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Verfahren-zum Entkeimen und Klären grob-kolloid-oder molekular-disperser Systeme im elektrostatischen Felde.
Das Wesen der vorliegenden Erfindung besteht darin, bei einem Verfahren zur Entkeimung und Klärung grob-kolloid-oder molekular-disperser organischer Systeme ein von einem hochgespannten
Gleichstrom erregtes elektrostatisches Feld zwischen Elektroden zu erzeugen, die mit einer Isolier- schicht aus elektrisch isolierenden Stoffen, z. B. Glas, Email usw., überzogen sind, wobei gleichzeitig die Systeme durch ein Rührwerk der Wirkung der Zentrifugalkraft ausgesetzt werden.
Es wird also anstatt der zur Zerstörung von Bakterien bekannten Elektrolyse ein elektrostatisches Spannungsfeld angewendet, in welchem eine elektrische Adsorption ohne Zersetzung und chemische Umwandlung der organischen dispersen Phasen bzw. des Dispersionsmittels erfolgt.
Während bei dem elektrischen Feld der Elektrolyse die Stromstärke die Hauptrolle spielt, ist bei der vorliegenden Erfindung die Höhe der Spannung massgebend.
Bei der Elektrolyse werden die an die Elektroden getriebenen Bakterien abgetötet, die andern organischen dispersen Phasen chemisch umgewandelt.
Bei der vorliegenden Erfindung werden die Bakterien sowie die andern organischen dispersen Phasen. durch die Elektrophorese im elektrostatischen Spannungsfeld an den Elektroden durch elektrische Adsorption unverändert bis zur Kompensation des Feldes angereichert und fixiert. Auf diese Weise werden diejenigen organischen Substanzen, die eine elektrische Ladung haben,'aus ihrem Dispersionsmittel sozusagen lebend ausgeschieden.
Zur Durchführung des Verfahrens kann beispielsweise eine Vorrichtung benutzt werden, die folgendermassen ausgebildet ist :
In einem zylinderförmigen Gefässe aus Isoliermaterial, an dessen Unterseite oder an dessen unterem Aussenrand eine verschliessbare Ablassöffnung angebracht ist, wird eine periphere, ringförmige, zylindrische Elektrode und im Zentrum die zweite Elektrode von zweckentsprechender Form angebracht, die beide mit einem elektrisch isolierenden, unveränderlichen Material, z. B. Glas, Email usw., überzogen sind.
.. Zwischen, diesen beiden umpolarisierbaren Elektroden kann durch Aufladung derselben mit einem'regelbaren, hochgespannten Gleichstrom ein elektrostatisches Spannungsfeld hergestellt werden. Das. Material'der Elektroden ist beliebig und schliesslich auch die Form und Grösse derselben, die nur von-der Menge der zu bewältigenden Flüssigkeit, von der erforderlichen Geschwindigkeit des Verfahrens und der zur Verfügung stehenden Zeit abhängen.
In dieses Gefäss tauchen die Flügel eines Rührwerkes ein, die ebenfalls wie die Welle, an der sie befestigt sind, aus Isoliermaterial, z. B. Glas usw., bestehen. Der Gleichstromgenerator sowie der Motor des Rührwerkes-sind ausserhalb des Gefässes angeordnet.
Die Wirkungsweise ist folgende :
Die in den Behälter eingefüllte Flüssigkeit mit grob-kolloid-oder molekular-disperser, hauptsächlich organischer Phase wird durch das Rührwerk in rotierende Bewegung gesetzt und die disperse Phase wird als-ein der Schwerkraft unterworfener Körper durch die Zentrifugalkraft an die Peripherie getrieben, wo sich die grob-dispersen Bestandteile nach Abschalten des Rührwerkes auch absetzen werden.
Wird. nun gleichzeitig oder nachher auch ein starkes elektrostatisches Feld im Elektrodenzwischenraum wirksam, so werden die unelektrischen Teilchen an der Peripherie bleiben und sedimentieren,'die positiven oder negativen Ladungsträger der organischen, dispersen Phase aber werden ebenso wie die meist immer vorhandenen anorganischen Ladungsträger (Elektrolyten) einer schlagartig ein-
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setzenden, die Ladungsträger mit'zunehmender Feldstärke ungemein beschleunigenden Elektrophorese unterworfen und folgen der sehr starken Anziehungskraft in der Richtung des elektrostatischen Feldes, wobei dieses, je nach Bedarf, mit der Zentrifugalkraft gleichsinnig, also verstärkend, oder entgegengesetzt sein kann.
Von den in der Richtung des Feldes wandernden Ladungsträgern werden nur so viele an dem dielektrischen Überzug der Elektroden fixiert, bis das elektrostatische Spannungsfeld zwischen den unpolarisierbaren Elektroden durch die Ladung der fixierten Elektrizitätsträger kompensiert ist.
Der Überschuss der letzteren diffundiert wiederum in die Flüssigkeit zurück und verteilt sich, bis abermals Gleichgewicht eingetreten ist. Je stärker also das Feld ist, um so mehr Ladungsträger werden fixiert. Ebenso-wächst mit der Höhe der zulässigen Spannung die Beschleunigung der Wanderungsgeschwindigkeit.
Nach der geradezu momentan und bis zur Kompensation des Feldes erfolgten Fixierung der zu gewinnenden Ladungsträger wird die Flüssigkeit samt den durch Zentrifugalkraft an der Peripherie angesammelten, zu Boden sinkenden, unelektrischen Bestandteilen abgelassen und erst dann die Spannung abgeschaltet. Die an der Oberfläche der unpolarisierbaren Elektroden fixierten Ladungsträger fallen nun grossenteils ab und können entweder auf trockenem oder nassem Wege gewonnen werden.
Die Ausbeute ist also nur in den Fällen eine totale, wo die Keimdichte eine geringere ist, was in vielen praktischen Fällen zutreffen wird.
Wo es sich um eine totale Ausbeutung sehr dichter, an Ladungsträgern überreicher Flüssigkeiten handelt, muss, falls es unter solchen Umständen überhaupt noch in Betracht kommt, ein fraktioniertes Verfahren angewendet werden.
Auf diese Weise können die positiv elektrischen Ladungsträger von den negativen bzw. überhaupt die elektrischen (ionisierten oder influenzierten) von den unelektrischen (Verunreinigungen usw. ) getrennt werden. So z. B. können die zumeist negativ geladenen Batterien oder andere, negativ geladene, organische Substanzen, z. B. Kasein usw., auf diese Weise vom Dispersionsmittel isoliert oder von andern organischen und anorganischen Substanzen getrennt werden.
Zum Unterschied von dem elektrolytischen Verfahren mit freien, also polarisierbaren Elektroden können bei der vorliegenden Erfindung die ausgeschiedenen Bakterien und die andern organischen Substanzen an den Elektroden nient zerstört oder chemisch verändert werden ; da sie an dem isolierenden Überzug zwar fixiert werden, aber ihre elektrische Ladung nicht abgeben'können. Nach Ablassen der Flüssigkeit und Abstellen der elektrischen Spannung bricht das Feld zusammen und die in lockerer Schicht an dem dielektrischen Überzug der Elektroden fixierten Bakterien und organischen Substanzen können leicht und chemisch unverändert entfernt werden.
Auf diese Weise werden die chemischen Entkeimungs- und Klärmittel umgangen, deren Wirkungsweise immer eine Zerstörung oder zumeist eine chemische Umwandlung bedingt und in ihrem Einfluss. sowohl auf die disperse organische Phase wie auch auf das Dispersionsmittel'nicht immer klar zu ersehen ist.
Bei Anwendung des Verfahrens kann'je nach Art der dispersen Phase nach Bedarf jede Elektrode zur Kathode oder Anode gemacht werden, sei es durch blosse limpolung, d. h. Vertauschen des Anschlusses oder durch eventuelles. Auswechseln der Elektroden.
'-Das vorliegende Verfahren kann z. B. zum Entkeimen und'Klären verunreinigten Trinkwassers angewendet werden, wo komplizierte Vorrichtungen und. Filteranlagen' ausgeschlossen sind, wie auch zur Herstellung chemisch reinen Wassers für medizinische Zwecke.
In den bakteriologischen Laboratorien kann es aber auch schon beim Nachweis virulenter Bakterien überhaupt darauf ankommen, sogar die geringsten Spuren von Bakterien nachzuweisen ; wozu bis jetzt nur die Zentrifuge verwendet wurde, welche in gleicher Weise die Bakterien und die Verunreinigungen an die Peripherie treibt.
Die Anreicherung derselben an der dielektrischen Ober- fläche der Elektroden, durch elektrische Adsorption im elektrostatischen Feld lässt auch eine möglichst weitgehende Trennung von Verunreinigungen der verwendeten Flüssigkeiten zu, so dass ein Ausstrich von der an dem Dielektrikum der Elektroden haftenden Substanz eine grössere Sicherheit gewährt, indem bei Verwendung einer zentralen Anode die nichtelektrischen Verunreinigungen durch Zentrifugalkraft an die Peripherie, die negativen Bakterien aber an die zentrale Anode getrieben werden.
Daher wird ein Ausstrich von der an dem Dielektrikum der Anode angesammelten Substanz auf einem geeigneten Nährboden mit grösster Wahrscheinlichkeit ein positives Resultat ergeben.
Aber nicht nur für diese medizinischen Zwecke ist das vorliegende Verfahren brauchbar, sondern auch zur Abscheidung nützlicher Bakterien, Hefen, Fermente, Eiweiss usw., die chemisch nicht ver- ändert werden dürfen.
Insbesondere sind unter den Eiweisskörpern auch die Antigene der Sera elektrisch geladen, u. zw. negativ ; diese folgen somit ebenfalls dem Zug des elektrostatischen Feldes.
Daher sind durch das vorliegende Verfahren diese in'der Serologie so wichtigen, spezifischen Eiweissstoffe nicht nur in physiologischen Flüssigkeiten nachzuweisen, sondern können dieselben auch chemisch unbeeinflusst gewonnen werden.
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Ferner handelt es sich bei diesen serologischen Versuchen immer um den Nachweis einer Koagulation, einer Präzipitation bzw. um das Ausflocken oder um die Bildung eines Niederschlages, die bei der vorliegenden Erfindung durch die Elektrophorese im elektrostatischen Spannungsfeld viel gründlicher und einwandfreier besorgt werden kann.
Aber auch auf allen technischen Gebieten, wo man es mit organischen dispersen Systemen zu tun hat, namentlich im ganzen organischen Gebiet der Kolloidchemie, kann die vorliegende Erfindung mit Erfolg und Vorteil angewendet werden.
Wichtig ist dabei, dass mit dem vorliegenden Verfahren auch die nicht immer erwünschten anorganischen Elektrolyte, die in den meisten organischen Dispersionsmitteln vorkommen und durch verschiedene chemische Prozesse entfernt werden müssen, erfasst und beseitigt werden können, wodurch eine Vereinfachung in der Gewinnung einer chemisch unbeeinflussten Ausbeute eintritt.
Es dürfte sich auch ermöglichen lassen, absolut reine Dispersionsmittel und ebenso reine disperse Phasen zu gewinnen, da bei dem vorliegenden Verfahren nichts hinzugefügt, sondern nur ausgeschieden wird.
Selbstverständlich kann das vorliegende Verfahren mit grossem Vorteil auch mit chemischen Prozessen verbunden werden, sei es als Vorbereitung, sei es im Zuge des Verfahrens oder am Schluss desselben.
Hiebei können viele, sehr komplizierte disperse Systeme, bei denen die verschiedensten brauchbaren Bestandteile entweder in der dispersen Phase oder im Dispersionsmittel vorkommen, durch eine mehrfache, fraktionierte Anwendung des vorliegenden Verfahrens entweder allein oder in Verbindung mit chemischen Prozessen voneinander getrennt werden.
Die vorliegend angeführten speziellen Verwendungen sind selbstverständlich nur Beispiele der vielfachen, gleichartigen Anwendungsmöglichkeiten auf allen Gebieten der organischen und der Kolloidchemie, ohne dass dabei das Wesen der vorliegenden Erfindung geändert wird, das darin besteht, dass ein regelbares, hochgespanntes, elektrostatisches Feld zwischen Elektroden hergestellt wird, die mit einer Isolierschicht aus elektrisch nicht leitenden Stoffen, wie Glas, Email usw., bedeckt sind, so dass es sich hiebei nicht um eine chemisch zersetzend wirkende Elektrolyse mittels eines elektrischen Stromfeldes, sondern um eine influenzierend wirkende elektrische Adsorption im elektrostatischen Felde ohne jede chemisch verändernde Wirkung handelt, wobei die Zentrifugalwirkung teils vorbereitend,
teils gleichzeitig fördernd in gleichem oder entgegengesetztem Sinne wirkt.