Verfahren zur Temperierung von gasförmigen, flüssigen oder schüttgutformigen Medien
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Temperierung von gasförmigen, flüssigen oder schüttgutformigen Medien, insbesondere bei der Durchführung von Reaktionen oder beim Transport solcher Medien.
Aus dem Bereich der Textiltechnik ist es bekannt, Textilbahnen zur thermischen Isolierung Substanzen beizugeben, die bei Wärmeaufnahme bzw. Wärmeabgabe die Phase wechseln. Diese Substanzen werden im Folgenden als phasenwechselnde Substanzen bezeichnet. Um diese phasenwechselnden Substanzen in Textilbahnen verarbeiten zu können, sind diese von einer Hülle umgeben und liegen als Mikrokapseln vor. Bei Textilbahnen, die zur Herstellung von Bekleidungsstücken eingesetzt werden, werden als phasenwechselnde Substanzen vorzugsweise Paraffine eingesetzt, die bei Körpertemperatur die Phase wechseln. Solche im Bereich der Textiltechnik eingesetzte, als Mikrokapseln vorliegende phasenwechselnde Substanzen sind zum Beispiel aus US 6,004,662 oder US 6,077,597 bekannt. Diese phasenwechselnden Substanzen sind zwischen zwei Stoffbahnen eingearbeitet, wobei die Einarbeitung der Substanzen derart erfolgt, dass diese ihre Position nicht ändern. Durch die Einarbeitung der mikrogekapselten phasenwechselnden Substanzen zwischen zwei Stoffbahnen erfolgt kein direkter Kontakt mit dem zu temperierenden Medium. Überträgt man dieses Prinzip der Temperierung auf andere Anwendungsgebiete, z.B. die Temperaturkontrolle bei chemischen Reaktoren, bedeutet das, dass man beispielsweise einen chemischen Reaktor umhüllen würde. Dieses Prinzip entspricht jedoch bereits verwirklichten Verfahren zum Heizen oder Kühlen von Reaktoren, bei denen Wärme über die Reak- torwand zu- oder abgeführt wird. Dies erfolgt derzeit zum Beispiel durch einen Heizpilz oder ein Ölbad und die Kühlung über einen Kühlmantel. Weiterhin werden auch doppel- wandige Reaktoren eingesetzt, bei denen zwischen den Reaktorwänden ein flüssiger oder dampfförmiger Wärmeträger strömt. Der Einsatz von Textilbahnen, die phasenwechselnde Substanzen enthalten und den Reaktor umhüllen, hätte jedoch gegenüber herkömmlichen
Wärmeträgern lediglich den Vorteil, dass keine Temperaturänderung des Wärmeträgers erfolgt. Temperaturgradienten und Temperaturspitzen im reagierenden Medium können hierdurch nicht verhindert werden.
Ein weiteres Gebiet, bei dem mikrogekapselte phasenwechselnde Substanzen eingesetzt werden, ist die Verbesserung der Wärmekapazität von Wärmeträgerflüssigkeiten. Solche Flüssigkeiten werden zum Beispiel als Kühlflüssigkeiten bei der spanenden Metallbearbeitung eingesetzt. Hierfür geeignete phasenwechselnde Substanzen sind zum Beispiel aus US 5,141,079 bekannt.
Ein Nachteil des Einsatzes von Wärmeträgern, die phasenwechselnde Substanzen enthalten, ist, dass zur Temperierung von gasförmigen, flüssigen oder schüttgutformigen Medien Wärmetauscher eingesetzt werden müssen. Das zu temperierende Medium und der Wärmeträger sind durch Wände voneinander getrennt. Solche Wärmetauscher sind zum Bei- spiel als Rohrbündel Wärmetauscher, Spiralwärmetauscher oder Plattenwärmetauscher ausgebildet. Insbesondere bei der Temperierung von schlecht wärmeleitenden Medien führt der Aufbau herkömmlicher Wärmetauscher dazu, dass innerhalb des zu temperierenden Mediums Temperaturgradienten auftreten. Dies kann zu einer lokalen Überhitzung des zu temperierenden Mediums führen. Bei exotherm reagierenden Medien kann dies dazu füh- ren, dass bei einer hierdurch in Gang kommenden Reaktion mehr Wärme entsteht, als durch das Wärmeträgermedium abgeführt werden kann. Folglich kann es zu einem unkontrollierten Durchgehen der Reaktion kommen.
Wie wichtig eine genaue Temperaturkontrolle ist, zeigt sich zum Beispiel bei chemischen Reaktionen in einfacher Weise. So entstehen beispielsweise bei der Umsetzung von Etha- nol in Gegenwart von Schwefelsäure gemäß Organikum, 16. Auflage, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1986, Seite 219 bei einer Temperatur von 130°C Diethyl- ether und Wasser, bei 180°C Ethylen und Wasser.
Zur thermischen Kontrolle bei chemischen Reaktionen werden, wie vorstehend bereits erwähnt, das Reaktionsgefäß temperiert und die reagierenden Medien durchmischt. Dabei ist eine Übertragung vom Labormaßstab in den Produktionsmaßstab häufig aufwändig.
Der Einsatz von phasenwechselnden Substanzen zur thermochemischen Prozesskontrolle ist nicht bekannt.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren bereitzustellen, bei welchem eine gleichmäßige Temperierung des zu temperierenden Mediums unter Minimierung von Temperaturgradienten erfolgt.
Die Lösung der Aufgabe besteht in einem Verfahren zur Temperierung von gasförmigen, flüssigen oder schüttgutformigen Medien, das folgende Schritte umfasst:
A i) Mischen einer Substanz, die nicht mit dem zu temperierenden Medium reagiert und die bei der einzustellenden Temperatur einen Phasenwechsel durchläuft, mit dem zu temperierenden Medium, oder ii) Durchströmen der als Schüttung vorliegenden Substanz mit dem zu temperierenden Medium, worauf
B eine Wärmeabgabe von dem zu temperierenden Medium an die Substanz oder von der Substanz an das zu temperierende Medium folgt, wobei die Substanz aufgrund der Wärmeübertragung die Phase wechselt.
Es ist bekannt, dass bei einem Phasenwechsel von fest nach flüssig, von flüssig nach gasförmig oder von fest nach gasförmig von der Substanz eine große Wärmemenge bei kon- stanter Temperatur aufgenommen wird. Ebenso wird durch einen Phasenwechsel von flüssig nach fest, von gasförmig nach flüssig oder von gasförmig nach fest eine große Wärmemenge von der Substanz bei konstanter Temperatur abgegeben. Auch bei Phasenwechseln von fest nach fest, wie sie zum Beispiel bei Kristallumstrukturierungen auftreten, wird Wärme abgegeben oder aufgenommen. Durch das Mischen der gasförmig, flüssig oder schüttgutförmig vorliegenden phasenwechselnden Substanz mit dem zu temperierenden Medium wird das Medium direkt mit der Substanz in Kontakt gebracht. Dies hat den Vorteil, dass die Wärme nur über kurze Distanzen zu der phasenwechselnden Substanz transportiert werden muss. Hierdurch wird vermieden, dass in dem zu temperierenden Medium große Temperaturgradienten auftreten. Dies führt zu einer gleichmäßigeren Temperatur im zu temperierenden Medium. Somit kann zum Beispiel vermieden werden, dass durch Temperaturspitzen, die oberhalb der Aktivierungstemperatur einer exothermen Reaktion liegen, diese Reaktion in Gang kommt.
Unter dem Begriff Mischen im Sinne der vorliegenden Erfindung wird neben homogenem bzw. heterogenem Mischen ebenso gleichmäßiges bzw. ungleichmäßiges Verteilen einer Substanz in einer anderen verstanden.
Wenn das zu temperierende Medium gekühlt werden muss, zum Beispiel um chemische Reaktionen zu verhindern, die mit Erreichen einer bestimmten Temperatur in Gang gesetzt werden, oder zur Wäπrieabfuhr bei der Durcbiührung von exothermen Reaktionen, wird von dem zu temperierenden Medium Wärme an die phasenwechselnde Substanz abgege- ben. Die phasenwechselnde Substanz nimmt die vom zu temperierenden Medium abgegebene Wärme auf und durchläuft einen Phasenwechsel, vorzugsweise von fest nach flüssig, von flüssig nach gasförmig oder von fest nach gasförmig und besonders bevorzugt von fest nach flüssig. Weiterhin ist es ebenso möglich, dass die Substanz zum Beispiel durch eine Kristallumstrukturierung einen Phasenwechsel von fest nach fest durchläuft. Während des Phasenwechsels bleibt die Temperatur insbesondere von niedermolekularen Reinstoffen konstant. Bei Einsatz von zum Beispiel höhermolekularen Stoffen oder Stoffgemischen als phasenwechselnde Substanz, erfolgt der Phasenwechsel in einem konstanten Temperaturbereich. Gegebenenfalls kann ein Teil der vom zu temperierenden Medium abgegebenen oder aufgenommenen Wärme auch von anderen Substanzen oder Behältnissen, mit denen sich das zu temperierende Medium im Kontakt befindet, aufgenommen oder abgegeben werden.
Bei der Durchführung von endothermen Reaktionen oder wenn verhindert werden soll, dass die Temperatur des zu temperierenden Mediums unter einen bestimmten Wert sinkt, ist es erforderlich, dass dem zu temperierenden Medium Wärme zugeführt wird. Dies geschieht durch Wärmeabgabe von der phasenwechselnden Substanz an das zu temperierende Medium. Hierbei durchläuft die phasenwechselnde Substanz vorzugsweise einen Phasenwechsel von fest nach fest, von flüssig nach fest, von gasförmig nach flüssig oder von gasförmig nach fest. Besonders bevorzugt ist ein Phasenwechsel von flüssig nach fest. Während des Phasenwechsels bleibt auch hier die Temperatur beziehungsweise der Temperaturbereich konstant.
In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann nach Abschluss des Temperierprozesses die Substanz, die den Phasenwechsel durchlaufen hat, wieder von dem zu temperierenden Medium abgetrennt werden. Wenn sowohl die Substanz, die den Phasenwechsel durchlaufen hat als auch das zu temperierende Medium flüssig vorliegen, erfolgt die Abtrennung vorzugsweise durch thermische Trennverfahren, wie Rektifikation oder Destillation. Auch eine Abtrennung durch Extraktion ist denkbar. Wenn sich die phasenwechselnde Substanz und das zu temperierende Medium nicht homogen vermischen, wie dies zum Beispiel bei Mischungen aus Wasser und Öl der Fall ist, ist zum Beispiel auch eine Trennung mit Hilfe eines Scheidetrichters denkbar.
Wenn die phasenwechselnde Substanz und das zu temperierende Medium beide schüttgutförmig vorliegen, ist eine Trennung bei gleicher Korngröße des zu temperierenden Mediums und der phasenwechselnden Substanz bei unterschiedlicher Dichte zum Beispiel durch Sichten möglich. Als Vorrichtungen zum Sichten von schüttgutformigen Materialien eignen sich zum Beispiel Windsichter oder Zyklone. Bei unterschiedlicher Korngröße der phasenwechselnden Substanz und des zu temperierenden Mediums kann eine Trennung zum Beispiel durch Sieben erfolgen. Ferner ist bei gleicher Dichte, aber unterschiedlichen Löslichkeiten eine Trennung durch Lösen der phasenwechselnden Substanz beziehungsweise des zu temperierenden Mediums möglich.
Um die phasenwechselnde Substanz nach dem Abtrennen wieder zur Temperierung einsetzen zu können, wird in einer bevorzugten Ausführungsform die Substanz nach dem Abtrennen aus dem zu temperierenden Medium durch Wärmezufuhr oder Wärmeabgabe wieder in die Phase zurückgeführt, mit der sie in Schritt A in das zu temperierende Medium gemischt wird. Hierzu muss der Substanz, wenn von dem zu temperierenden Medium Wärme an die Substanz abgegeben wurde, die gleiche Wärmemenge wieder von der Substanz abgegeben werden. Wenn von der Substanz Wärme an das zu temperierende Medium abgegeben wurde, muss dementsprechend die gleiche Wärmemenge der Substanz wieder zugeführt werden. In einer weiteren Ausführungsform geschieht dies in einem weiteren Verfahren, bei dem ein weiteres Medium temperiert wird. So wird die phasenwechselnde Substanz einmal zur Wärmeaufnahme von einem zu temperierenden Medium und einmal zur Wärmeabgabe an ein zu temperierendes Medium verwendet. Dabei ist es beispielsweise bei Gemischen bzw. höhermolekularen Substanzen möglich, dass der Phasenwechsel bei Wärmeabgabe bei einer anderen Temperatur beziehungsweise in einem anderen Tempera- turbereich erfolgt als der Phasenwechsel bei Wärmeaufnahme.
In einer bevorzugten Ausführungsform weist die Substanz, wenn sie mit dem zu temperierenden Medium in Kontakt gebracht wird, eine Temperatur auf, die bei Wärmeabgabe von dem zu temperierenden Medium an die Substanz unterhalb der Temperatur liegt oder gleich der Temperatur ist, bei der der Phasenwechsel erfolgt, und bei Wärmeabgabe von der Substanz an das zu temperierende Medium oberhalb der Temperatur liegt oder gleich der Temperatur ist, bei der der Phasenwechsel erfolgt. Bei einer Temperatur der phasenwechselnden Substanz, die bei Wärmeabgabe von dem zu temperierenden Medium an die Substanz unterhalb der Temperatur liegt, bei der der Phasenwechsel erfolgt, wird gewähr- leistet, dass die gesamte phasenwechselnde Substanz in einer Phase vorliegt und nicht bereits Teile der Substanz die Phase gewechselt haben. Entsprechend wird bei einer Temperatur der phasenwechselnden Substanz, die oberhalb der Temperatur des Phasenwechsels
liegt, gewährleistet, dass bei Wärmeabgabe von der phasenwechselnden Substanz an das zu temperierende Medium, die gesamte phasenwechselnde Substanz in einer Phase vorliegt.
Um das Abtrennen der phasenwechselnden Substanz aus dem zu temperierenden Medium zu vereinfachen, insbesondere wenn sowohl die phasenwechselnde Substanz als auch das zu temperierende Medium in flüssiger Phase vorliegen, ist in einer weiteren Ausführungs- form die Substanz von einer Hülle umgeben. In einer bevorzugten Ausführungsform liegt die von einer Hülle umgebene phasenwechselnde Substanz in Form von Mikrokapseln vor. Ein Vorteil der als Mikrokapseln vorliegenden phasenwechselnden Substanz ist, dass die phasenwechselnde Substanz aus einem zu temperierenden, flüssigen Medium gefiltert werden kann. Hierdurch wird eine vollständige Abtrennung der phasenwechselnden Substanz sichergestellt.
Ein weiterer Vorteil des Einsatzes einer Hülle um die phasenwechselnde Substanz ist, dass durch die Hülle verhindert wird, dass die phasenwechselnde Substanz direkt mit dem zu temperierenden Medium in Kontakt kommt. So können als phasenwechselnde Substanz auch Substanzen verwendet werden, die mit dem zu temperierenden Medium reagieren oder - bei Verwendung der phasenwechselnden Substanz bei einer chemischen Reaktion - die Reaktion beeinflussen und so zur Produktion von unerwünschten Nebenprodukten beitragen.
Bei Einsatz der phasenwechselnden Substanz zur Temperierung von Medien während der Durchführung einer chemischen Reaktion, die in Gegenwart eines heterogenen Katalysa- tors durchgeführt wird, kann die Hülle, die die phasenwechselnde Substanz umgibt, in einer weiteren Ausführungsform als Träger für Katalysatoren dienen. Dies hat gleichzeitig den weiteren Vorteil, dass die bei einer endothermen Reaktion zuzuführende Wärme und die bei einer exothermen Reaktion entstehende Wärme direkt am Katalysator dem Medium zugeführt bzw. von dem Medium abgeführt wird.
Bei einem zu temperierenden gasförmigen Medium erfolgt die Verteilung der phasenwechselnden Substanz vorzugsweise durch Verwirbeln oder Einsprühen. Beim Verwirbeln kann die phasenwechselnde Substanz zum Beispiel in Form einer Wirbelschicht ausgebildet sein. Zum Einsprühen der phasenwechselnden Substanz in das zu temperierende Medium wird vorzugsweise ein Zerstäuber eingesetzt, mit dem die phasenwechselnde Substanz fein zerstäubt in das gasförmig vorliegende zu temperierende Medium gesprüht wird.
Bei einem flüssigen zu temperierenden Medium kann die Verteilung der phasenwechselnden Substanz durch Verwirbeln oder Rühren erfolgen. Zum Verwirbeln wird die vorzugsweise als Schüttung vorliegende phasenwechselnde Substanz durch das zu temperierende Medium angeströmt und dadurch verwirbelt. Beim Verteilen der phasenwechselnden Sub- stanz in dem zu temperierenden Medium durch Rühren ist ein Rührer erforderlich. Hierzu eignen sich zum Beispiel Propellerrührer, Schrägblattrührer, Scheibenrührer, Wendelrüh- rer, Mehrstufenrührer oder jede weitere dem Fachmann bekannte Rührerbauart. Zum Mischen der phasenwechselnden Substanz mit einem zu temperierenden, schüttgutformigen Medium eignen sich zum Beispiel sich bewegende Mischbehälter, wie zum Beispiel rotie- rende Mischer, oder Mischbehälter mit bewegten Mischelementen. Bewegte Mischelemente können dabei zum Beispiel Wendelmischer, Pflugscharmischer, Schaufelmischer, Wirbelmischer, Kegelschneckenmischer oder jede weitere dem Fachmann bekannte Bauart an Mischern sein. Eine weitere Möglichkeit zur Vermischung der phasenwechselnden Substanz mit dem als Schüttgut vorliegenden zu temperierenden Medium ist die Umwälzung mittels Durchströmung eines Gases.
Bei zu temperierenden Medien, die gasförmig oder flüssig vorliegen, kann die phasenwechselnde Substanz auch in Form einer Schüttung oder Packung vorliegen, die von dem zu temperierenden Medium durchströmt wird. Hierbei findet im Unterschied zum Verwir- beln keine Bewegung der phasenwechselnden Substanz statt. Die als feste Schüttung oder Packung vorliegende phasenwechselnde Substanz eignet sich zum Beispiel zum Einsatz in durchströmten Rohren, in denen das zu temperierende Medium aufgewärmt oder abgekühlt werden soll.
Insbesondere bei der Durchführung von exothermen Reaktionen oder bei der Lagerung von reaktiven Medien, bei denen eine lokale Temperaturerhöhung auf eine Temperatur oberhalb der Aktivierungstemperatur dazu führt, dass eine chemische Reaktion in Gang kommt, kann die phasenwechselnde Substanz zusätzlich zu einem Wärmetauscher verwendet werden, um Temperaturschwankungen auszugleichen. Durch den Einsatz der pha- senwechselnden Substanz wird dabei vorzugsweise vermieden, dass lokale Temperaturspitzen oder Überhitzungen auftreten.
Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zum Beispiel dazu, bei exothermen Reaktionen die freiwerdende Wärme aufzunehmen und bei endothermen Reaktionen die zur Reak- tion erforderlich Wärme zuzuführen. Eine Reaktion im Sinne der vorliegenden Erfindung ist dabei jede chemische Reaktion. Neben dem Einsatz bei chemischen Reaktionen lässt sich das erfindungsgemäße Verfahren auch bei biotechnologischen Reaktionen einsetzen.
Hierzu zählen die biotechnologische Produktion einschließlich Fermentation, Zellkultur und Verwendung zellfreier Systeme, insbesondere von Proteinexpressionssystemen. Zellkulturen sind beispielsweise Kulturen, insbesondere Suspensionskulturen, von prokaryoti- schen und eukaryotischen Zellen, insbesondere Bakterienzellen (zum Beispiel von Esche- richia coli, Salmonella typhimurium), Hefezellen, Algenzellen oder Säugetierzellen.
Neben der Aufnahme der bei einer exothermen Reaktion freiwerdenden Wärme oder der Abgabe von Wärme bei einer endothermen Reaktion eignet sich das Verfahren auch zur Temperierung von Reaktionsmedien auf Reaktionstemperatur, bevor diese dem Reaktor zugegeben werden. Zur Temperierung der Reaktionsmedien vor der Zugabe in den Reaktor ist die phasenwechselnde Substanz vorzugsweise als Schüttung oder als Packung in der mindestens einen Leitung angeordnet, durch welche das mindestens eine Reaktionsmedium dem Reaktor zugeführt wird. Als Leitung eignen sich dabei insbesondere Rohrleitungen oder Kanäle.
Neben der Temperierung der Reaktionsmedien vor der Zugabe in den Reaktor können Reaktionsmedien auch im Reaktor temperiert werden, bevor die Reaktion startet. Dies wird zum Beispiel bei solchen Reaktionen durchgeführt, bei denen zunächst ein Reaktand im Reaktor vorgelegt wird, dieser Reaktand auf Reaktionstemperatur temperiert wird und dann für die Reaktion ein oder mehrere weitere Reaktanden zugeführt werden.
Neben der Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr bei Reaktionen eignet sich das Verfahren auch zur Temperierung von temperaturempfindlichen Medien bei Lagerung und Transport. Hierzu wird das temperaturempfindliche Medium im Transport- oder Lagerbehälter mit der phasenwechselnden Substanz gemischt oder die phasenwechselnde Substanz in dem zu temperierenden Medium verteilt. Auf diese Weise können zum Beispiel durch Umwelteinflüsse oder Sonneneinstrahlung entstehende Temperaturänderungen des temperaturempfindlichen Mediums abgepuffert werden.
Beispiele
Beispiel 1
Bei der exothermen Reaktion von Tetraethoxysilan mit Wasser zu Ethanol und Kieselsäu- rekonzentrat
Si(OC2H5)4 + 4 H2O → Si(OH)4 + 4 C2H5OH
steigt die Temperatur um ca. 60 °C, wobei der Siedepunkt des Ethanols überschritten werden kann.
Damit die Edukte nicht vorgekühlt zugegeben werden müssen, wird ein 50%iger wässriger Slurry eines mikronisierten Hartparaffins als wässrige Komponente für die Reaktion eingesetzt. Das Hartparaffin ist vollraffiniert, für industrielle Anwendungen mit einem Ölgehalt von 0,5 % und einem Schmelzpunkt von 52 °C nach ASTM D87. Durch die Zugabe des Hartparaffins stoppt der Temperaturanstieg bei der Schmelztemperatur des Hartparaffins, der deutlich unter dem Siedepunkt des Ethanols liegt.
Beispiel 2
Die exotherme Friedel-Crafts Alkylierung von Benzol mit Methylchlorid setzt nach An- wendung des Hess'schen Wärmesatzes eine Wärmemenge von ca. 290 J/g frei. Durch die Zugabe von mikrogekapselten Paraffinen mit Schmelzenthalpien, die in der Größenordnung von 200 J/g liegen, wird bei entsprechendem Massenverhältnis von phasenwechselnder Substanz zu Edukten die Reaktionswärme aufgenommen. Eine Temperatur von unter 20°C kann durch Verwendung von Hexadecan als phasenwechselnder Substanz mit einem Schmelzpunkt von 18°C eingestellt werden.
Beispiel 3a / 3b
Bei Transport oder Lagerung von Monomeren werden diesen Inhibitoren beigemischt, um eine ungewollte Polymerisation zu unterbinden. Die Dosierung ist üblicherweise so, dass Monomere über Monate (3 bis 4 Monate) lagerfähig sind, selbst bei geringfügigem Luftzutritt. Durch Luftzutritt werden Inhibitoren, die Reduktionsmittel sind, verbraucht.
Die Inhibitoren halten sich ausschließlich in der flüssigen Phase auf und schützen nicht die Gasphase, weshalb hier eine ungewollte Reaktion zum Beispiel durch Luftzutritt erfolgen kann. Der Raum über den flüssigen Monomeren ist mit Stickstoff beschickt, so dass eine monomerhaltige Stickstoffatmosphäre herrscht.
Tritt dennoch eine Reaktion ein, werden hierbei erhebliche Wärmemengen freigesetzt, bei- spielsweise 89,1 kJ/mol im Fall der Polymerisation von Vinylacetat (3a) oder 77,8 kJ/mol im Fall der Polymerisation von Ethylacrylat (3b), die die Aktivierungsenergien deutlich überschreiten und zu unkontrollierten Kettenreaktionen fuhren können. Die freiwerdende
Wärme kann in der Gasphase nicht aufgenommen und abgeführt werden und die Reaktion setzt sich dann in der flüssigen Phase fort. Auch hier kann die Wärme nicht ausreichend abgeführt werden. Die Wärmekapazität von beispielsweise Ethylacrylat beträgt lediglich 1,97 J/gK.
Die Zugabe von phasenwechselnden Substanzen schützt zusätzlich vor unkontrollierten Reaktionen. Microgekapseltes Eicosan (CH3-(CH2)18-CH3) mit einem Schmelzpunkt von 36,8°C und einer Dichte von 0,7886 g/cm3 (bei 20°C relativ zu Wasser bei 4°C) ist geeignet, um Reaktionswärmen bei dieser Temperatur auch in dem Raum oberhalb der flüssigen Phase von Monomeren aufzunehmen und somit die Gasphase zu schützen. Aufgrund des Dichteunterschieds (die Dichte von Vinylacetat beträgt 0,932/cm3 (3a), von Ethylacrylat 0,917 g/cm3 (3b)) kann der Raum oberhalb der flüssigen Phase vollständig mit phasenwechselnder Substanz ausgefüllt werden, wobei eine eventuelle Reaktion in den Hohlräumen im Mikrometermaßstab eine große räumliche Nähe zu einem Wärme aufnehmenden Medium hat um eine Kettenreaktion zu unterbinden. Ebenso wird die flüssige Monomerphase in die Lage versetzt, erhebliche Wärmemengen aufnehmen zu können.