Verfahren zur Herstellung drebspannungsfreier Stahldrahtlitzen und -seile und Vorrichtung zur Durchführung desselben. Zur Herstellung von spannungsfreien Drahtlitzen und -seilen sind bisher eine Reihe von Verfahren bekannt und angewendet wor den, welche mittels Biegevorrichtungen, die entweder am Verseilelement, an der fertigen Litze oder am fertigen Seil angewendet wer den, die Litze oder das Seil mehr oder weni ger spannungsfrei machen. Die nach dieser Herstellungsweise gefertigten Litzen und Seile springen beim Durchschneiden nicht auf und sind weich und biegsam.
Es hat sich aber an den fertigen Litzen und Seilen ge zeigt, dass diese, wenn sie sehr dünn sind (bei spielsweise unter 4 mm Durchmesser), und zwar unabhängig davon, ob eines der vor erwähnten Verfahren angewendet wurde oder nicht, beim Abwickeln noch schädliche Dreh spannungen enthalten. Diese Spannungen treten bei und nach dem Abwickeln von der Aufwickeltrommel dadurch in Erscheinung, dass sich die Litzen oder Seile beim Auslegen krümmen oder leicht Schlingen bilden. Sol che Litzen oder Seilehen sind dann für manche Zwecke (beispielsweise als Einlagen in Gummireifen oder -schläuchen) unbrauch bar.
Diese verbleibenden Drehspannungen sind bisher bei den bekannten Seilherstel lungsverfahren (welche nur Biegespannungen beseitigen) immer unberücksichtigt geblieben; sie rühren, wie Untersuchungen ergeben haben, ausser von der Herstellung der Drähte bis zum Aufspulen auf die Maschinenvorrats- haspel hauptsächlich daher, dass die Seil elemente nicht völlig reibungslos .durch die Verseilmaschine geführt werden, und daB infolgedessen die an den Führungsstellen (über Rollen oder Hülsen)
auf die Seil elemente einwirkenden Reibungskräfte - eine Verdrehung der Verseilelemente im Sinne des Verseilmaschinenumlaufes hervorrufen. Bei jeder Umdrehung des Verseilkorbes um 360 wird je nach der Grösse der reibend wirken- den Kraft pro Schlaglänge das Verseilelement um einen mehr oder weniger geringen Winkel in Richtung der Drehung der Verseilmaschine mitgenommen und verdreht. Alle diese Ver drehungsspannungen der Seilelemente geraten dann beim Verseulen in die Litze oder ins Seil. Sie werden also durch die eingangs er wähnten Mittel, die nur die Biegespannungen der Litzen und des Seils mehr oder weniger kompensieren, nicht beseitigt.
Bei dünnen Litzen oder Seilen machen sieh diese Spannungen trotz der im Verhält nis zu den dünnen Draht- oder Litzenquer schnitten nur geringen Drehkräfte deswegen stärker bemerkbar, weil die Reibungskräfte auf eine bestimmte Länge den dünnen Draht leichter verdrehen können als den dicken Draht, der wegen seiner grösseren Steifheit den drehend wirkenden Kräften grösseren Widerstand entgegensetzt.
Die Erfindung betrifft ein zur Beseiti gung dieser Drehspannungen geeignetes Ver fahren, das darin besteht, dass den Verseil- elementen durch an ihrem Umfang angrei fende Kräfte eine regulierbare Verdrehung erteilt wird, welche der Umlaufsrichtung der Verseilmaschine entgegengesetzt gerichtet ist, und deren Grösse gleich oder annähernd gleich der Grösse derjenigen Verdrehung bemessen wird, welche an den Verseilelementen durch Reibungskräfte beim Durchlaufen der Füh rungsstellen in der Verseilmaschine in deren Umlaufsrichtung hervorgerufen wird.
Diese entdrallend wirkenden Ausgleichskräfte kann man unter Verwendung geeigneter Vorrich tungen beispielsweise als Reibungskräfte an der Oberfläche der Litzen oder Drähte, ent weder vor der Verseilstelle oder am verseilten Gut, das heisst an oder hinter der Verseil- stelle angreifen lassen. Die Reibungsflächen der zur Erzeugung der Gegendrehung benutz ten Einrichtungen können im Raum still stehen oder um das Verseilelement umlaufen, und sie können durch veränderbare Gewichts belastung oder Federkraft auf die Oberfläche der Verseilelemente gedrückt werden, so dass die Grösse der Gegendrehung entsprechend der erforderlichen Entdrallung durch Ver- änderung der entgegenwirkenden Kräfte ge regelt werden kann.
Im nachstehenden sind an Rand der Figuren in der beigefügten Zeichnung bei spielsweise Ausführungsformen von Vorrich tungen beschrieben, die zur Ausübung des erfindungsgemässen Verfahrens benutzt wer den können.
In Fig. 1 und 2 ist eine beispielsweise Ausführungsform dargestellt, bei der das Verseilkaliber in umgekehrter Richtung wie der Verseilkorb in Drehung versetzt wird, das umlaufende Presslager zweiteilig ausge führt ist und mittels einer Feder der An- pressdruek auf die fertige Litze oder das fertige Seil regelbar ist. Es bedeuten 1,2 und 3 die von der Führungsscheibe 4 der Versellmaschine kommenden Verseilelemente. In dem Lager 5 ist das durch den Antrieb G angetriebene Verseilkaliber 7 mit den Press- lagersehalen 8 und 9) gelagert, die durch eine Feder 10 auf den gewiinschten Pressdruck eingestellt werden können. Die fertige Litze oder das Seil ist mit S bezeichnet.
Die Dreh spannungen der Verseilelemenle 1., 2 und 3 usw. werden hier durch entgegengesetztes Drehen der Litze oder des Seils als Ganzes kurz nach der Verseilstelle beseitigt. Anpress- druck und Umdrehungszahl werden so ge regelt, dass zwischen dem zum Aufwickel- haspel führenden Seil und den Presslager- schalen ein gewisser Schlupf zustande kommt und dass dabei durch Reibung ein Dreh moment auf das Seil übertragen wird, das in seiner Grösse der Summe der entgegengesetzt gerichteten Verdrehungsspannungen der Ver- seilelemente gleich ist.
Anstatt das Verseil- kaliber (oder einen Teil desselben) so auszu bilden, kann. auch unmittelbar hinter einem gebräuchlichen, nicht rotierenden Verseil- kaliber ein besonderes zweiteiliges Kaliber mit rotierenden Pressbacken tliigeordnet -erden.
In Fig. 3 ist eine andere Ausführungs- form der Vorriehtung zur dieser Drehspannungen dargestellt, die in folgendem besteht. Anstatt das Verseilkaliber entgegen gesetzt dem Drehsinn der Verseilmaschine rotieren zu lassen, ist hinter dem Verseil- kaliber ein um die Litze oder das Seil S rotierendes Reibungslager oder es sind Rei bungsrollen (Rollenpaare) angeordnet.
Es be deutet 11 das (nicht umlaufende) Verseil- k aliber, hinter dem in Lagern 12 ein durch Zahnrad 13 entgegengesetzt dem Drehsinn der Verseilmaschine angetriebener Rollen halter 14 mit (beispielsweise gerillter) Rei bungsrolle 15 gelagert ist. Auch hier lässt sich durch Änderung der Umdrehungszahl und durch regelbaren Anpressdruck der Schlupf zwischen Rolle und Litze oder Seil und damit die Gegendrehung regeln.
Eine weitere Vorrichtung, die ebenfalls die Entdrallung an der fertig verseilten Litze oder am Seil vornimmt, ist in Fig. 4 und 5 in Ansicht und von der Seite dargestellt. Sie weist ein durch ein Zahnrad 16 angetrie benes, um die Litze oder das Seil achsparallel angeordnetes Walzenpaar 17, 18 auf, dessen untere Walze fest und dessen obere beweg lich gelagert ist, so dass durch Gewichte oder Federn der Anpressdruck 19 auf die Litze oder das Seil S geändert werden kann. Zwi schen den Walzen kann die Litze oder das Seil durch seitliche Führungen gehalten werden.
Anstatt den Ausgleich der Verdrehungs spannungen der Seilelemente durch Mittel zu bewirken, die entgegengesetzt der Verseil- korbdrehrichtung rotieren, kann man den Gegendrall auch durch ruhende Mittel erzeu gen. Ein derartiges Mittel ist in den Fig. 6 und 7 in Ansicht bezw. von der Seite darge stellt und besteht darin, dass hinter dem Ver- seilkaliber 20 um die Litze bezw.
das Seil möglichst in einer Entfernung, in der die Wirkung sich noch den unverseilten Verseil- elementen mitteilt, ein Draht, eine Litze oder ein Seil 21 aus organischem Stoff oder aus Metall nach einer Schraubenlinie verlaufend, und zwar zweckmässigerweise entgegengesetzt der Verseiltrommeldrehrichtung, das heisst in der Schlagrichtung der Verseilelemente in mehreren Windungen herumgewickelt und am freien Ende belastet wird.
Auf die Ver- seilelemente wird in dieser Vorrichtung beim Durchlaufen der Litze oder des Seils ein Drehmoment ausgeübt, weil die Verseil- elemente infolge ihres Schlages einen Winkel zur Bewegungsrichtung bilden. Hierbei kann die entgegenwirkende Drehung, das heisst die Entdrallung durch Veränderung der Länge der an einem Ende befestigten Umwicklung 21 oder durch Änderung der am andern Ende angebrachten Gewichts- oder Federbelastung 22 geregelt werden.
Wie schon eingangs erwähnt, kann man das gleiche Resultat der Entdrallung auch dadurch erhalten, dass man die regulierbare Gegendrehung nicht an der fertigen Litze oder am fertigen Seil, das heisst den vereinigten Elementen, sondern an jedem einzelnen Draht bezw. jeder einzelnen Litze mittels der beschriebenen Einrichtun gen unmittelbar vor dem Presslager vor nimmt. Man braucht jedoch in diesem Falle so viele Apparate, wie Drähte bezw. Litzen im Seil sind.
Wenn man bei der Herstellung sehr dün ner Drahtseile oder -litzen auch die Biege spannungen beseitigen will, können das Ver fahren nach der Erfindung und die im vor stehenden beschriebenen Vorrichtungen zur Entdrallung in Verbindung mit den zur Her stellung spannungsarmer Drahtseile bekann ten Einrichtungen angewendet werden. Man erhält hierdurch dünne Litzen und Seile, die sehr weich und biegsam sind, deren Elemente nicht ausspringen und die dann ausserdem auch keine Drallspannungen haben.
Die gleichzeitige Anwendung beispiels- weise.des Vorformens durch Biegen der Seil elemente und des Entdrallens ist insofern von Bedeutung, als weder das Vorformen das Ent- drallen, noch das Entdrallen das Vorformen ganz ersetzen kann.
An sehr dünnen Seilen oder Litzen vorgenommene Versuche zeigten, dass das nicht vorgeformte, aber entdrallte Seilchen zwar drehungsspannungsfrei ist (das heisst ohne Drehspannungen auf dem Auf wickelhaspel liegt und sich ohne Torsions- erscheinung vollständig gerade hinlegen lässt) aber mehr oder weniger aufspringt, dass ferner das nur vorgeformte Seil nachher zwar nicht aufspringt, aber noch Drehspannungen hat.
Somit ist im Erzeugnis also ein merk licher Unterschied, ob man die Entdrallungs- einrichtung abschaltet und nur mit einer Vor richtung zur Beseitigung von Biegespannun gen arbeitet, oder ob man die Biegevorrich tung abschaltet und nur mit Entdrallung arbeitet.
Zweckmässigerweise wird bei dünnen, aus Litzen geschlagenen Seilchen zunächst die beschriebene Entdrallung bei der Herstellung der Litzen und dann beim Verseilen der Lit zen zum Seilchen nochmals angewandt, um vollkommene Drehspannungsfreiheit zu er halten.