriumdithionit, 0,125 g/1 Natrium- spermölalkoholsulfat und 0,125 g/1 Glaubersalz ent hält, eine Stunde lang bei 50 C im Flottenverhältnis 1.- 20 behandelt und anschliessend nochmals mit Was ser gespült.
Der drei Stunden ausgeführte Waschtest ergibt folgende Werte der Flächenschrumpfung:
EMI0003.0063
% <SEP> Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 38,86
<tb> b) <SEP> Dichlorcyanursäure <SEP> 8,96 Unbehandelte Wolle erlitt bei der Wäsche eine Flächenschrumpfung von 48,17 <I>Beispiel S</I> Zwei Wollproben werden bei 250 C in einem Flottenverhältnis 1 :
40 eine Stunde lang in je einem Bad (a und b) behandelt, das, berechnet auf das Ge- wicht der Ware, 10 % Natriumsulfat, 8 %, Natrium- pyrophosphat und 4% Aktivchlor - in Form von <I>a)</I> Hypochlorit und<I>b)
</I> Dichlorcyanursäure - enthält. Der pH-Wert der Flotte wird vor der Wollzugabe auf 7 eingestellt.
Nach Entnahme der Wolle aus dem Oxydations bad wird kurz mit Wasser gespült und dann in. einem Bad, das 3 g/1 Natriumdithionit, 0,125 g/1 Natriumspermölalkoholsulfat und 0,125 g/1 Glauber salz enthält, eine Stunde lang bei 500 C im Flotten verhältnis 1 : 20 behandelt und anschliessend nochmals mit Wasser gespült.
Der zwei Stunden ausgeführte Waschtest ergibt folgende Werte der Flächenschrumpfung:
EMI0003.0088
Flächenschrumpfung
<tb> a) <SEP> Hypochlorit <SEP> 18,35
<tb> b) <SEP> Dichlorcyanursäure <SEP> 9,96 Unbehandelte Wolle erlitt bei der Wäsche eine Flächenschrumpfung von 48,1.704.