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Verfahren zur Herstellung von Firnissen aus Leinöl.
Gekochte Firnisse werden von porösen Unterlagen rasch aufgesaugt. Dasselbe trifft auch für Dick-oder Standölfirnisse, obschon in etwas vermindertem Masse, zu. Um diesem Übelstand abzuhelfen, ist bereits vorgeschlagen worden, reinen Leinölfirnis durch kolloidale Lösungen von Fremdstoffen, wie z. B. fett-oder harnsauren Metallverbindungen, in Leinölfirnis oder Standölfirnis zu ersetzen ; ein solcher Firnis besitzt zufolge des geringeren Dispersitätsgrades der nur kolloidal gelösten Fremdstoffe porenfüllende Eigenschaften. Dasselbe Ziel strebt auch die vorliegende Erfindung an, erreicht es aber ohne Zuhilfenahme von porenfüllenden Fremdstoffen und führt dabei überdies zu Firnissen, die sich auch sonst durch auffallend gute Eigenschaften auszeichnen.
Die Erfindung löst die Aufgabe, Firnisse herzustellen, welche kolloidale Lösungen von hochmolekularen Polymerisationsprodukten des Leinöles selbst in Leinöl bzw. in anderen Ölen von ausreichender Trockenfähigkeit, oder in Leinölfirnis bzw. in andern Ölfirnissen, darstellen. Solche kolloidale Lösungen werden der Erfindung gemäss dadurch gewonnen, dass ein mehr oder weniger grosser Anteil des Leinöles in einen solchen Polymerisationszustand gebracht wird, dass eine herausgenommene Probe des Produktes beim Erkalten zu einem in heissem Leinöl löslichen Gel erstarrt, und dass diesesErhitzungsprodukt-das im nachfolgenden als "Gummi" bezeichnet wird -, in unbehandeltem Leinöl oder in andern trocknenden Ölen oder Ölmisrhungen oder auch in Ölfirnissen kolloidal gelöst wird.
Um ohne jeden Zusatz von Fremdstoffen einen solchen Polymerisationszustand zu erreichen, muss ein Teil des behandelten Leinöles in Polymerisationsprodukte übergehen, wie sie sich beim Erhitzen des Leinöles auf 200-300 C und darüber ergeben, ein anderer Teil in Oxydationsprodukte übergeführt werden, die beim Erhitzen auf entsprechend hohe Temperatur selbst wieder eine Polymerisation erleiden.
Es ist bereits festgestellt worden, dass für den Polymerisationsverlauf in Leinöl wesentlich die Temperatur massgebend ist, indem die Polymerisation bei niederen Temperaturen intramolekular verläuft, bei höherer Temperatur hingegen bimolekular, d. h. in der Weise, dass sich die angesättigten Fettsäuren des einen Moleküls mit denen eines zweiten an den Doppelbindungen verketten (Marcusson, Zeitschrift für angewandte Chemie, 1920, 1. Band, Seite 231ff.). Wie immer sich dies tatsächlich verhalten mag, so steht doch fest, dass vorzugsweise die bei höherer Temperatur entstehenden Polymerisationsprodukte zur Gewinnung des Gummis entstehen müssen. Feststeht ferner, dass sich auch Oxydationsprodukte nebenher bilden müssen.
Ob die Polymerisation dieser Oxydationsprodukte intramolekular oder bimolekular (zwischen gleichen oder verschiedenen Molekülen) verläuft, bleibe dahingestellt. Jedenfalls lässt sich reines Leinöl durch Kochen allein, bei welcher Temperatur immer es vor sich gehen mag, ohne die Bildung solcher Oxydationsprodukte nicht in jenen Gummi verwandeln, dessen Entstehung erfindungsgemäss angestrebt wird. Anderseits steht auch fest, dass durch Blasen von Leinöl allein ein in heissem Leinöl löslicher Gummi nicht gewinnbar ist. Zwar geht geblasenes Leinöl nach genügend langer Behandlung in ein gummiartiges Produkt über, das unter Umständen sogar schon bei 50-60 C gelatiniert.
Das so entstandene Gel ist aber nicht leinöllöslich. Wenn es in der Hitze in Leinöl gelöst werden kann, so scheidet es sich nach dem Erkalten doch wieder ab ; beim Erhitzen auf 2500C zersetzt es sich stürmisch unter Selbstentzündung. Hingegen ist der erfindungsgemäss zustande zu bringende Gummi nach dem Erstarren ohne Zersetzung schmelzbar und bleibt in Leinöl auch nach dem Erkalten der Lösung gelöst.
Das Verfahren wird in der Weise ausgeführt, dass der in Gummi überzuführende Anteil des Lein- öles unter Zufuhr von verhältnismässig geringen Luft-und Sauerstoffmengen bis zur Gummibildung
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gekocht wird. Man kann das Leinöl aber auch unter Luftabschluss bei entsprechend hoher Temperatur kochen und erst hernach blasen und erzielt hiedurch sogar die Entstehung besonders hellfarbiger Endprodukte. Schliesslich kann auch in üblicher Weise gekochtes Dick- oder Standöl durch nachträgliches kurzes Blasen bei geeigneter Temperatur in jenen Gummi übergeführt werden, der sich erfindungsgemäss bilden soll. Um die Oxydationsprodukte entstehen zu. lassen, genügt in jedem Fall eine Luft-oder
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unverdickten Leinöles beträgt.
Die Temperatur muss bei jeder dieser Ausführungsarten den Eigenschaften des verarbeiteten Leinöles angepasst und daher durch Vorversuche ermittelt werden. Sie ist so hoch zu wählen, dass die Verdickung des Öles möglichst rasch erfolgt, ohne dass hiebei wesentliche Dunkelfärbung oder stärkere Zersetzung eintritt. Es empfiehlt sich beim Erhitzen des Leinöls die Temperaturen unterhalb 2000 C möglichst schnell zu passieren bzw. die Temperatur von 3000 C möglichst rasch zu erreichen. Man kann dem Polymerisationsprozess so lange den Fortgang geben, als eine erkaltete Lösung des Produktes noch ein ohne Zersetzung schmelzbares, in heissem Leinöl lösliches Gel bildet, oder das Gel allenfalls durch Wiedererhitzen auf 250-300 C in heissem Leinöl wieder löslieh wird.
Würde der Prozess bis zur Bildung eines irreversiblen Geles fortgesetzt, so wären die Polymerisationsprodukte für das Verfahren nicht mehr verwendbar.
Die oxydative Polymerisation kann auch durch Katalysatoren beschleunigt werden. Vorzugweise werden als solche-wie dies auch bei der Herstellung von Dick-oder Standölen und von eigentlichen gekochten Firnissen üblich ist-Verbindungen der Metalloxyde gewählt, welche wie z. B. Blei-, Mangan-und Kobaltoxyde, gleichzeitig als Trockenmittel wirken. Die katalytisehe Beschleunigung der Reaktion ist jedoch keineswegs Erfordernis, ja nicht einmal besonders vorteilhaft, da die Gummibildung unter den angegebenen Bedingungen auch ohne solche Zusätze verhältnismässig rasch eintritt.
Jedenfalls sollen katalytisch wirkende Stoffe nur in verhältnismässig sehr geringen Mengen verwendet werden (beispielsweise 0'25 Gewichtsteile Bleiglätte auf je 100 Gewichtsteile des zu behandelnden Öles).
Das entsprechend behandelte Leinöl verdankt die Fähigkeit zur Gummibildung auch in diesem Falle der Eigenart seines Polymerisationszustandes ; die zugesetzten Sikkative sollen nicht etwa zufolge ihrer Basizität auf das Leinöl gelatinierend wirken. Dass reinem Leinöl durch Erzeugung entsprechender Polymerisationsprodukte die Fähigkeit zur Bildung von leinöllöslichem Gummi verliehen werden kann, war bisher völlig unbekannt. Unbekannt war demnach auch die Möglichkeit, den-so geleiteten Polymerisationsvorgang durch so geringe Mengen von Sikkativen zu beschleunigen, die zur Hervorrufung der Gelatinierung von in gewöhnlicher Art durch Erhitzung verdicktem Leinöl nicht ausreichen können.
Ist die Erhitzung beendet, so setzt man den Polymerisationsprodukten, zweckmässig ohne sie vorher erkalten zu lassen, das als Lösungsmittel dienende unbehandelte Leinöl oder sonstige trocknende 01 oder Ölgemisch oder an Stelle dessen einen geeigneten Firnis unter sorgfältigem Mischen zu. Nach gehörigem Erkalten wird dann die so entstandene kolloide Lösung mit entsprechenden Mengen von Verdünnungsmitteln, z. B. Lackbenzin, und mit den üblichen Sikkativen versetzt.
Die in der beschriebenen Weise erhaltenen kolloidalen Lösungen von Polymerisationsprodukten des Leinöls werden unter Umständen durch die Berührung mit basischen anorganischen Pigmenten in unerwünschter Weise verändert ; es kann zunächst Brockenbildung und hernach Erstarrung der ganzen Masse eintreten. Dieser Übelstand lässt sich dadurch beheben, dass die organischen Säuren, die in dem durch oxydative Polymerisation verdickten Leinöl vorhanden sind, mit ein oder mehrwertigen Alkoholen, wie z. B. Glyzerin, verestert werden. Es kann dies vor oder nach Auflösung des verdickten Ölanteiles in dem als Lösungsmittel verwendeten unverdickten Öl anteil geschehen. Zweckmässig wird die Veresterung nur soweit getrieben, dass die Säurezahl der Lösung unter 10 sinkt.
Das so erhaltene Produktgibt nach Zusatz von Verdünnungsmitteln und Sikkativen einen auch mit basischen anorganischen Pigmenten vollkommen verträglichen Firnis.
Statt in reinen Ölen oder Ölfirnissen können die in der beschriebenen Weise hergestellten Polymerisationsprodukte auch in Öllacken gelöst werden, wie sie z. B. durch Verkochung oder Zusammenschmelzen von natürlichen oder künstlichen Harzen mit Leinöl entstehen. Ferner können auch fette Öle als Lösungsmittel mit herangezogen werden. Auch aus den so hergestellten Mischungen lässt sieh der Firnis durch Zusatz von geeigneten Verdünnungsmitteln und Sikkativen mit oder ohne vorhergehende Veresterung der vorhandenen organischen Säuren herstellen.
Die nach dem vorliegenden Verfahren erhaltenen Firnisse, sowie die mit ihrer Hilfe hergestellten Farben stehen auch auf saugfähigem porösen Grund, ohne dass dieser einer besonderen Vorbereitung bedarf, mit einem oder höchstens zwei Anstrichen ; die Farben ergeben bei entsprechendem Verhältnis des Firnisses zur angeriebenen trockenen Farbe eine glatte glänzende Oberfläche. Die Aufstriche trocknen schon nach 1-2 Stunden an und können ein zweitesmal überstrichen werden, auch wenn der erste Aufstrich noch nicht vollkommen durchgetrocknet ist.
Die Firnisse und die mit ihrer Hilfe hergestellten Ölfarben trocknen auch in dicken Schichten ohne Bildung von Runzeln oder sonstigen störenden Ober- flächenstrukturen. Die Firnis- und Ölfarbenanstriche zeigen eine wesentlich höhere Widerstandsfähigkeit als normaler Leinölfirnis und normale Leinölfirnisfarben gegen Wasser, Atmosphärilien, Säuren und Alkalien.
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gestellten Firnisse geben noch glänzendere, widerstandsfähigere und beständigere Anstriche, sowohl an und für sich, als auch in den Anreibungen mit Trockenfarben.
Es ist bekannt, dass man früher Dicköle durch Erhitzen in offenen Kesseln hergestellt hat, wobei bis zu einem gew'ssen Grad gleichzeitig eine Polymerisation und eine Oxydation eintritt. Gerade um eine Oxydation auszuschliessen, hat man aber vorgeschlagen, die Erhitzung in geschlossenen Gefässen unter Kohlensäure vorzunehmen. Man hat also den Eintritt der Oxydation auszuschalten gesucht.
Keineswegs hat man aber erkannt, dass man Polymerisation und Oxydation derart regeln kann, dass das Leinöl beim Erkalten ein noch öllösliches Produkt ergibt, geschweige denn, dass vorgeschlagen worden wäre, ein solches öllösliches Gel als Porenfüller bei der Herstellung von Leinölfirnissen bzw. andern Firnissen zu verwenden.
Es ist ferner bekannt (deutsche Patentschrift Nr. 229424) nach irgendeinem Verfahren schnell oxydiertes und in eine feste Masse umgewandeltes Leinöl mit rohem Öl zu vermischen. Bei diesem bekannten Verfahren handelt es sich aber um die Herstellung von Linoleumfirnissen, also um die Lösung von Linoxyn in Öl. Der bei dem Verfahren gemäss der Erfindung entstehende Gummi ist mit Linoxyn nicht identisch. Stark linoxynhaltige Lösungen wären für den angestrebten Zweck auch nicht brauchbar, einerseits wegen der Gefahr einer nachträglichen Entmischung, anderseits wegen der grossen Klebrigkeit solcher Lösungen.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung von Firnissen aus Leinöl, dadurch gekennzeichnet, dass ein mehr oder weniger grosser Anteil des Leinöles durch Erhitzung unter teilweiser Oxydation in einen solchen Polymerisationszustand gebracht wird, dass eine herausgenommene Probe des verdickten Leinöles beim Erkalten zu einem in heissem Leinöl löslichen Produkt erstarrt, und dass das Erhitzungsprodukt in unbehandeltem Leinöl oder in andern trocknenden Ölen oder Ölmischungen oder in Ölfirnissen kolloidal gelöst wird.