Flammenschutzmittelzusammensetzung für thermoplastische Formmassen
Die Erfindung betrifft eine halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung sowie die erfindungsgemäße Zusammensetzung enthaltende Polymere.
Als Flammschutzmittel werden in Kunststoffen, insbesondere in thermoplastischen Formmassen, häufig halogenhaltige Flammschutzmittel, zumeist in Kombination mit Antimontrioxid, eingesetzt. Im Brandfall haben derartige Flammschutzmittel zwar eine gute Wirksamkeit, allerdings werden bei der Verbrennung korrosive und manchmal auch toxische Stoffe, wie z.B. Dioxine und Furane, gebildet und freigesetzt.
Zur Vermeidung der Entstehung dieser toxischen Substanzen wurden daher halogenfreie Flammschutzmittel entwickelt, die auf Metallhydroxiden, organischen oder anorganischen Phosphaten, Phosphinaten oder Phosphonaten mit synergistisch wirkenden Substanzen oder Deriva- ten von 1 ,3,5-Triazinverbindungen und Mischungen daraus basieren. Ein Nachteil dieser Flammschutzmittel ist jedoch, dass sie häufig nur eine geringe Flammschutzwirkung verleihen und für den Einsatz in Kunststoffen, insbesondere thermoplastischen Kunststoffen und Elastomeren im Elektrik- und Elektronikbereich, nicht oder nur bedingt einsetzbar sind, da einige phosphorhaltige Flammschutzmittel einen Einfluss auf die elektrische Leitfähigkeit haben können und damit die Eigenschaften z.B. eines mit einem Kunststoff mit Flammschutzmittel ummantelten Kabels oder eines aus thermoplastischen Kunststoffen mit Flammschutzmittel bestehenden elektrischen Bauteils verändern. Zudem können derartige Flammschutzmittel auch zu einer Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften eines Kunststoffs führen. Einige im Übrigen gute Flammschutzmittel sind auch nicht zur Verwendung mit Kunststoffen, die Füllstoffe enthalten, geeignet.
Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestand daher darin, eine Flammschutzmittelzusammensetzung bereitzustellen, die gut in verschiedene Kunststoffe einarbeitbar ist, gut mit der Polymermatrix verträglich ist und eine gute Flammschutzwirkung aufweist ohne die mechanischen und elektrischen Eigenschaften des Kunststoffs wesentlich zu beeinträchtigen.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe mit einer halogenfreien Flammschutzmittelzusammensetzung gelöst, welche
wenigstens eine Komponente a) ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Stickstoffbasen, Melaminderivaten, Phosphaten, Pyrophosphaten, Polyphosphaten, organischen und anorganischen Phosphinaten, organischen und anorganischen Phosphonaten und Derivaten der vorgenannten Verbindungen,
und
wenigstens eine Komponente b) ausgewählt unter phosphorhaltigen Polyestern, die durch Umsetzung von phosphorhaltigen Monomeren miteinander und/oder mit esterbildenden Monomeren erhältlich sind, wobei das phosphorhaltige Monomer ausgewählt ist aus Additionsprodukten von 9,10-Dihydro-9-oxa-10-phospha-phenanthren-10-oxid (DOPO) und kernsubstituierten Derivaten von 9,10-Dihydro-9-oxa-10-phospha-phenanthren-10-oxid an ungesättigte Verbindungen aus der Gruppe der ein- und mehrwertigen Carbonsäuren und deren Anhydriden, ein- und mehrwertigen Alkoholen und Hydroxycarbonsäuren und wobei das esterbildende Monomer ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus gesättigten und ungesättigten ein- und mehrwertigen Alkoholen oder Mischungen davon, gesättigten und ungesättigten Carbonsäureanhydriden und gesättigten und ungesättigten ein- und mehrwertigen Carbonsäuren,
enthält.
9,10-Dihydro-9-oxa-10-phospha-phenanthren-10-oxid (DOPO) und deren polymere Derivate sind zwar als Flammschutzmittel in bestimmten Polyestern bekannt, es hat sich jedoch gezeigt, dass zahlreiche Kunststoffe nach Zugabe von DOPO oder polymeren Derivaten davon nicht mehr verarbeitbar bzw. dosierbar sind und die zur Verarbeitung notwendigen Maschinen verkleben. Überraschenderweise weist eine erfindungsgemäße Flammschutzmittelzusammensetzung eine im Vergleich zu den Einzelkomponenten verbesserte Flammschutzwirkung in einer Vielzahl verschiedener Kunststoffen auf und ist gut in diesen Kunststoffen verarbeitbar. Kunststoffe mit der erfindungsgemäßen Flammschutzmittelzusammensetzung weisen möglicherweise aufgrund einer geringen Flammschutzbeladung gute mechanische und elektrische Eigenschaften auf.
Die sehr gute Flammschutzwirkung basiert überraschenderweise auf der Bildung von Radikalen durch die Komponente b), die durch unterschiedliche Flammschutzmechanismen der Komponen- te a) synergistisch unterstützt wird. Der genaue Mechanismus der synergistischen Wirkung der Komponenten a) und b) ist jedoch nicht bekannt. Die Kombination der Komponenten a) und b) führt zu vorteilhaften Eigenschaften sowohl in Bezug auf die Einarbeitbarkeit in den Kunststoff als auch die Flammschutzeigenschaften. Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Flammschutzmittelzusammensetzung ist die geringe Löslichkeit der in Form eines Polymers enthaltenen Kom- ponente b), wodurch die Gefahr des Auswaschens oder Herauswanderns der Flammschutzmittelzusammensetzung aus einem Kunststoff deutlich verringert wird.
Bevorzugt ist die mindestens eine Komponente a) der halogenfreien Flammschutzmittelzusammensetzung ausgewählt unter Ammoniumpolyphosphat, mit Melamin, Melaminharz, Melaminde- rivaten, Silanen, Siloxanen oder Polystyrolen beschichteten und/oder beschichteten und vernetzten Ammoniumpolyphosphatpartikeln, sowie 1 ,3,5-Triazinverbindungen, einschließlich Melamin, Melam, Meiern, Melon, Ammeiin, Ammelid, 2-Ureidomelamin, Acetoguanamin, Benzoguanamin, Diaminphenyltriazin, Melaminsalze- und addukte, Melamincyanurat, Melaminborat, Melami- northophosphat, Melaminpyrophosphat, Dimelaminpyrophosphat und Melaminpolyphosphat, oligomere und polymere 1 ,3,5-Triazinverbindungen und Polyphosphate von 1 ,3,5- Triazinverbindungen, Guanin, Piperazinphosphat, Piperazinpolyphosphat, Ethylendiamin- phosphat, Pentaerythritol, Borphosphat, 1 ,3,5-Trihydroxyethylisocyanurat, 1 ,3,5-Triglycidyliso- cyanurat, Triallylisocyanurat und Derivaten der vorgenannten Verbindungen.
Es hat sich gezeigt, dass als Komponente a) sowohl stickstoffhaltige als auch phosphorhaltige Verbindungen alleine und in Kombination miteinander geeignet sind.
Es handelt sich bei den oben genannten Verbindungen um Komponenten a), die während der Verarbeitung des Kunststoffs bei hohen Temperaturen, z. B. durch Extrudieren, stabil sind, so dass keine wesentliche Zersetzung dieser Komponenten stattfindet. Es hat sich gezeigt, das dadurch die Verarbeitbarkeit des das erfindungsgemäße Flammschutzmittel enthaltenden Kunst- Stoffs erheblich verbessert wird und gleichzeitig die flammwidrige Wirkung erhalten bleibt.
Vorzugsweise ist eine einzige Komponente a) in der Zusammensetzung enthalten.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform sind genau 2 oder mehrere Komponenten a) enthalten.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Flammschutzmittelzusammensetzung ist die mindestens eine Komponente a) ausgewählt unter Meiern, Melon, Melam, Melamincyanurat, Melaminborat, Melaminorthophosphat, Melaminpyrophosphat, Dimelaminpyrophosphat und Melaminpolyphosphat, Ammoniumpolyphosphat und Borphosphat sowie Deriva- ten davon. Diese Komponenten a) weisen für sich bereits eine gute Flammschutzwirkung und hohe thermische Stabilität auf. Es hat sich gezeigt, dass sie auch in Kombination mit Komponente b) bei höheren Temperaturen in thermoplastische Formmassen z.B. durch Extrusion gut einarbeitbar sind. Vorzugsweise werden Melamincyanurat oder Melaminpolyphosphat als Komponente a) verwendet. Diese sind in Wasser schwer löslich und ein diese enthaltendes Flammschutzmittel ist besonders geeignet für die Einarbeitung in Kunststoffe, z.B. zur Ummantelung von leitenden Strukturen oder als Basis von leitenden Strukturen, wie z.B. in elektronischen Bauteilen.
Besonders bevorzugt sind in der halogenfreien Flammschutzmittelzusammensetzung wenigstens zwei verschiedene Komponenten a) enthalten, wobei wenigstens eine Komponente a) ausgewählt ist unter Ammoniumpolyphosphat und Derivaten davon oder Melaminphosphatderivaten und wenigstens eine andere Komponente a) eine von der ersten Komponente verschiedene Stickstoffbase ist.
Bei der Mischung dieser Komponenten a) handelt es sich um ein intumeszierendes Flammschutzmittel. Diese Mischung bildet im Brandfall unabhängig von Komponente b) Gase, die zu einem Ausdehnen und Aufschäumen des Materials führen, in das sie eingebracht sind. Überraschenderweise führt die Verwendung solcher Flammschutzmittel zusammen mit Komponente b) zu einer weiter verbesserten Flammschutzwirkung.
Beispiele für derartige Flammschutzmittel enthalten neben der wenigstens einen Komponente b) Ammoniumpolyphosphat oder Derivate davon oder Melaminphosphatderivate sowie einen Krustenbildner, wie z.B. Pentaerythritol oder Piperazinderivate.
In einer Ausführungsform ist eine einzige Komponente b) in der Zusammensetzung enthalten. Gemäß einer Ausführungsform sind genau 2 oder mehrere Komponenten b) enthalten.
Bevorzugt weist wenigstens ein phosphorhaltiger Polyester der wenigstens einen Komponente b) einen mittleren Polymerisationgrad Pn von wenigstens 55, bevorzugt zwischen 60 und 250, besonders bevorzugt zwischen 60 und 90, auf.
Diese Polyester mit einem vergleichsweise hohen Kondensationsgrad sind bei der Verarbeitung in einem Kunststoff zusammen mit wenigstens einer Komponente a) sehr stabil, da Umeste- rungsreaktionen weitgehend unterdrückt werden. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist wenigstens ein phosphorhaltiger Polyester der wenigstens einen Komponente b) ein mittleres Molekulargewicht Mn von mehr als 1.000 g/mol, bevorzugt zwischen 5.000 und 250.000 g/mol, besonders bevorzugt zwischen 25.000 und 100.000 g/mol, auf. Bevorzugte ungesättigte Mono- und Dicarbonsäuren zur Umsetzung mit Additionsprodukten von 9,10-Dihydro-9-oxa-10-phospha-phenanthren-10-oxid und kernsubstituierten Derivaten von 9,10- Dihydro-9-oxa-10-phospha-phenanthren-10-oxid zum Herstellen der wenigstens einen Komponente b) sind Sorbinsäure, Acrylsäure und Crotonsäure sowie Itaconsäure, Maleinsäure,
Fumarsäure, Endomethylentetrahydrophthalsäure, Citraconsäure, Mesaconsäure und Tetra- hydrophthalsäure sowie deren Anhydride. Besonders bevorzugt sind Itaconsäure, Maleinsäure und deren Anhydride. Bevorzugt zur Herstellung eines Polyesters der wenigstens einen Komponente b) eingesetzte esterbildende Monomere sind gesättigte ein- oder mehrwertige Alkohole, besonders bevorzugt sind aliphatische Diole, einschließlich Monoethylenglykol, Diethylenglykol, Propylenglykol, 1 ,3- Propandiol, 1 ,3-Butandiol, 1 ,4-Butandiol, Neopentylglyol, Hexandiol und 1 ,10-Decandiol sowie Tris-2-hydroxyethylisocyanurat (THEIC), Glycerin, Trimethylolethan, Trimethylolpropan und Pen- taerythrit.
Die wenigstens eine Komponente b) ist bevorzugt durch Umsetzung mit einem einwertigen Alkohol oder einer optional phosphorhaltigen Monocarbonsäure endverschlossen. Bevorzugt weist wenigstens ein phosphorhaltiger Polyester der wenigstens einen Komponente b) der halogenfreien Flammschutzmittelzusammensetzung reaktive funktionelle Gruppen auf, die unter Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen, Carbonsäuregruppen, Phosphinsäuregruppen und Hydroxygruppen ausgewählt sind. Vorzugsweise hat wenigstens ein phosphorhaltiger Polyester der wenigstens einen Komponente b) in der halogenfreien Flammschutzmittelzusammensetzung einen Erweichungspunkt im Bereich von 100 °C bis 130 °C. Derartige Polyester sind besonders gut für die Verwendung in Kunststoffe mit ähnlichen physikalischen Eigenschaften geeignet. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das phosphorhaltige Monomer in Komponente b) eine Verbindung der folgenden Formel (I):
(0
wobei
R1 und R2 gleich oder verschieden und unter H, Alkyl, Alkoxy, Aryl, Aryloxy und Arylalkyl ausgewählt sind,
n und m unabhängig voneinander ganze Zahlen von 1 bis 4 sind und
R3 einen Rest mit wenigstens einer esterbildenden Gruppe oder einen von einer ungesättigten Dicarbonsäure oder deren Anhydrid abgeleiteten Rest darstellt.
Eine besonders bevorzugte Ausführungsform des Polyesters der wenigstens einen Komponente b) weist die folgende Formel (II) auf:
(Π) wobei:
Rt H, Methyl oder Ethyl ist,
R2 eine Gruppe der Formel -(CH2)m-0-Ri ist,
A eine verzweigte oder unverzweigte Alkylengruppe mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen oder wahlweise substituierte aromatische Brückengruppe ist, bevorzugt -C2H4- ist,
n eine ganze Zahl zwischen 55 und 110, und
m eine ganze Zahl zwischen 1 und 6, bevorzugt 2, ist.
Besonders bevorzugt sind die Komponenten a) und b) im Verhältnis 1 :10 bis 50:1 , bevorzugt 1 :5 bis 25:1 und besonders bevorzugt 1 :3 bis 10:1 , in der Flammschutzmittelzusammensetzung enthalten. Das Verhältnis ist in Gewichtsanteilen angegeben. Die erfindungsgemäße Flammschutzmittelzusammensetzung weist über einen großen Bereich von Mengenanteilen der Komponenten a) und b) sehr gute flammwidrige Eigenschaften auf.
Die Erfindung umfasst auch ein Polymermaterial, welches die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung enthält. Insbesondere ist die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung zur Verwendung in Thermoplasten und thermoplastischen Elastomeren geeignet. Die erfindungsgemäßen Flammschutzmittel haben eine hohe thermische Stabilität und zersetzen sich nicht bei der Extrusion, sie sind in Polymeren, insbesondere Thermoplasten und thermoplastischen Elastomeren, gut dispergierbar. Durch ihre geringe Leitfähigkeit sind sie für die Einarbeitung in Polymere, die im Bereich Elektrik und Elektronik verwendet werden, gut geeignet. Außerdem sind diese Flammschutzmittel nur wenig wasserlöslich und werden aus Polymeren nicht oder nur wenig ausgewaschen.
Bevorzugt enthält das Polymermaterial die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung in einer Menge von 5 bis 50 Gew.-%, bevorzugt 10 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Polymermaterials mit Flammschutzmittelzusammensetzung. Aufgrund seiner beson- ders guten flammwidrigen Eigenschaften kann die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung in geringen Mengen in einem Kunststoff eingesetzt werden. Derartige flammgeschützte Polymere erfüllen auch bei geringen Schichtdicken von z. B. 1 ,6 mm höchste Brandschutzanforderungen in Kunststoffen. Durch die geringe Menge der eingesetzten Flammschutzmittelzusammensetzungen bleiben die Flexibilität und Verarbeitbarkeit der damit ausgerüsteten Kunststoffe erhalten.
Bevorzugte Polymermaterialien sind ausgewählt unter gefüllten und ungefüllten Polyolefinen, Vinyl-Polymeren, Olefin-Copolymeren, thermoplastischen Elastomeren auf Olefinbasis, vernetzten thermoplastischen Elastomeren auf Olefinbasis, Polyurethanen, gefüllten und ungefüllten Polyestern und Copolyestern, Styrol-Blockcopolymeren, gefüllten und ungefüllten Polyamiden und Copolyamiden. Beispiele für Copolyester sind PET und PBT.
Prinzipiell sind die erfindungsgemäßen halogenfreien Flammschutzmittelzusammensetzungen für alle beliebigen Polymere verwendbar. Besonders geeignet sind sie als Flammschutzmittel für ungefüllte und gefüllte bzw. verstärkte Polyamide, Polyester, wie Polybutylenterephthalat und Polyethylenterephthalat, Polyolefine, wie Polyethylen und Polypropylen, Polystyrol, Styrol- Blockcopolymeren, wie ABS, SBS, SEES, SEPS, SEEPS und MBS, Polyurethane, Polyacrylate, Polycarbonate, Polysulfone, Polyetherketon, Polyphenylenoxid, Polyphenylensulfid, Epoxidharze u.a. Die hohe Beständigkeit der erfindungsgemäßen Flammschutzmittelzusammensetzung bei hohen Temperaturen macht sie auch für Polymermassen geeignet, die relativ hohe Verarbeitungstemperaturen erfordern.
Die derart ausgerüsteten Kunststoffe können z.B. zur Ummantelung von Kabeln in Leitungssystemen, für Röhren für elektrische Kabel, elektrische Bauteile aus thermoplastischen Kunststoffen u. a. eingesetzt werden. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung enthält das Polymermaterial weiter Füllstoffe, die bevorzugt ausgewählt sind aus der Gruppe, bestehend aus Metallhydroxiden, vorzugsweise Erdalkalimetallhydroxiden, Alkalimetallhydroxiden und Aluminiumhydroxid, Silikaten, vorzugsweise Schichtsilikaten, Bentonit, Erdalkalimetallsilikaten und Alkalimetallsilikaten, Carbo- naten, vorzugsweise Calciumcarbonat sowie Talk, Ton, Glimmer, Kieselerde, Calciumsulfat, Ba- riumsulfat, Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Glasfasern, -partikeln und -kugeln, Holzmehl, Cellulosepulver, Ruß, Graphit, Böhmit und Farbstoffen.
Diese Füllstoffe können dem Polymermaterial weitere gewünschte Eigenschaften verleihen. Insbesondere kann z.B. durch eine Verstärkung mit Glasfasern die mechanische Stabilität erhöht werden, durch Zugabe von Farbstoffen der Kunststoff eingefärbt werden und auch der Preis des Kunststoffs ggf. herabgesetzt werden.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform können die Polymermaterialien weitere Zusatzstoffe, wie Antioxidantien, Lichtstabilisatoren, Prozesshilfsmittel, Nukleierungsmittel, Impact Modifier und insbesondere Kompatibilisatoren und Dispergierhilfsmittel, enthalten.
Erfindungsgemäß ist, wie oben angegeben, auch die Verwendung von einem Polymermaterial, welches die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung enthält, zur Herstellung von Ummantelungen für elektrisch leitende Strukturen, Abschirmungen für elektrisch leitende Strukturen und Gehäuse und Komponenten für elektrisch leitende Strukturen, vorzugsweise zur Herstellung von Kabeln in Leitungssystemen, Röhren für elektrische Kabel, elektrischen Bauteilen aus thermoplastischen Kunststoffen. Insbesondere ist ein Polymermaterial, welches die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung enthält, auch verwendbar zur Herstellung von Gehäusen und Bauteilen für elektrische und elektronische Geräte, gedruckten Leiterplatten, Steckplatten, elektrischen Anschlüssen und Schaltern sowie Kabelisolierungen und Kabelröhren.
Überraschenderweise weist eine erfindungsgemäße Flammschutzmittelzusammensetzung eine im Vergleich zu den Einzelkomponenten verbesserte Flammschutzwirkung in einer Vielzahl verschiedener Kunststoffe auf und ist gut in diesen Kunststoffen verarbeitbar. Kunststoffe mit der erfindungsgemäßen Flammschutzmittelzusammensetzung weisen möglicherweise aufgrund einer geringen Flammschutzbeladung gute mechanische und elektrische Eigenschaften auf.
Die erfindungsgemäßen Flammschutzmittel haben eine hohe thermische Stabilität und zersetzen sich nicht bei der Extrusion, sie sind in Polymeren, insbesondere Thermoplasten und thermoplastischen Elastomeren, gut dispergierbar. Durch ihre geringe Leitfähigkeit sind sie für die Einarbeitung in Polymere, die im Bereich Elektrik und Elektronik verwendet werden, gut geeignet. Außer- dem sind diese Flammschutzmittel nur wenig wasserlöslich und werden aus Polymeren nicht oder nur wenig ausgewaschen.
Gerade Ummantelungen von Kabeln in elektrischen Leitungssystemen, Röhren für elektrische Kabel und elektrische und elektronische Bauteile aus thermoplastischen Kunststoffen stellen ho- he Anforderungen an das Polymermateriai, aus denen sie gefertigt werden, da einerseits eine gute Flammschutzwirkung sichergestellt sein muss sowie gute mechanische Eigenschaften für die Verarbeitung und andererseits das Polymermaterial selbst durch darin enthaltene Zusätze nicht zur Leitfähigkeit beiträgt und elektrisch isoliert. Bevorzugte Materialstärken der mit dem Polymermaterial, welches die halogenfreie Flammschutzmittelzusammensetzung enthält, hergestellten Ummantelungen, Abschirmungen und Basen für elektrisch leitende Strukturen betragen von ungefähr 0,1 mm bis 10 mm, vorzugsweise 0,5 mm bis 5 mm. Gerade bei diesen Materialstärken ist das Flammschutzmittel besonders gut wirksam.
Die folgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung.
Beispiele Für die Versuche wurden Prüfkörper aus Polymermaterialen mit unterschiedlichen Flammschutzzusätzen hergestellt. Es sind sowohl erfindungsgemäße als auch nicht erfindungsgemäße Flammschutzmittel bzw. Flammschutzmittelzusammensetzungen und entsprechende Polymere aufgeführt. Bei der Herstellung der Prüfkörper wurde zunächst das jeweilige Polymer extrudiert. Dazu wurde ein gleichläufiger Doppelwellenextruder (IJD = 40) der Firma Coperion verwendet. Der Schneckendurchmesser des Extruders betrug 18 mm. Während der Extrusion mit einem Ausstoß von 7 kg/h wurde das Polymer über eine separate Dosierung in den Haupteinzug des Extruders gra- vimetrisch dosiert. Das Flammschutzmittel bzw. eine Flammschutzmittelzusammensetzung wur- den über einen Sidefeeder ebenfalls gravimetrisch unter Beachtung der jeweiligen Zugabemengen zugefügt. Nach Beendigung des Extrusionsvorganges wurde das fertige Polymermaterial unter Verwendung eines Wasserbades und Stranggranulators (Pell-Tec) granuliert. Anschließend wurde das Material unter Verwendung einer beheizbaren Presse zu Platten mit einer Dicke von
1 ,6 mm gepresst. Aus den Platten wurden Prüfkörper zurechtgeschnitten und einem UL94 Vertikal Test unterzogen.
Die Untersuchungen wurden gemäß den Vorgaben der Underwriter Laboratories, Standard UL94 durchgeführt. Für jedes mit Flammschutz ausgerüstete Polymer wurden 5 Prüfkörper für den Test verwendet. Jeder Prüfkörper wurde in einer vertikalen Position eingespannt. An das freie Ende des Prüfkörpers wurde zweimal für 10 Sekunden eine Bunsenbrennerflamme gehalten. Danach wurde jeweils die Zeit bis zum Erlöschen der Flamme oder des Glühens des Prüfkörpers gemessen. Gleichzeitig wurde festgestellt, ob entflammte Tropfen des Prüfkörpers darunterliegende Baumwolle (Watte) entzünden konnten.
Als Ergebnis sind die Einstufungen in die Brandschutzklassen V-0 bis V-2 angegeben. Dabei bedeutet V-0, dass die Gesamtbrenndauer von 5 getesteten Prüfkörpern weniger als 50 Sekunden betrug und die Baumwolle nicht durch herabtropfende glühende oder brennende Bestandteile des Prüfkörpers entzündet wurde. Die Einstufung V-1 bedeutet, dass die Gesamtbrenndauer mehr als 50 Sekunden aber weniger als 250 Sekunden betrug und ebenfalls die Baumwolle nicht entzündet wurde. V-2 bedeutet, dass die Gesamtbrenndauer von 5 Prüfkörpern zwar weniger als 250 Sekunden betrug, die Baumwolle jedoch durch herabtropfende Prüfkörperbestandteile in mindestens einem der 5 Tests entzündet wurde. Die Abkürzung NC steht für„nicht klassifizierbar" und bedeutet, dass eine Gesamtbrenndauer von mehr als 250 Sekunden gemessen wurde. In vielen dieser Fälle verbrennt der Prüfkörper vollständig. Sofern keine Angabe vorhanden ist, konnte das Material nicht zu einem Prüfkörper verarbeitet werden.
In der nachfolgenden Tabelle sind sowohl die Zusammensetzungen der Polymere als auch die Ergebnisse des oben beschriebenen Flammschutztests angegeben. Die verwendeten Polymere sind PBT (ungefülltes Polybutylenterephthalat: Ultradur B4520 UN von BASF), PA GF 30 (glasf- serverstärktes Polyamid: Durethan BKV 30 H1.0 von Lanxess) und ein TPE-E (thermoplastisches Polyester-Elastomer: Arnitel EM 400 von DSM). Als Flammschutzmittel wurden alleine oder in einer Kombination als erfindungsgemäße Flammschutzmittelzusammensetzung die folgenden Komponenten verwendet: Ukanol FR 80 (Polyester mit 9,10-Dihydro-9-oxa-10-phospha-phenanthren-10-oxid-Seitenketten von Schill + Seilacher), Budit 315 (Melamincyanurat von Chemische Fabrik Budenheim) und Budit 3141 (Melaminpoly- phosphat von Chemische Fabrik Budenheim).
Die Zahlenangaben betreffen jeweils Gewichtsanteile.
Versuch Polymer Flammschutz UL94 Nr. 1,8 mm
PBT PA GF 30 TPE-E Ukanol FR 80 Budit 315 Budit
3141
1 100 NC
2 80 20 V-2
3 80 20
4 80 20 NC
5 80 5 15 V-2
6 80 10 10 V-2
7 80 15 5 V-2
8 80 15 5 V-2
9 80 10 10 V-0
10 80 5 15 V-0
11 80 7,4 12,6 V-2
12 80 7,4 12,6 V-2
13 80 10 5 5 V-2
14 80 5 5 10 V-2
15 80 5 10 5 V-2
16 100 NC
17 80 20 NC
18 80 20 NC
19 80 5 15 V-2
20 80 10 10 V-2
21 80 15 5 V-2
22 75 25 V-2
23 70 30 V-1
24 75 25
25 75 2,5 22,5 V-0
26 75 5 20 V-0
27 75 7,5 17,5 V-0
Aus den angegebenen Versuchen zeigt sich deutlich ein Effekt bei der Kombination eines Polyesters gemäß Komponente b) (Ukanol FR 80) und einer Verbindung gemäß Komponente a) (Budit 315 bzw. Budit 3141). Sofern eine derartige Kombination als Flammschutz eingesetzt wurde, konnte immer eine Einstufung erfolgen.
Während PBT bei Verarbeitung mit nur einem Flammschutzmittel nicht klassifizierbar oder nicht verarbeitbar ist oder in Stufe V-2 eingeordnet wird, kann mit einer Kombination aus Budit 315 und Ukanol die Brandschutzklasse V-0 erzielt werden, bei gleicher Menge an eingesetztem Flammschutz.
Ein ähnlicher Effekt zeigt sich bei PA GF 30, welches mit nur einer Flammschutzkomponente nicht klassifizierbar ist, aber mit der Kombination aus Ukanol FR 80 und Budit 315 in die Stufe V- 2 eingeordnet wird. Bei der Verwendung von einer Kombination aus 12% Ukanol FR 80 und 12 % Budit 3141 kann für PA GFR 30 sogar eine Einstufung von V-0 erreicht werden.
Besonders deutlich geht die synergistische Wirkung der Komponenten a) und b) aus den Versuchen mit TPE-E hervor. Dieses Material ist bei Zugabe von ausschließlich Ukanol FR 80 (Komponente b)) nicht verarbeitbar. Bei Zugabe von Budit 315 kann auch bei Steigerung der Menge an Flammschutzmittel nur die Klassifizierung V-1 erreicht werden, während die Kombination von Budit 315 mit einer geringen Menge an Ukanol FR 80 bereits zu der Einstufung V-0 führt.
Zudem lässt sich durch die Kombination einer Komponente a) und b) innerhalb einer Klassifizierung die Gesamtbrenndauer im Vergleich zu einer einzelnen Flammschutzverbindung deutlich herabsetzen (Daten nicht gezeigt).