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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur halbsynthetischen Herstellung von Vincristin.
Das Vinblastin und das Vincristin, die zytostatischen Alkaloide von Vinca rosea L. (Catharantus roseus G. Don), sind seit ungefähr 10 Jahren bekannt und haben sich in der klinischen Erfahrung als die stärksten Chemotherapeutika gegen Krebs erwiesen. Vor allem die mit Vincristin erreichten Ergebnisse sind beachtenswert, da diese Verbindung z. B. auch bei Leukämie im Kindesalter von lebensrettender Wirkung ist (Haggard, M. E. : Vincristine therapy for acute leukemie in children ; Cancer Chemother. Reports, 52,477, 1968).
Es ist bekannt, dass das Vincristin in dem ausserordentlich komplizierten Alkaloidspektrum von Vinca rosea L. nur in verschwindend geringen Mengen vorhanden ist. Aus dem ungefähr 70 verschiedene Alkaloide enthaltenden Gesamtalkaloidgemisch ist kaum ein Zehntel Prozent Vincristin herstellbar, was auf den Ausgangsstoff bezogen 3 bis 5 mg Wirkstoff pro kg getrocknete Pflanzenteile bedeutet. Die Herstellung des Vincristins in diesen Mengen wird durch die in der USA-Patentschrift Nr. 3, 205, 220 sowie die in der ung. Patentschrift Nr. 160967,"Verfahren zur selektiven Gewinnung von Vinblastin, Vinleurosin, Vincristin und ihrer Salze", beschriebenen Verfahren ermöglicht.
Im Hinblick auf den unermesslichen pharmazeutischen Wert des Vincristins ist es verständlich, dass im Interesse seiner billigeren Herstellung in grösseren Mengen auf der ganzen Welt bedeutende Forschungen durchgeführt werden.
Es ist bekannt, dass das gemeinsame Zerfallsprodukt von Vinblastin und Vincristin, das N-Desmethylvinblastin, durch Formylierung mittels bekannter Methoden zu Vincristin umgesetzt werden kann (USA-Patentschrift Nr. 3, 354, 163). In der Beschreibung wird erwähnt, dass das Vinblastin in bekannter Weise durch ein biologisches Oxydationsverfahren mit Peroxydase-Enzym in Gegenwart von Wasserstoffperoxyd zu N-Desmethylvinblastin oxydiert werden kann, welches danach durch eines der bekannten Formylierungsverfahren zu Vincristin umsetzbar ist. In der Beschreibung wird jedoch kein Beispiel angeführt und bezüglich der biologischen Oxydation des Vinblastins und deren Ausbeute ein weiterer Hinweis nicht gegeben. Es handelt sich somit um ein zweistufiges Verfahren.
Bei eigenen, zur Oxydation des Vinblastins durchgeführten Experimenten wurde überraschenderweise gefunden, dass bei der mit Chromsäure oder einem ihrer Salze bei niedriger Temperatur vorgenommenen Oxydation des Vinblastins oder eines seiner Säureadditionssalze, vorteilhaft des Sulfates, die N-Methylgruppe des Vinblastins unmittelbar zu einer Formylgruppe umgesetzt werden kann.
Diese selektive Oxydation steht in Widerspruch zu den bisherigen Kenntnissen (USA-Patentschrift Nr. 3, 354, 163) und war für den Fachmann nicht zu erwarten, weil das Vinblastinmolekül mehrere empfindliche Gruppen enthält, die wesentlich leichter oxydierbar sind als die erwähnte N-Methylgruppe.
Die Erfindung ist also ein Verfahren zur halbsynthetischen Herstellung von Vincristin und gegebenenfalls von N-Desmethylvinblastin und kann dadurch gekennzeichnet werden, dass man Vinblastin oder eines seiner Salze, vorzugsweise das Sulfat, bei niedriger Temperatur mit Chromsäure oder einem ihrer Salze oxydiert.
Im Sinne der Erfindung wird so vorgegangen, dass das Vinblastin oder eines seiner Salze, zweckmässig das Sulfat, in einem organischen Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch, vorzugsweise in einem Gemisch von Eisessig und Aceton im Verhältnis 1 : 4, gelöst, die Lösung auf unter OOC, zweckmässig auf-30 bis-90 C, gekühlt und die Lösung bei dieser Temperatur unter intensivem Rühren und Kühlen mit gekühlter Chromsäure bzw. einer mit einem organischen Lösungsmittel, zweckmässig mit Essigsäureanhydrid bereiteten Lösung eines Salzes der Chromsäure versetzt und das Reaktionsgemisch bis zu 15 min, vorzugsweise 8 min, stehengelassen wird.
Danach wird mit Ammoniak, der auf-40 bis-50 C gekühlt ist, bis zu PH 8 bis 9 vorsichtig alkalisch gemacht, mit Wasser verdünnt und mit einem organischen Lösungsmittel, zweckmässig mit Methylenchlorid, in mehreren Schritten bis zur Abwesenheit von Alkaloid extrahiert. Die Extrakte werden vereinigt, mit Wasser gewaschen, anschliessend getrocknet und unter vermindertem Druck zur Trockne eingedampft. Die amorphe, rohe Vincristinbase, die als Verunreinigung N-Desmethylvinblastin enthält, wird chromatographisch gereinigt. Die chromatographische Reinigung wid auf einer mit Benzol getränkten Aluminiumoxyd enthaltenden Säule vorgenommen. Das rohe Vincristin wird in Benzol gelöst und auf die Säule aufgebracht. Eluiert wird zuerst mit einem Benzol-Chloroform-Gemisch im Verhältnis 2 : 1, dann im Verhältnis 1 : 1.
Die einzelnen Fraktionen werden mittels Papier- bzw. Dünnschichtchromatographie identifiziert, die das Vincristin bzw. das N-Desmethylvinblastin enthaltenden Fraktionen werden vereinigt und unter vermindertem Druck zur Trockne eingedampft. Das Vincristin bzw. das N-Desmethylvinblastin wird gegebenenfalls zu einem Salz, vorzugsweise zum Sulfat umgesetzt und gewünschtenfalls durch Umkristallisation gereinigt.
Das erfindungsgemässe Verfahren wird an Hand des folgenden Ausführungsbeispiels näher erläutert.
10 g (0, 011 Mol) Vinblastinsulfat werden in 2200 ml Aceton gelöst, 500 ml Eisessig zugesetzt und die Lösung auf -600C gekühlt. Gleichzeitig werden 4, 96 g (0, 0494 Mol) Chromsäure in 1860 ml Essigsäureanhydrid gelöst, die Lösung ebenfalls auf -600C gekühlt und anschliessend unter Rühren in Lösung des Vincristinsulfates eingetropft. Nach achtminütigem Rühren werden 4400 ml konzentrierten Ammoniaks, der auf -40 bis -500C
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werden vereinigt, das bei der Neutralisation entstandene und in die organische Phase übergegangene Ammoniumacetat mit 2 X 3000 ml Wasser ausgewaschen. Danach wird die getrocknete Methylenchloridlösung unter vermindertem Druck zur Trockne eingedampft. Es werden 8, 5 g amorphes, rohes Vincristin erhalten, das als Verunreinigung noch N-Desmethylvinblastin enthält.
Das amorphe, rohe Vincristin wird in 30 ml Benzol gelöst und auf einer Säule, die mit Benzol getränktes Aluminiumoxyd enthält, chromatographiert. Zu Beginn
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aufgefangen. Die einzelnen Fraktionen werden mittels Papier- oder Dünnschichtchromatographie untersucht. Das 2 : 1 Benzol-Chloroform-Gemisch löst die als Nebenprodukt der Oxydation entstandene N-Desmethylvinblastin-Verunreinigung heraus, das 1 : 1 Gemisch das entstandene Vincristin. Die mittels Papier- oder Dünnschichtchromatographie identifizierten, identische Alkaloide enthaltenden Fraktionen werden vereinigt und unter vermindertem Druck eingedampft. Auf diese Weise werden 5, 9 g amorphes Vincristin bzw. 2, 7 g amorphes N-Desmethylvinblastin gewonnen.
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werden 2, 5 g N-Desmethylvinblastinsulfat erhalten.
Dieses wird in 13 ml Methanol gelöst und der Lösung 60 ml wasserfreies Äthanol zugesetzt. Die Lösung wird bei Zimmertemperatur eine Stunde stehen gelassen, danach das auskristallisierte N-Desmethylvinblastinsulfat abfiltriert. Ausbeute : 2, 2 g (0, 0024 Mol) N-Desmethylvinblastinsulfat (20%).
Aus einem Teil des N-Desmethylvinblastinsulfats wird die Base freigesetzt und auf Grund folgender
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bekannter Weise formyliert werden, wobei Vincristin oder dessen Salz erhalten wird.
Die erhaltenen 5, 9 g amorphes Vincristin werden in 60 ml wasserfreiem Äthanol gelöst und mit 1%piger äthanolischer Schwefelsäure auf PH = 4 angesäuert, wobei das Vincristinsulfat kristallin ausfällt. Es werden 5, 6 g Vincristinsulfat erhalten. Diese werden in 30 ml Methanol gelöst und der Lösung 120 ml wasserfreies Äthanol zugesetzt. Die Lösung wird bei Zimmertemperatur eine Stunde stehen gelassen und dann das auskristallisierte Vincristinsulfat abfiltriert. Ausbeute : 5, 2 g (0, 0055 Mol) Vincristinsulfat (50%).
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eine starke Absorptionsbande aufweist.
Die dünnschichtchromatographischen Untersuchungen wurden mit Aluminiumoxyd der Marke G. Merck durchgeführt. Eluiert wurde mit 0, 5% Methanol enthaltendem Chloroform, zum Entwickeln wurde konzentrierte Phosphorsäure benutzt, die 1% Cerammoniumsulfat enthält.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur halbsynthetischen Herstellung von Vincristin und gegebenenfalls von N-Desmethyl-
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