Testsystem zur Auffindung von Wirkstoffen bei Erkrankungen von Nervenzellen
Gebiet der Erfindung.
Die Erfindung betrifft eine mutierte Sequenz aus dem Tbce Gen, Verwendungen solcher Sequenzen, ein Testsystem mit solchen Sequenzen und Screeningverfahren unter Einsatz solcher Sequenzen.
Hintergrund der Erfindung und Stand der Technik.
Eine beträchtliche Anzahl von Erkrankungen der Nervenzellen, besonders degenerative Erkrankungen von Motoneuronen sind genetischen Ursprungs. So gehören beispielsweise die klassische spinale muskuläre Atrophie (SMA) , die SMA mit respiratorischer Atemnot (Distress) vom Typl (SMARD1) und die juvenile amyotrophe Lateralsklerose (ALS2) zu autoso- mal rezessiv vererbbaren Erkrankungen. Die für diese Erkrankungen erantwortlichen Gendefekte wurden bereits charakterisiert. Bei SMA und SMARD1 liegen Mutationen des SMNl-Proteins und des Immunoglobulin μ-bindenden Proteins 2 (IGHMBP2) vor. Es ist bekannt, dass diese Mutationen Störungen in der RNA-Prozessierung verursachen (Lefebvre et al, Gell, 80:155-165 (1995); Grohmann et al Nat.Genet 29: 75-77, (2001)) . Abgesehen von der Mutation der GTPase Aisin bei einer besonderen Form der ALS2, bei welcher Hin- weise bestehen, dass diese Mutation den Zytoskelett- Stoffwechsel beeinflusst (Hadano et al Nat.Genet, 29:166-173,(2001); Yang et al Nat . Genet . , 29: 160-165, (2001) ) sind die durch die Mutationen betroffenen
Proteine und deren Funktion in Bezug auf die Funktionsaufrechterhaltung bei Motoneuronen bislang weitgehend unbekannt .
Bei der Maus ähnelt die autosomale rezessive Mutante progressive motor neuropathy (pmn) " , die auf dem Chromosom 13 der Maus lokalisiert wurde ( der pmn Locus ist dort definiert durch die Marker D13Mitl72 und D13Mit207) der SMA durch die progressive Degeneration der Motoneurone in einer frühen Phase nach der Geburt. Mäuse, die homozygot sind für den pmn Gendefekt, erscheinen bei Geburt gesund, aber entwickeln in den ersten Lebenswochen eine progressive Erkrankung der Motoneurone, die sich in schwerer Muskelschwäche und Atemnot äußert (Schmalbruch et al J Neuropathol Exp Neurol 50:192-204 (1991)). Auch hier ist es bislang unbekannt, welches Protein durch die Mutation im pmn Gen derartig verändert wird, dass eine degenerative Motoneuronenerkrankung resultiert .
Die Kenntnis der Proteine, deren Mutationen Motoneu- ronenerkrankungen wie SMA und ALS beim Menschen und bei der Maus verursachen, würde einen bedeutenden Zugang ermöglichen, Substanzen zu finden, welche in die Entwicklung und Funktion von Nervenzellen, im besonderen von Motoneu- ronen, eingreifen. Da diese Erkrankungen Neurone mit langen Projektionsfortsätzen betreffen, sind die zugrunde liegenden Patho echanismen auch bei anderen neurodegenera- tiven Erkrankungen des Nervensystems, bei denen Nervenzellfortsätze zugrunde gehen wie z.B. M. Alzheimer, M. Parkinson, Neuropathien und Multiple Sklerose relevant.
Technisches Problem der Erfindung.
Der Erfindung liegt das technische Problem zu Grunde, Substanzen sowie Verfahren zur Identifizierung von Substanzen anzugeben, welche die Diagnose, Prophylaxe und/oder Thera- pie von Erkrankungen der Motoneuronen ermöglichen.
Allgemeine Beschreibung der Erfindung.
Zur Lösung dieses technischen Problems lehrt die Erfindung eine Nukleinsäure enthaltend eine Teilsequenz einer Mindestlänge von 12 Nukleotiden aus SEQ.-ID 1, wobei das 3 '-Ende enthalten ist, und ein Peptid oder Protein enthaltend eine Teilsequenz einer Mindestlänge von 4 Aminosäuren aus SEQ.-ID 2, wobei das carboxyterminale Ende enthalten ist. Im Falle der Nukleinsäure kann die Teilsequenz eine Mindestlänge von 15 bis 60 Nukleotiden aufweisen. Im Falle des Peptids oder Proteins kann die Teilsequenz eine Mindestlänge von 5 bis 20 Aminosäuren aufweisen. Im Rahmen eines Testsystems ist insbesondere eine Nukleinsäure oder ein Protein enthaltend eine Sequenz gemäß SEQ.-ID 3 hilfreich, wobei diese auch lediglich eine Teilsequenz von 12 bis 60 Nukleotiden oder von 4 bis 20 Aminosäuren aus SEQ.-ID 3, wobei zumindest ein Sequenzmerkmal in der Teil- sequenz enthalten ist, aufweisen können.
Die Teilsequenz aus SEQ.-ID 1 kann 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, oder 60 aufeinanderfolgende Nukleotide aus der SEQ.-ID 1 aufweisen. Die Teilsequenz aus SEQ.-ID 2 kann 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, oder 20
aufeinanderfolgende Aminosäuren aus der SEQ.-ID 2 aufweisen. Analoges gilt im Falle der SEQ.-ID 3. Bezüglich der Änderungsmerkmale in Figur 5 ist anzumerken, dass bei einer erfindungsgemäßen Nukleinsäure oder einem er- findungsgemäßen Protein oder Peptid eines oder mehrere der Änderungsmerkmale, in letzterem Falle bis zu der maximal möglichen Anzahl, wobei jede dazwischen liegende Anzahl hiermit benannt ist, angebracht sein kann.
Im Rahmen der Erfindung wurde überraschend gefunden, dass der genetische Defekt bei der "pmn"-Maus auf eine Mutation des Tjce-Genes zurückzuführen ist. Das Tjbce-Gen ist auf dem Chromosom 13 zwischen den Markern D13Mitl73 und 378J7-F bzw. zwischen den Genen Pmnl 4 und Mrpl32 lokalis- iert. Die im Rahmen dieser Erfindung gefundene Mutation stellt insbesondere einen Austausch von T nach G in der Nukleotidposition 1682 des Tjbce-Genes dar, welcher einen ■ Austausch von Tryptophan durch Glycin in der Position 524 am C-Terminus des murinen CofE Proteins zur Folge hat. Dies entspricht Position 527 im humanen Protein.
Das CofE Protein spielt als Tubulin-spezifisches Chaperon eine wesentliche Rolle bei der Komplexierung von alpha- Tubulin und ß-Tubulin zu den nativen Tubulin- Heterodimeren, welche sich zu stabilen Tubulinzylindern zusammenlagern und die funktionellen Microtubuli bilden (Tian et al Cell 86:, 9-16,(2001)).
Diese Funktion des CofE Proteins ist konserviert von der Hefe bis zum Säuger. Die biologischen Prozesse, bei denen diese Wirkung eine funktionelle Rolle spielt, sind jedoch gerade bei höheren Organismen weitgehend unbekannt; so dass diese Erfindung das erste Mal zeigt, dass dieser
Prozess für die funktionelle Aufrechterhaltung von Nervenzellen von Bedeutung ist.
Während der Translation werden die Tubulin-Subeinheiten zu einem quasi-nativem Zustand durch das zytosolische Chaper- onin CCT gefaltet (Hartl, Nature 381:571-579,(1996)). Die Tubulin-spezifisc en Chaperone wie CofE helfen nachfolgend mit bei der Bildung der Tubulin-Heterodimere, eine Überexpression von CofE führt zu einer Störung dieser Tubulin- Heterodimer- Bildung (Bhamidipati et al J Cell Biol 149: 1087-1096, (2000) ) .
Mutationen des CofE könnten die Bildung der Tubulin- Heterodimere, damit deren Zusammenlagerung zu stabilen Tubulinzylindern und damit die Bildung von funktionellen Microtubuli beeinträchtigen.
Die Microtubuli stellen die Grundlage des Gerüstes für den axonalen Transport dar (Ishihara et al, Neuron 24: 751-762, (1999) ) . Die Störung ihrer Bildung durch eine Mutation des Tbce Genes führt beispielsweise bei der pmn- Maus über die Störung des axonalen Transportes und anderer Prozesse zu einer Degeneration der Neuronen.
Beim Menschen ist das Tbce-Geτi auf dem Chromosom lq42.3 anzutreffen.
Die Erfindung lehrt weiterhin die Verwendung einer erfindungsgemäßen Nukleinsäure oder eines Peptids oder Pro- teins in einem Screening Verfahren zur Identifizierung daran bindender Diagnosesubstanzen, wobei die Nukleinsäure oder das Peptid oder Protein mit einer prospektiven Diagnosesubstanz oder mit einer Mischung prospekiver
Diagnosesubstanzen kontaktiert wird, wobei eine Bindung mittels eines Bindungsassays detektiert wird, und wobei bindende prospektive Diagnosesubstanzen als Diagnosesubstanzen, ggf. nach Deconvolution, selektiert werden. Eine solchermaßen identifizierte Diagnosesubstanz kann zur Herstellung einer Zusammensetzung zur Diagnose einer degenerativen Nervenerkrankung oder einer Nervenschädigung durch Intoxikation verwendet werden. Dazu kann im Einzelnen einem Patienten eine Gewebeprobe oder eine Körperflu- idprobe entnommen werden, wobei der Probe die
Diagnosesubstanz zugegeben wird und wobei eine Bindung der Diagnosesubstanz qualitativ, halbquantitativ oder quantitativ detektiert wird.
Da die Erkrankung der Nervenzellen, insbesondere der Moto- neuronen, gemäß den der Erfindung zu Grunde liegenden Erkenntnissen auf einem Defekt des Tbce-Gens beruht, lehrt die Erfindung weiterhin die Verwendung von Wildtyp Tbce (Nukleinsäure oder Protein) oder einer Wildtyp Tbce mimikrierenden Substanz zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung einer degenerativen Nervenerkrankung oder einer Nervenschädigung durch Intoxikation. Mit einer solchen pharmazeutischen Zusammensetzung werden die natürlichen und mutationsbedingt gestörten Mechanismen der Zelle wiederhergestellt. Mimikrierende Substanzen sind solche, welche in einem folgend beschriebenen Testsystem zu einer Verzögerung oder Hemmung der Erkrankung des Tieres führen. Eine Übertragung auf den Menschen ist in diesem Fall ohne weiteres möglich aufgrund der sehr weitgehenden Konservierung des Tbce-Gens, insbesondere im Bereich der erfindungsgemäßen Mutation. Das Wildtyp Tbce oder die Wildtyp Tbce mimikrierende Substanz kann mit Hilfs-
und/oder Trägerstoffen gemischt, definiert dosiert und galenisch zur lokalen oder systemischen Gabe hergerichtet werden.
5 Weiterhin lehrt die Erfindung ein Testsystem für die Suche nach Wirkstoffen für die Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems, welches aus folgenden Komponenten besteht: I) einer beliebigen Zelle, vorzugsweise einer Nervenzelle, in welcher ein Mutation des Tjbce-Genes vorliegt, auf Grund
10 derer Microtubuli nicht oder nicht ausreichend gebildet werden (in einer bevorzugten Ausführungsform betrifft die Mutation die Position No 1682 des Tjbce-Genes und in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die Mutation ein Austausch des Tryptophans in der Position No
15 524 des Tbce-Proteins beispielsweise durch Glycin) , II) optional, einer beliebigen Zelle, vorzugsweise einer Nervenzelle, in welcher das Tbce-Gen in seinem Wildtyp vorliegt, III) optional, einem Rodenten (beispielsweise einer Maus) , worin das Tbce-Gen mutiert ist, und welcher eine neuronale Erkrankung entwickelt (m einer bevorzugten Ausführungsform dieser Erfindung ist der Rodent transgen für das mutierte Tbce-Gen bzw. enthält ein oder 2 inaktivierte Allele des Tbce-Gens; in einer weiteren besonderen Ausführungsform dieser Erfindung stellt diese Komponente die ώJ pmn-Maus dar) .
In dem erfindungsgemäßen Testsystem werden PrüfSubstanzen mit Komponente I) in Kontakt gebracht. Das In-Kontakt- Bringen beinhaltet 1) die Zugabe der PrüfSubstanz in be- liebigen Konzentrationen, jedoch vorzugsweise von 0,01 μmol bis zu 100 μmol, zu einer Zellkultur von Komponente I) , wobei in dieser Zellkultur beliebig viele, jedoch vorzugsweise 100 bis 100.000 Zellen pro ml enthalten sind und
2) der Inkubation der Zelle gemeinsam mit der PrüfSubstanz über einen definierten beliebigen Zeitraum, vorzugsweise jedoch über 4 Stunden bis 12 Tage bei 37 Grad Celsius. Nach diesem Zeitraum werden die überlebenden Zellen auf die Bildung von Tubulinheterodimeren, im Besonderen mit Klasse III ß Tubulin (Ferreira und Caceres J Neurosci Res, 32: 516-529 (1992)) und/oder die Ausbildung von Microtubuli und bei Nervenzellen die Ausbildung von Axonen geprüft. Der Nachweis des Tubulins erfolgt vorzugsweise durch den Nachweis von geordneten Tubulin-Aggregaten in den Axonen bzw. neuralen Fortsätzen mittels der dem Fachmann geläufigen Methode der I munhistochemie, desweiteren durch Imun-Copräzipitation von alpha- und ß-Tubulin, 2-site Immunoassay, [Madersbac er und Berger, Antibodies and immunoassays Methods . 2000 May; 21 (1) : 41-50. ; Daniel- pour et al . , Sandwich enzyme-linked im unosorbent assays (SELISAs) quantitate and distinguish two forms of trans- forming growth factor-beta (TGF-beta 1 and TGF-beta 2) in complex biological fluids, Growth Factors, 1989; 2(1): 61-71] mit einem Antikörper gegen alp a-Tubulin und einem weiteren gegen ß-Tubulin, mit dem die Bildung geordneter Aggregate von Microtubuli quantifiziert werden kann.
In gleicher Weise werden PrüfSubstanzen mit Komponente II) in Kontakt gebracht und die Zellen überprüft.
PrüfSubstanzen, welche in der Lage sind, in der Komponente I) wie auch in der Komponente II) das Überleben zu fördern, die Expression von embryonalem Tubulin und/oder von Microtubuli zu verstärken und/oder das Axonwachstum zu fördern, sind Wirksubstanzen im Sinne dieser Erfindung. Derartige Wirksubstanzen werden vorzugsweise neugeborenen Mäusen mit einer Mutation des Tbce-Genes (Komponente III)
einmal, vorzugsweise jedoch mehrfach über einen Zeitraum von einer Woche bis zu 2 Monaten verabreicht und es wird geprüft, ob die Entwicklung einer neurodegenerativen Erkrankung durch diese Wirksubstanz verzögert oder verhin- dert werden kann.
Gegenstand der Erfindung ist somit die Verwendung solchermaßen identifizierter Wirkstoffe, i.e. welche in der Komponente I) zur Bildung von primären geordneten Tubulin-Dimeren und/oder zu Microtubuli führen, den retro- graden Transport verstärken und so Defekte aufgrund von Mutationen in der Bildung von Mikrotubuli oder erhöhten Abbau von Mikrotubuli kompensieren, zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung und/oder Prophylaxe neurodegenerativer Erkrankungen oder Nervenschädigung durch Intoxikation.
Zu solchen Substanzen zählen Nukleinsäuresequenzen, welche für Wildtyp-Tbce kodieren und welche in die Nervenzelle mit den dem Fachmann bekannten Verfahren wie beispielsweise mit Hilfe von dem Fachmann bekannten viralen Vektoren oder nicht viralen Vektoren eingeführt werden. Zu solchen Substanzen zählen jedoch auch Wirkstoffe, welche auf die Nervenzelle derart einwirken, dass die Nervenzelle verstärkt geordnete Tubulin-Multimere bildet bzw. welche den axonalen Transport verstärken.
Gegenstand der Erfindung sind des weiteren Verfahren zur Suche nach Wirkstoffen, welche die Bildung von Tubulin- Isoformen, geordneten Tubulin- Aggregaten und/oder Microtubuli in Nervenzellen verstärken, wobei eine Zelle in Kontakt gebracht wird mit der zu prüfenden Substanz und in
der Zelle die Menge an Tubuli-Isoformen, geordneten Tubulin-Aggregaten und/oder an Microtubuli bestimmt wird.
Gegenstand der Erfindung ist des weiteren die Verwendung eines erfindungsgemäßen Wirkstoffes für die Diagnose, die Prophylaxe und/oder Therapie einer neurodegenerativen Erkrankung oder einer Nervenschädigung durch Verletzung oder Vergiftung.
Gegenstand der Erfindung ist des weiteren der Nachweis von mutiertem Tbce zur Diagnose und/oder Verlaufskontrolle einer neurogenerativen Erkrankung. Ein derartiger Nachweis erfolgt entweder molekularbiologisch mit Hilfe von Nuk- leotidsequenzen, welche mit der gesamten oder mit Teilen der Nukleotidsequenz von mutiertem Tbce spezifisch hybridisieren beispielsweise unter Anwendung der dem Fachmann bekannten Reverse-Transcriptase-Polychain Reaction (RT- PCR) , oder der Nachweis erfolgt mit Hilfe von Antikörpern oder Antikörperfragmenten, welche spezifisch an utiertes Tbce binden.
Beispiel: Identifizierung der Tbce Mutation in der pmn Maus .
Weibliche AKR-Mäuse und eine männliche NMRI Maus heterozy- got für das pmn Gen (Schmalbruch et al J Neuropathol. Exp Neurol. 50:192-204,1991) wurden gekreuzt . Durch Rückkreuzung der FI Generation wurden in F2 {pmn/pmn) Tiere erhalten.
Mit Hilfe der radioaktiven PCR wurde bei insgesamt 229 (pmn/pmn) Tieren mit Hilfe von 29 Mikrosatelliten-Markern,
die über einen Bereich von 31cM mit der Gen-Region von D13Mitl bis D13MitlO korrespondierten, dieser Abschnitt des D13 Genes typisiert. Insgesamt wurden 34 Rekombinationen identifiziert, auf Grund deren der pmn Locus in einer 2cM Region zwischen D13Mitl73 und D13Mit207 des D13 Chromosomes lokalisiert werden konnte.
Ausgehend von YAC Klonen (Research Genetics, Inchinnan, Scotland) und BAC Klonen (Genome Systems Inc. Palo Alto, CA, mit Ausnahme von Klon 369D23 Research Genetics) wurde eine Gen-Karte der pmn Region erstellt, indem alle BAC und Yac-Klone auf Marker, die in der physikalischen Kartierung aufgelistet waren, geprüft wurden und neue Sequence-tagged sites (STS) durch inverse PCR oder durch direkte Sequen- zierung identifiziert wurden (siehe Fig. 1/Tab. 1) .
Nachfolgend wurden Sequenzen der Enden der YAC und BAC Klone integriert in die komplette Sequenz, flankiert von den Markern D13Mitl73 und D13Mit207 (Sequenzen öffentlich oder über Celera-Datenbank zugänglich) . Die charakterisierte Region hatte eine Größe von etwa 2,19 Mb. Entsprechend bereits publizierter Befunde (Martin et al Genomics 75: 9-16,2001) konnte die kritische Region zwischen D13Mitl73 und 378J7-F eingegrenzt werden, welche zwischen Pmnl 4 und Mrpl32 liegt (siehe Fig. 3/Tab. 3) . Die vergleichende Analyse von murinen und menschlichen Homologie-Karten dieser Region ergab eine Transskriptions- Karte der kritischen pmn-Region (siehe Fig. 3/Tab. 3)
Gleichartigkeit mit Segmenten lokalisiert auf den menschlichen Chromosomen Iq42-q43 und 7pl4.1-pl3 wurde gefunden, wie bereits von Martin et al (Genomics 75: 9-16,2001) beschrieben. Nachfolgend wurden analysiert 15
Transkriptionseinheiten zwischen D13Mitl73 und 378J7-F und 23 Transskriptionseinheiten zwischen D13Mit 173 und D13Mit237 (einschließlich bereits 11 vorher bereits charakterisierter Gene und 12 Transkriptionseinheiten, die bereits vorher als EST in der Maus und beim Menschen charakterisiert worden waren) . Von den 23 Genen konnte nur ein Gen gefunden werden, welche eine spezifische Sequenzveränderung aufwies, die nachfolgend auch in der genomischen DNA gefunden wurde, und zwar ein T>G Austausch in der Nukleotidposition 1682 der Tbce cDNA. Dieser Austausch führt zu einer Missense Mutation (Austausch von Tryptophan durch Glycin) in der Position 524 des murinen CofE Proteins. Vergleichende Sequenzanalysen mit Hilfe von ExPasy (www2.ebi.ac.uk/clustal) zeigten, dass diese Ami- nosäure bei Vertebraten strikt konserviert ist.
Um diese Mutation mit dem pmn Phänotyp zu korrelieren, wurden 60 pmn/pmn Mäuse und 147 Normalmäuse (NMRI) analysiert.
Zur Sequenzanalyse der Kandidaten-Gene wurde von Hirn und Rückenmark der (pmn/pmn) Mäuse und von Kontrollmäusen (NMRI, Wildtyp) die gesamte RNA isoliert (Trizol Technik, Invitrogen Corp.) und mit der PCR analysiert. Die verwendeten Primer sind in Fig. 2/Tab. 2 aufgelistet. Doppelstrang-DNA wurde sequenziert mit Hilfe des ABI 373 Sequenziergerätes (Dideoxy-Sequenzierung, DNA Sequenzierungs-Kit von ABI, Warrington, UK) . Beide DNA Stränge wurden mit Hilfe der jeweiligen Primer sequenziert. Die erhaltenen DNA-Sequenzen wurden mit den korrspondierenden Sequenzinformationen in den Datenbanken verglichen um Nukleotidvariationen identifizieren zu können. Als zugängliche Datenbanken dienten die Datenbank von Celera, die etwa 2.19 Mb des Chromosoms 13 der Maus
abdeckt, wie auch die EST Datenbank (www.ncbi.nlm.gov). Nur Sequenzen exprimierter Gene wurden analysiert. Die Suche nach Sequenzhomologien und Übereinstimmungen wurde mit Hilfe von BLAST (www.ncbi.nlm.gov) durchgeführt. 5
Keine Unterschiede in dem Grad der Expression des Tbce- Genes konnte zwischen pmn/pmn und Kontrolltieren gefunden werden. Jedoch war die Mutation in der Position 1682 des TbcE Genes in der genomischen DNA nur der pmn/pmn Mäuse ° anzutreffen.
Motoneurone wurden von Embryonen (13,5 Tage, pmn/pmn Mäuse oder Normalmäuse) isoliert und kultiviert gemäß der Methode beschrieben von Wiese et al (Nat. neurosci. 4: 137-142 (2001) . Nach einer Zellkultur über 7 Tage m Anwesenheit von Ing/ml BDNF wurden die Motoneurone fixiert ( 4% Paraformaldehyd, 15min, 4° C) , gewaschen, mit Antikörper gegen tau (1:200, Sigma-Aldrich) und ßlll Tubulin (1:500; RDI, Flanders, NY) inkubiert, gewaschen und zum Nachweis
2 von ßHITubulin mit Ziege-anti-Maus Cy3 (5μg/ml, Jackson Immuno Research Lab. West Grove, PA) und zum Nachweis von tau mit Ziege-anti-Kaninchen Cy2 (lOμg/ml, Jackson Immuno Lab.) für eine Stunde inkubiert. Nachfolgend wurden die Zellen gewaschen und mikroskopisch untersucht und die Länge der Axone gemessen. Die Anzahl der Motoneurone von pmn/pmn Mäusen und von Kontrollmäusen war weitgehend gleich. Jedoch waren bei den Motoneuronen von pmn/pmn Mäusen die Axone drastisch verkürzt, des weiteren wiesen sie Schwellungen auf, die mit Antikörpern gegen tau und
30 ßHITubulin anfärbbar waren, was darauf schließen lässt, dass die Mutation des Tbce Genes nicht primär das Überleben der Motoneurone, aber das Wachstum von deren Axone und die Integrität dieser Axone beeinflusst.
Zur Tabelle 3 ist folgendes anzumerken. Transkriptions- Einheiten, die nicht in öffentlichen Datenbanken anzufinden sind, wurden nummeriert entsprechend ihrer Reihenfolge in dieser Region. Pmn2 is lokalisiert in der nichtkodier- enden Region von Nid. ELF-1 ; eukaryotic translation elon- gation factor 1 alpha 1. MCG Nummern sind interne Accessions-Nummmern vergeben von Celera. Polaritäten der
Transkriptions-Einheiten werden mit Pfeil angegeben.
Fig. 4 zeigt erfindungsrelevante Tbce-Aminosäurenteil- sequenzen aus verschiedenen Organismen. Erfindungsgemäß ist das markierte Tryptophan zu einer beliebigen anderen Aminosäure, beispielsweise Glycin, mutiert.
Fig. 5 (=SEQ.-ID 3) zeigt eine gegenüber dem NCBI Eintrag korrigierte und nicht publizierte Fassung für murines Tbce.
Offenbarte Nukleinsäuresequenzen umfassen beides, DNA und RNA, unabhängig von der offenbarten Variante.