Streßtolerante Pflanzen und Verfahren zu deren Herstellung
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Pflanze mit erhöhter Streßtoleranz sowie ein Verfahren zu deren Herstellung. Insbe¬ sondere betrifft die vorliegende Erfindung eine Pflanze mit einem erhöhten Spiegel an Schutzproteinen auch unter stre߬ freien Bedingungen.
In sämtlichen Organismen, so auch in Pflanzen, werden Hitze¬ schockproteine (HSP) in Reaktion auf stark erhöhte Temperaturen oder Hitzeschock (HS) synthetisiert. Die biologische Bedeutung dieser als HS-Antwort bekannten Reaktion ist der Schutz zellu¬ lärer Proteine und Strukturen während einer Streßphase und/oder in der darauffolgenden Erholungsphase. Die HS-Antwort kann auch durch andere abiotische Streßfaktoren (Stressoren) wie z.B. Schwermetalle, Arsenit oder Trockenheit ausgelöst werden. Es handelt sich bei der HS-Antwort um eine allgemeine Streßre¬ aktion, die das Überleben der Zelle und damit des Organismus unter ungünstigen Umweltbedingungen sichert. Die Schutzwirkung der HSPs beruht überwiegend auf einer Minimierung der Schäden, die durch die Denaturierung von Proteinen aufgrund der Einwir¬ kung der Stressoren auf den Organismus entstehen. Fast alle HSP sind molekulare Chaperone (Vgl. Tab. 1) , die eine reversible Bindung mit partiell denaturierten Proteinen eingehen und dadurch eine korrekte Renaturierung (Faltung) dieser Moleküle ermöglichen bzw. beschleunigen. HSPs sind in der Lage, den Anteil an denaturiertem Protein aufgrund der Streßeinwirkung zu senken, bzw. den Anteil korrekt gefalteter, biologisch aktiver Proteine zu erhöhen. Weitere Einzelheiten über die Rolle der Heat-Shock-Proteine in Pflanzen sind beschrieben bei Vierling, E. in Annu. Rev. Plant Physiology Plant Mol. Biol. 1991, Band 42, Seiten 579 bis 620.
Obwohl, wie oben ausgeführt, sämtliche Organismen bei Streß eine HS-Antwort zeigen, kommt dieser Antwort bei Pflanzen eine
besondere Bedeutung zu. Pflanzen können aufgrund ihrer Gebun¬ denheit an den Standort am wenigsten einen Umweltstreß vermei¬ den oder diesem Ausweichen und sind am extremsten den abioti- schen Stressoren ausgesetzt. Dabei haben die kleinen HSPs (HSP20-Gruppe mit einem Molekulargewicht von ungefähr 17-20 kDa) eine besonders wichtige Bedeutung für die Antwort der Pflanzen auf Streß. Diese Proteine werden stark exprimiert, und es gibt mehrere verwandte Gene (ein Genfamilie) . Im Gegensatz zu anderen HSP-Gruppen (z.B. HSP70) , gibt es keine HSP20 oder HSP20-ähnliche Proteine, die auch bereits bei Normalbedingun¬ gen, z.B. bei der normalen Umgebungstemperatur, gebildet werden. Ohne Umweltstreß werden HSP nur in bestimmten Stadien der Pflanzenentwicklung synthetisiert, wobei dies speziell in den Spätphasen der Pollenentwicklung und der Embryogenese (Dessikationsphase der Samenreifung) beobachtet wird.
Es sind jedoch keine Pflanzen bekannt, bei denen unter normalen streßfreien Bedingungen merkliche Spiegel an HSPs vorliegen. Insbesondere sind keine Pflanzen bekannt, bei denen unter streßfreien Bedingungen eine ganze Gruppe an HSPs oder gar sämtliche HSPs in biologisch relevanten Konzentrationen in der Pflanze vorliegen.
Der vorliegenden Erfindung lag das technische Problem zugrunde, Pflanzen bereitzustellen, die eine erhöhte Streßtoleranz besitzen und die insbesondere auf eine Vielzahl verschiedener Stressoren mit erhöhter Toleranz reagieren können.
Dieses Problem wird gelöst durch eine Pflanze, enthaltend mindestens einen konstitutiv expri ierten und aktiven Trans¬ kriptionsaktivator für die konstitutive Expression von minde¬ stens einem Schutzprotein.
Ein weiteres technisches Problem bestand darin, ein Verfahren zur Herstellung einer Pflanze mit erhöhter Streßtoleranz bereitzustellen.
Dieses technische Problem wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren, umfassend die Schritte:
(a) Einbringen einer Nukleinsäure, die für einen konstitutiv aktiven Transkriptionsaktivator codiert, in eine Pflanzen¬ zelle, und
(b) Regenerieren einer transgenen Pflanze aus der in Schritt (a) erzeugten Pflanzenzelle.
Ein weiteres technisches Problem bestand in der Bereitstellung von Mitteln zur Erzeugung einer Pflanze mit erhöhter Streßtole¬ ranz.
Dieses technische Problem wird gelöst durch eine Nukleinsäure, die für einen in der Pflanze konstitutiv aktiven Transkrip¬ tionsaktivator codiert.
Figur 1: Alternative Modelle der Regulation der HS-Antwort in höheren Eukaryonten.
Figur 2: Expression des HSF-GUS-Fusionsgens in transgener Arabidopsis .
A) zeigt schematisch die Komponenten des Genfusions- konstrukts.
B) zeigt die konstitutiven GUS-Aktivitäten in transgenen Arajbidopsis-Pflanzen. Die GUS-Aktivitäten wurden ermit¬ telt für jedes Konstrukt in Proteinextrakten aus 30 einzelnen Transformanden (F0) und deren Fl-Nachkommen.
Die GUS-Aktivität wurde gemessen in pMol NAD/mg Protein/Minute.
C) zeigt konstitutive HSF und HSF-GUS (GH, HG) mRNAs durch Northern-Blot-Hybridisierung
Figur 3: Konstitutive Expression von HSP18 in transgener AraJidopsis, die HSF-Fusionsproteine überexprimiert.
A) zeigt den Nachweis von HSP18 in Western-Blots.
B) zeigt den Nachweis von HSP18-mRNA durch Nothern-Blot- Hybridisierung.
WT = nicht transformierte Arabidopsis ; HG1, HG2, GH1, GH2 = einzelne Transformanden, enthaltend HSF-GUS bzw. GUS-HSF.
Figur 4: Konstrukte zur Clonierung der Fusionsprodukte HSF1- GUS/GUS-HSF2.
Figur 4a zeigt das Konstrukt pAthsfl, bei dem das Eco RV (41 Basenpaare vor dem Start der Translation) /Sacl- Fragment von Athsfl in den pBluescript-Vektor cloniert wurde;
Figur 4b zeigt den Basisvektor pBIN19-CaMV/Nos-ter, der als Promotor das 300 bp-Fragment des Cauliflower Mosaic Virus 35S-Promotors enthält, das noch die TATA-Box und den Transkriptionsstart des nativen CaMV-Gens enthält. Zur Insertion des CaMV-Pro otors wurde das Hindlll/Xba I-Fragment in den Pflanzenvektor pBIN19 cloniert, und anschließend wurde das Transkrip- tionsterminationssignal Nos-ter als das SacI/EcoRI- Fragment in den pBIN19-Vektor mit dem CaMV-Promotor eingefügt;
Figur 4c zeigt das HSF-GUS-Genkonstrukt in dem pBluescript- Vektor (Hilfsvektor) . Der codierende Bereich des GUS- Gens liegt in einem DNA-Restriktionsfragment, das über Hindlll/Sacl in das Plasmid subcloniert worden war. Für die Insertion von Athsfl wurde das Athsfl- Gen aus pAthsfl (Figur 4a) als HindiII-Fragment iso¬ liert. Dies ergab das Fragment, in dem das 5'-Ende mit der EcoRV-Stelle (41 Basenpaare vor dem Start der Translation) gelegen ist. Dieses Fragment enthält den zugehörigen Transkriptionsstart für das native Athsfl-Gen. Dieses Genfragment bildet den Ausgangs¬ punkt für die Konstruktion der HG-Fusion mit dem konstitutiven Pflanzenpromotor (Figur 4d) ;
Figur 4d zeigt das Konstrukt, bei dem das HG-Fusionsfragment zwischen den Spaltstellen EcoRV/SacI aus Figur 4c in den mit S al/SacI-gespaltenen Basisvektor pBIN19 cloniert worden war;
Die verwendeten Abkürzungen besitzen folgende Bedeu¬ tung:
Athsfl AS 1-520 mit TATA-Box GUS AS 1-603 CaMV 300 bp mit Transkriptionsstart Nos-ter 300 bp r Transkriptionsstart
Figur 4e zeigt das Genkonstrukt, bei dem das GH-Fusionsfrag¬ ment direkt in den Basisvektor cloniert wurde. In den Basisvektor pBIN19-CaMV-35S-Nos-ter wurde GUS als das Xbal/Sacl-Fragment in den entsprechenden Schnittstel¬ len des Vektors cloniert. In dem so erzeugten Vektor, enthaltend GUS standen in dem Polylinker weitere
Restriktionsstellen für die Fusionierung mit Athsfl zur Verfügung. Das Einfügen von Athsf erfolgte anschließend durch Clonierung über die Sacl- Schnittstelle (24 Basenpaare nach dem Translations¬ start) .
Athsfl :AS 6-625
GUS :AS 1-598
CaMV :300 bp mit Transkriptionsstart
Nos-ter :300 bp :Transkriptionsstart
"Erhöhte Streßtoleranz" wie hierin verwendet, bedeutete die Fähigkeit einer erfindungsgemäßen Pflanze, unter dem Einfluß von Streßfaktoren eine geringere Beeinträchtigung ihrer Leistungesfähigkeit zu zeigen als die Wildtyppflanze oder gar die volle Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit beizubehalten. Die erhöhte Streßtoleranz beruht vermutlich, ohne an eine Theorie gebunden zu sein, auf dem Vorhandensein von einem oder mehreren Schutzproteinen unter Normalbedingungen in einer erhöhten Konzentration im Vergleich zu der jeweiligen Wildtyppflanze. Die Leistungsfähigkeit einer Pflanze zeigt sich beispielsweise in der Wachstumsgeschwindigkeit, der Stabilität der Merkmals¬ ausprägung, der Widerstandsfähigkeit gegenüber Pathogenen, der Qualität und des Ertrags der Ernteprodukte, der Nährstoffeffi- zienz, der Effizienz des Wasserhaushalts und dem Verhalten gegenüber Pflanzenschutzmitteln.
"Transkriptionsaktivator", wie hierin verwendet, bedeutet ein regulatorisches Protein, das im aktiven Zustand die Transkrip¬ tion von bestimmten Genen stimuliert. Dazu muß der Transkrip¬ tionsaktivator an bestimmte Sequenzen (sogenannte Responsive Elements) in den Promotoren der seiner Kontrolle unterstehenden Gene und/oder deren flankierende Regionen (i) erkennen, (ii)
daran binden und (iii) die Transkription der Gene initiieren oder fördern.
Ein Transkriptionsaktivator kann als Protein entweder im akti¬ ven (dereprimierten) oder im inaktiven (reprimierten) Zustand vorliegen. Nur im aktiven Zustand stimuliert der Aktivator die Transkription und damit die Expression der regulierten Gene.
Beispiele für Transkriptionsaktivatoren in Pflanzen sind beschrieben in K.D. Scharf, S. Rose, W. Zott, F. Schöffl und L. Nover in: The EMBO Journal, Band 9, Seiten 4495 bis 4501 (1990) .
"Konstitutiv exprimiert und aktiv" heißt im Zusammenhang mit dem Transkriptionsaktivator, daß der Aktivator ständig, d.h. unter Normalbedingungen wie unter Streßbedingungen, exprimiert wird und ständig in einer Form vorliegt, die seine Bindung an die Kontrollelemente der DNA erlaubt.
"Hitzeschockfaktor (HSF) " ist gleichzusetzen mit dem Begriff "Hitzeschock-Transkriptionsaktivator", der im aktiven Zustand über seine DNA-Bindungsdomäne an die Hitzeschockelemente (HSE) in Promotorsequenzen bindet und dadurch die Transkription der entsprechenden Gene beeinflußt. Die Aktivierung des Transkrip¬ tionsaktivators zu seiner DNA-bindenden Form erfolgt beispiels¬ weise durch Multimerisierung, wie Trimerisierung, einzelner Aktivatorproteine.
Ein natürlich vorkommender HSF in Wildtyppflanzen benötigt für seine Aktivierung ein durch Unweitstreß, z.B. Hitzestreß, erzeugtes Signal.
Gene, die von HSF reguliert werden, sind z.B. die Gene für Schutzproteine, wie die Hitzeschockproteine.
"Schutzproteine", wie hierin verwendet, sind Genprodukte von Genen, deren Expression von HSF reguliert wird. Zu den bekann¬ testen Schutzproteinen zählen die Hitzeschockproteine, die als molekulare Chaperone in den Zellen fungieren und dadurch andere Proteine bzw. biochemische und physiologische Prozesse in der Zelle bei Streßeinwirkung schützen. Schutzproteine können enzymatische Aktivitäten besitzen, die biochemische Reaktionen katalysieren und so den Schutz von Zellen und Organismen vor streßbedingten Schädigungen (z.B. durch oxidativen Stress, zur Übersicht siehe (C.H. Foyer, P. Descourvieres und K.J. Kunert in: Plant, Cell and Environment, Band 17, Seiten 507 bis 523 (1994)), Anaerobiose (Y. Yang, H.-B. Kwon, H.-P. Peng, M.- C. Shin in: Plant Physiology, Band 101, Seiten 209 bis 216 (1993)) betreffend Schwer etalltoxidität (D. Neumann, O. Lichtenberger, D. Günther, K. Tschiersch und L. Nover in: Planta, Band 194, Seiten 360 bis 367 (1994)) Photoinhibition (G. Schuster, D. Even, K. Kloppstech und J. Ohad in: The EMBO Journal, Band 7, Seiten 1 bis 6 (1988)) und oxidativem Stress (P. Mehlen, J. Briolag, L. Smith, C. Diaz-Latoud, M. Fabre, D. Pauli, A.-P. Arrigo in: Eur. J. Biochemistry, Band 215, S. 277- 284 (1993)) bewirken. Hierzu zählen u.a. auch die Proteine der HSP20-Familie.
"Streßfaktoren (Stessoren)" sind biotische oder abiotische Faktoren, die zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit einer Pflanze führen können.
Solche Faktoren können sein: Pathogenbefall (Viren, Viroide, Pilze, Bakterien, Insekten, Nematoden) , Verwundung, Hitze (insbesondere bei der Blütenausbildung und während der Samen¬ reife), Kälte (insbesondere während der Keimung), UV-Strahlung, hohe Lichtintensität, hohe Konzentration an Schwermetall, an Salz und/oder an Ozon, Azidität, Trockenheit und 02-Mangel.
"Wildtyppflanze" hierin bedeutet eine Pflanze, die eine normale Streßtoleranz zeigt und die die Ausgangspflanze bzw. -pflanzen- zelle für das erfindungsgemäße Verfahren liefert.
••Fusionsprotein", wie hierin verwendet, bedeutet ein Fusions¬ protein aus einem Transkriptionsaktivator und mindestens einem weiteren Proteinbestandteil, der üblicherweise nicht in dem entsprechenden Transkriptionsaktivator vorkommt. Das Fusions¬ protein besitzt die DNA-bindende Eigenschaft des Transkrip¬ tionsaktivators und ggf. weitere Eigenschaften aufgrund des weiteren Proteinbestandteils. Der Aktivatorbestandteil des Fusionsproteins besitzt die Fähigkeit zur DNA-Bindung und zur Regulierung der Transkription der unter seiner Kontrolle stehenden Gene, und er kann den Fremdproteinanteil an seinem N- Terminus, C-Terminus und/oder innerhalb der Proteinkette tragen. Dabei umfaßt der Fremdproteinanteil vorzugsweise ca. 500-600 Aminosäuren.
"Erhöhter Spiegel an Schutzprotein" bedeutet, daß die erfin¬ dungsgemäße Pflanze mit erhöhter Streßtoleranz ein oder mehrere Schutzproteine in einer Konzentration enthält, die höher ist als bei dem vergleichbaren Wildtyp mit normaler Streßtoleranz. Ein erhöhter Spiegel liegt beispielsweise bereits dann vor, wenn die Pflanze mit erhöhter Streßtoleranz unter streßfreien Bedingungen eine Konzentration an Schutzproteinen erreicht, die 5 %, vorzugsweise ca. 15-20 % oder mehr, der Konzentration an Schutzproteinen unter Streßbedingungen entspricht.
"Normalbedingungen", wie hierin verwendet, bedeutet, daß keine "Streßfaktoren", wie oben erläutert, auf die Pflanze einwirken. Ein Übergang von Normalbedingungen auf Streßbedingungen wird beispielsweise bewirkt durch eine Temperaturerhöhung von ca. 20-25°C (Normal) auf ca. 37°C (Streß). Streßreaktionen können aber auch schon bei niedrigeren und/oder höheren Temperaturen als 37°C ausgelöst werden.
Eine wichtige Schaltstelle für die Regulation der HS-Antwort, d.h. der HSP-Synthese, ist die Transkription der HSPs. Die koordinierte Expression der HSPs wird durch den zentralen Regu¬ lator, d.h. den HS-Transkriptionsfaktor (HSF) bewirkt. Der HSF nimmt somit eine Schlüsselfunktion bei der Initiation der HS- Antwort ein. Diese Funktion besteht darin, Hitzeschockpromoto¬ ren zu erkennen, daran zu binden und die Transkription der HS- Gene (die für HSP codieren) zu stimulieren. Dieses Regula¬ tionsprinzip ist bei allen höheren Eukaryonten, einschließlich der Pflanzen, konserviert (Vgl. Figur 1). Das zentrale Regula¬ torprotein HSF wird konstitutiv (d.h. permanent) gebildet, aber es ist bei normalen bzw. optimalen Wachstumsbedingungen inaktiv hinsichtlich seiner Fähigkeit an DNA zu binden und die Trans¬ kription der HS-Gene zu aktivieren. Streßeinwirkung auf die Pflanze hat zur Folge, daß der HSF aktiviert wird, d.h. er gewinnt seine Fähigkeit zur DNA-Bindung und Transkriptionsakti¬ vierung der HS-Gene, und dies wiederum führt zur vermehrten Herstellung von HSPs. Die Aktivierung von HSF korreliert häufig mit einer Trimerisierung bzw. Multi- merisierung von HSF-Mono- meren. Die HSF-Trimere binden an konservierte HS-Promotor¬ elemente (als HSE bezeichnet, die das Konsensusmotiv [nGAAnnTTCn]n enthalten) . Die so erzeugten Transkripte der HS- Gene werden dann während eines Hitzeschocks bevorzugt transla- tiert und in relativ großen Mengen angereichert mit der Folge, daß unter Streß ein hoher Spiegel an HSPs und an anderen Schutzproteinen in der Pflanze vorliegt.
Eine Möglichkeit, die HS-Antwort zu beeinflussen, schien durch die ektopische Überexpression von HSF gegeben zu sein. Dabei sollte ein HSF-Gen unter der Kontrolle eines starken konstitu- tiven Promotors zu einer Überexpression des HSF und folglich zu einer vermehrten Transkription der HS-Gene mit der Folge eines erhöhten HSP-Spiegels führen. Wie von den Erfindern über-
raschenderweise gefunden, führte dieser Ansatz jedoch nicht zu einer Überexpression der HSPs.
Dagegen wurde jedoch im Rahmen der vorliegenden Erfindung gefunden, daß ein erhöhter Spiegel an Schutzproteinen in einer Pflanze unter Normalbedingungen erhalten wird, wenn die Pflanze einen Transkriptionsaktivator, vorzugsweise einen HSF, enthält, der konstitutiv exprimiert wird und konstitutiv im aktiven Zustand vorliegt, so daß diese Pflanze mindestens ein Schutz¬ protein konstitutiv exprimiert. Vorzugsweise werden in einer solchen Pflanze jedoch mehrere Schutzproteine, wie beispiels¬ weise die Mitglieder der HSP20-Familie, sowie HSP70 und Super- oxiddismutase, gleichzeitig unter dem Einfluß des Transkrip¬ tionsaktivators konstitutiv exprimiert. Die konstitutive Expression der Schutzproteine kann sogar sämtliche Schutz¬ proteine der Pflanze betreffen.
Die erhöhte Streßtoleranz einer derart manipulierten Pflanze beruht, ohne jedoch an eine Theorie gebunden zu sein, vermut¬ lich auf einer erhöhten Konzentration an einem bzw. mehreren Schutproteinen bereits unter Normalbedingungen, so daß bei Auf¬ treten eines Streßfaktors bereits Schutzproteine in größerer Menge vorliegen, um sofort die Schäden zu minimieren, die z.B. durch Denaturierung von Proteinen aufgrund der Streßsituation entstehen. Eine solche Pflanze mit erhöhter Streßtoleranz besitzt bereits unter Normalbedingungen, d.h. streßfreien Bedingungen, einen Spiegel an mindestens einem Schutzprotein, der ungefähr 5 % des Spiegels an Schutzprotein ausmacht, der bei einer voll unter Streß stehenden Pflanze aufgebaut wird. Vorzugsweise enthält die erfindungsgemäße Pflanze bereits unter Normalbedingungen ca. 15 bis 20 % oder mehr des Streßprotein¬ spiegels einer Pflanze unter Streßbedingungen, wobei ganz besonders bevorzugt die Mitglieder der HSP20-Familie unter Normalbedingungen bereits 20 % des maximalen Spiegels unter Streßbedingungen erreichen.
Als Aktivator der Schutzproteine kommt vorzugsweise ein soge¬ nannter Hitzeschockfaktor in Betracht. Diese Transkriptions¬ aktivatoren (Transkriptionsfaktoren) binden i.d.R. an konser¬ vierte Elemente innerhalb der HS-Promotoren, die häufig das Konsensusmotiv [nGAAnnTTCn]n haben. Ein Beispiel für einen solchen Hitzeschockfaktor aus Pflanzen stellt der AraJidopsis- Hitzeschockfaktor dar (vgl. Hübel, A. und Schöffl, F. in Plant Molecular Biology, Band 26, Seite 353 bis 362 (1994) . Weitere Hitzeschockfaktoren sind dem Fachmann aus dem Stand der Technik wohl bekannt, wie beispielsweise beschrieben in K.D. Scharf, T. Materna, E. Treuter und L. Nover in: L. Nover (ed.) Plant Promotors and Transcription Factors, Seiten 121 bis 158, Springer Verlag, Berlin-Heidelberg (1994) .
Wie oben ausgeführt, liegt der Transkriptionsaktivator in Wild¬ typpflanzen unter Normalbedingungen entweder überhaupt nicht vor, oder aber in einer Form,- die die DNA-Bindung, insbesondere die Bindung an HSE, nicht erlaubt. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung konnte gezeigt werden, daß ein solcher inaktiver Transkriptionsaktivator in einen konstitutiv aktiven Transkrip¬ tionsaktivator durch Manipulation seiner nativen, inaktiven Struktur umgewandelt werden kann, vorzugsweise durch Änderung der Proteinsequenz. Die Techniken zum Ändern einer vorgegebenen Proteinsequenz sind dem Fachmann aus dem Stand der Technik wohl bekannt, wie beispielsweise beschrieben in Sambrook, J. et al., Molecular Cloning, Cold Spring Harbor Laboratory Press (1989). Die Modifikation des inaktiven Transkriptionsaktivators erfolgt mit dem Ziel, dem Aktivator eine konstitutive DNA-Bindungs¬ fähigkeit zu verleihen.
Eine bevorzugte Modifikation eines HSF zu dessen Aktivierung ist die Fusion mit einem weiteren Protein (Fremdprotein) , wobei das Fremdprotein vorzugsweise an den N-Terminus oder C-Terminus des HSF fusioniert wird. Geeignete Fusionspartner für einen HSF
sind beispielsweise ß-Glucuronidase, sowie weitere, sogenannte Reporterproteine, beispielsweise Luziferase, Struktur- oder Enzymproteine, sowie Proteine, die gleichzeitig zur Selektion von Zellen, Geweben und Pflanzen mit einem modifizierten HSF geeignet sind. Insbesondere eignen sich hierfür Neomycinphos- photransferase II, Phosphinothricinacetyltransferase und Hygro- mycinphosphotransferase. Weiterhin kann der HSF auch durch das Anhängen beliebiger anderer, auch synthetischer Proteine modifiziert werden.
Ob eine durchgeführte Modifikation des inaktiven HSF diesen in einen konstitutiv aktiven HSF umgewandelt hat, kann einfach dadurch festgestellt werden, daß der modifizierte HSF dahinge¬ hend untersucht wird, ob er die Fähigkeit zur DNA-Bindung unter Normalbedingungen durch die Modifikation erlangt hat. Diese Fähigkeit zur DNA-Bindung läßt sich mit aus dem Stand der Technik bekannten herkömmlichen Verfahren ermitteln, wie bei¬ spielsweise mit den dem Fachmann geläufigen Gelretardations- assays, wie beschrieben in D.D. Mosser, N.G. Theodorakis und R.J. Morimoto in: Molecular & Cellular Biology, Band 8, Seiten 4736 bis 4744 (1988) .
Als Pflanze mit erhöhter Streßtoleranz sind bevorzugt Pflanzen aus der Familie der Brassicaceae, der Klasse der Magnoliatae und er Klasse der Lilietae, wobei besonders bevorzugt sind Mit¬ glieder der Gattungen Brassica, Beta, Solanum, Lycopersicum, Helianthus, Glycine, Zea, Hordeum, Triticum, Seeale und Oryza.
Die erhöhte Streßtoleranz der erfindungsgemäßen Pflanzen zeigt sich in deren Fähigkeit, bei dem Einwirken von Streßfaktoren ihre Leistungsfähigkeit voll aufrecht zu erhalten, zumindest jedoch zeigen sie unter gegebenen Streßbedingungen eine gerin¬ gere Beeinträchtigung ihrer vollen Leistungsfähigkeit als die Wildtyppflanze, aus der die erfindungsgemäße Pflanze hervor¬ gegangen ist.
Die Leistungsfähigkeit einer Pflanze zeigt sich beispielsweise in deren Wachstumsgeschwindigkeit, der Stabilität der Merkmals¬ ausprägung, Samen und Fruchtsubstanz, der Widerstandsfähigkeit gegenüber Pathogenen, der Qualität und des Ertrags der Ernte¬ produkte, der Nährstoffeffizienz, der Effizienz des Wasserhaus¬ halts und der Verträglichkeit gegenüber Pflanzenschutzmitteln.
Vorzugsweise zeigen die erfindungsgemäßen Pflanzen eine verbes¬ serte Streßtoleranz gegenüber mindestens einem der biotischen Streßfaktoren, wie Pathogenbefall (beispielsweise Viren, Viroide, Pilze, Bakterien, Insekten, Nematoden) , und/oder abiotischen Streßfaktoren, Verwundung, Hitze (insbesondere bei der Blütenausbildung und während der Frucht- und Samenreife) , Kälte (insbesondere während der Keimung) , UV-Strahlung, hohe Lichtintensitäten, hohe Konzentrationen von Schwermetallen, von Salz und von Ozon, Azidität, Trockenheit, sowie 02-Mangel. Besonders bevorzugt sind Pflanzen, die eine erhöhte Toleranz gegen mehrere der genannten Streßfaktoren aufweisen, ganz besonders bevorzugt sind sie toleranter gegenüber sämtlichen Streßfaktoren.
Bevorzugte erfindungsgemäße Pflanzen weisen bereits unter streßfreien Bedingungen, d.h. unter Bedingungen, unter denen die Pflanzen nicht einem der o.g. Streßfaktoren ausgesetzt sind (Normalbedingungen) , einen erhöhten Spiegel mindestens eines Schutzproteins, vorzugsweise jedoch mehrerer Schutzproteine auf. Das Vorliegen eines erhöhten Spiegels an Schutzprotein läßt sich einfach dadurch feststellen, das der Gehalt an Schutzproteinen bei einer erfindungsgemäßen Pflanze ermittelt wird und dieser Gehalt verglichen wird mit dem Schutzprotein¬ gehalt der Wildtyppflanze. Die Schutzproteine lassen sich mit aus dem Stand der Technik bekannten herkömmlichen Verfahren aus den Pflanzen isolieren und quantifizieren.
Als Vehikel zum Einbringen eines konstitutiven aktiven Trans¬ kriptionsaktivators in die Pflanze wird eine Nukleinsäure ver¬ wendet, die für den gewünschten Transkriptionsaktivator codiert.
Die Nukleinsäure stellt eine DNA dar, beispielsweise in Form eines Plasmids, die nach bekannten Verfahren in Pflanzen einge¬ bracht werden kann. Beispielsweise kommt als hierfür geeignetes Plasmid das Ti-Plasmid aus dem Agrobacterium tumefaciens in Betracht, oder es wird eine der bekannten Techniken zum direk¬ ten DNA-Transfer verwendet.
Die in die Pflanze eingebrachte Nukleinsäure codiert vorzugs¬ weise für einen konstitutiv aktiven HSF, wobei als aktive Form besonders bevorzugt ist ein Fusionsprotein aus einem HSF und einem weiteren Protein bzw. Proteinfragment.
Vorzugsweise enthält die eingebrachte Nukleinsäure selbst die für die Expression des gewünschten Transkriptionsaktivators erforderlichen regulatorischen Elemente, wobei die für die Expression in Pflanzen erforderlichen Elemente in dem Stand der Technik bekannt und beschrieben sind. Alternativ kann die ein¬ gebrachte Nukleinsäure auch unter die Kontrolle von bereits in der Pflanzenzelle vorhandenen regulatorischen Elementen gebracht werden. F. Schöffl, M. Rieping und G. Baumann in: Developmental Genetics, Band 8, Seiten 365 bis 374 (1987) beschreibt die konstitutive Expression von einem HS-Gen unter der Kontrolle des CaMV-35S-Promotors in Tabak.
Die Verfahren zum Einbringen einer Nukleinsäure in eine Pflanzenzelle sind dem Fachmann wohl bekannt. Auch die Regene¬ ration einer vollständigen Pflanze aus einer Pflanzenzelle, transformiert mit einer Nukleinsäure, ist dem Fachmann geläufig und kann mit herkömmlichen Verfahren aus dem Stand der Technik erfolgen.
Die erfindungsgemäßen Pflanzen werden hergestellt durch Ein¬ bringen einer Nukleinsäure, die für einen konstitutiv aktiven Transkriptionsaktivator codiert, in eine Pflanzenzelle, und Regenerieren der transgenen Pflanze aus der mit der Nuklein¬ säure transformierten Pflanzenzelle.
Sämtliche Maßnahmen zum Herstellen einer transgenen Pflanze sind aus dem Stand der Technik bekannt. Üblicherweise wird nach dem Einbringen einer Nukleinsäure in Pflanzenzellen nach den¬ jenigen Pflanzenzellen selektiert, die die Nukleinsäure aufge¬ nommen haben und diese stabil exprimieren. Aus diesen Transformanden wird dann mit herkömmlichen Verfahren eine vollständige Pflanze regeneriert. Besonders vorteilhaft ist es, wenn der zur Selektion der geeignet transformierten Pflanzen erforderliche Selektionsmarker durch das Fremdprotein bereitgestellt wird, das als Fusionpartner des HSF dient.
Die erfindungsgemäßen Pflanzen sind von großem Nutzen auf dem Gebiet der Landwirtschaft, insbesondere wo unter schwierigen Wachstumsbedingungen, d.h. unter dem Einfluß von Streßfaktoren Pflanzen angebaut werden müssen.
Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung. Dabei wurden die meisten Versuche mit Arabidopsis thaliana durchgeführt, die bekanntermaßen ein beliebtes Modellsystem für Kulturpflanzen darstellt. Dieses Modell verkörpert alle wichtigen genetischen, physiologischen, biochemischen und molekularen Eigenschaften höherer Pflanzen. Insbesondere stellt diese Pflanze ein Modell¬ system für die Regulation der HS-Antwort bei Kulturpflanzen dar.
Der Hitzeschockfaktor aus Arabidopsis, ATHSFl:
Der Hitzeschockfaktor wird konstitutiv exprimiert, aber seine Aktivierung zur DNA-Bindung ist strikt an die Induktion durch Wärme gebunden (bei 37°C) , und die Aktivierung erfordert den Übergang von Monomeren zu Trimeren. ATHSFl ist ausführlich beschrieben in Hübel, A. und Schöffl, F. in Plant Molecular Biology, Band 26, Seite 353 bis 362 (1994) .
Herstellen von konstitutiv aktivem ATHSFl:
Es wurden zwei Arten an Genfusionsprodukten, HSF-GUS (HG) und GUS-HSF (GH) , hergestellt, wie in Figur 2A gezeigt. Die Fusio¬ nen wurden konstitutiv exprimiert mit Hilfe des CaMV 3SS-Promo¬ tors in transgenen Arabidopεiε-Pflanzen. Es spielt für die Aktivität des Fusionsprodukts keine Rolle, ob ATHSFl mit dem Fremdprotein am N- oder am C-Terminus fusioniert wurde. Das zur Transforma-tion verwendete Konstrukt wurde hergestellt, indem ATHSFl-cDNA subkloniert wurde in dem Pflanzenvektor BIN19, der das Glucoronidase (GUS)-Reportergen unter der Kontrolle des konstitutiven CAMV35S-Promotors, sowie die Terminationssequenz der Nopalinsynthase (NOS-ter) enthält. Konstruktionstechnisch bedingt fehlte dem ATHSFl-Anteil in der HSF-GUS-Fusion 15 Aminosäuren an dem C-Terminus und in der GUS-HSF-Fusion 5 Aminosäuren an dem N-Termi-nus. In der GUS-HSF-Fusion ist der GUS-Anteil um 5 Aminosäuren am C-Terroinus verkürzt.
Expression der Fusionen in Arabidopsis
Die GUS-Aktititäten wurden für jedes Konstrukt ermittelt in Proteinextrakten aus 30 verschiedenen Transformanden (F0) und der Fl-Folgegeneration. Die GUS-Aktivität wurde gemessen in pMol NAD/mg Protein/Minute.
Arabidopsis thaliana (Ökotyp Columbia) wurde mit Agrobacterium tumefaciens, enthaltend die von BIN19 stammenden Vektorplas¬ mide, mit Hilfe des von Valvekens, M. van Montagu und M. van Lijsebettens in: Proceedings of the National Academy of Science, USA, Band 85, Seiten 5536 bis 5540 (1988) beschriebe¬ nen Verfahrens transformiert. Fl-Samen wurden erzeugt aus geselbsteten Transformanden, und die GUS-Aktivitäten wurden in den Proteinextrakten aus Blattgewebe bestimmt unter Verwendung des Fluoreszenzverfahrens, wie beschrieben von R.A. Jefferson, T.A. Kavnagh und M.W. Bevan in: The EMBO Journal, Band 6, Seiten 3901 bis 3907 (1987) . Die gefundenen GUS-Aktivitäten sind in Figur 1B gezeigt.
Ferner wurden die mRNA-Spiegel von HSF und der HSF-Fusionen im Wildtyp wie auch im transgenen Arajbidopsis ermittelt. Hierzu wurde die Gesamt-RNA isoliert aus dem Blattgewebe von einzelnen Transformanden und von Wildtyppflanzen folgend auf oder ohne Wärmestreß (HS) bei 37°C für 3 Stunden. Die RNAs wurden analy¬ siert durch Nothern-Blot-Hybridisierung mit Hilfe von 30 μg
Gesamt-RNA/Spur und einer 32P-markierten ATHSFl-cDNA-Probe, wie beschrieben von Severin und Schöffl in K. Severin und F. Schöffl in: Plant Molecular Biology, Band 15, Seiten 827 bis 833 (1990) . Die mRNA-Spiegel der Chimären Gene waren signifi¬ kant erhöht im Vergleich zu den Spiegeln des authentischen ATHSFl-Transkripts, wie aus Figur IC ersichtlich. Diese Daten zeigen, daß die Chimären HSFs stabil in den transgenen Pflanzen zusätzlich zu dem endogenen Wildtyp-ATHSFl exprimiert werden.
Konstitutive HSP-Synthese
Für die kleinen HSP bei Arabidopsis sind bisher 5 Gene bekannt, drei für Klasse I (zu der auch das unten getestete HSP18 gehört), zwei für Klasse II (vgl. Vierling, E. s.o.). mRNAs
innerhalb einer Familie sind so stark konserviert, daß sie bei Hybridisierungen kreuzreagieren.
Die konstitutive Expression von HSP18 in transgenen AraJbi- dopsiε , die HSF-Fusionsproteine überexprimieren, ist in Figur 3 gezeigt.
Zur Western-Blot-Analyse wurden die Proteine isoliert ohne oder folgend auf einen HS (vgl. auch Figur 1) durch rasches Homoge¬ nisieren von Blattgewebe in Puffern, enthaltend 8 M Harnstoff. Analysenproben (30 μg/Spur) wurden einer SDS-PAGE unterzogen und mit Hilfe des Elektroblotverfahrens auf Nitrozellulose übertragen. HSP18 wurde nachgewiesen durch einen Antikörper, der gegen ein rekombinantes Arabidopsis HSP17.6 gerichtet war. Die Gensequenz für HSP17.6 ist beschrieben in K.W. Helm und E. Vierling in: Nucleic Acids Research, Band 17, Seite 7995 (1989) . Die Banden wurden sichtbar gemacht durch Inkubation mit Mäuse-Anti-Huhn-IgG, an das alkalische Phosphatase gekoppelt war, und Anfärben mit dem Nitrotetrazoliumblau/5-Brom-4-chlor- 3-indolyl-phosphat-system, wie beschrieben in E. Engvall und P.J. Perlmann in: Journal of Immunology, Band 109, Seite 129 (1972) .
Die Nothern-Blot-Hybridisierungen wurden durchgeführt wie beschrieben in K. Severin und F. Schöffl in : Plant Molecular Biology, Band 15, Seiten 827 bis 833 (1990).
Das Ergebnis der HSP-Expressionsstudien zeigt, daß im Wildtyp (WT) bei Raumtemperatur (RT) keine HSPlδmRNA nachweisbar ist. Mittels Antiseren, die gegen rekombinantes HSP18 aus Arabi¬ dopsis gerichtet sind, können in den transgenen Pflanzen konstitutiv exprimierte kleine HSPs nachgewiesen werden. Die Antiseren, obwohl sie gegen ein individuelles HSP gerichtet sind, erkennen wegen der starken Konservierung der HSP-Struktur alle Mitglieder einer HSP-Familie. Im Western-Blot ist ein
deutlicher Unterschied zwischen WT (keine Expression) und transgenen Pflanzen bei RT zu erkennen. Der in den transgenen Pflanzen bei Raumtemperatur aufgefundene Spiegel an konstitutiv exprimierten HSP beträgt ca. 15 bis 20 % der durch HS induzier¬ ten Menge an HSPs (ermittelt mit Hilfe der Immundiffusion) . Dies entspricht etwa 1 bis 2 ng HSP18/μg Gesamtprotein. Nach einem Hitzeschock steigt in den transgenen Pflanzen die Menge der kleinen HSP auf den Wert, der auch beim hitzeinduzierten Wildtyp erreicht wird (vgl. Figur 3).
Die mRNA-Spiegel für HSP70, das konservierteste aller Schutz¬ proteine, sind in HSF-GUS (GUS-HSF) transgenen Pflanzen eben¬ falls stark konstitutiv erhöht im Vergleich zum nicht induzier¬ ten Wildtyp. Dies zeigt, daß die konstitutive Streßreaktion nicht nur auf die kleinen HSP beschränkt ist, sondern auch HSP70 und weitere HSP umfaßt. Dies heißt mit anderen Worten, daß der konstitutiv aktive HSF eine Palette von HSPs induziert.
Konstitutive Aktivität der HSF-Fusionsproteine und HSF-Inter- aktionen.
Die Derepression der HSF-Aktivität der in Arabidopsis expri¬ mierten Fusionsproteine (HSF-GUS und GUS-HSF) konnte durch dreierlei Experimente bewiesen werden:
1. Es erfolgt eine konstitutive Trimerisierung der HSF-Fusions¬ proteine.
2. Die HSF-Fusionsproteine binden konstitutiv an HSE-Sequenzen.
3. Die Hitzeschockproteine werden konstitutiv exprimiert.
Es wurde gezeigt, daß bei Normaltemperatur (20 bis 25°C) , d.h. unter streßfreien Bedingungen, die HSF-Fusionsproteine aktiv
sind, der natürlich vorkommende HSF jedoch inaktiv ist. Erst nach einem HS kann auch die Aktivität des natürlich vorkommen¬ den ATHSFl beobachtet werden.
Übertragbarkeit der HSF-Aktivierunα aus Arabidopsis auf andere Pflanzen
Die oben beschriebenen HSF-GUS- bzw. GUS-HSF-Genkonstrukte erlauben die heterologe Expression in anderen Pflanzen als Arabidopsis . Dabei führen die Fusionsprodukte aus Arabidopsis zur konstitutiven Expression von HSPs in heterologen Pflanzen.
Weiterhin lassen sich in anderen Pflanzen als Arabidopsis die entsprechenden HSFs in analoger Weise zu der oben ausgiebig ausgeführten Aktivierung in Arabidopsis ebenfalls aktivieren, so daß es zu einer konstitutiven Expression der HSPs durch die homologen konstitutiv aktiven- HSFs kommt.
Konstitutive Expression von Hitzeschockproteinen in Hairv Root- Kulturen und Pflanzen der Zuckerrübe
Medien:
Bakterien
Zur Anzucht der Bakterien werden Medien verwendet, wie sie von Maniatis T. et al. in "Molecular cloning: A Laboratory Manual", Cold Spring Harbor Laboratory Press (1989) näher beschrieben werden.
Pflanzen
Die benutzten Medien leiten sich von dem von Murashige T. et al. in "A revised medium for rapid growth and bioassays with tobacco tissue cultures", Physiol. Plant. 15: 473-497 (1962) angegebenem MS-Medium und von dem von Gamborg O.L. et al. in ••Nutrient requirements of Suspension cultures of soybean root cells", Exp. Cell Res. 50: 151-158 (1968) angegebenem B5-Medium ab.
Stämme und Vektoren:
Aαrobakterienstämme
LB 4404 und Ril5834-Wildstamm (beide kommerziell erhältlich; beispielsweise Clontech Laboratories, Palo Alto, Kalifornien, bzw. der American Type Culture Collection unter der Hinter- legungs-Nr. ATCC 15834).
Plasmid
HSF1/GUS und GUS/HSF2 (BIN19 Derivate; Bevan M. , (1984), "Binary Agrobacterium vectors for plant transformation", Nucl. Acids Res. 12: 8711-8721).
Angewandte Methoden:
Alle molekularbiologischen Standard-Methoden - wie z.B. Restriktionsanalyse, Plasmidisolierung, Minipräparation von Plasmid-DNA, Transformation von Bakterien usw. - wurden, sofern nicht anders angegeben, wie bei Maniatis et al., "Molecular
Cloning: A Laboratory Manual", (1989) beschrieben, durchge¬ führt.
Pflanzenmaterial
7 bis 10 Tage alte Zuckerrübenpflanzen verschiedener Genotypen wurden für die Transformation in vitro angezogen.
DNA-Transfer in Aqrobakterien
a) Transformation
Die Plas id-DNA wurde nach der Methode von P.J.J. Hooykaas und T. Mozo, "Agrobacterium molecular genetics" in Plant Molecular Biology, Manual B3: 1-9, (1994), über direkte Transformation übertragen.
b) DNA-Analyse
Die Überprüfung des DNA-Transfers in das Agrobakterium erfolgte durch die Isolierung von Bakterien-DNA nach der von P.J.J. Hooykaas und T. Mozo, "Agrobacterium molecular genetics" in Plant Molecular Biology, Manual B3: 1-9, (1994) , beschriebenen Methode. Die Restriktionsspaltung der DNA, der Transfer auf Nitrozellulose und die Hybridisierung gegen die entsprechende radioaktive Sonde gaben Aufschluß über einen erfolgreichen DNA-Transfer in die Agrobakterien.
Herstellung von "Hairy Root"-Kulturen von Zuckerrüben durch Co- Transfer von T-DNAs aus Agrobacterium tumefaciens und A . rhizo- genes Plasmiden:
Anzucht der Bakterien
Beide zur Infektion benötigten Agrobakterienstämme wurden über Nacht in selektivem Antibiotika-Medium (LB-Medium) bei 27°C angezogen. Nach Zentrifugieren und erneuter Aufnahme des Sedi¬ ments in 1/10 MS-Medium konnten die Bakterien zur Infektion verwendet werden.
Hvpokotyl-Explantat-Infektion
Für die Hypokotyl-Infektion wurden 7 bis 10 Tage alte sterile Zuckerrübenkeimlinge verschiedener Genotypen verwendet. Die verletzten 1 cm langen Hypokotylstücke (nur Sproßpol) wurden kurz in eine Agrobakterien-Suspension (A . tumefaciens und A .
9 rhizogenes wurden im Verhältnis 1:1 gemischt, ca. 10 Zellen/ml) eingetaucht. Die infizierten Explantate wurden auf MSB-Medium (MS mit 0,5 mg/1 BAP und 30 mg/1 Kanamycin) 4 Wochen bei 24°C und Dauerlicht gehalten. Von den induzierten Wurzeln wurden die Wurzelspitzen auf **. B5-Medium mit 500 mg/1 Cefotaxim und 300 mg/1 Kanamycin überführt. Nach ca. 8 Wochen (Subkultur alle 4 Wochen) konnten die Wurzeln zur weiteren Vermehrung in B5-Flüssig-Medium subkultiviert werden.
Biochemischer Nachweis der Expression des Fusionsproteines
Der X-Gluc-Assay wurde nach Jefferson R.A. , (1987), "Assaying Chimeric Genes in Plants: The GUS-Gene Fusion System", Plant Molecular Biology Reporter 5: 387-405, durchgeführt.
Nachweis der Hitzestressproteine (Western-Blot/ELISA.
Die verwendeten Antikörper wurden in Kaninchen hergestellt (Immunisierung mit rekombinantem Arabidopsis thaliana Hitze¬ schockfaktor ATHSP17,6). Die Extraktion der Hitzestressproteine aus Pflanzengewebe erfolgte mit einem Puffer, der 6 M Harnstoff enthält. Die Auftrennung der Extrakte erfolgte mit einer 15 % SDS-PAGE. Neben den rekombinanten ATHSP17,6 wurde hitzegestre߬ tes Pflanzengewebe als Positivkontrolle verwendet. Der Hitzestress erfolgte in SIB-Puffer (1 mM NaP, 1 % Sucrose, pH 6,0) bei 40°C für 2 Stunden unter Schütteln.
Transformation von Zuckerrüben mit AgrrojacteriuΛi tumefaciens :
Anzucht der Bakterien
Der zur Infektion benötigte- Agrobakterienstamm LB4404 wurde über Nacht in selektivem Antibiotika-Medium (AB-Minimal-Medium) bei 27°C angezogen. Nach Zentrifugieren und erneuter Aufnahme des Sediments in 1/10 MS-Medium konnten die Bakterien zur Infektion verwendet werden.
Blatt-Explantat-Infektion
Für die Kotyledonen-Infektion wurden 7 bis 10 Tage alte sterile Zuckerrübenkeimlinge verschiedener Genotypen verwendet. Die am basalen Ende verletzten Kotyledonen wurden ca. 4 min in einer Agrobakterien-Suspension (ca. 109 Zellen/ml) inkubiert. Die infizierten Explantate wurden auf 1/10 MS-Medium 3 bis 4 Tage bei 24°C und einem 16 Stunden-Tag gehalten und danach auf MS- Medium mit 0,5 mg/1 BAP, 0,05 mg/1 NAA, 500 mg/1 Carbenicillin und 300 mg/1 Kanamycin überführt. Bis Selektionsende wurde alle 2 bis 3 Wochen auf dem gleichen Medium subkultiviert.
Die nach einigen Wochen selektierten transgenen Sprosse wurden auf MS mit 0,5 mg/1 BAP und 500 mg/1 carbenicillin vermehrt und anschließend auf 4 MS mit 5 mg/1 IBA und 500 mg/1 Carbenicillin bewurzelt (16 Stunden-Tag, 24°C) .
Der biochemische Nachweis der Expression des Fusionsproteins sowie der Nachweis der Hitzestressproteine erfolgte wie für die "Hairy Root"-Kulturen angegeben.
Die obigen Versuche zeigten, daß die transgenen "Hairy Roots" der Zuckerrübe sowie die transgenen Zuckerrüben-Pflänzchen die Hitzestressproteine konstitutiv exprimierten.
Konstitutive Expression von Hitzeschockproteinen in Tabakpflanzen
Die heterologe HSF-GUS-Expression bewirkt eine konstitutive HSP-Synthese:
Der bei Arabidopsis beobachtete Effekt der konstitutiven Hitze¬ schockproteinsynthese, beruhend auf dem transgenen Arabidopsis HSF-GUS, ist auch bei transgenen Tabakpflanzen nachweisbar. Demzufolge ist das aus Arabidopsis stammende HSF-Fusionsprotein auch in heterologen Pflanzen wirksam.
Die konstitutive Expression von Hitzeschockproteinen in den Tabakpflanzen erhöht die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen verschiedene Streßbedingungen.
Trockentoleranz
Transgene HSF-GUS Tabakpflanzen zeigen eine erhöhte Trocken¬ toleranz. Die Austrocknung von abgeschnittenen Blättern ist gegenüber dem WT deutlich verlangsamt, die Unterschiede im Wasserverlust betragen bis zu 20, manchmal sogar 30 %, abhängig von der Austrocknungsdauer und von der Temperatur. Transgene Pflanzen, die bis zu einem Wasserverlust von 29,5 % ausgetrock¬ net wurden, konnten wieder revitalisiert werden; WT-Pflanzen, die im gleichen Zeitraum (33 Stunden) 33,25 % Wasserverlust hatten, waren nicht revitalisierbar.
Toleranz gegen photoxydativen Streß
Photoxydativer Streß, erzeugt durch hohe Temperatur (37°C) und hohe Lichtintensitäten (von 50 auf 650 PFD erhöht) , erzeugte bei transgenen Tabakpflanzen -im Vergleich zum WT einen signifi¬ kanten Unterschied (bis zu 30 %) in der Fluoreszenz, gemessen in Fv/Fm; dieser Unterschied beruht auf einer erhöhten Fo der dunkeladaptierten WT-Pflanzen, die schon zum Zeitpunkt 0 (vor dem Photoxydationsstreß) auftritt. Diese Befunde zeigen an, daß in transgenen Pflanzen offensichtlich eine Stabilisierung des photosynthetischen Reaktionszentrums stattfindet und eventuell das nicht photochemische Quenching (Entsorgung von Radikalen über enzymatische Wege) verstärkt wird.
Schwermetalltoleranz
Transgene Pflanzen, bei denen ein Teil der Wurzel abgeschnitten wurde, zeigen eine deutlich abgeschwächte Reaktion gegenüber Eisen in Fe-EDTA-Lösungen (200 bis 400 μM) . WT-Pflanzen zeigen bei identischer Behandlung schwere Symptome in Form von "Nässen" und Nekrosen.
Tabelle 1
Biochemische und funktionelle Eigenschaften von HS-Proteinen
HSP-Familie1 Eigenschaften
HSP 100 HSP 104 ist wichtig für die Thermotoleranz in Hefe assoziiert in dem Cytoplasma mit regulatorischen Proteinen
HSP90b (inaktive Formen) in tierischen Zellen (Hormonrezeptoren, Proteinkinasen usw.) das am stärksten konservierte HSP, ATPase, reversible Wechselwirkung mit dem Nukleolus, die Dissoziation von
HSP70b anderen (denaturierten) Proteinen verlangt ATP, möglicherweise ein negativer Regulator der HS-Antwort, kann möglicherweise mit HSF wechselwirken molekulares "Chaperon" für die richtige Anordnung von
HSP60b multimeren Proteinkomplexen in Mitochondrien, Chloroplasten, möglicherweise Cytoplasma
HS-abhängige Aggregation dieser HSP in dem Cytoplasma,
HSP20C Bildung von granulären Körperchen in Pflanzen, Funktion als Chaperon entsprechend dem Säuger-HSP26 in vitro
8 kDa Protein, das an der Erkennung von Proteinen für den
Ubiquitin proteolytischen Abbau beteiligt ist
HSFb HS-Faktor, positiver Regulator der Transkription von HS-Genen
a) Klassifiziert anhand des Molekulargewicht in kDa; es existieren verschiedene Größen in ver¬ schiedenen Organismen, aber die Struktur und Funktion ist innerhalb der Familien konser¬ viert b) Multiple Isoformen; häufig hitzeinduzierbare Proteine c) Multiple HSPs; HSP-Familien in Pflanzen (die Mitglieder werden in die Chloroplasten oder ans ER transportiert); es kommt im Menschen nur ein HSP vor