Mikroreaktorsystem
Die Erfindung betrifft ein Mikroreaktorsystem zur kontinuierlichen Synthese mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Merkmalen.
Eine erfolgreiche chemische Synthese - sei es auf dem Gebiet der präparativen anorganischen oder organischen Chemie - erfordert die strikte Einhaltung von zahlreichen Reaktionsbedingungen. So müssen beispielsweise die Temperatur, die Konzentration der Re- aktanten, deren Verweilzeit und damit der Reaktions- zeit im Reaktor, der Druck und das Medium, in dem die Reaktion stattfinden soll, mit Hinsicht auf eine möglichst hohe Ausbeute und unter Berücksichtigung der ökonomischen Faktoren optimiert werden. Fast immer ist eine Nachbehandlung des Reaktionsgemisches zur Aufreinigung der Reaktionsprodukte notwendig. Werden die einzelnen Behandlungsschritte in einem stationären Reaktorsystem durchgeführt, so sind im Zuge der Synthese eine Anzahl von Behandlungsschritten notwendig, die in der Regel manuell durchzuführen sind, was zeit- und personalintensiv ist. Nachteilig an stationären oder halbstationären Synthesen (in batch- oder semibatch-Reaktoren) ist auch, dass die aus einem bekannten System ermittelten Betriebsparameter nicht
ohne weiteres auf einen vergrößerten Ansatz übertragbar sind. Häufig muss der vergrößerte Ansatz völlig neu optimiert werden, da beispielsweise Probleme bei der Abfuhr der Reaktionswärme auftreten. Eine Lösung stellen so genannte kontinuierliche Syntheseverfahren dar, bei denen die Reaktanten in ein förderbares Medium eingebracht werden, miteinander reagieren und an anderer Stelle - gegebenenfalls mit weiteren Behandlungsschritten - ein Produkt entnommen wird. Derartige Systeme sind bisher im Wesentlichen in großtechnischen Anlagen zur Herstellung chemischer Grundstoffe verwirklicht worden.
Im Labormaßstab oder bei der Herstellung pharmazeuti- scher Spezialprodukte sind die Ansätze meist zu gering, um diese Synthesen in großtechnischen Anlagen durchführen zu können. In den letzten Jahren wurden daher Mikroreaktorsysteme entwickelt, die die Vorteile der kontinuierlichen Verfahrensführung nutzen, aber auf einen sehr viel geringeren Gesamtumsatz ausgelegt sind. Die Mikroreaktoren stellen einen definierten Reaktionsraum zur Verfügung, der meist weitere Strukturelemente zur Beeinflussung der Reaktionsbedingungen beinhaltet. So zeigt beispielsweise die EP 1 031 375 A2 einen Mikroreaktor zur Durchführung chemischer Reaktionen, der einzelne, frei austauschbare mikrostrukturierte Elemente umfasst. Mikroreaktoren des genannten Typs haben den Vorteil, dass verfahrenstechnische Synthesen unter kontinuier- liehen Synthesebedingungen, wie sie bislang nur aus der Großindustrie bekannt sind, durchgeführt werden können. Auch der thermische Verlauf der Reaktion kann mit bis dato unbekannter Präzision kontrolliert wer-
den, da häufig sehr geringe Wandstärken zwischen den das Reaktionsmedium führenden Kanälen und einem Wärmetauschermedium vorhanden sind. Die geringen Volumina, in denen geringe Stoffmengen miteinander rea- gieren, erlauben eine besonders sichere Verfahrensführung, insbesondere bei der Durchführung kritischer oder gefährlicher Synthesen.
Gemeinsam ist solchen Mikroreaktoren, dass sie aus einzelnen Prozessmodulen mit verschiedener Aufgabenstellung bestehen. Die Prozessmodule stellen unter anderem definierte Reaktionsräume bereit, in denen die Reaktanten gemischt und oft thermisch induziert beziehungsweise gesteuert miteinander umgesetzt wer- den. Weitere Prozessmodule erlauben ein Verweilen des Reaktionsmediums und eine Nachbehandlung durch beispielsweise Extraktion, Phasentrennung oder Temperierung. Die einzelnen Prozessmodule müssen miteinander in fluider Verbindung stehen.
In der WO 95/26796 von Bard et al. wird ein Mikroreaktorsystem beschrieben, das auf dem vorgenannten mo- dularen Konzept beruht. Die einzelnen Prozessmodule werden seitlich auf einer Trägerstruktur montiert. Die Trägerstruktur beinhaltet kleine Kanäle, über die eine fluide Verbindung zwischen den einzelnen Prozessmodulen des Mikroreaktors hergestellt wird. So werden beispielsweise ein Reaktormodul, ein Trennmodul und ein Analysatormodul auf der Trägerstruktur hintereinander geschaltet. Das aufgezeigte Mikroreaktorsystem hat den Nachteil, dass die Verbindungskanäle fest in die Trägerstruktur integriert sind und damit ein starres Verbindungssystem vorgegeben wird.
Damit ist die Flexibilität des Mikroreaktorsystems eingeschränkt und kann den häufig sehr unterschiedlichen Anforderungen der chemischen Synthese nicht angepasst werden.
Ehrfeld et al . (WO 00/62018) beschreiben ein Mikroreaktorsystem, das aus einzelnen Prozessmodulen zusammengesetzt ist und bei dem die einzelnen Prozessmodule über ein Verbindungssystem mit Verbindungsele- enten versehen sind, die sich beim Zusammensetzen derart formschlüssig miteinander verbinden, dass von einem Prozessmodul zum anderen führende Fluidkanäle nach außen abgedichtet miteinander verbunden sind. Verbindungselemente sind nach gängigem Verständnis dann formschlüssig, wenn sie integraler Bestandteil der Module sind. Es wird zwischen formschlüssigen und kraftschlüssigen Verbindungen unterschieden. Bei ers- teren erfolgt die Kraftübertragung über ihre Form, bei letzteren durch kraftschlüssige Reibhemmung (K.H. Decker: "Maschinenelemente - Gestaltung und Berechnung", 10. Auflage, Carl Hanser Verlag, Wien, 1990, Seite 212). Die Schrift bietet keine Anhaltspunkte, wie eine zur Regelung und Steuerung notwendige Senso- rik und Aktorik in das System mit aufgenommen werden kann.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Mikroreaktorsystem zu schaffen, das aus leicht auswechselbaren Prozessmodulen besteht und das über ein mög- liehst einfaches und flexibles Verbindungssystem für die im Mikroreaktorsystem zu fördernden Medien verfügt. Das Mikroreaktorsystem sollte vorzugsweise möglichst kompakt, bedienungsfreundlich und automati-
sierbar sein und die zur Regelung und Steuerung notwendige Sensorik und Aktorik soll möglichst flexibel den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden können.
Die Aufgabe wird durch das Mikroreaktorsystem zur kontinuierlichen Synthese mit den im Anspruch 1 genannten Merkmalen gelöst. Dadurch, dass
(a) das Mikroreaktorsystem modular aufgebaut ist,
(b) eine Prozesseinheit aus Prozessmodulen zusammengesetzt ist, welche untereinander kraftschlüssig miteinander verbindbar sind, und
(c) die Fluidverbindungen der Prozesseinheit durch den Kraftschluss der Prozessmodule erhältlich sind,
kann in einfacher und zuverlässiger Weise ein kompaktes und hochflexibles Mikroreaktorsystem, das den unterschiedlichen Anforderungen der chemischen Synthese jeweils optimal angepasst werden kann, bereitgestellt werden.
In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der Kraftschluss zwischen jeweils benachbarten Prozessmodulen beziehungsweise den Prozessmodulen und dem Mikroreaktorsystem durch lösbar oder unlösbar mit den Prozessmodulen und/oder dem Mikroreaktorsystem verbundenen Verbindungselementen erreichbar ist, wobei über diese Verbindungselemente Fluid führende Verbindungen zwischen den Prozessmodu-
len untereinander beziehungsweise zwischen den Prozessmodulen und Außenanschlussen des Mikroreaktor- systems herstellbar sind. Hierdurch wird vorteilhaft erreicht, dass in einfacher Weise eine prozesstech- nisch sichere, insbesondere jederzeit reproduzierbare Fluidverbindung der Prozessmodule untereinander und mit Außenanschlussen des Mikroreaktorsystems erhalten werden.
Vorzugsweise sind Halteplatten vorgesehen, die vorzugsweise auf den den Prozessmodulen zugewandten Innenseiten Anschlussoffnungen und/oder integrierte Verbindungselemente aufweisen. Die Verbindungselemente sind also entweder bereits fester Bestandteil der Halteplatten oder sie werden erst wahrend des Zusammenbaus der Prozesseinheit an geeigneter Stelle angeordnet. Durch eine weiter bevorzugt vorgesehene Haltevorrichtung werden die zur Erzielung des Kraftschlusses notwendigen Klemmkrafte auf alle Verbin- dungselemente des Verbindungssystems übertragen. Diese werden hierdurch plastisch oder elastisch verformt, so dass ein guter Dichtsitz zwischen Anschlussoffnung und Verbindungselement erhalten wird. Die Klemmkraft kann über mechanische, hydraulische, pneumatische und/oder elektrische Vorrichtungen erzeugt werden.
Die Verbindungselemente zur Verbindung zweier gegenüberliegender und vorzugsweise kreisförmig ausgestal- teter Anschlussoffnungen sind vorzugsweise als doppelseitig, konusformig auslaufende Verbindungsrohre ausgebildet, das heißt in Form eines Doppelkegels. Weitere Ausbildungen sind ebenso denkbar. Beispiels-
weise können die Verbindungselemente eine bipyramidale Außengestaltung aufweisen, so dass sie in viereckige beziehungsweise quadratische Anschlussoffnungen dichtend einfuhrbar sind. Durch derartige Ausge- staltungen wird erreicht, dass zwischen Verbindungselement und Offnungsrand der Anschlussoffnungen ein Linienkontakt entsteht, der zu hohen Dichtkraften und somit zu einer zuverlässigen Abdichtung fuhrt.
Das Verbindungssystem umfasst auch Dichtelemente zur vollständigen Abdichtung von Anschlussoffnungen, über die kein fluides Medium gefuhrt werden soll. Diese können in ihrem Grundaufbau - mit Ausnahme einer Fluidverbindung - den Verbindungselementen entspre- chen. Nach einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist eine vorzugsweise plattenformige Positioniervorrichtung zwischen den Prozessmodulen und/oder zwischen den Prozessmodulen und den Halteplatten vorhanden, mit der die Verbindungselemente und/oder Dichtelemente relativ zu den Prozessmodulen beziehungsweise Halteplatten ausrichtbar sind. Auf diese Weise wird die Positionierung und der Ein- und Ausbau einzelner Prozessmodule erleichtert.
Die Verbindungselemente werden vorzugsweise aus denselben Materialien geformt, aus denen die Prozessmodule bestehen, um die Gefahr der unerwünschten Wechselwirkung mit den fluiden Medien, Reaktanten und Produkten möglichst gering zu halten und Dichtig- keitsprobleme aufgrund verschiedener thermischer Ausdehnungskoeffizienten auszuschließen. Sie können dabei insbesondere aus reaktionsträgen Materialien, wie beispielsweise Metall, Glas, Keramik, Halbleitermate-
rialien oder Kunststoffen, bestehen. Der Einsatz harter Materialien hat den Vorteil, dass hohe Klemmkräfte toleriert werden. Vorzugsweise ist dabei das Verbindungselement mit einem plastisch oder elastisch verformbaren Material, insbesondere einem Metall, beschichtet, so dass die Dichtungseigenschaften weiter verbessert werden.
Allen möglichen Ausgestaltungen der Verbindungsele- mente beziehungsweise der Dichtelemente ist gemeinsam, dass zwischen benachbarten Prozessmodulen beziehungsweise Prozessmodulen und Anschlussplatte sehr kurze Fluidverbindungen realisierbar sind. Derartige kurze Fluidverbindungen führen zu einer Erhöhung der Prozesssicherheit des genannten Mikroreaktorsyste s .
An den Außenseiten weisen die Halteplatten vorzugsweise Anschlussstellen für die fluidische Anbindung der Prozesseinheit an die Peripherie, beispielsweise Fördereinheiten für die Reaktantenzufuhr, Entnahmevorrichtungen zur Produktabnahme oder Thermostaten, auf. Weiterhin kann eine Sensorik als eigenständige, auswechselbare Funktionseinheit den einzelnen Modulen des Mikroreaktors beigeordnet werden. Die Sensorik beinhaltet Sensoren zur Erfassung von Messwerten, wie Temperatur, Druck, Strömung, Strahlung, Konzentration, Entfernung oder Viskosität des Mediums. Insbesondere kann ein Kraftsensor zur Erfassung der Klemmkraft der Haltevorrichtung oder ein Abstandssensor zur Erfassung des Abstandes der Halteplatten vorgesehen sein. Basierend auf den von der Sensorik bereitgestellten Messwerten, kann eine Regelung oder Steuerung der Synthese erfolgen. Mit Hilfe einer Bedien-
einheit kann der Benutzer die Reaktionsbedingungen kontrollieren, gegebenenfalls ändern und bestimmte Verfahrensabläufe automatisiert ablaufen lassen.
Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den übrigen, in den Unteransprüchen genannten Merkmalen.
Die Erfindung wird nachfolgend in Ausführungsbeispie- len anhand der zugehörigen Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1 eine Prinzipdarstellung eines Mikroreaktor- systems zur kontinuierlichen Synthese, be- stehend aus
einer Prozesseinheit (10) mit vier Prozessmodulen,
- Verbindungselementen (50) und Dichtungselementen (60) ,
einer Haltevorrichtung (12) mit Boden- und Deckelplatte (14, 16) und Spannelement (18) sowie
fluidischen Anschlüssen für Reaktionsmedien, (24, 26, 32, 34) und Wärmeträgermedien (28, 30) und
einer Sensorik (46, 48)
Figur 2 eine schematische Schnittansicht durch eine Prozesseinheit im Bereich zweier Prozessmodule;
Figur 3 zwei schematische Schnittansichten konus- förmiger Verbindungselemente des Verbindungssystems;
Figur 4 einen Prinzipaufbau eines Mikroreaktorsys- tems mit einer Bedieneinheit für eine einstufige Synthese und
Figur 5 einen Prinzipaufbau einer Vorrichtung für eine zweistufige Synthese mit zwei Mikrore- aktorsystemen und einer Bedieneinheit.
In der Figur 1 ist eine Prozesseinheit 10 als zentraler Bestandteil eines erfindungsgemäßen Mikroreaktor- systems 11 zur kontinuierlichen Synthese schematisch dargestellt. Die Prozesseinheit 10 umfasst die einzelnen Prozessmodule 38, 40, 42, 44. Die Prozesseinheit 10 wird von einer Haltevorrichtung 12 mit zwei Halteplatten 14, 16 und wenigstens einem Spannelement 18 umfasst. In die Haltevorrichtung 12 werden in noch näher erläuterter Weise die einzelnen Prozessmodule 38, 40, 42, 44 der Prozesseinheit 10 eingespannt. Zum Aufbringen einer möglichst gleichmäßigen Spannkraft ist vorzugsweise ein Spannelement 18 vorgesehen. Das Spannelement 18 stellt die für die Dichtung und sichere Positionierung der Prozessmodule 38, 40, 42, 44 notwendige Klemmkraft auf mechanischem, hydraulischem, pneumatischem und/oder elektrischem Wege zur Verfügung.
An den Halteplatten 14, 16 sind Anschlussstellen 22 für die fluidische Anbindung der Prozesseinheit 10 an die Peripherie vorgesehen. So sind im vorliegenden Beispiel zwei Fördereinheiten für die Zufuhr eines ersten beziehungsweise zweiten Reaktanten vorgesehen (Reaktantenzufuhr 24, 26). Zwei Thermostate 28, 30 erlauben die gezielte Temperierung der Prozessmodule 38, 40, 42, 44, indem ein geeignetes Wärmeaustausch- medium zu- beziehungsweise abgeführt wird. Eine weitere Anschlussstelle 22 dient dem Anschluss einer Fördereinheit, die die Einbringung eines zusätzlichen Mediums zur Nachbearbeitung des Reaktionsgemisches ermöglicht (Zusatzmediumzufuhr 32) . Ferner ist eine Entnahmevorrichtung 34 im Bereich der Halteplatte 16 schematisch angedeutet, die der Produktentnahme beziehungsweise der Entnahme des bei der Nachbearbeitung benötigten zusätzlichen Mediums dient.
Die einzelnen Prozessmodule 38, 40, 42, 44 bestehen üblicherweise aus Metall (insbesondere Edelstahl) , Glas, Keramik, Halbleitermaterialien (insbesondere auf der Basis von Silizium) oder Kunststoffen. Die Auswahl der Werkstoffe richtet sich nach dem vorgese- henen Verwendungszweck. Eine innere Oberfläche der Prozessmodule 38, 40, 42, 44 ist mikromechanisch in bekannter Weise strukturiert worden, wie dies beispielsweise in der EP 1 123 734 A2 beschrieben ist. Es ist wenigstens ein durch das System hindurch füh- render Kanal enthalten, der mit einem Einlass und Auslass der Prozessmodule 38, 40, 42, 44 verbunden ist (Anschlussöffnungen 54). Ein Zusammenwirken der einzelnen Reaktionsräume bildet das Volumen, in dem
die gewünschte Synthese stattfinden soll. Neben den das Reaktionsmedium führenden Kanälen sind weitere Strukturen vorgesehen, die beispielsweise das von den Thermostaten 28, 30 zugeführte Wärmeaustauschmedium in die unmittelbare Nähe des Reaktionsmediums führen. Aufgrund der sehr geringen Wanddicken, die zwischen den Kanälen für das Wärmeaustauschmedium und das Reaktionsmedium realisiert werden können, ist eine sehr präzise Einstellung der thermischen Reaktionsbedin- gungen möglich. Auch für das Wärmeaustauschmedium müssen entsprechende Anschlussöffnungen 54 in das Prozessmodul 38, 40, 42, 44 eingebracht werden.
Die hier exemplarisch dargestellte Prozesseinheit 10 beinhaltet insgesamt vier Prozessmodule 38, 40, 42, 44. Zunächst werden die beiden Reaktanten über die Fördereinheiten 24, 26 in ein erstes Prozessmodul 38 gefördert, in der die beiden Reaktanten miteinander vermischt und mittels des Thermostaten 28 in ther- misch kontrollierter Weise miteinander zur Reaktion gebracht werden. (Zur Ausgestaltung des Prozessmoduls 38 wird beispielsweise auf die EP 1 123 734 A2 verwiesen) . Über das im Weiteren noch näher erläuterte Verbindungssystem gelangt das Reaktionsmedium in ein zweites Prozessmodul 40 sowie ein drittes Prozessmodul 42, die im Wesentlichen dazu dienen, dem Reaktionsmedium eine bestimmte Verweilzeit und damit Reaktionszeit bereitzustellen. Diese Reaktionszeit ist durch die Anzahl eingesetzter Prozessmodule zur Bereitstellung von Reaktionszeit variierbar. Auch das zweite und das dritte Prozessmodul 40 und 42 kann - diesmal über den Thermostaten 30 - temperiert werden. In einem sich anschließenden vierten Prozessmo-
dul 44 erfolgt ein Nachbearbeitungsschritt, bei dem ein durch die Fördereinheit 32 bereitgestelltes Zusatzmedium dem Reaktionsmedium beigemischt werden kann. Beispielsweise ist hierbei das Abfangen von reaktiven Zwischenstufen durch Reaktionsabbruch ( "Quenchen" ) durch Zugabe von H20 zu nennen. Es sind auch andere Nachbearbeitungsschritte wie die kontinuierliche Durchmischung eines zweiphasigen Reaktionsmediums, Extraktion von Nebenprodukten, Filtra- tion, Phasentrennung, Trocknung, Kristallisation, Rektifikation, Destillation oder Adsorption möglich. Die einzelnen Behandlungsschritte können je nach Bedarf beliebig kombiniert werden und sind so ausgelegt, dass sie kontinuierlich durchführbar sind. Das Reaktionsmedium wird schließlich über die Vorrichtung 34 aus der Prozesseinheit entnommen.
Eine thermische Kontrolle der Reaktionsbedingungen, unter denen die kontinuierliche Synthese stattfinden soll, ist selbstverständlich nicht nur - wie in dem dargestellten Falle - auf den Bereich der Prozessmodule 38, 40, 42, 44 beschränkt, sondern kann auch im Bereich der Reaktantenzufuhr 24, 26, der Zusatzmediumzufuhr 32 und der Entnahmevorrichtungen 32, 34 für das Produkt und das Zusatzmedium mittels geeigneter Thermostate erreicht werden.
Das Mikroreaktorsystem 11 umfasst eine in die Haltevorrichtung 12 integrierte und/oder als eigenstän- dige, auswechselbare Funktionseinheit des Systems realisierte Sensorik 62. So ist hier exemplarisch ein Abstandssensor 46 eingezeichnet, der den Abstand zwischen den Halteplatten 14 und 16 erfasst und damit
einen indirekten Messwert für die Identifikation und die Anzahl der Prozessmodule liefert. Zur Überwachung der Spannkraft ist ein Kraftsensor in die Haltevorrichtung 12 integriert. Weitere Sensoren 48 sind den einzelnen Prozessmodulen 38, 40, 42, 44 zugeordnet. Sie erlauben beispielsweise die Erfassung von Messwerten, wie Temperatur, Druck, Strömung, Strahlung, Konzentration und der Viskosität des Mediums. Derartige Sensoren 48 sind bekannt und werden daher an dieser Stelle nicht näher erläutert. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle lediglich, dass die Sensoren 48 völlig eigenständige und auswechselbare Funktionseinheiten darstellen, die je nach Erfordernis den einzelnen Prozessmodulen 38, 40, 42, 44 zu- geordnet werden können.
Das Verbindungssystem, das die Zufuhr und die Entnahme der einzelnen Medien in die Prozessmodule 38, 40, 42, 44 ermöglicht, basiert auf konusförmigen Ver- bindungselementen 50. Die Geometrie der Verbindungselemente 50 unterstützt beim Zusammensetzen der Prozesseinheit 10 die exakte Positionierung der einzelnen Prozessmodule 38, 40, 42, 44 und führt bei der durch die Haltevorrichtung 12 aufgebrachten Klemm- kraft zur Selbstdichtung des Verbindungssystems aufgrund von Kraftschluss.
Zur näheren Erläuterung des Verbindungssystems zeigt die Figur 2 eine schematische Schnittansicht durch eine Prozesseinheit 10 mit nur zwei Prozessmodulen 38, 40 für die Reaktion und zum Verweilen des Reaktionsmediums. Im Bereich der Halteplatten 14, 16 dient als Verbindungselement 50 ein in die Halte-
platten 14, 16 integriertes Verbindungsrohr, das in Richtung der Prozessmodule 38, 40 konisch zuläuft. Die Prozessmodule 38, 40 weisen an ihren Ober- und Unterseiten die erforderlichen Anschlussoffnungen 54 auf. Zwischen den Prozessmodulen 38, 40 ist ein doppelseitig, konusförmig auslaufendes Verbindungsrohr als Verbindungselement 50 angeordnet, über das das fluide Reaktionsmedium ein- beziehungsweise austreten kann .
Wesentliche Anforderungen an ein solches Verbindungssystem sind deren Dichtigkeit und Flexibilität. Die Verbindungselemente 50 sollten zur Vermeidung/Verringerung von Unverträglichkeiten aus den gleichen Mate- rialien wie die Prozessmodule 38, 40 bestehen. Es soll insbesondere auf die beim Stand der Technik häufig verwendeten polymeren Dichtungsmaterialien, die bei Verwendung aggressiver Reaktionsmedien korrodieren können, verzichtet werden. Vielmehr soll durch eine möglichst hohe, durch die Haltevorrichtung 12 aufgebrachte Klemmkraft eine zuverlässige Dichtung der Anschlussstellen 22 ermöglicht werden. Infrage kommen dabei Metalle, insbesondere Edelstahl, oder auch Glas, Keramik oder Kunststoffe. Auch der Einsatz von Halbleitermaterialien auf Basis von Silizium ist möglich. Bei sehr harten Materialien ist eine zur Dichtung erforderliche elastische oder plastische Verformung der Verbindungselemente 50 erst bei sehr hohem Kraftaufwand möglich. In diesem Fall hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die Verbindungselemente 50 mit einem weicheren Material, bevorzugt einem Metall, zu beschichten.
Durch die gestapelte Anordnung der Prozessmodule müssen die Verbindungselemente 50 lediglich sehr geringe Distanzen überbrücken. Dadurch werden nicht temperierbare Übergangsstellen, in denen es leicht zu Kristallisationen und/oder Zersetzung von thermolabi- len Substanzen kommen kann, sehr kurz gehalten. Zudem werden Totvolumina, die das Verweilzeitverhalten negativ beeinflussen, extrem klein gehalten.
Eine plattenförmige Positioniervorrichtung 58, die das Verbindungselement 50 hält, erleichtert die relative Ausrichtung der Prozessmodule 38, 40 und den Ein- und Ausbau derselben. Dazu weist die Positioniereinrichtung 58 entsprechende Aussparungen auf, in die die Verbindungselemente 50 eingesetzt werden können. Die Positioniervorrichtungen 58 sind entweder aus demselben Material, wie die Prozessmodule 38, 40 geformt oder haben vorzugsweise plastisch verformbare oder elastische Eigenschaften.
Werden zwischen den Prozessmodulen keine Verbindungselemente 50 eingesetzt, kann die Vorrichtung 58 selber auch als Dichtung zwischen zwei Prozessmodulen dienen. Hierbei wird dann die Fluidverbindung zwi- sehen benachbarten Prozessmodulen über Öffnungen in der Vorrichtung 58 hergestellt. Gegebenenfalls dienen gleich die an sich vorgesehenen Aussparungen zur Aufnahme der Verbindungselemente 50 als Fluidverbindung. Für den Fall, dass nur ein sehr geringes Totvolumen tolerierbar ist, müssen die Öffnungen möglichst klein gehalten werden.
Soll keine fluide Verbindung zwischen den Prozessmodulen aufgebaut werden, wird anstelle der Verbindungselemente 50 ein Dichtelement 60 zwischen den beiden Anschlussöffnungen 54 eingesetzt. So werden in Figur 1 die Wärmeaustauschmedien der Thermostate 28, 30 zwischen den Prozessmodulen 38, 40 durch ein solches Dichtelement 60 voneinander getrennt. Das Dichtelement 60 dient gleichzeitig als Stützelement, um die durch die Haltevorrichtung 12 aufgebrachte Klemm- kraft möglichst gleichmäßig auf die einzelnen Prozessmodule 38, 40, 42, 44 zu übertragen.
Die Verwendung konusförmiger Verbindungselemente 50 hat den Vorteil, dass sie auf Anschlussöffnungen 54 mit variierenden Öffnungsquerschnitten passen (Figur 3) . Fertigungsbedingte Abweichungen der einzelnen Öffnungsquerschnitte können damit toleriert werden.
Die Figur 4 zeigt eine Prinzipdarstellung eines Mik- roreaktorsystems 11, das zur Durchführung einer einstufigen Synthese unter kontinuierlichen Bedingungen Einsatz finden kann. Die Prozesseinheit 10 umfasst insgesamt drei Prozessmodule 38, 40, 44 - das erste Modul 38 zum Mischen und Reagieren, das zweite Modul 40 zum Verweilen und das dritte Modul 44 zur Nachbehandlung. Anschließend wird das Produkt über die Entnahmevorrichtung 34 in einem geeigneten Vorratsbehälter aufgefangen. Die fluide Verbindung innerhalb der Prozesseinheit 10 ist durch das vorab beschrie- bene Verbindungssystem mit den konusförmigen Verbindungselementen 50 gegeben und durch den gepunkteten Pfeil angedeutet.
Eine Sensorik 62 ermöglicht die Erfassung von Betriebsparametern, wie der Temperatur, den Druck, der Konzentration der Reaktanten, den Stromungsverhalt- nissen oder der Viskosität des Reaktionsmediums. Das Mikroreaktorsystem beinhaltet ebenfalls eine Aktorik 64, die es mit Hilfe ausgewählter Stellglieder erlaubt, physikalische Zustande des Reaktionsmediums (Temperatur, Druck, Strömungsgeschwindigkeit, Konzentration, Phasenzustand, etc.) zu verandern. Der gesamte Syntheseablauf ist damit regel- oder steuerbar und einer Automatisierung zuganglich. Eine Bedieneinheit 66 mit einer leicht verstandlichen Benutzer- und Bedienungsoberflache dient der weiteren Vereinfachung der Arbeiten. Über die Bedieneinheit 66 können alle relevanten Prozessparameter kontrolliert und gegebenenfalls neu eingestellt werden. Das Informationsnetzwerk, das Sensorik 62, Aktorik 64 und die Bedieneinheit 66 verbindet, ist durch die Pfeile angedeutet. Im Zuge einer Automatisierung kann bei- spielsweise über einen Abstandssensor 46 (wie bei der Prozesseinheit 10 gemäß Figur 1) Anzahl und Typ der verwendeten Prozessmodule 38, 40, 44 bestimmt werden und daraus das gesamte interne Reaktions- und Verweilvolumen der Prozesseinheit 10 ermittelt werden. Eine gewünschte Verweilzeit kann dann durch automatische Anpassung der Stromungsgeschwindigkeit sichergestellt werden. Teil der Automatisierung kann auch die Durchführung von Spulzyklen zur Reinigung der Prozesseinheit 10 sein. Sowohl die einzelnen Prozess- module 38, 40, 44 der Prozesseinheit 10 als auch die Entnahmevorrichtung 34 sowie die Reaktantenzufuhren 24, 26 lassen sich mit geeigneten Thermostaten indi-
viduell temperieren. Der temperierbare Bereich 68 ist durch die gepunktete Umrandung angedeutet.
Sollen zwei- oder mehrstufige Synthesen durchgeführt werden, so können mehrere Mikroreaktorsysteme 11 seriell hintereinander geschaltet und mit einer Bedieneinheit 66 verbunden werden. Die Figur 5 zeigt ein solches Mikroreaktorsystem für eine zweistufige Synthese. Eine erste Prozesseinheit 70 liefert dabei ein Zwischenprodukt, das über eine geeignete Vorrichtung 72 mit einem weiteren Reaktanten in eine zweite Prozesseinheit 74 eingespeist wird. Nach der Umsetzung des Zwischenproduktes mit dem weiteren Reaktanten und Nachbearbeitung des Reaktionsmediums kann das gewünschte Endprodukt mittels der Entnahmevorrichtung 34 aufgefangen werden. Die einzelnen Prozesseinheiten 70, 74 derartiger Mikroreaktorsysteme lassen sich individuell, hier exemplarisch mit Prozessmodulen 38, 40, (42 in Stufe 1), 44, ausrüsten und sind mit einer eigenständigen Sensorik 62 und Aktorik 64 versehen. Die Gesamtreaktionskette kann zentral von der Bedienungseinheit 66 überwacht, gesteuert und bedient werden.
Bezugszeichenliste
10 Prozesseinheit
11 Mikroreaktorsystem 12 Haltevorrichtung
14,16 Halteplatten
18 Spannelement
22 Anschlussstellen
24,26 Reaktantenzufuhr 28,30 Thermostate
32 Zusatzmediumzufuhr
34 Entnahmevorrichtung für das Produkt
38 Prozessmodul für die Reaktion
40 erstes Prozessmodul zur Bereitstellung von Verweil-/Reaktionszeit
42 zweites Prozessmodul zur Bereitstellung von Verweil-/Reaktionszeit
44 Prozessmodul zum Nachbehandeln
46 Abstandssensor 48 weitere Sensoren
50 Verbindungselemente
54 Anschlussöffnungen
58 Positioniervorrichtung
60 Dichtelement 62 Sensorik
64 Aktorik
66 Bedieneinheit
68 temperierbarer Bereich
70 erste Prozesseinheit 72 Vorrichtung zur temperierbaren Fluidleitung zwischen der Entnahmevorrichtung einer ersten und einer zweiten Reaktionsstufe
74 zweite Prozesseinheit