Verfahren und Vorrichtung zur Vermessung, Kalibrierung und Verwendung von Laser-Pinzetten
Die Erfindung betrifft Verfahren und Vorrichtungen zur Vermessung und Kalibrierung optischer Feldfallen und der Bestimmung von optisch induzierten Kräften in allen drei Raumrichtungen, die auf mikrometergroße Teilchen ausgeübt werden, und zur Verwendung optischer Feldfallen.
Optische Feldfallen, auch "optical tweezers", "Laser- Pinzetten" oder "optical traps" genannt, werden seit etwa zwei Jahrzehnten auf den Gebieten der Biotechnologie, Medizin und Molekularbiologie sowie auf anderen technischen Gebieten zur Positionierung und Manipulation mikrometergroßer und submikro- metergroßer Partikel eingesetzt [G. Weber et al . in "Int. Rev. Cytol." Bd. 131, 1992, S. 1; S.M. Block in "Nonmvasive Techniques in Cell Biology", Wiley-Liss., New York 1990, S. 375] . Die Entwicklung der Laser-Pinzette geht vor allem auf A. Ashkin zurück [A. Ashkin in "Phys. Rev. Lett.", Bd. 24, 1970, S. 156]. Das Prinzip des Partikeleinfangs durch optisch induzierte Kräfte beruht darauf, daß neben dem Lichtdruck, der stets ein Teilchen von der Lichtquelle wegdruckt, Gradienten- krafte auftreten, die dazu fuhren, daß ein Teilchen in einen Fokus gelangt bzw. stabil in diesem gehalten oder mit diesem bewegt wird. Voraussetzung ist, daß die Absorption und Reflexion des Teilchens gering ist, wahrend der Unterschied im Brechungsindex zur Umgebungslosung möglichst groß sein sollte.
Laser-Pinzetten haben in den letzten Jahren vor allem deshalb eine größere Verbreitung erlangt, weil bei gleicher, stets starker Fokussierung des Lichtstrahls sowohl Teilchen, die großer als die Wellenlange (sogenannte Mie-Teilchen) , als auch Teilchen, die kleiner als die Wellenlange sind (sogenannte
Rayleigh-Teilchen), gefangen werden können. Das sind vor allem biologische Objekte wie Zellen, Organellen und andere Zeilbestandteile als auch große Moleküle (wie DNA) und künstliche Mikropartikel [S.M. Block et al. in "Nature", 1990, S. 348; E.M. Bonder et al . in "J. Cell Biol.", Bd. 11, 1990, S. 421].
Elektromagnetische Feldkafige gehen auf W. Paul [W. Paul et al. n "Forschungsberichte des Wirtschaftsministeriums Nord- rhem-Westfalen", Nr. 415 und 450; W. Paul m "Phys. Blatter", Bd. 46, 1990, S. 227] zurück. Sie werden vor allem m der Ele- mentarteilchenphysik zum Fangen und Vermessen atomarer Teilchen bei niedrigem Gasdruck verwendet. 1993 wurden erstmals flussigkeitsgefullte, dreidimensionale Mikrofeldkafige unter Nutzung dielektrophoretischer Kräfte vorgestellt [T. Schnelle et al. m "Biochim. Biophys . Acta", Bd. 1157, 1993, S. 127]. Wird die Leitfähigkeit einer Suspensionslosung hoher gewählt, als die mittlere Leitfähigkeit des Teilchens, so sind die im E-Feld induzierten Oberflachenladungen an dem Partikel derart angeordnet und gepolt, daß auf das Partikel abstoßende Kräfte wirken [G. Fuhr et al . m "Biochim. Biophys. Acta" Bd. 1201, 1994 S. 353]. Auch dieses Prinzip kann zum Fangen, Positionieren und Bewegen von Teilchen benutzt werden [T. Schnelle et al. in "Biochim. Biophys. Acta", Bd. 1157, 1993, S. 127]. In diesen dielektrischen Feldkafigen können ebenfalls den Mie- als auch Rayleigh-Teilchen entsprechende Ob ekte gehalten werden. Eine Kombination beider Prinzipien zum Zwecke einer höheren Fangkraft wurde mehrfach vorgeschlagen, da das optische und das elektrische Kraftfeld nahezu nicht miteinander interferieren [G. Fuhr et al . in "Topics in Current Chemistry", Bd. 194, 1998, S. 84] .
Ein bisher ungelöstes Problem ist die Ermittlung der real im optischen Feld (Lasertrap) auf ein Teilchen wirkenden optisch induzierten Kräfte. Hierzu gibt es mehrere, außerordentlich
zeit- und gerateaufwendige Methoden, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Variante I [K. Svoboda et al . in "Ann. Rev. Biophys. Biomol . Struc", 1994, S. 247] :
Auf ein im Laserfokus gefangenes Teilchen wirkt eine kali- bπerbare Strömung. Gesucht wird die Stromungsgeschwindigkeit, bei der das Teilchen gerade aus dem Laserfokus gerissen wird oder gerade noch in diesem verbleibt. Aus dieser Stromungsgeschwindigkeit kann über die Stokes'sche Reibung eine Fangkraft berechnet werden. Nachteilig an diesem Verfahren ist vor allem, daß es schwer fallt, mit e n und demselben Teilchen wiederholt Messungen auszufuhren, und daß nur sehr komplizierte Kanalaufbauten eine Vermessung m verschiedene Raumrichtungen erlauben. Eine wirklich räumliche (x-, y-, z-) Kraftvermessung ist nicht möglich. Dieses Verfahren ist ferner auf bestimmte Teilchenformen (Kugel, Ellipsoid) mit glatter Oberflache beschrankt .
Variante II [C.P. Dennis m "Faraday Discuss. Chem. Soc", Bd. 90, 1990, S. 209] :
Es erfolgt eine Messung der mittleren Auslenkung eines Teilchens im Laserfokus aufgrund der Brown' sehen Stoße. Hier ist zwar prinzipiell eine Vermessung in alle Raumrichtungen möglich, sie erfordert jedoch eine sehr präzise Messung der Partikelbewegung mit Submikrometergenauigkeit und kann für die meisten Mie-Teilchen nicht verwendet werden, da diese zu groß für eine merkliche Auslenkung sind. Hinzu kommt, daß die Messungen mit steigender Laserleistung immer schwieriger und ungenauer werden und daß nur im sehr engen Fokalbereich des Lasers gearbeitet werden kann.
Variante III [C.P. Dennies et al . in "Applied Optics", 1993, S. 1629] :
Es wird ein Abreißen eines Teilchens mittels einer Laser- Pinzette untersucht, das in definierter Weise an einer Unterlage befestigt ist. Dabei wird die Streuung einer evaneszenten Oberflachenwelle bei Totalreflexion benutzt, um die Bewegung des Objektes in z-Richtung (senkrecht zur Oberflache) mit einer Genauigkeit im nm-Bereich zu bestimmen. Auch dieses Verfahren kann nicht m alle Raumrichtungen und vor allem nicht rasch angewendet werden, sondern erfordert einen hohen Kalibrier- und Gerateaufwand. Außerdem entspricht das optische Strahlungsfeld m Oberflachennahe nicht den Verhaltnissen m freier Losung.
Allgemein steht somit eine schnelle und leicht anzuwendende Methode zur Kraftmessung, die vor allem auch in dem spater zu nutzenden Umgebungsmedium eines Teilchens, mit eben diesem Teilchen und unter vergleichbaren Bedingungen angewendet werden kann, noch aus.
Ein weiteres, bisher ungelöstes Problem bei der Handhabung mikroskopisch kleiner Teilchen ist die Ermittlung der zwischen Teilchen wirkenden zwischenmolekularen Anziehungskräften (Adhäsionskräfte) . Sowohl synthetische, als auch natürliche Partikel auf der Basis biologischer Materialien (insbesondere biologische Zellen oder Zeilbestandteile) neigen dazu, bei gegenseitigem Kontakt aneinander zu haften. Adhasionserschemun- gen können je nach Art der Adhäsion m unspezifische und spezifische Adhäsionen oder nach Art der auftretenden Bindungen m Adhäsionen mit chemischen Bindungen oder Adhäsionen mit van-der-Waals-Bmdungen unterschieden werden. Die Ermittlung der Spezifitat, des Bindungstyps und damit der Bmdungskrafte bei Adhäsionen zwischen mikroskopisch kleinen Partikeln sind von hohem Interesse im Bereich der Biologie, Medizin und Pharmakologie. So besteht ein Bedarf an quantifizierbaren, wieder-
holbaren und schonenden Verfahren zur Erfassung von Adhasion- serschemungen an einzelnen Teilchen, z.B. zur Erfassung spezifischer Bindungen von Makromolekülen (die hier ebenfalls als mikroskopische Teilchen aufgefaßt werden) an biologischen Zellen für die Untersuchung der Immunantwort oder für die Erkennung von Infektions- oder anderen Krankheitszustanden von Zellen. Ein weiteres Beispiel sind Wechselwirkungen zwischen mikroskopischen Teilchen, bei denen spezifische Rezeptor-Ligand- Systeme auf den Teilchenoberflachen wirksam werden.
Ein Verfahren zur Einstellung vorbestimmter Adhasionserschei- nungen zwischen einzelnen suspendierten mikroskopischen Teilchen oder zur Bestimmung der dabei auftretenden Bmdungskrafte ist bisher nicht verfugbar.
Aus der Publikation von K. Morishima et al . in "Proc. of IEEE", 1997, S. 155, ist der kombinierte Einsatz optisch induzierter Kräfte und elektrischer Feldkrafte zur Manipulierung von Bakterien bekannt. Dabei ist vorgesehen, in einem Mikrosy- stem unter mikroskopischer Beobachtung innerhalb einer Bakte- rienanhaufung eine vorbestimmte Bakterie mit einer Laser- Pinzette emzufangen und zu fixieren, wahrend die übrigen Bakterien unter Wirkung der elektrischen Feldkrafte von der einzelnen, fixierten Bakterie weg bewegt werden. Die von K. Morishima et al . beschriebene Verfahrensweise ist in ihrer Anwendung auf die dort beschriebene Trennung einzelner Teilchen aus einer Gruppe von vielen Teilchen beschrankt. Es ist lediglich vorgesehen, die elektrischen Felder ein- oder auszuschalten, um eine trennende Teilchenbewegung zu bewirken. Eine Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Teilchen wird damit nicht ermöglicht. Des weiteren ist es ausgeschlossen, daß einzelne Teilchen zu einer vorhandenen Gruppe von Teilchen oder einem Teilchenaggregat zur Erzielung bestimmter Wechselwirkungen bewegt werden.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, verbesserte Verfahren zur Handhabung von Teilchen mit Laser-Pinzetten anzugeben, mit denen insbesondere die Ermittlung von optisch induzierten Kräften oder Bmdungskraften und die Ausübung vorbestimmter Kräfte ermöglicht wird. Ein erf dungsgemaßes Verfahren soll insbesondere die Krafteermittlung mit einer erhöhten Meßge- schwmdigkeit und einer besseren Reproduzierbarkeit und Genauigkeit gewährleisten. Die Ermittlung von Kräften, die auf mikroskopische Teilchen wirken, soll über ein elektrisches Signal in rasch wiederholbarer und automatisierbarer Form erfolgen, wobei die Kräfte mit einer Genauigkeit im pN-Bereich und darunter in beliebigen Raumrichtungen erfaßt werden sollen. Die Aufgabe der Erfindung ist es auch, Vorrichtungen zur Implementierung der Verfahren anzugeben.
Die genannten Aufgaben werden durch Verfahren bzw. Vorrichtungen mit den Merkmalen gemäß den Patentansprüchen 1 bzw. 17 gelost. Vorteilhafte Ausfuhrungsformen und Verwendungen der Erfindung ergeben sich aus den abhangigen Ansprüchen.
Erf dungsgemaß ist insbesondere vorgesehen, mindestens ein mikroskopisches Teilchen im Fokus eines optischen Käfigs in einer Mikroelektrodenanordnung einzufangen und m Bezug auf einen elektrischen Fangbereich (o. Fangpunkt) zu positionieren, der durch elektrische Feldgradienten m der Mikroelektrodenanordnung gebildet ist. Der Fokus des optischen Käfigs mit dem Teilchen wird zunächst mit Abstand vom Fangbereich, d.h. mit Abstand vom elektrischen Feldminimum des Fangbereiches, der einen elektrischen Feldkafig darstellt, positioniert. Anschließend werden die Feldkrafte im optischen Käfig und/oder im elektrischen Fangbereich und/oder der Abstand zwischen dem optischen Käfig und dem elektrischen Fangbereich variiert, bis eine Ubergangsbewegung des Teilchens vom Fokus zum Fangbereich oder umgekehrt erfolgt. Je nach Anwendungsfall werden die beim Eintritt der Ubergangsbewegung gegebenen Feldeigenschaften zur
erfmdungsgemaßen Kraftebestimmung oder die Ubergangsbewegung an sich zur Ausübung vorbestimmter Kräfte verwendet.
Entsprechend der erf dungsgemaßen Verfahrensweise werden somit innerhalb einer Mikroelektrodenanordnung mit einem dreidimensionalen elektrischen Feld, das elektrische, den Fangbereich bildende Feldgradienten aufweist, auf das oder die Teilchen wirkende Kräfte erzeugt, deren Felder jeweils ein Minimum besitzen. Das Minimum der elektrischen Feldkrafte entspricht dem Fangbereich. Das Minimum der optischen induzierten Kräfte ist der Fokus des optischen Käfigs. Zwischen beiden M ima ist eine Feldbarπere vorhanden, die von den Amplituden der wirksamen elektrischen Felder, der Lichtleistung des optischen Käfigs und dem Abstand der Mmima abhangt. Je nach Einstellung dieser Großen können nun das oder die Teilchen innerhalb der Mikroelektrodenanordnung in vorbestimmter Weise positioniert oder (bei mehreren Teilchen) voneinander getrennt werden.
Gemäß einem ersten wichtigen Gesichtspunkt der Erfindung ist vorgesehen, die auf ein Teilchen im Fokus eines optischen Käfigs wirkenden, optisch induzierten Kräfte zu bestimmen. Bei dieser Ausfuhrungsform ist nur ein Teilchen im Fokus bzw. zeitweilig im Fangbereich der Mikroelektrodenanordnung vorhanden. Die Feldeigenschaften, d.h. die Amplitude des elektrischen Feldes, die Lichtleistung und/oder der Abstand der Mmima, wird variiert, bis die Ubergangsbewegung des Teilchens zwischen den Mmima, d.h. zwischen dem Fokus und dem Fangbereich oder umgekehrt, erfolgt. Überraschenderweise konnte festgestellt werden, daß die Ubergangsbewegung sehr genau und reproduzierbar ermittelbar ist. Aus der zum Auslosen der Ubergangsbewegung erforderlichen Amplitude der elektrischen Felder in der Mikroelektrodenanordnung lassen sich die optisch induzierten Kräfte im optischen Käfig ermitteln.
Gemäß einem zweiten wichtigen Gesichtspunkt der Erfindung ist vorgesehen, die Bmdungskrafte zwischen mehreren Teilchen (z.B. zwei Teilchen) zu bestimmen. Bei dieser Ausfuhrungsform ist jeweils em Teilchen im Fokus des optischen Käfigs und em Teilchen m elektrischen Fangbereich angeordnet. Wiederum lassen sich die Feldeigenschaften in der Mikroelektrodenanordnung variieren, um diejenigen Feldeigenschaften festzustellen, bei denen die Ubergangsbewegung des Teilchens vom Fokus zum Teilchen im Fangbereich oder umgekehrt erfolgt. Dieses Prinzip ist entsprechend auch mit Teilchengruppen im Fokus bzw. im Fangbereich realisierbar.
Aus den elektrischen Feldkraften und - bei Kombination der Bestimmung von Bmdungskraften mit der Bestimmung optisch induzierter Kräfte gemäß dem ersten Gesichtspunkt - den optisch induzierten Kräften können durch Beobachtung der Ubergangsbewegung oder einer Abreißbewegung zwischen den Teilchen die zwischen den Teilchen wirkenden adhasiven Bmdungskrafte ermittelt werden. Em besonderer Vorteil der Erfindung beteht darin, daß diese Vorgange stoff-, teilchen- und bmdungstyp- spezifisch beobachtet und ausgewertet werden können.
Gemäß einem dritten wichtigen Gesichtspunkt der Erfindung ist vorgesehen, mikroskopische Teilchen m einer Mikroelektrodenanordnung mit den genannten, simultan vorhandenen mindestens zwei Feldm ima unter Einstellung vorbestimmter Feldkrafte relativ zueinander zumindest zeitweilig m Gruppen oder Aggregaten zu positionieren oder zusammenzufügen oder derartige Gruppen oder Aggregate m Teile zu zerlegen. Diese erfmdungsgema- ße Aggregatmanipulierung wird wiederum vorzugsweise mit den obengenannten Gesichtspunkten der Erfindung kombiniert, kann aber auch davon abhangig bei Einstellung vorbestimmter (wenn auch unbekannter) elektrischer und/oder optischer Feldkrafte implementiert werden.
Gegenstand der Erfindung ist auch em Mikrosystem, das zur Ausbildung eines opto-elektrischen Doppelkafigs eingerichtet ist, der durch die simultane Erzeugung von mindestens zwei Feldmmima eines elektrischen Fangbereiches und eines optischen Käfigs erzeugt wird. Hierzu besitzt em fluidisches Mikrosystem eine Mikroelektrodenanordnung zur Erzeugung des elektrischen Fangbereiches und eine für die Ausbildung des optischen Käfigs innerhalb der Mikroelektrodenanordnung transparente Struktur. Das Mikrosystem ist vorzugsweise em fluidisches Mikrosystem, das einseitig, hm zu einer Lichtquelle zur Erzeugung des optischen Käfigs offen sein kann.
Es wird darauf hingewiesen, daß die zur Implementierung der Erfindung eingesetzten Techniken zum Aufbau des Mikrosystems, zur Erzeugung des elektrischen Feldkrafte und zur Erzeugung des optischen Käfigs an sich bekannt sind, so daß bei der folgenden Beschreibung hierzu auf Einzelheiten nicht eingegangen wird.
Im folgenden werden zunächst allgemeine Erläuterungen zu den der Erfindung zugrundeliegenden Prinzipien gegeben.
Beim "Laser-Trappmg" kann em Teilchen in einem lokalen Gleichgewicht gehalten werden, das durch eine optische Falle oder einen optischen Käfig im Fokus mindestens eines Laserstrahls gebildet wird. In einem Hochfrequenz-Mikrofeldkafig kann em Teilchen in einem lokalen Gleichgewicht gehalten werden, das durch einen elektrischen Fangbereich der jeweilig realisierten Feldverteilung gebildet wird. Der Fangbereich kann je nach Feldverteilung durch einen Punkt, eine Linie oder einen Raumbereich gebildet werden. In der folgenden Beschreibung wird ohne Beschrankung auf die Realisierung des Fangbereiches als Fangpunkt Bezug genommen, die Erfindung kann jedoch entsprechend mit beliebig gebildeten Fangbereichen implementiert werden. Die Erfindung beruht gemäß dem obengenannten
ersten Gesichtspunkt insbesondere darauf, die optisch induzierten Krafte in der optischen Falle (optischer Käfig) aus den elektrischen Kräften auf das Teilchen beim Übergang zwischen den Gleichgewichtszuständen, d. h. vom Fokus zum Fangpunkt oder umgekehrt, zu bestimmen. Die Aufgabe wird also insbesondere dadurch gelost, daß das "Laser-Trappmg" m einem elektrischen Hochfrequenz-Mikrofeldkafig erfolgt, dessen Feldkrafte und elektrische Feldverteilung bekannt sind und der zur Emkopplung des zur Bildung des optischen Käfigs erforderlichen Laserlichts eingerichtet ist. Durch Verschieben des im Lasertrap (Fokus) gefangenen Teilchens aus dem Fangpunkt des Feldkafigs bei niedriger elektrischer Fangleistung m eine definierte Position mit Abstand vom Fangpunkt kann durch nachfolgende Erhöhung der Amplitude der elektrischen Ansteuersi- gnale des Feldkafigs genau der Schwellwert bestimmt werden, bei dem die elektrischen Feldkrafte das Teilchen aus dem optischen Fokus zurück zum Fangpunkt bewegen, oder umgekehrt.
Die Emkopplung des zur Bildung des optischen Käfigs erforderlichen Laserlichts wird durch verschiedene bauliche Maßnahmen am Mikrofeldkafig erzielt. Zu diesen zahlt insbesondere die Anbringung mindestens einer Teilgruppe der Elektroden des Mikrofeldkafigs auf einem Substrat, das transparent und so dünn ist, daß eine Laserlichtquelle genügend dicht an den Mikro- feldkafig gefuhrt werden kann, so daß m diesem der Fokus gebildet wird. Bei praktisch verfugbaren Gestaltungen von Laser- Pinzetten umfaßt die Laserlichtquelle u. a. em Emkoppelob- jektiv möglichst hoher numerischer Apertur. Dadurch ist die Brennweite üblicherweise im Bereich einiger hundert Mikrometer. Das transparente Substrat besitzt somit vorzugsweise eine Dicke kleiner als die Brennweite der Laserlichtquelle.
Die Erfindung erlaubt je nach Anwendung, die qualitativen und/oder quantitativen Parameter der optisch induzierten Krafte an einem Teilchen zu erfassen. Die quantitative Bestimmung
der optisch induzierten Krafte kann aus wenigen Großen erfolgen, die z. B. die Orte des Fokus und des Fangpunktes, die Feldverteilung zwischen den Elektroden, die elektrischen Eigenschaften des Teilchens und seiner Umgebungslosungen als auch die Form, Phasenlage, Frequenz und Amplitude aller Elektrodensignale umfassen. Alle diese Großen lassen sich unabhängig von der eigentlichen Messung oder vorab auf rein elektrischem Wege oder über eine einmalige numerische Simulation der Feldverteilung im Hochfrequenzkafig bestimmen. Die optisch induzierten Krafte, die auf das Teilchen wirken, lassen sich aus der Amplitude der elektrischen Ansteuersignale des elektrischen Feldkafigs beim Übergang zwischen den Gleichgewichten (Ubergangsbewegung) bestimmen. Durch systematisches Verschieben eines in seinen passiven elektrischen Eigenschaften bekannten Partikels m x-, oder/und y-, oder/und z-Richtung können auf diese Weise die Krafte, die der fokussierte Laserstrahl auf em Teilchen dieser Große ausüben kann, quantitativ und ortsaufgelost bestimmt werden.
Em Vorteil der Erfindung ist es, daß der Kraftegradient der optisch induzierten Krafte relativ steil ist, so daß der genannte Übergang zwischen den Gleichgewichten schwellwertartig oder sprunghaft erfolgt und somit besonders leicht und genau registriert werden kann.
Erfmdungsgemaß kann diese Prozedur automatisiert und zur Kalibrierung des Laserstrahls benutzt werden. Die Messungen lassen sich beliebig oft wiederholen, lassen sich in wenigen Sekunden ausfuhren und können zudem an em und demselben Teilchen in der spater weiter verwendeten Umgebung durchgeführt werden. Neben Absolutwerten der optisch induzierten Krafte können Symmetrieabweichungen der optischen Strahlung und deren Intensitatsprofile nahe und im Fokalbereich, d.h auch relative Werte, bestimmt werden.
Die obigen Erläuterungen zur Bestimmung optischer induzierter Krafte gelten entsprechend für die Bestimmung von Bmdungs- kraften, da diese als zusätzlicher Beitrag zu den elektrischen Feldkraften im elektrischen Fangbereich aufgefaßt werden können .
Die Erfindung ist mit beliebigen Teilchen wie synthetischen Partikeln oder biologischen Zellen oder deren Bestandteilen implementierbar . Die Te lchengroße liegt im gesamten Großenbe- reich von Teilchen, die mit Laserpinzetten manipulierbar sind, vorzugsweise bei einer Große kleiner als 200 μm.
Bevorzugte Ausfuhrungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefugten Zeichnungen naher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1: eine Prmzipdarstellung der Anordnung von Feld- kafigelektroden und eines optischen Käfigs gemäß einer ersten Ausfuhrungsform der Erfindung;
Fig. 2: eine weitere Prmzipdarstellung der Anordnung von Feldkafigelektroden und eines optischen Käfigs;
Fig. 3: eine Kurvendarstellung zur Illustration experimenteller Ergebnisse;
Fig. 4: beispielhafte Darstellungen der Feldverteilungen eines Oktopol-Feldkafigs;
Fig. 5: eine Kurvendarstellung zur Illustration der Fang- krafte des in Figur 4 gezeigten Feldkafigs in z-Richtung;
Fig. 6: eine Prmzipdarstellung der Anordnung von Zellen in einem optischen Käfig und einem Fangbereich gemäß einer zweiten Ausfuhrungsform der Erfindung;
Fig. 7: eine Prmzipdarstellung der Anordnung von Zellen in einer Mikroelektrodenanordnung gemäß einer dritten Ausfuhrungsform der Erfindung;
Fig. 8: eine Prmzipdarstellung der Anordnung von Zellen m einer Mikroelektrodenanordnung gemäß einer vierten Ausfuhrungsform der Erfindung; und
Fig. 9: eine schematische Darstellung einer erfmdungsgemaßen Vorrichtung.
Die Erfindung wird im folgenden unter Bezug auf die Kombination eines Oktopol-Feldkafig zur Bildung des Fangsbereiches mit einem einzelnen Fang-Laserstrahl zur Bildung des optischen Käfigs beschrieben, ist jedoch entsprechend mit beliebigen Feld- kafigformen bzw. mehreren Laserstrahlen realisierbar.
In Fig. 1 ist em erfmdungsgemaßes Mikrosystem ausschnittsweise vergrößert schematisch dargestellt. Die Darstellung zeigt lediglich eine Mikroelektrodenanordnung, bestehend aus den Mikroelektroden 11 bis 18 (ohne Steuerleitungen) und em zwischen den Mikroelektroden in einer Suspensionsflussigkeit suspendiertes mikroskopisches Teilchen 113. Die Mikroelektroden sind in planarer Gestalt an gegenüberliegenden Wanden der Mikrosystemstruktur angeordnet, wobei beispielsweise die x-y- Ebene eine Substratebene aufspannt. Die Mikroelektroden 11 bis 18 sind dazu eingerichtet, mit elektrischen Potentialen derart beaufschlagt zu werden, daß Feldgradienten mit einem Feldminimum gebildet werden. Die Technik der Elektrodenansteuerung zur Erzeugung eines vorbestimmten Minimums ist an sich bekannt und wird deshalb hier im einzelnen nicht beschrieben. Die Lage des
Feldminimums ist von den Phasen und Amplituden der Steuerpo- tentiale an den Mikroelektroden 11 bis 18 abhangig und kann m vorbestimmter Weise eingestellt werden. Der Fangbereich bzw. der elektrische Feldkafig wird auch als Hochfrequenzkafig bezeichnet, da die Mikroelektroden vorzugsweise mit hochfrequenten Steuerpotentialen (Frequenzbereich s. unten) zur Manipulierung der mikroskopischen Teilchen auf der Basis negativer Dielektrophorese beaufschlagt werden.
Gemäß Fig. 1 wird der durch die Mikroelektroden 11 bis 18 gebildete elektrische Hochfrequenzfeldkafig mit dem fokussierten Lichtstrahl 19 so kombiniert, daß sich der Fokus 110a im elektrischen Feld der Mikroelektroden, d. h. entweder innerhalb des Feldkaflgraumes 111 oder in unmittelbarer Nahe 112 außerhalb des Käfigs befindet, wahrend das Feldminimum der Fangpunkt 110b des Hochfrequenzfeldkafigs an einem dazu beabstan- deten Ort (z.B. einen Bruchteil bis zu mehrere Partikeldurchmessern entfernt) liegt (z.B. an der Stelle 114, charakterisiert durch die Koordinaten (xl,yl,zl)).
Die erfmdungsgemaße Bestimmung optisch induzierter Feldkrafte am Teilchen 113 erfolgt derart, daß zunächst das Teilchen 113 im Fokus des Laserstrahls gefangen und durch eine Fokusverschiebung in die bezeichnete Position (z.B. 114) gebracht wird. Die Fokusverschiebung erfolgt durch eine mechanische Änderung der Relativposit onen des Mikrosystems und der Quelle des Laserstrahls 19 durch an sich bekannte Verstellemπchtun- gen und/oder Umlenkeinrichtungen des Laserstrahls. Über eine Erhöhung der Amplitude der an die Elektroden angelegten Hoch- frequenzsignale werden die elektrischen Polarisationskrafte des Feldkafigs solange erhöht, bis das Teilchen 113 aus dem Laserfokus herausgerissen wird und sich in den Fangpunkt 110b bewegt (Ubergangsbewegung zwischen den lokalen Gleichgewichten in den Feldmmima) .
Der Übergang zwischen den lokalen Gleichgewichten kann alternativ auch ausgeführt werden, indem die Laserleistung erhöht wird und das Teilchen aus dem Fangbereich des Feldkafigs in den Fokus bewegt wird und/oder indem die Orte der Fangpunkte oder des Fokus verschoben werden und eine Bestimmung des Weges oder Abstandes der Feldmmima erfolgt, bei dem die Ubergangsbewegung stattfindet. Da die elektrischen Polarisationskrafte auf das Teilchen und die Feldverteilung zwischen den Elektroden 11 bis 18 bekannt sind, besteht eine direkte Proportionalität zwischen der meßbaren Laserleistung im Fokalbereich, der Amplitude der elektrischen Signale und der auf das Partikel wirkenden optisch induzierten Krafte. Durch Wiederholen der Prozedur und Verschieben des Teilchens 113 m beliebigen Raumrichtungen, lassen sich die auf das konkrete Teilchen wirkenden optisch induzierten Krafte quantitativ bestimmen. Es handelt sich dabei folglich um eine elektrische Kalibrierung der optisch induzierten Gegenkräfte, die mit geringem Aufwand bereitzustellen ist, und es erlaubt, Krafte im Bereich von fN bis zu einigen hundert pN zu erfassen.
Die optisch induzierten Krafte werden somit in mindestens einem Fall aus den Feld- oder Ortseigenschaften des Teilchens 113 bei einer Ubergangsbewegung ermittelt, wobei die elektrischen Polaπsationskrafte auf das Teilchen 113 aus der an sich berechenbaren Feldverteilung zwischen den Mikroelektroden 11 bis 18 und der bei Ausfuhrung der Ubergangsbewegung gegebenen Orte des Fokus 110a und des Fangpunktes 110b ermittelt werden. Diese Orte lassen sich mit einem Beobachtungsmikroskop vermessen. In allen weiteren Fallen kann auf der Grundlage der genannten Proportionalitat eine Relativbestimmung der optisch induzierten Krafte erfolgen.
Figur 2 zeigt eine erweiterte Darstellung eines Systems zur Vermessung der optisch induzierten Krafte, die auf em im
Fokus gefangenes Teilchen wirken. Der Mikrofeldkafig wird
durch Mikroelektroden gebildet, die an aufeinander zuweisenden Oberflachen der Substrate 27, 29 angebracht sind. Die Substrate 27, 29 werden durch einen Abstandshalter 28 getrennt, der einen Suspensionsraum bildet, m dem das zu untersuchende Teilchen dem Feld des Mikrofeldkafigs ausgesetzt wird. Das in Figur 2 obere Substrat ist genügend dünn, so daß der Fokus des optischen Käfigs im Suspensionsraum einstellbar ist.
Über eine Öffnung 21 werden Zellen oder andere Mikropartikel suspendiert in einer Losung in den Kanal 22 eingespult und gelangen dann in den Feldkafig 23, dessen Ausgangselektroden 24a-d mit einem Hochfrequenzfeld (kHz- oder MHz-Bereich, beliebige Signalform (z. B. Rechteck-, Sinus-, Dreieck- oder andere Signalformen) , Amplitude einige mV bis zu einigen 10 V) ) beaufschlagt werden. Durch diese zunächst einseitige Beaufschlagung der Mikroelektroden mit elektrischen Potentialen wird im Kanal 22 lediglich eine elektrische Feldbamere für emgespulte Mikroteilchen gebildet. Befindet sich em Teilchen im Käfig 23, werden auch die Eingangselektroden 25a-d zugeschaltet und/oder die Strömung wird gestoppt. Mit dem Laserstrahl 26 wird wie oben beschrieben das Teilchen im Feld- kafigraum bewegt und die Vermessung der optisch induzierten Krafte vorgenommen. Die für das elektrische Trappmg typischen Phasenverschiebungen der Elektrodensignale für zwei mögliche Wechselfeld- und zwei Rotationsfeldansteuerungsarten (2* AC- Feld bzw. 2*Rot-Feld) sind in Tabelle 1 zusammengefaßt.
Tab. 1 Phasenansteuerungen der Elektrodensignale eines Oktopols
Beim Rot-Feld wird im Unterschied zum AC-Feld em Drehmoment auf das Teilchen ausgeübt, das zur Ausbildung einer Rotation (letzte Zeile von Tab.l) fuhrt, die zusätzlich zur Kraftbestimmung genutzt werden kann. Mit den Werten der vorletzten Zeile von Tabelle 1 erfolgt eine Drehmomentkompensation.
Im vorliegenden Beispiel sind die Elektroden in planarer Form auf zwei Glassubstrate 27, 29 mit halbleitertechnologischen Methoden prozessiert worden, die über Kopf durch einen Spacer 28 flussigkeitsdicht montiert sind, so daß sie in die Kanal- flussigkeit 22 eintauchen. Für eine hohe Laserfokussierung ist es erforderlich, eines der Glassubstrate (hier (27)) möglichst dünn auszufuhren. Im vorliegenden Beispiel ist das Substrat 27 150 bis 200 μm dick, und das Substrat 29 besteht aus 0.5 bis 1 mm dickem Glas oder Kunststoff.
Bei steigender Laser-Ausgangsleistung wachsen die optisch induzierten Krafte, so daß zum genannten Übergang zwischen den Feldmmi a entsprechend steigende elektrische Feldkrafte, d. h. Signalamplituden, erforderlich sind. Dies ist anhand eines experimentellen Ergebnisses in Figur 3 dargestellt. Diese Kurvendarstellung zeigt den Zusammenhang zwischen der Laserausgangsleistung, d. h. dem Betrag der optisch induzierten Krafte und den Amplituden der Kafigspannungen, d. h. den Amplituden der elektrischen Potentiale, mit denen die Mikroelektroden beaufschlagt sind. Mit zunehmender Laserausgangsleistung sind auch größere Amplituden der Kafigspannungen erforderlich, um die Ubergangsbewegung des jeweiligen Teilchens zwischen dem Fokus und dem Fangpunkt zu erzielen. Deutlich ist zu erkennen, daß die Fangleistung der optischen Falle in z- Richtung schwacher ist (obere Kurve) as in x- oder y-Richtung (untere Kurve) .
Aus einer Feldverteilung gemäß Figur 4 (erhalten aus einer einmalig auszuführenden numerischen Berechnung unter Beachtung der realen Elektrodengeometrien gemäß Figur 1 und Abstände) und den passiven elektrischen Eigenschaften des Testpartikels (in diesem Fall eines Latex-Beads von 8 μm Durchmesser), ergeben sich die m Figur 5 dargestellten Fangkrafte der Laser- Pinzette m z-Richtung. Die dargestellte Kurve bezieht sich auf eine Signalamplitude der Kafigelektroden von 10 V. Experimentell konnten Amplituden bis zu 30 V appliziert werden. Bei einer quadratischen Abhängigkeit der Fangkraft des elektrischen Käfigs entspricht das einer maximal erfaßbaren Kraft von ca. 150 pN mit einer Auflosung im pN-Bereich und darunter. Dieses Meßergebnis steht guter Übereinstimmung mit der Theorie der "Laser-Pinzetten" (vgl. A. Ashkin in "Biophys. J.", Bd. 61, 1992, S. 569). Feiner ausgeführte Elektroden erlauben es, noch weitaus höhere Signalamplituden und damit elektrisch induzierte Krafte zu erzeugen, so daß auch wesentlich höhere Krafte erfaßbar sind.
Em besonderer Vorteil der Erfindung ist es, daß die Methode schnell und leicht insbesondere auch in dem spater zu nutzenden Umgebungsmedium mit den zu untersuchenden oder zu manipulierenden Teilchen unter vergleichbaren Bedingungen angewendet werden kann. Ferner ist dieses Verfahren nicht auf bestimmte Teilchen- und Oberflachenformen beschrankt, sondern mit beliebigen Teilchengeometrien realisierbar. Es können sogar die Krafte an zusammenhangenden Teilchengruppen (z. B. Aggregate o. dgl . ) beliebiger Form bestimmt werden.
Beispiele für die Bestimmung von Kräften an zusammenhangenden Teilchengruppen und die Ausübung vorbestimmter Krafte auf Teilchen zur Manipulierung von Teilchengruppen werden im folgenden unter Bezug auf die Figuren 6 bis 8 beschrieben.
Figur 6 zeigt eine Mikroelektrodenanordnung in Oktopolgestalt mit den Mikroelektroden 61 bis 68 analog zu Figur 1. Die Mikroelektroden 61 bis 64 bzw. 65 bis 68 sind m einem zur Implementierung des erfmdungsgemaßen Verfahrens eingerichteten Mikrosystem m zwei voneinander beabstandeten Ebenen zur Ausbildung eines elektrischen Feldkafigs mit einem den Fangbereich oder -punkt bildenden Feldminimum angeordnet. Der elektrische Feldkafig wird im Inneren der Mikroelektrodenanordnung ausgebildet, das durch den in Figur 6 dargestellten Quader schematisch umrissen wird. Das Bezugszeichen 69 bezeichnet einen im Innenraum der Mikroelektrodenanordnung fokussierten Lichtstrahl (vorzugsweise Laserstrahl). Em erstes Teilchen m Gestalt einer biologischen Zelle 611 befindet sich im Fokus des Lichtstrahls 69. Em zweites Teilchen, das beim dargestellten Beispiel ebenfalls eine biologische Zelle 612 ist, befindet sich im Fangpunkt des elektrischen Feldkafigs. Analog zur oben erläuterten Ermittlung der optisch induzierten Krafte durch Beobachtung der Ubergangsbewegung eines Teilchens vom Fokus in den Fangbereich kann nun eine Bestimmung der Bmdungskrafte zwischen den Teilchen durchgeführt werden, wie dies im folgenden erläutert wird.
Zuerst werden zwei Zellen 611, 612 m Folge in den Innenraum der Mikroelektrodenanordnung 61 bis 81 eingebracht. Dies erfolgt vorzugsweise mit der unter Bezug auf Figur 2 erlauteten Emspultechnik, bei der die Mikroelektrodenanordnung mit einer Kanalstruktur eines fluidischen Mikrosystems verbunden ist. Die erste Zelle 611 wird m die Mikroelektrodenanordnung e - gespult und nach vollständiger Ansteuerung des Oktopolfeldes im elektrischen Fangbereich gehalten. Dann wird die erste Zelle 611 mit dem optischen Käfig, der durch den Laserstrahl 69 gebildet wird, übernommen und vom Fangbereich beabstandet positioniert. Anschließend erfolgt das Einspulen der zweiten Zelle 612 und deren Positionierung im Fangbereich, z.B. m der Mitte der Mikroelektrodenanordnung 61 bis 68. Es ist aber auch
jede andere Technik der Einbringung mikroskopischer Teilchen in die Mikroelektrodenanordnung möglich. Anwendungsabhangig sind beide Teilchen biologische Zellen gleicher oder verschiedener Art oder biologische Zellen oder Zellbestandteile einerseits und/oder synthetische Teilchen mit vorbestimmten Wirkstoffen andererseits.
Im weiteren Verlauf werden die Zellen 611, 612 m Kontakt gebracht, wobei zwischen beiden Zellen eine adhasive Bindung ausgebildet wird. Die adhasive Bindung wird beispielsweise durch eine der folgenden Techniken herbeigeführt. Erstens ist es möglich, die erste Zelle 611 durch Abschalten des Laserstrahls 69 freizugeben und dadurch unter Wirkung der elektrischen Feldkrafte hm zum Fangbereich des elektrischen Feldkafigs zu bewegen, wo die Berührung der zweiten Zelle 612 und die Ausbildung der adhasiven Bindung erfolgt. Zweitens ist es möglich, den Fokus des Laserstrahls 69 m Bezug auf den Fangbereich so zu verstellen, daß die erste Zelle 611 mit der zweiten Zelle 612 in Kontakt gebracht oder sogar mit einer vorbestimmten Kraft gegen diese gedruckt wird. Die gegenseitige Kraft des Anemanderdruckens der Zellen laßt sich aus den elektrischen Feldkraften im Fangbereich und den beispielsweise gemäß der oben erläuterten Technik ermittelten optischen Krafte im Fokus des Laserstrahls 69 ableiten. Zur quantitativen Vergleichbarkeit der Bestimmung von Bmdungskraften wird die adhasive Bindung für einen vorbestimmten Zeitbereich (z.B. rd. 0.1 bis 10 Sekunden) eingestellt. Es sind aber auch längere Zeiten von z.B. bis zu 1000 Sekunden möglich.
Nach Ablauf der anwendungsabhangig eingestellten Kontaktzeit werden die Bmdungskrafte (Wechselwirkungskrafte, Adhasions- starke) zwischen den Zellen wie folgt bestimmt. Die Kraftebe- stimmung erfolgt analog zur oben erläuterten Bestimmung der optisch induzierten Krafte auf em einzelnes Teilchen durch Variation der Feldeigenschaften und Feststellung derjenigen
Feldstarken im elektrischen Fangbereich und optischen Käfig, bei denen eine Abreißbewegung zwischen den Zellen erfolgt. Beispielsweise wird bei gegebenen elektrischen Potentialampli- tuden wiederholt der auf die erste Zelle 611 fokussierte Laserstrahl 69 verstellt, so daß sich der Fokus vom Fangbereich entfernt, und falls sich die erste Zelle 611 nicht mit dem Fokus bewegt hat, zurückgestellt und mit einer schrittweise erhöhten Lichtleistung beaufschlagt. Durch Kenntnis der in Abhängigkeit von der Lichtleistung induzierten optischen Krafte laßt sich so aus der Lichtleistung, bei der die Mitfuhrung der ersten Zelle 611 mit dem verstellten Fokus erfolgt, die Abreißkraft zwischen beiden Zellen und damit die gegenseitige Bindungskraft ermitteln. Andere Möglichkeiten dieser Kraftebe- stimmung ergeben sich aus der schrittweisen Variation der elektrischen Potentialamplituden und Verstellung des Ortes des Fangbereiches durch entsprechende Ansteuerung der Mikroelektroden 61 bis 68. Es sind auch Kombinationen aus beiden Techniken zur Variation der Feldeigenschaften einsetzbar.
Em besonderer Vorteil dieser Verfahrensweise besteht in ihrer
Wiederholbarkeit mit einem gegebenen Teilchenpaar und in der
Möglichkeit, beliebige Kontaktzeiten zwischen den Zellen genau vorzugeben .
Bevorzugte Anwendungen der unter Bezug auf Fig. 6 beschriebenen Verfahrensweise, die bisher nicht oder nur unter unannehmbar hohem Aufwand zu verwirklichen war, sind die zeitlich exakt geregelte Berührung zweier oder auch mehrerer biologischer Zellen gleichen oder verschiedenen Typs. Somit ist eine Verwendung für pharmakologisch und medizinisch-diagnostisch interessierende Tests ermöglicht. Beispiele für dabei auftretende Vorgange sind die Stimulation der zweiten Zelle 612 durch die zeitweilige Berührung durch die erste Zele 611, so daß sich das Bmdungsverhalten der zweiten Zelle 612 ändert. Dieses veränderte Bmdungsverhalten kann dann durch Ankopplung
einer dritten Zelle (nicht dargestellt) getestet werden. Em weiteres Beispiel ist das sogenannte Screenmg von Peptid- oder anderen Molekularbibl otheken, indem zunächst eine erste Zelle eines ersten Typs in die Mikroelektrodenanordnung eingebracht wird. Die Oberflachenrezeptoren der ersten Zelle werden dann mit einer Test- oder Wirksubstanz aus einer molekularen Bibliothek über die Suspensionslosung im Mikrosystem m Kontakt gebracht. Anschließend wird eine zweite Zelle (oder em synthetisches Teilchen mit gut bindenden Oberflachenmolekulen) an die erste Zelle herangeführt. Die oben erläuterte Bestimmung der Bmdungskrafte liefert z.B. eines der folgenden Ergebnisse. Sind die Bindungsstellen der ersten Zelle bereits durch die Wirksubstanz abgesattigt, so erfolgt keine oder eine schwache Bindung der Testzelle. Andernfalls erfolgt eine starke Bindung der Testzelle. Damit lassen sich biologische Zellen bewerten und in Bezug auf die Reaktion auf bestimmte Wirksubstanzen sortieren.
Em weiteres Beispiel für die Stimulierung biologischer Zellen wird im folgenden unter Bezug auf Figur 7 erläutert. Figur 7 zeigt analog zu den Figuren 1 und 6 eine Mikroelektrodenanordnung mit den Mikroelektroden 71 bis 78 und einen im Innenraum der Mikroelektrodenanordnung fokussierten Lichtstrahl 79.
Analog zum oben erläuterten Einspul- oder Durchstromprmzip wird eine erste Zelle 711 im elektrischen Fangbereich der Mikroelektrodenanordnung 71 bis 78 eingefangen und positioniert. Eine zweite Zelle 712 oder em synthetisches Teilchen mit einem Wirkstoff wird mit dem Lichtstrahl 79 eingefangen und entlang eines vorbestimmten Weges 713 an der ersten Zelle 711 vorbeigefuhrt bzw. für eine vorbestimmte Kontaktzeit mit dieser m Berührung gebracht. Auch wenn es nicht zu einer festen Bindung oder Adhäsion zwischen den Zellen oder Teilchen kommt, kann über die Berührung der Oberflachen eine chemische Signalubertragung erfolgen, die eine anschließend analysierba-
re Veränderung einer oder beider Zellen zur Folge hat. Anstelle der Einzelzellen können auch Zellgruppen oder -aggregate zur gegenseitigen Stimulation für eine vorbestimmte Zeit unter Wirkung vorbestimmter Krafte zusammengeführt und wieder getrennt werden.
Diese Verfahrensweise zur Stimulation biologischer Zellen oder Zellgruppen besitzt zahlreiche Verwendungen in der Medizin und Biotechnologie. Die Stimulation z.B. durch Applikation eines Medikaments aus der Umgebungslosung, die bisher für einzelne Zellen nur unter hohem Aufwand erreicht werden konnte, kann damit unter definierten und reproduzierbaren Bedingungen zell- spezifisch erfolgen. In lebenden Organismen erfolgen derartige Stimulationen (oder Hemmungen) in der Regel auch meist durch Wechselwirkungen zwischen Zellen, wobei diese m enge Nachbarschaft kommen oder sich berühren müssen. Die m Organismen auftretenden Verhaltnisse können mit der erfmdungsgemaßen Verfahrensweise vorteilhaft simuliert werden.
Auch die in Figur 7 illustrierte Verfahrensweise kann vorteilhaft mit der oben erläuterten Bestimmung optisch induzierter Krafte kombiniert, jedoch auch unabhängig von dieser unter Einstellung vorbestimmter Feldeigenschaften implementiert werden. Entsprechendes gilt auch für das unter Bezug auf Figur 8 erläuterte Verfahren zur Ausübung vorbestimmter Krafte auf Zellen oder Zellgruppen zur Aggregatformierung.
Figur 8 zeigt wiederum eine Mikroelektrodenanordnung mit den Mikroelektroden 81 bis 88 und einem im Innenraum der Mikroelektrodenanordnung fokussierten Lichtstrahl 89.
Nach der oben erläuterten Emspul- oder Durchstromtechnik wird eine Vielzahl von biologischen Zellen in den Innenraum der Mikroelektrodenanordnung eingespult. Mit dem optischen Kafig des Lichtstrahls 89 werden Zellen gezielt m den Fangbereich ge-
fuhrt und dort gegebenenfalls relativ zu bereits vorhandenen Zellen positioniert. Beispielhaft sind m Figur 8 vier Zellen 811 bis 814 im elektrischen Fangbereich dargestellt, zu denen eine fünfte Zelle 815 in vorbestimmter Position (entsprechend der Pfeilrichtung) zugefugt wird. Dabei wird die fünfte Zelle 815 für eine vorbestimmte Zeit mit einer vorbestimmten Kraft gegen die bereits formierte Zellgruppe 811 bis 814 gedruckt, um die Ausbildung von Bmdungskraften in dieser vorbestimmten Relativposition zu ermöglichen.
In dieser Weise lassen sich beliebige Zellaggregate mit vorbestimmten Aggregatformen aufbauen. Diese Verfahrensweise ist auch mit synthetischen Mikroteilchen implementierbar, die sich negativ polarisieren lassen und im elektrischen Fangbereich von den Mikroelektroden abgestoßen werden (negative Dielektrophorese) .
Eine erfmdungsgemaße Vorrichtung besteht aus einer Anordnung eines fluidischen Mikrosystems 91, einer Beleuchtungseinrichtung 92 zur Erzeugung eines optischen Käfigs m einer Mikroelektrodenanordnung des Mikrosystems 91, wobei das Mikrosystem 91 und die Beleuchtungseinrichtung 92 mit einer Versteileinrichtung 93 relativ zueinander verstellbar sind, und einer Beobachtungs- und/oder Sensoreinrichtung 94 (z.B. Mikroskop), wie dies schematisch in Fig. 9 dargestellt ist. Das Mikrosystem ist mit Fluidik- und Potentialsteuereinrichtung 95 versehen, wie dies an sich bekannt ist. Die Beleuchtungseinrichtung 92 ist beispielsweise eine an sich bekannter Laser- Pinzette, die als Lichtquelle beispielsweise einen Diodenlaser oder einen Halbleiterlaser und zur Fokussierung eine Mikroskopanordnung enthalt.