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Verfahren zur Herstellung von Viskose
Bei der üblichen Art der Viskoseherstellung, bei welcher der Zellstoff in Natronlauge getränkt, ab- gepresst und anschliessend zerfasert wird, folgt auf diese Arbeitsgänge bekanntlich eine sogenannte Vorreife der Alkalicellulose von etwa 1 bis 3 Tagen. Innerhalb dieser Zeit, in der die Alkalicellulose im allgemeinen bei etwas erhöhter Temperatur der Einwirkung von Luftsauerstoff ausgesetzt wird, erfolgt eine Depolymerisation der Cellulose, welche es ermöglicht, nach der Xanthogenierung eine Viskose von gewünschter Spinnviskosität bei dem üblichen Cellulosegehalt von etwa 8% zu erhalten. lässt man diese Vorreife der Alkalicellulose weg, so ergeben sich bei Einstellung des üblichen Cellulosegehaltes ausserordentlich dickflüssige Lösungen, die sich mit normalen Mitteln nicht durch die üblichen Rohrleitungen, Pumpen usw.
fördern, vor allem nicht filtrieren lassen.
Die Durchführung der Vorreife erfordert die Anlage grosser Räume und Apparaturen, welche die Alkalicelluloseproduktion für die notwendige Reifedauer aufnehmen können. Dies bedeutet einen erheblichen Verlust an totem Kapital. Versuche, die Vorreife durch Zusatz von Chemikalien zur Alkalicellulose zu beschleunigen, haben bisher kein befriedigendes Ergebnis gebracht, weil die gleichmässige Verteilung der Chemikalien innerhalb der Alkalicellulose schwierig ist und die abbauendewirkung solcher Mittel auch noch in der Viskose oder gar im fertigen Faden sich bemerkbar macht, so dass eine sichere Beherrschung des Abbaues auf diesem Wege in der Praxis mit grossen Schwierigkeiten verknüpft ist.
Es wurde nun gefunden, dass durch Einwirkung celluloseabbauender Enzyme auf den Zellstoff vor dessen Verarbeitung auf Viskose ein sicherer Weg besteht, auf den gewünschten Polymerisationsgrad des Zellstoffes in der Viskose zu gelangen, so dass die Vorreife in Wegfall kommen kann. Bei diesem Verfahren gelingt es, den Abbaugrad genau innerhalb der gewünschten Grenzen zu halten. Ein so vorbehandelter Zellstoff lässt sich rasch zu Lösungen der üblichen Konzentration verarbeiten und liefert beim Verspinnen in den üblichen Spinnbädem Fäden von ausgezeichneter Gleichmässigkeit, die in ihren Eigenschaften den nach dem klassischen Verfahren hergestellten Viskosefäden in keiner Weise nachstehen. Die Depolymerisation von Cellulose durch Enzyme ist an sich bekannt, doch ist diese Tatsache bisher nicht zur Viskoseherstellung ausgenutzt worden.
Der Abbau des Zellstoffes mit cellulosespaltenden Enzymen erfolgt zweckmässig nach vorangegangener Mahlung oder sonstiger mechanischer oder chemischer Vorbehandlung des Zellstoffes, wobei beispielsweise Alkalien oder Säuren verwendet werden können. Die Einwirkung des Enzyms geschieht vorteilhaft bei etwas erhöhter Temperatur, z. B. bei etwa 30OC. Besonders gut eignen sich zum Abbau solche Cellulosepräparate, die man aus Kulturen von Aspergillus orycae oder Aspergillus niger gewinnt. Dabei lässt sich die Behandlung am besten bei verhältnismässig niedriger Stoffdichte, z. B. im Mahlholländer, durchführen. Der PH-Wert der Lösung wird dabei im neutralen oder sauren Gebiet, z. B. bei Werten zwischen 3 und 6 gehalten.
Dabei lassen sich schon innerhalb einer Stunde Erniedrigungen der Viskosität der Cellulose in Kupferoxyd-Ammoniak-Lösung, nach der Standardmethode gemessen von 21,6 cp auf 11, 1 cp erreichen. Im übrigen erfolgt der Abbau des Zellstoffes mit dem Enzym vorteilhaft bei Temperaturen zwischen 20 und 40 C.
Für die Viskoseherstellung besonders günstig erweist sich der Umstand, dass durch die Cellulose eine bevorzugte Spaltung der längeren Molekülketten erfolgt, so dass eine erhebliche Vereinheitlichung des Polymerisationsgrades des Ausgangsmaterials erreicht wird. Ein Ausbeuterückgang an Zellstoff tritt bei der Einwirkung der Celluloselösung nicht ein.
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Eine Eigenart des enzymatisch abgebauten Zellstoffes besteht darin, dass er beim Trocknen leicht verhornt. Es empfiehlt sich daher, den abgebauten Zellstoff feucht zu verarbeiten. Er lässt sich aber unter Erhaltung seiner-Reaktionsfähigkeit in den trockenen Zustand überführen, wenn das Wasser durch geeignete organische Flüssigkeiten, insbesondere solche, welche einen niedrigen Siedepunkt aufweisen, zuvor verdrängt wird.
Die Verwendung enzymatisch abgebauter Cellulose zur Viskoseherstellung bietet dann besondere Vorteile, wenn die Viskose nach dem sogenannten Eintopfverfahren gewonnen wird, bei welchem der aufzulösende Zellstoff in einem einzigen Reaktionsgefäss in fertige Viskose übergeführt wird. Die Durchführung des Eintopfverfahrens scheiterte bisher in der Praxis daran, dass es noch nicht gelang, den Abbau der Cellulose innerhalb technisch brauchbarer kurzer Zeitensicher bis zu dem gewünschten Grad durchzuführen. Die Einschaltung der normalen Vorreife für die Alkalicellulose ist beim Eintopfverfahren deswegen nicht möglich, weil man das Reaktionsgefäss nicht tagelang für die beabsichtigte Depolymerisation der Cellulose blockieren kann.
Der Zusatz von die Depolymerisation beschleunigenden Chemikalien, wie Sulfiden u. a., zur schnellen Herbeiführung des gewünschten Abbaugrades scheitert, abgesehen von den Preisen solcher Chemikalien, an der Schwierigkeit, die Wirkung derselben genau zu dosieren und eine stets gleichmässige Viskosequalität zu erhalten. Gerade für das Eintopfverfahren erweist sich daher die Verwendung zuvor enzymatisch abgebauten Zellstoffes als besonders vorteilhaft.
Die nachfolgenden Beispiele sollen das Verfahren gemäss der Erfindung näher erläutern : 400 kg lufttrockenen Buchentextilzellstoffes werden im Steinholländer bei Zimmertemperatur etwa 71/2 Stunden gemahlen, bis der Mahlgrad etwa 670 Schopper-Riegler beträgt. Der gemahlene Stoff wird in einer Rührbütte mit einer Enzymlösung versetzt, die wie folgt gewonnen wird : Auf einem aus 200 kg Weizenkleie und 20 kg Zellstoff bestehenden Nährboden wird ein Stamm von Aspergillus orycae bis zur Bildung eines dichten Rasens von Schimmelpilzen in üblicher Weise herangezüchtet. Dann wird diese Kultur in einer geeigneten Mischapparatur etwa 1/2 Stunde mit der zehnfachen Menge Leitungswasser (berechnet auf den trockenen Nährboden) intensiv bearbeitet und dann daraus durch . Filtration 13 mS Extrakt gewonnen.
Die diastatische Kraft der Enzymlosung, die auch einen gewissen Rückschluss auf die Cellulose spaltende Aktivität zulässt, beträgt 35, 2 DK. Die Masseinheit der diastatischen Kraft ist auf den Stärkeabbau eingestellt und wird als Dextrinierungsgrad bezeichnet. Dabei besitzt eine Lösung die Einheit der diastatischen Kraft - 1 DK - wenn 100 mg Stärke in 30 Minuten bei 300C durch 0, 5 cms Auszug bis zur Jodnormale abgebaut werden. Die Stoffdichte des mit dem Pilzextrakt versetzten Materials in der Rührbütte liegt bei 3% Zellstoff. Die Reaktionstemperatur beträgt 220c.
Nach einer Reaktionszeit von 10 1/2 Stunden ist beispielsweise die Viskosität des Zellstoffes, gemessen nach der Wolfen-Waldhof-Methode (z. B. beschrieben in R. Sieber "Chemisch-technische Untersu-
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Zeit und Stärke der Enzymlosung auf die gewünschte Höhe einstellen.
Der Zellstoff wird nun in üblicher Weise über Zellstoffsiebe oder ein Zellenfilter auf einen Trockengehalt von rund 401o entwässert und der Viskoseherstellung zugeführt.
Dieser enzymatisch abgebaute Zellstoff wird nun einmal nach dem klassischen Viskoseverfahren und das andere Mal nach dem sogenannten Eintopfverfahren auf Viskose verarbeitet, welche anschliessend zu Fäden versponnen wird. a) Eintopfverfahren.
650 kg enzymatisch abgebauter feuchter Zellstoff (was 250 kg vollkommen trockenem entspricht) wurde im Kneter mit einer seinem Wassergehalt entsprechend verstärkten Tauchlage zusammengeknetet.
Zufolge der damit einhergehenden Temperaturerhöhung auf 400C ist die Viskosität des Zellstoffs in Kupferoxyd-Ammoniak-Lösung innerhalb von 70 Minuten von 13, 7 cp auf 6,5 cp gesunken. Es wurde dann mit 38% Schwefelkohlenstoff 40 Minuten lang sulfidiert und gelöst. Die Analyse der fertigen Viskose (I) ergab folgende Werte :
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<tb>
<tb> Viskoseanalyse <SEP> Kugelfall <SEP> Reife <SEP> OHR <SEP> Filterwert
<tb> % <SEP> NaOH <SEP> % <SEP> Cell. <SEP> % <SEP> S <SEP> in <SEP> sec <SEP> Kw <SEP>
<tb> 6, <SEP> 78 <SEP> 8, <SEP> 12 <SEP> 2, <SEP> 41 <SEP> 114 <SEP> 12, <SEP> 2 <SEP> 145/180
<tb>
Der Kugelfall wurde nach der Methode bestimmt, wie sie im"Merkblatt 111/5 der Zellstoff- und Papier-
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geschwindigkeit durchgeführt.
Die Daten der Versuche lagen jeweils in einem engen Bereich zusammen. Zum Vergleich wurde ein normal an der Luft gereifter und nach den Normen für die Filterwertbestimmung (z. B. Sieber, 1. c. S. 712 ff) aufgelöster gleichartiger Buchentextilzellstoff (Bu-TZ) versponnen (II).
Mittelwerte
EMI3.2
<tb>
<tb> Bezeichnung <SEP> Sulfidierdauer <SEP> Reissfestigkeit <SEP> g/den <SEP> Dehnung <SEP> % <SEP> ReL <SEP> Nassf. <SEP> %
<tb> tr. <SEP> nass <SEP> tr. <SEP> nass
<tb> (II) <SEP> Norm <SEP> Bu-TZ <SEP> 2 <SEP> 1/2 <SEP> Std. <SEP> 2, <SEP> 16 <SEP> 1, <SEP> 42 <SEP> 15, <SEP> 5 <SEP> 16, <SEP> 6 <SEP> 65
<tb> (I) <SEP> enzym. <SEP> age- <SEP> 40 <SEP> Min. <SEP> 2,35 <SEP> 1,52 <SEP> 15,2 <SEP> 16,2 <SEP> 64
<tb> baut
<tb>
Optimalwerte
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<tb>
<tb> Bezeichnung <SEP> Sulfidierdauer <SEP> Reissfestigkeit <SEP> g/den <SEP> Dehnung <SEP> % <SEP> Rel. <SEP> Nassf. <SEP> %
<tb> tr. <SEP> nass <SEP> tr. <SEP> nass
<tb> (il) <SEP> Norm <SEP> Bu-TZ <SEP> 2 <SEP> 1/2 <SEP> Std. <SEP> 2, <SEP> 30 <SEP> 1,58 <SEP> 16,6 <SEP> 17, <SEP> 5 <SEP> 71 <SEP>
<tb> (I) <SEP> enzym. <SEP> age- <SEP> 40 <SEP> Min.
<SEP> 2,56 <SEP> 1,56 <SEP> 15, <SEP> 3 <SEP> 16,0 <SEP> 67
<tb> baut
<tb>
Die Faserdaten des aus enzymatisch abgebautem Zellstoff nach 40 Min Xanthogenierdauer im Vergleich zu den aus nach üblicher Vorreife und normaler Viskoseherstellung verarbeitetem Zellstoff erhaltenen Faserdaten sind insbesondere hinsichtlich der Festigkeit überraschenderweise eindeutig überlegen. Dies ist besonders deswegen beachtenswert, weil bei dieser Arbeitsweise im Eintopfverfahren kein Abpressen der Lauge und dementsprechend kein Herauslösen von Hemicellulose stattgefunden hat. b) Übliche Maischealkalisierung mit Abpressen.
Der enzymatisch abgebaute Zellstoff wurde, wie üblich, mit einem entsprechenden Laugenüberschuss verrührt und nach einer Stunde Tauchzeit abgepresst. Hiebei wurde ein Abpressfaktor von 3, 35 erreicht.
Die Sulfidierung erfolgte ohne vorherige Alkalicellulosereife wie oben während 40 Minuten mit 38% Schwefelkohlenstoff. Sie geschah ebenso wie die folgende Auflösung der Viskose im Kneter. Es wurden wiederum 12 Spinnversuche mit verschiedener Badlänge, verschiedenem Verstreckverhältnis und verschiedener Spinngeschwindigkeit durchgeführt. Die Ergebnisse lagen ebenfalls in einem engen Bereich zusammen.
Sie sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst :
EMI3.4
<tb>
<tb> Kennzeichnung <SEP> Reissfestigkeit <SEP> g/den <SEP> Dehnung <SEP> % <SEP> Rel. <SEP> Nassfestigkeit <SEP> %
<tb> trocken <SEP> nass <SEP> trocken <SEP> nass
<tb> Mittel <SEP> 2,36 <SEP> 1, <SEP> 58 <SEP> 16,2 <SEP> 16,2 <SEP> 67
<tb> Optimal <SEP> 2, <SEP> 48 <SEP> 1, <SEP> 73 <SEP> 16, <SEP> 4 <SEP> 16,1 <SEP> 73
<tb>
Zum Vergleich wurde der Zellstoff der üblichen Maischealkalisierung mit Abpressen und dann einem alkalisch-oxydativen Abbau unterworfen, worauf 40 Minuten mit z Schwefelkohlensotff sulfidiert, die Viskose gelöst und diese versponnen wurde.
Die Ergebnisse sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen :
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<tb>
<tb> Kennzeichnung <SEP> Reissfestigkeit <SEP> g/den <SEP> Dehnung <SEP> % <SEP> Rel. <SEP> Nassfestigkeit <SEP> % <SEP>
<tb> trocken <SEP> nass <SEP> trocken <SEP> nass
<tb> Mittel <SEP> 2, <SEP> 16 <SEP> 1, <SEP> 43 <SEP> 15, <SEP> 8 <SEP> 17,0 <SEP> 65
<tb> Optimal <SEP> 2, <SEP> 41 <SEP> 1, <SEP> 47 <SEP> 17, <SEP> 2 <SEP> 17, <SEP> 4 <SEP> 62
<tb>
Auch hier zeigt sich, dass bei befriedigender Dehnung die Festigkeitszahlen gegenüber dem normalen
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an der Luft alkalisch abgebauten Zellstoff höher liegen. Auch die relative Nassfestigkeit hat sich um einige Prozent erhöht. Die Filtrierbarkeit der auf dem neuen Weg gewonnenen Viskose liegt sehr günstig.
Zusammenfassend lassen diese Versuche erkennen, dass auf dem Wege des enzymatischen Abbaues des Zellstoffes eine qualitativ bessere Faser zu erzielen ist als auf normalem Wege.
Der Polymerisationsgrad der fertigen Faser liegt bei etwa 385. Die Bestimmung des Polymerisationsgrades mit Hilfe der Kupferoxyd-Ammoniak-Methode zeigt, dass beim Verarbeitungsprozess kein wesentlicher weiterer Abbau des Polymerisationsgrades erfolgt.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung von Viskose, dadurch gekennzeichnet, dass als Ausgangsmaterial ein z. B. mit Hilfe von Cellulosen aus Aspergillus orycae oder Aspergillus niger enzymatisch abgebauter Zellstoff verwendet wird.