Verfahren zur Aufreinigung von Nukleinsäuren
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Aufreinigung von Nukleinsäuren aus nukleinsäurehaltigem Ausgangsmaterial unter Verwendung einer porösen Membran.
Es existieren bereits eine ganze Reihe von Verfahren, bei denen nukleinsäurehal- tiges Ausgangsmaterial ggf. nach Vorreinigung durch eine poröse Membran gesaugt oder gedrückt wird, wobei die Bedingungen so gewählt sind, daß die enthaltenen Nukleinsäuren während des Passierens der Membran selektiv an der Membranoberfläche binden.
Die Affinität von Nukleinsäuren zu den eingesetzten Membranen wird in der Regel über eine spezielle Ausgestaltung der Membranoberfläche in Verbindung mit
bestimmten Bedingungen in dem Puffersystem, in dem das Ausgangsmaterial die Membran passiert, erreicht.
So ist z.B. aus dem US-Patent 5,438,128 ein Verfahren bekannt geworden, bei dem zur Aufreinigung von Nukleinsäuren spezielle Polymermembranen zum Einsatz kommen, die mit Ionenaustauschergruppen funktionalisiert sind. Zur selektiven Bindung wird das die Nukleinsäuren enthaltene Ausgangsmaterial in einem Puffer mit geringer Ionenkonzentratioin aufgenommen und in diesem Puffer durch die Membran hindurchgesaugt bzw. gedrückt, wobei die selektive Bindung erfolgt.
Ein weiteres bekanntes Verfahren beschreibt die EP 0512767. Bei diesem bekannten Verfahren erfolgt die Bindung von Nukleinsäuren an hydrophilen Membranen, wobei dem Bindungspuffersystem ein organisches Lösungsmittel, z.B. Isopropanol, in hoher Konzentration zugesetzt ist.
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Aufreinigung von Nukleinsäuren zu schaffen, die gegenüber dem bekannten Verfahren in einfacherer Weise durchzuführen ist.
Gelöst wird diese Aufgabe mit Verfahren, das die Merkmale des Anspruchs 1 und des Anspruchs 5 aufweisen.
Die Erfindung soll zwei Varianten abdecken. Bei der ersten Variante können beliebige Membranen zum Einsatz kommen. Bei der zweiten Variante kommen spezielle Membranen zum Einsatz.
Erfindungsgemäß ist bei der ersten Variante vorgesehen, daß man das gegebenenfalls vorgereinigte Ausgangsmaterial mit einem Bindungspuffer versetzt, der Po-
lyethylenglykol (PEG) und/oder mindestens ein Salz in einer Konzentration enthält, daß die sich einstellende Endkonzentration in dem Gemisch aus Ausgangsmaterial und Bindungspuffer oberhalb des zur Fällung von Nukleinsäuren erforderlichen Werts liegt, dann das Gemisch aus Ausgangsmaterial und Bindungspuffer z.B. unter Vakuum oder mittels Zentrifugation durch die Membran permeieren lässt, wobei die Nukleinsäuren selektiv an der Oberfläche oder in den Poren (Tiefenfilterwirkung) der Membran zurückgehalten werden.
In einem weiteren Schritt kann die Membran dann gewaschen werden, um gegebenenfalls unspezifisch gebundene Verunreinigungen zu entfernen. Falls gewünscht, kann sich an den Waschschritt dann ein Elutionsschritt anschließen, bei dem die gebundenen Nukleinsäuren wieder von der Membran abgelöst werden.
Besonders bevorzugt wird als Fällungsmittel PEG in einer Endkonzentration von mehr als 6 % bezogen auf das Gemisch aus Bindungspuffer und Ausgangsmaterial eingesetzt.
Die Aufreinigung von Nukleinsäuren in Gegenwart PEG 8000 an Silika-Beads wird von Engelstein et al. in Microbial & Comparative Genomics, Vol. 3, No. 4, 1998 beschrieben. Der in dieser Veröffentlichung verwendete Bindungspuffer enthält 20 % PEG 8000. Das PEG 8000 soll bei dieser bekannten Methode die bislang in Verbindung mit Aufreinigungen von Nukleinsäuren an Silkaträgern erforderlichen chaotropen Reagenzien ersetzen. Daß der hier beschriebene Mechanismus in Verbindung mit anderen Trägermaterialien als Silika und auch anders konfektionierten Trägern als Beads möglich wäre, ist an keiner Stelle angedeutet bzw. beschrieben.
Es kommt hinzu, daß die eingangs erwähnte EP 0512767 in der auf Seite 7 gezeigten Tabelle feststellt, daß in Gegenwart von PEG (10 % oder 20 %) keine
Bindung von DNA an Membranen erfolgte, was gegen die Ergebnisse der Anmelderin spricht.
Üblicherweise werden Kunststoffmembranen aus z.B. Polypropylen. Polyamid, Polyester, Polysulfon oder PVDF eingesetzt.
Die Membranen können bevorzugt Poren mit einem Durchmesser von 0,2-10 μm aufweisen, wobei die Ausbeute über die Wahl des Porendurchmessers optimierbar ist. Bei Abnahme des Porendurchmessers steigt die Rückhalterate der Membran. Allerdings verstopfen kleinere Poren auch schneller, so daß der Porendurchmesser nicht zu klein gewählt werden sollte.
Die Membranen werden bevorzugt so ausgelegt, daß sowohl Oberflächenfilter- wirkung als auch Tiefenfilterwirkung auftritt.
Die gewählten Bindungsbedingungen sollten weiterhin grundsätzlich sicherstellen, daß das Nukleinsäuremolekül in gestauchter Form vorliegt, da so eine optimierte Rückhaltung an und in der Membran möglich ist.
Gemäß der zweiten Variante der Erfindung ist vorgesehen, daß die in den Aufreinigungsverfahren eingesetzten Membranen mit deprotonierbaren Gruppen, insbesondere mit Sulfonsäure-, Carbonsäure oder Phosphorsäure-Gruppen funktionali- siert sind.
Auch bei dieser Variante läßt man das nukleinsäurehaltige Ausgangsmaterial in einem Bindungspuffer durch die in diesem Fall funktionalisierte Membran passieren, wobei der Bindungspuffer ein Fällungsmittel für Nukleinsäuren enthält. Anschließend kann die Membran ggf. gewaschen werden und die Nukleinsäuren können dann von der Membran eluiert werden.
Es ist vorgesehen, daß das Fällungsmittel in dem Gemisch aus Bindungspuffer und Ausgangsmaterial in einer Konzentration vorliegt, die oberhalb des zur Fällung von Nukleinsäuren erforderlichen Wertes liegt. Bei dieser erfindungsgemäß bevorzugten Ausgestaltung fallen die Nukleinsäuren in Gegenwart des Bindungspuffers aus. Wird das Bindungspuffer-Ausgangsmaterialgemisch dann durch die Membran gesogen, so bleiben die Nukleinsäuren an der Membran haften.
Als Fällungsmittel können z.B. Salz, PEG oder auch Isopropanol zur Anwendung kommen, um nur eine wenige besonders geeignete, die Erfindung nicht einschränkende Beispiele zu nennen.
Bei einem weiteren bekannten Verfahren gemäß dem US-Patent 5705628 erfolgt die Bindung von Nukleinsäuren in Gegenwart von PEG an magnetischen Mikro- partikeln, deren Oberfläche funktionalisiert ist. Das hier beschriebene Verfahren ist speziell auf magnetische Beads abgestimmt, die im Vergleich zu den erfin- dugsgemäß eingesetzten Membranen ein umständlicheres Handling erfordern. Ein weiterer Nachteil ist, daß Beads höhere Elutionsvolumina als Membranen benötigen.
Es hat sich herausgestellt, daß Verfahren mit erfindungsgemäß funktionalisierten Membranen sehr gute Nukleinsäureausbeuten ermöglichen, insbesondere, wenn, wie in einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung vorgesehen, die funktionalisierten Gruppen an Polymerketten gebunden sind, deren eines Ende an der Oberfläche der Membran fixiert ist und deren anderes Ende frei beweglich ist. Diese Polymerketten erhöhen die Rückhalteeigenschaften von Membranen für Nukleinsäuren erheblich.
Die Polymerketten richten sich in Abhängigkeit von den äußeren Umgebungen unterschiedlich zu der Membran aus. Bei eher alkalischem bzw. neutralem pH- Wert und/oder niedriger lonenkonzentration stehen die Polymerketten mehr oder weniger gestreckt von der Membran ab. Erniedrigt man den pH- Wert und/oder erhöht man die lonenkonzentration, so legen sich die Polymerketten an die Membran an.
Im vorliegenden Fall hat sich gezeigt, daß die höchste Rückhalterate der Membran für Nukleinsäuren dann vorliegt, wenn die Polymerketten zwar von der Membran abstehen, aber nicht vollständig gestreckt sind (Tentakelstruktur). Unter diesen Bedingungen, die sich einstellen, wenn z.B. höhere lonenkonzentratio- nen oder höhere PEG-Konzentrationen vorliegen, liegt auch das Nukleinsäure- molekül in gestauchter Form vor, in der es besonders effektiv in der Tentakelstruktur zurückgehalten wird.
Als Polymerketten können z.B. Polyacrylsäure oder dergl. eingesetzt werden.
Auch bei dieser Variante weisen die Membranen bevorzugt Poren mit einem Durchmesser von 0,2-10 μm auf, wobei die Ausbeute über die Wahl des Porendurchmessers optimierbar ist.
In beiden Fällen kann die Elution der an der Membran haftenden Nukleinsäuren mit Puffern niedriger lonenkonzentration bzw. mit Wasser bei Raumtemperatur erfolgen. Zur Elution wird der eingesetzte Puffer durch die Membran gesaugt oder gedrückt. Ein eventueller zwischen Bindung und Elution vorgesehener Waschschritt kann auf gleiche Weise mit z.B. Ethanol oder dergleichen erfolgen.
Zur Elution werden bevorzugt Bedingungen eingestellt, bei denen die Polymerketten möglichst vollständig gestreckt von der Membran abstehen und das Nu-
kleinsäuremolekül ebenfalls in gestreckter Form vorliegt. Unter diesen Bedingungen, die sich z.B. bei Verwendung der oben angegebenen Elutionspuffer einstellen, ist eine besonders gute Ablösung des Nukleinsäuremoleküls von der Membran möglich.
Grundsätzlich kann man alle eingesetzten Puffer oder Gemische unter Vakuum durch die Membran saugen oder z.B. mittels Zentrifugation hindurchdrücken.
Bevorzugt wird das Verfahren mit Membranen durchgeführt, die in Mikrotiter- filterplatten, Spin-Säulen oder Reaktionsgefäßen angeordnet sind.
Im folgenden soll die Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert werden.
A: Herstellung funktionalisierter Membranen
Beispiel 1: a) Modifizierung von Polypropylenmembranen
Eine Polypropylen-Mikrofiltrationsmembran (Accurel 2E HF, nominale Porengröße 0.2 μm, Membrandicke 150 μm; Membrana GmbH, Wuppertal oder Versuchsmuster #1333-12A, nominale Porengröße 0.45 μm, Membrandicke 110 μm, 3M, St. Paul, USA) mit einem Durchmesser von d = 80 mm wird unter Schütteln für 2 h mit einer 100 mM Lösung von Benzophenon in Aceton equilibriert. Nachfolgend wird die Membran mit einer 10 igen wässrigen Acrylsäurelösung überschichtet. Anschließend wird für 15 min mit UV-Strahlung (UVA-Spot 2000; Dr. Hönle GmbH, Planegg) belichtet. Abschließend wird die modifizierte Membran für 24 h bei 60°C mit Wasser extrahiert und getrocknet.
b) Modifizierung von Nylonmembranen
Eine Nylon-Mikrofiltrationsmembran (Schleicher&Schüll, nominale Porengröße 0,45 μm, Membrandicke 127 μm) wird unter den gleichen Bedingungen wie bei a) modifiziert.
B: Aufreinigung von Nukleinsäuren
Für die nachfolgenden Aufreinigungen wurden die gemäß Beispiel 1 a und b hergestellten oberflächenmodifizierten Membranen in eine 96er Mikrofiltrations- platte eingespannt.
Beispiel 2:
Zur Bestimmung des Rückhaltevermögens der modifizierten Membranen für pDNA wird 1 μg pDNA mit jeweils 200μl Bindungspuffer (BP) versetzt (BPl: 5mM Tris, pH=7,5; BP2: 4M NaCl, 10% PEG 8000, pH=4,6). Die Aufreinigung erfolgt mittels Zentrifugationsschritte (3000 rpm) nach dem Prinzip: Bind-Wash- Elute. Als Basismaterial für diesen Versuch wird oberflächenmodifiziertes PP mit einer nominalen Porenweite von 0,45 μm eingesetzt. Nach der Inkubation wird 2x mit je 200μl 70% EtOH gewaschen. Die Elution erfolgt mit 30μl Tris-HCl (5 mM, pH=7,5). Abschließend wird ein zweites Mal mit lOOμl eluiert. Die halbquantitative Auswertung von 4μl Eluat erfolgt mittels Ethidiumbromid- Gelelektrophorese (nicht dargestellt).
Während bei Einsatz des Bindungspuffers BPl keine Bindung an der Membran erfolgte, ließ sich die pDNA bei Verwendung von BP2 nahezu quantitativ an die Membran binden und im ersten Elutionsschritt wieder eluieren.
Beispiel 3:
Es wnd eine pDNA-Aufremigung nach dem Prinzip dei alkalischen Lyse duich- gefuhrt Hieizu weiden Bakterien aus 1,5ml Bakteπenkultur abzentπfugiert und mit den Puffern P1-P3 (P I lOOμl, P2 SOOμl, P3 SOOμl) aus dem Kit „Perfect Prep Plasmid Midi,, der Fa Eppendorf versetzt Nach Zentiifugation wird das klare Lysat mit jeweils 700μl Bindungspuffer (s Tabelle 1) versetzt Die Aufarbeitung dei Probe erfolgt untei den im Beispiel 1 aufgeführten Bedingungen Zui Kontrolle wnd eine Plasmidpiapaiation unter Durchfuhrung der kompletten Auf- leinigungspiozedm mit dem Kit „Perfect Prep Plasmid Mini,, der Fa Eppendorf, aus der identischen l,5mL Baktenenkultui dmchgefuhrt (Daten nicht daigestellt) Als weiteie Kontrolle wird das Gemisch aus geklärtem Lysat und jeweiligem Bindungspuffer (s Tabelle 1 ) fui 30 Minuten bei 12000g. Raumtemperatui zen- tπfugiert und der Ubei stand entfernt Danach erfolgt zweimaliges Waschen mit 200 μl 70 % Ethanol, Trocknung untei Vacuum, sowie die Zugabe von 30 μl Tns-HCl, pH 7,5 (Daten nicht dargestellt)
Ausbeute und Reinheit wurden mittels Photometπe und Analyse durch Ethidi- umbiomid-Gelelektrophorese bestimmt (Tabelle 1, Fig 1) Die Tabelle gibt die mittels Photometei ("BioPhotometei" der Fa Eppendorf) bestimmte Konzentration dei eluierten pDNA in ng/μl an
Tabelle 1 :
Die Spuren des in Fig.l gezeigten Gels waren wie folgt belegt:
1.) Bindungspuffer, pH 7,4, modifizierte Membran 2.) Bindungspuffer, pH 4,6 modifizierte Membran 3.) Bindungspuffer, pH 3,5 modifizierte Membran 4.) Bindungspuffer, pH 7,4 unmodifizierte Membran 5.) Bindungspuffer, pH 4,6 unmodifizierte Membran 6.) Bindungspuffer, pH 3,5 unmodifizierte Membran
Das Gel und auch die photometrische Auswertung zeigten übereinstimmend, daß sich bei den modifizierten Membranen pDNA sowohl bei pH 4,6 als pH 7,4 in hoher Konzentration aufreinigen läßt, während bei der unmodifizierten Membran lediglich bei pH 7,4 eine schwache Ausbeute an aufgereinigter pDNA zu verzeichnen ist.
Gelelektrophoretische Auftrennung des GFP-Nl Plasmides in einem 0,8% Ethi- diumbromid-Agarosegel.
Spuren: 2 3 4 5 6
Fig. 1: Gelelektrophoretische Auswertung der pDNA- Aufreinigung aus Beisp. 3.