AIRBAGSYSTEM FÜR EIN KRAFTFAHRZEUG
Die Erfindung betrifft ein Airbagsystem für ein Kraftfahrzeug mit einem Gassack, der nach Sensorauslösung durch eine Fülleinrichtung mit Gas aufgeblasen wird und sich hierbei in den Fahrgastraum des Kraftfahrzeugs vorschiebt.
Beim Befüllen des Gassackes treten hohe Reaktionskräfte auf, die insbesondere beim Auftreffen des Kopfes des Fahrzeuginsassen auf das Gaskissen zu Verletzungen führen können. Diese Gefährdung ist insbesondere auf der Beifahrerseite gegeben, wenn sich der Fahrzeuginsasse in einer "Out-Of-Position"-Lage befindet. In einer Reihe von Offenlegungsschriften, wie DE 40 23 109 AI , DE 43 41 500 AI oder WO 96/38323 AI, werden Sensorsysteme und ihre Anordnung im Fahrgastraum beschrieben, welche die Position der Insassen erfassen und im Falle einer Kollision in Abhängigkeit von der Position der Insassen Rückhaltesysteme auslösen bzw. diese steuern. Eine aufwendige Ausstattung des Fahrzeugs mit diversen Sensoren und den dazugehörigen Auswerteeinheiten, bestehend aus elektronischen Schaltungen und Software, ist hierfür erforderlich.
Eine andere Lösung wird in der EP 0 599 377 AI beschrieben. Im Gassack befinden sich Ventile, die über Bänder mit der Stirnfläche des Luftkissens verbunden sind. Bei Auftreffen des Kopfes des Fahrzeuginsassen auf den Gassack wird in Abhängigkeit vom Entfaltungszustand des Gassackes bzw. von der Auftreffstelle auf dem Gassack über die Bänder ein Teil der Ventile betätigt, die den Gasstrom ableiten und dadurch die Schlagwirkung des sich entfaltenden Luftkissens mindern. Als nachteilig bei diesem System erscheint es, daß die entsprechenden Steuerungsmechanismen zur Abfederung der Reaktionskräfte des Gassackes erst nach Aufschlagen des Kopfes eingeleitet werden, und darüber hinaus das mechanische Steuerungssystem verhältnismäßig verzögert zu wirken beginnt, wodurch dessen Effektivität eingeschränkt wird. Weiters kann es im Zuge des Auffüllens und Entfaltens des Gassackes zu einer Beschädigung der Bänder und schließlich zu einem Ausfall des mechanischen Systems kommen.
In der DE 196 11 384 A I wird ein Verfahren beschrieben, bei dem das Auftreffen des Kopfes auf den Gassack dadurch detektiert wird, daß die Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Gassackes ermittelt wird. Als Meßmedium dient ein Band, das mit der Stirnfläche des Gassackes verbunden ist. Über Codierungen am Band, die induktiv
oder optisch abgetastet werden, kann die Vorschublänge des Gassackes in den Fahrgastraum erfaßt und bei gleichzeitiger Zeitmessung die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Luftkissens ermittelt werden. Die Befüllung des Gassackes wird über die Ausbreitungsgeschwindigkeit bzw. über die Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit ge- steuert. Trifft beispielsweise der Kopf eines Fahrzeuginsassen auf den Gassack auf, so wird dies als eine Verringerung der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Sackes registriert und in der Folge die Zuschaltung von Gasgeneratoren in diesem Bereich begrenzt. Auch dieses mechanische Meßsystem reagiert erst nach dem Aufprall des Kopfes auf den Gassack, wodurch wiederum Verzögerungen in der Reaktionszeit ge- geben sind. Als störanfällig ist bei diesem System die Wegmessung über das Band anzusehen. Die Ausfallursachen reichen von Bandriß bis zur Verschmutzung der Codiermarken auf dem Band.
Ziel der Erfindung ist es, ein Airbagsystem zu schaffen, mit dem eine Risikoverminde- rung für den Fahrzeuginsassen oder ein sonstiges Objekt bei Annähern des sich entfaltenden Airbags erreicht werden kann.
Dies wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 erreicht. Der Vorteil der hier dargelegten Erfindung besteht darin, daß mit Entfalten des Gassackes die Abstandsmessung zwischen der dem Gassack am nächsten gelegenen Extremität des Fahrzeuginsassen, insbesondere dessen Kopf, oder eines Objektes und der Gassackstirnfläche eingeleitet wird und im Zuge des Vorschubs der Stirnfläche des Gassackes laufend der Abstand zwischen der relevanten Extremität und Gassackstirnfläche gemessen und gleichzeitig auch die Annäherungsgeschwindigkeit zwischen beiden Objekten ermittelt wird. Es kann bei Erreichen eines Minimalabstandes, also noch vor dem Aufprall der Extremität auf dem Gassack, die Befüllung des Sackes gesteuert werden, wobei die aktuelle Geschwindigkeit der Extremität als wichtige Zusatzinformation mitberücksichtigt werden kann. Darüber hinaus ist das System dahingehend redundant ausgeführt, daß beim Aufprall eines beliebigen Gegenstandes auf den sich entfaltenden Gassack ein Steuer- signal für die Befülleinrichtung zur Unterbrechung der Befüllung generiert wird.
Weitere Vorteile zu den Weiterbildungen gemäß den Ansprüchen 2 bis 9 sind der nachfolgenden Beschreibung des Ausführungsbeispiels zu entnehmen.
Im folgenden wird die Erfindung in einer bevorzugten Ausführung als Sicherheitseinrichtung für den Lenker eines Kraftfahrzeugs beschrieben.
Dabei zeigen:
Fig. 1 ein Ausführungsbeispiel des Airbagsystems im eingebauten Zustand;
Fig. 2 die Entfaltung des Gassackes in der Anfangsphase der Befüllung;
Fig. 3 den vollkommen entfalteten Gassack;
Fig. 4 einen Teil des Gassackes, in Seitenansicht geschnitten gemäß Pfeil IV in Fig. 3;
Fig. 5 eine Stirnfläche des Gassackes mit einer eingearbeiteten Elektrode in Seitenansicht geschnitten gemäß den Linien V-V in Fig. 3;
Fig. 6 eine Trennfläche des Gassackes mit einer eingearbeiteten Ringelektrode in Seitenansicht geschnitten gemäß den Linien VI-VI in Fig. 3;
Fig. 7 ein Blockschaltbild der Auswerteelektronik für den kapazitiven Näherungssensor und den Berührungssensor;
Fig. 8 eine Ausführungsvariante der Elektrode gemäß Fig. 5.
Einführend sei festgehalten, daß in den unterschiedlich beschriebenen Ausführungs- formen gleiche Teile mit gleichen Bezugszeichen bzw. gleichen Bauteilbezeichnungen versehen werden, wobei die in der gesamten Beschreibung enthaltenen Offenbarungen sinngemäß auf gleiche Teile mit gleichen Bezugszeichen bzw. gleichen Bauteilbezeichnungen übertragen werden können. Auch sind die in der Beschreibung gewählten Lageangaben, wie z.B. oben, unten, seitlich usw. auf die unmittelbar beschriebene sowie dargestellte Figur bezogen und sind bei einer Lageänderung sinngemäß auf die neue Lage zu übertragen. Weiters können auch Einzelmerkmale oder Merkmalskombinationen aus den gezeigten und beschriebenen unterschiedlichen Ausführungsbeispielen für sich eigenständige, erfinderische oder erfindungsgemäße Lösungen darstellen.
Das in Fig. 1 dargestellte Airbagsystem 1 besteht aus einem Gassack 2, der gefaltet in Ruhezustand gezeigt ist und der über ein Befüllungsrohr 3, an dem ein Ventil 4, insbesondere ein Gasventil, sitzt, an einem ein- oder mehrstufigen Gasgenerator 5 ange-
schlössen ist. Das Airbagsystem 1 kann, wie hier dargestellt, in der Lenkradnabe 6 oder auf der Beifahrerseite im Armaturenbrett vor dem Beifahrersitz untergebracht sein. Im gefalteten Zustand berühren einander eine in das Gassackgewebe eingearbeitete Elektrode 7 auf der Stirnfläche 8 des Gassackes 2 und eine ringförmige Elektrode 9, die sich auf einer Trennfläche 10 zwischen Vorkammer 11 und einer Kammer 12 (Fig. 2) befindet.
Nach Auslösen des Zündsatzes wird das vom Gasgenerator 5 gelieferte Füllgas über das Befüllungsrohr 3 in ein konisch ausgeführtes Faltenbalgrohr 13 des Gassackes 2 geleitet, wobei ein Gasstrom 14 auf die Stirnfläche 8 des Gassackes 2 auftrifft (Fig. 2). Der Gasstrom 14 bewirkt nun ein Entfalten des Gassackes 2 in folgender Weise: Die Stirnfläche 8 hebt durch das Anströmen mit Füllgas von der Trennfläche 10 ab, wodurch sich die Vorkammer 11 als Druckpolster ausbildet. Der Gasstrom 14 wird entlang der Stirnfläche 8 umgelenkt und strömt durch Öffnungen 15 der Trennfläche 10, wodurch sich die Kammer 12 aufbaut. Die Stirnfläche 8 des Gassackes 2 ist, wie in den Fig. 3 bis 6 gezeigt, über Spannbänder 16 mit der Trennfläche 10 verbunden. Während des nahezu geradlinigen Vorschubs des Gassackes 2 in einen Fahrgastraum 17 wird laufend die Position jedes sich dem Gassack 2 nähernden Körperteils des Fahrzeuginsassen ermittelt.
Dies geschieht vorzugsweise mit einem in Fig. 7 gezeigten kapazitiven Sensor 18. Dieser wird von der Elektrode 7, die an der Stirnfläche 8 des Gassackes 2 angeordnet ist und als Gegenelektrode 19 von jenem Körperteil des Fahrzeuginsassen (z.B. dessen Kopf), der sich im geringsten Abstand zum Gassack und auf Massepotential befindet, gebildet (Fig. 3 und Fig. 7)
Die Elektrode 7 kann entweder durch Einweben von elektrisch leitenden Fäden, wie z.B. metallisierten Fäden oder Kohlefasern, in das Gassackgewebe oder durch Aufbringen von elektrisch leitfähigem Lack auf das Gewebe in der in Fig. 5 dargestellten Form ausgeführt werden. Die Elektrode 7 ist über eine Leitung 20, z.B. eine elektrisch leitfähige Bahn oder Zuleitung, die in gleicher Weise wie die Elektrode 7 auf dem Gassackgewebe hergestellt wird, mit der als Prinzipschaltung in Fig. 7 ausgeführten Meßschaltung bzw. Auswerteelektronik 21 bzw. 30 verbunden. Die Elektrode 7 wird von einem Oszillator 22, beispielsweise mit einer Frequenz von 50 kHz, gespeist. Die Leitung 20 bildet gegenüber der Masse einen verteilten Ankoppelkondensator 23 mit einem Vorwiderstand 24. Die Extremität des Fahrzeuginsassen, die die Gegenelektrode 19 bildet, z.B. dessen Kopf, der sich im Kollisionsfall dem sich ausbreitenden
Gassackgewebe nähert, bildet mit der Elektrode 7 auf dem Gassack 2 einen Kondensator, dessen Kapazität CLuft sich durch das Aufeinanderzubewegen beider Objekte kontinuierlich erhöht. Der Ankoppelkondensator 23 und der Kondensator bilden einen kapazitiven Spannungsteiler.
Eine am Kondensator abfallende Spannung 26 ist ein Maß für den Abstand zwischen Kopf und Gassack 2, der an einem Ausgang 27 der Auswerteelektronik 21 anliegt. Die Änderung der Spannung 26, aufgenommen über ein Zeitintervall, liefert die momentane Annäherungsgeschwindigkeit zwischen Gegenelektrode 19 und Gassack 2. Sinkt die Spannung 26 auf einen Spannungswert UA0 ab, der einen bestimmten Abstand zwischen den beiden Objekten darstellt, so liefert ein einem Gleichrichter 25 nachgeschalteter Schwellwertschalter 28 über einen Ausgang 29 ein Signal, das bei Bedarf mit der zu diesem Zeitpunkt durch Abfragen der Spannung 26 in diskreten Zeitintervallen ermittelten Annäherungsgeschwindigkeit zur Steuerung der weiteren Befüllung des Gassackes 2 durch Schließen oder Sperren des Ventils 4, insbesondere Gasventil, genutzt werden kann.
Wenn während der Ausbreitungsphase des Gassackes 2 ein Hindernis, das mit dem kapazitiven Sensor 18, z.B. Näherungssensor, nicht erfaßt werden kann, beispiels- weise in Form eines Kindersitzes die Vorschubbewegung behindert, so berühren sich bei Aufeinandertreffen von Gassack 2 und Hindernis durch Deformation des Gassak- kes 2 die Elektroden 7 und 9, wodurch von der Auswerteelektronik 30 für den von den beiden Elektroden 7 und 9 und dem Druckpolster gebildeten Berührungssensor 31 ein Schaltsignal auf der in Fig. 7 gezeigten Leitung 20 ausgelöst wird. Die Elektrode 9 ist über eine Zuleitung 20' an einer Gleichspannungsquelle 32 angeschlossen. Durch das Berühren der beiden Elektroden 7 und 9 kommt es nach Aussieben des hochfrequenten Signalanteils in einem Tiefpaß 33 zu einem Stromfluß in einen Gleichspannungsverstärker 34, der den Schwellwertschalter 35 ansteuert, der wiederum ein Schaltsignal an den Ausgang 36 zum Sperren des Ventils 4 liefert. Es liegt somit ein redundantes Steuerungssystem für die Befüllung des Gassackes 2 vor.
Während der kapazitive Sensor 18 als Näherungssensor bereits vor dem Aufeinandertreffen der Gegenelektrode 19, z.B. des Kopfes des Fahrzeuginsassen, unter Berücksichtigung der Relativgeschwindigkeit des Kopfes entsprechende Steuerungsmaß- nahmen über die Auswerteelektronik 21 betreffend der weiteren Befüllung des Gassackes 2 einleiten kann, bilden die beiden Elektroden 7 und 9 einen Berührungssensor 31, der erst bei Auftreffen des Gassackes 2 auf ein Hindernis Steuerungsmaßnahmen
über die Auswerteelektronik 30 veranlaßt.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß erfindungsgemäß mit diesem Airbag- sy stem 1 durch die Ausstattung des Gassackes 2 mit dem Sensoren 18 und dem Berüh- rungssensor 31, die das Annähern von Körperteilen des Fahrzeuginsassen und das Auftreffen von beliebigen lebenden oder auch unbelebten Objekten auf dem Gassack 2 erfassen, sichergestellt ist, daß selbst bei Störung oder Ausfall eines der beiden Systeme das weitere Auffüllen des Gassackes 2 gesteuert und damit die Verletzungsgefahr für den Fahrzeuginsassen durch den sich ausbreitenden Gassack 2 wesentlich gesenkt wer- den kann. Durch diese Maßnahmen wird erreicht, daß im Falle des Auftreffens eines Hindernisses im Vorschubweg des Gassackes 2 die Befüllung des Gassackes 2 nur begrenzt durchgeführt wird. Die auf das Hindernis einwirkende Kraft ist aufgrund des verringerten Füllungsgrades des Gassackes 2 geringer als bei einem voll entfaltenden Gassack 2.
In Fig. 8 ist eine andere Ausführungsform der Elektrode 7 auf der Stirnfläche 8 des Gassackes 2 gezeigt, bei der die Elektrode 7 in Teilelektroden 7a unterteilt ist, wobei zur Determinierung der Richtungsabhängigkeit der sicherheitsrelevanten Größen die Anzahl und Anordnung der Teilelektroden 7a beliebig erweitert werden kann.
Der Ordnung halber sei abschließend darauf hingewiesen, daß zum besseren Verständnis des Aufbaus des Airbagsystems 1 dieses bzw. dessen Bestandteile teilweise unmaßstäblich und/oder vergrößert und/oder verkleinert dargestellt wurden.
Die den eigenständigen erfinderischen Lösungen zugrundeliegende Aufgabe kann der Beschreibung entnommen werden.
Vor allem können die einzelnen in den Fig. 1, 2; 3, 4; 5, 6; 7; 8 gezeigten Ausführungen den Gegenstand von eigenständigen, erfindungsgemäßen Lösungen bilden. Die diesbezüglichen erfindungsgemäßen Aufgaben und Lösungen sind den Detailbeschreibungen dieser Figuren zu entnehmen.
Bezugszeichenaufstellung
1 Airbagsystem Gassack
3 Befüllungsrohr Ventil
Gasgenerator
6 Lenkradnabe
Elektrode a Teilelektrode
8 Stirnfläche
9 Elektrode 0 Trennfläche 1 Vorkammer 2 Kammer 3 Faltenbalgrohr 4 Gasstrom 5 Öffnung 6 Spannband 7 Fahrgastraum 8 Sensor 9 Gegenelektrode 0 Leitung ' Zuleitung 1 Auswerteelektronik 2 Oszillator 3 Ankoppelkondensator 4 Vorwiderstand 5 Gleichrichter 6 Spannung 7 Ausgang 8 Schwellwertschalter 9 Ausgang 0 Auswerteelektronik 1 Berührungssensor 2 Gleichspannungsquelle 3 Tiefpaß 4 Gleichspannungsverstärker 5 Schwellwertschalter 6 Ausgang