Vorrichtung zur automatisierten Handhabung von keramischen Formteilen
B e s c h r e i b u n g
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur automatisierten Handhabung von keramischen Formteilen unterschiedlicher Größe und Form, insbesondere zum Setzen auf einen (einschließlich Abnehmen von einem) Brenntisch.
Unter dem Begriff „Brenntisch" wird erfindungsgemäß zunächst ganz allgemein jede Unterlage verstanden, auf die Ware (Brenngut) vor, während und nach dem Brennprozeß aufgesetzt werden kann. Entsprechend kann der „Brenntisch"
beispielsweise ein sogenanntes plattenförmiges Brennhilfsmittel sein, welches über Rollen durch den Ofen transportiert wird, oder ein Ofenwagen mit einer .entsprechenden Besatzebene für das Brenngut.
Obwohl die Herstellung und der Brand von keramischen Formteilen, wie Porzellan oder Sanitärkeramik, seit Jahrzehnten Stand der Technik ist, sind wesentliche Stationen im Herstellungsprozess immer noch manuell.
So werden bis heute die zum Teil schweren Sanitärteile, wie WC-Becken, Waschbecken, Duschschalen, Spülbecken etc. von Hand auf einen Ofenwagen gesetzt und nach dem Brand erneut manuell vom Ofenwagen abgenommen. Einer Automatisierung standen bisher folgende Erwägungen entgegen: In einem Betrieb gibt es regelmäßig eine Vielzahl von Produktionsteilen, die sich in Größe, Form und der Möglichkeit, sie auf einem Brenntisch anzuordnen, unterscheiden. Üblicherweise werden dabei nicht an einem Tag hundert Teile des Typs X und am andern Tag hundert Teile des Typs Y produziert beziehungsweise gebrannt. Aufgrund unterschiedlicher Auftragslage, Verfügbarkeit von Formen zur Herstellung der Teile, unterschiedlichen Arbeitszeiten, Bruch etc. ist in der Regel zu keinem Zeitpunkt exakt vorhersehbar, welches Formteil wann zum Brennen bereitsteht.
Daraus folgen auch Schwierigkeiten, die Brenntischfläche optimal zu nutzen. Wurden beispielsweise Teile bereits
randseitig gesetzt, ist es nahezu unmöglich, ein schweres Waschbecken über diese Teile hinweg zu heben und in der Mitte des Brenntisches zu platzieren.
Insbesondere Sanitärteile können Gewichte bis nahe 100 kg/Stück aufweisen.
Die unterschiedliche Form und Größe der Teile hat es bisher auch verhindert, mit Robotern den Transport der Formteile auf den Brennwagen und vom Brennwagen durchzuführen.
Die genannten Probleme gelten sowohl für Brenntische, die bei periodischen Öfen eingesetzt werden, als auch für Brenntische, die in DurchlaufÖfen Verwendung finden. Zu den periodischen Öfen gehören beispielsweise Herdwagenöfen. Typische Vertreter von DurchlaufÖfen sind Tunnelöfen, zu denen wiederum Rollenöfen gehören.
Die am Beispiel Sanitärkeramik geschilderten Schwierigkeiten gelten im Wesentlichen auch für andere keramische Formteile, die gebrannt werden sollen. Porzellan umfasst beispielsweise auch schwere und große Vasen. Bei Geschirrporzellan sind die Teile zwar wesentlich kleiner und leichter; dieser Vorteil wird aber durch eine sehr große Formenvielfalt kompensiert.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur Handhabung von keramischen Formteilen anzubieten, die insbesondere ein automatisiertes Setzen ermöglicht, und zwar auch ein Setzen von Formteilen unterschiedlicher Größe und Form.
Zur Lösung dieser Aufgabe geht die Erfindung von folgenden Überlegungen aus:
Aufgrund der geschilderten Betriebsbedingungen ist es praktisch nicht möglich, eine bestimmte Produktfolge vor- zubestimmen. Dies wäre allenfalls dann möglich, wenn entsprechende Lager für die einzelnen Produkte eingerichtet würden, was schon aus Kostengründen unrealistisch ist. Entsprechend liegt ein erster Lösungsansatz darin, die auf einen Ofenwagen zu setzenden Teile über eine entsprechende Einrichtung zum Ofenwagen (Brenntisch) zu transportieren und vor der Übergabe auf den Brenntisch zu identifizieren (erfassen) . „Identifizieren" (erfassen) im Sinne der Erfindung bedeutet, dass das entsprechende Produkt hinsichtlich seiner Größe, Form und Farbe oder sonstigen relevanten Parametern erfasst und beispielsweise als „Waschbecken Typ 123" oder „Urinal Typ XY" registriert wird.
Die so erfassten beziehungsweise bestimmten Produktdaten geben beispielsweise Kenntnis darüber, wieviel Platz das Produkt auf dem Brenntisch benötigt, wie es abgesetzt werden kann, aber auch wo es möglicherweise vorzugsweise gesetzt werden soll. Bestimmte Formteile oder Formteile mit bestimmten Glasuren lassen sich beispielsweise am Rand eines Brenntisches besser (leichter) brennen als in der Mitte, beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Gasströmung oder unterschiedlicher Ofenatmosphäre.
Die entsprechenden Produktdaten werden darüber hinaus mit den jeweils aktuellen Brenntischdaten abgeglichen. „Brenn-
tisc daten" umfassen beispielsweise die Information, welche Formteile bereits an welcher Stelle auf dem Brenntisch liegen, also welche Flächen gegebenenfalls noch frei sind.
Der jeweile Abgleich der genannten Daten/Informationen kann datentechnisch so optimiert werden, dass ein Maximum an Formteilen auf einem Brenntisch abgesetzt werden kann.
Die entsprechenden Daten (Produktdaten) sollen darüber hinaus aber auch einer zugehörigen Greifeinrichtung die Informationen liefern, wie (an welchen Stellen) das jeweilige Formteil zu greifen und abzusetzen ist. Dies ist insbesondere für komplexe Formen, wie sie bei Urinalen vorliegen, extrem wichtig.
Wurde das Formteil zuvor identifiziert und ein entsprechendes Signal an die Greifvorrichtung gegeben, können aufgrund dort gespeicherter Daten sofort die jeweiligen Greifpositionen errechnet werden, und zwar auch dann, wenn das entsprechende Formteil beispielsweise „schief" oder „gekippt" an der Entnahmestelle bereit steht.
In ihrer allgemeinsten Ausführungsform betrifft die Erfindung danach eine Vorrichtung zur automatisierten Handhabung, insbesondere Setzen von keramischen Formteilen unterschiedlicher Größe und Form auf einen Brenntisch, mit folgenden Merkmalen:
- einer Transporteinrichtung zum Transport der Formteile bis zu einer Entnahmestelle,
- einer Einheit zur optischen Erfassung jedes Formteils, wobei
- die Einheit entsprechende Daten
- an eine Greifeinrichtung übermittelt und so verarbeitet, dass die Greifeinrichtung das jeweilige Formteil anschließend an einer Entnahmesteile der Transporteinrichtung greift und zu dem Brenntisch transportiert, sowie
- mit Daten verknüpft, die angeben, ob beziehungsweise welche Fläche des Brenntischs bereits mit Formteilen belegt ist, so dass
- die Greifeinrichtung das jeweilige Formteil' anschließend auf einer noch freien Fläche auf dem Brenntisch ablegt.
Die Vorrichtung ist nach folgendem Prinzip konstruktiv gestaltet und programmiert:
- Erfassen/Identifizieren eines Formteils
- Berechnung der Greifpositionen
- Ermittlung der Belegung des Brenntisches
- Überführen des Formteils mittels der Greifvorrichtung auf eine f eie Fläche des Brenntisches .
Die optische Erfassung des Formteils erfordert es lediglich, dieses an einer Registrierstelle „grob auszurichten". Es ist nicht notwendig, und wäre auch gar nicht möglich, unterschiedlichste Formteile jeweils exakt positioniert zur Erfassungsstelle zu bringen. Diese Stelle kann grundsätzlich an beliebiger Stelle angeordnet werden, insbesondere aber vor oder an der Entnahmestelle. Die Erfassungsstelle kann beispielsweise entlang eines Transportweges zwischen zwei, in Transportrichtung im Abstand hintereinander angeordneten Lichtschranken ausgebildet werden. Der Bereich zwischen den Lichtschranken ist dann der Bereich, der optisch erfasst werden kann. Insoweit
wird der Abstand der Lichtschranken in der Regel gleich oder größer der maximalen Länge des zu setzenden Formteils sein.
Andere Einrichtungen zur Posi-tionierung der Teile an einer Erfassungsstation sind möglich.
Die optische Erfassungseinheit kann mindestens eine oberhalb der zu erfassenden Teile angeordnete Kamera umfassen, beispielsweise eine senkrecht über der Registrierstelle angeordnete Kamera. Mit einer solchen Kamera wird das jeweils platzierte Formteil optisch „abgerastert" und dabei insbesondere hinsichtlich seiner Form, Größe und Farbe erfasst sowie anhand entsprechender Referenzdaten identifiziert. Die Kamera erfasst gleichzeitig auch die „Position" des Formteils, beispielsweise, mit welcher Fläche es auf der Transporteinrichtung aufliegt. Ebenso kann erfasst werden, ob es parallel oder in einem Winkel zur Transportrichtung steht beziehungsweise gekippt ist.
Eine dreidimensionale optische Erfassung ist von Vorteil. Insoweit ist die Anordnung der optischen Erfassungseinheit beliebig, sofern der gewünschte Zweck erreicht wird. Dabei können neben Größe, Form und Farbe beispielsweise auch Oberflächenstrukturen oder Schatten erfasst werden, die Informationen über die Ausrichtung an der Registrier- und/ oder Entnahmestelle geben können.
Nach einer Ausführungsform u fasst die Greifeinrichtung mindestens zwei, unabhängig voneinander bewegbare Greifarme. Aufgrund der Komplexität der unterschiedlichsten Formteile, die erfasst werden müssen, sieht eine Ausführungsform vor, die Greifarme in allen Richtungen des Koordinatensystems bewegbar zu gestalten.
Zum sicheren Greifen können die Greifarme mit Saugköpfen ausgebildet sein, die über eine angeschlossene Unterdruckquelle aktivierbar sind. Derartige Saugköpfe aus einem reversibel verformbaren Material sind auch geeignet, sensible und spröde keramische Gegenstände „weich" zu greifen und Beschädigungen zu vermeiden.
Nach einer Ausführungsform ist die Greifeinrichtung so programmiert, dass das jeweilige Formteil unter Einhaltung mindestens eines Mindestabstandes der nachstehend genannten Art auf dem Brenntisch abgelegt wird:
- Mindestabstand zum Rand des Brenntisches,
- Mindestabstand zu bereits vorher abgelegten Formteilen,
- Mindestabstand zu bereits erfassten, anschließend abzulegenden Formteilen.
Ein Mindestabstand zum Rand des Brenntisches soll dafür sorgen, dass das Brenngut beispielsweise nicht gegen eine Brennerdüse im Ofen stößt.
Ein Mindestabstand zu bereits vorher abgelegten Formteilen soll sicherstellen, dass insbesondere glasierte Teile nicht während des Brandes miteinander verkleben (versintern) .
Der Mindestabstand kann aber auch ein Formteil berücksichtigen, welches erst anschließend abgelegt wird, sofern es bereits von der optischen Einrichtung erfasst ist.
Die automatische Greifvorrichtung ermöglicht es aufgrund der beschriebenen Konstruktion und Programmierung, den Mindestabstand auf unter 2 cm einzustellen.
Es kann zweckmäßig sein, bestimmte Formteile auf definierten Flächen des Brenntisches abzulegen, wie bereits ausgeführt. Dies kann bei der Programmierung bereits berücksichtigt werden. Entsprechende Eingriffe können aber auch durch das Bedienungspersonal manuell erfolgen. Sobald dieses Teil gesetzt ist und die dann belegte Fläche des Brenntisches neu bestimmt ist, kann das nächste Teil gesetzt werden.
Es ist möglich, die Besatzfläche (die Brenntischfläche) in vorbestimmte Teilflächen zu gliedern, beispielsweise in Raster von 10 x 10 cm. Dies ermöglicht es, zum Beispiel bei farblichen Markierungen oder entsprechenden Sensoren, die einzelnen Teile exakt abzulegen und exakt zu bestimmen, welche Teile jeweils wo aufliegen. In diesem Zusammenhang können auch eine oder mehrere, aneinander grenzende Teilfläche (n) einem bestimmten Formteil zugeordnet werden.
Soll ein Teil beispielsweise nur in der Mitte des Brenntisches gebrannt werden, steht ein solches Teil aktuell aber nicht zur Verfügung, kann der entsprechende Platz auf dem Brenntisch durch entsprechende Programmierung freigelassen und später bestückt werden, sobald das Teil zur Entnahmestelle und zur Greifeinrichtung transportiert wurde .
Aus der vorstehenden Beschreibung ergibt sich, dass die einzelnen Formteile der Produktion datenmäßig erfasst sein müssen, um sie mit den Erfassungsdaten der optischen Einrichtung abzugleichen beziehungsweise entsprechende Berechnungen für die Greifeinrichtung und die Belegung des Brenntisches durchführen zu können.
Daraus folgt dann unmittelbar, dass dieselben Daten auch für eine automatisierte Entnahme der Formteile vom Brenntisch nach einem Brennvorgang dienen können. Das Prinzip ist dann lediglich umgekehrt, wobei der Vorteil besteht, dass die Entnahme vom Brenntisch aus erfolgt, wo die Position der einzelnen Formteile beim Besetzen bereits exakt bestimmt wurde.
Die beschriebene Vorrichtung lässt sich auch für andere Handhabungen von keramischen Teilen anwenden, zum Beispiel zum Einordnen in Regalen, zur Entnahme aus Regalen oder dergleichen.