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Raketentriebwerk Die Erfindung bezieht sich auf ein Raketentriebwerk,
bei welchem der Verbrennungssauerstoff, vorzugsweise flüssiger Sauerstoff, aus einer
Vorratsflüssigkeit unter Druck zugeführt wird.
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Es ist bekannt, Raketentriebwerke verschiedener Art in der Weise auszuführen,
daß die Flüssigkeitspumpe, welche die zur Verbrennung erforderlichen Flüssigkeiten
in die Brennkammer fördern, durch eine Gasturbine angetrieben werden. Das zur Beaufschlagung
der Turbine erforderliche Gas wird durch Anzapfung aus der Brennkammer entnommen,
so daß der Brennkammerdruck um so mehr verringert wird, je mehr Brenngas entnommen
wird. Da die zu entnehmenden Brenngasmengen aus diesem Grunde klein bleiben müssen,
ist die Pumpleistung und damit der erzielbare Brennkammerdruck beschränkt. Mit der
üblicherweise zur Verfügung stehenden Pumpleistung besteht weiterhin die Schwierigkeit,
die zur Verbrennung erforderlichen Flüssigkeiten, die zur Kühlung der Brennkammer
durch die Brennkammerwand geleitet werden, wobei sie aufgeheizt und verdampft werden,
in der Weise in Dampf zu verwandeln, daß damit eine gleichmäßige und wirkungsvolle
Wärmeübertragung gesichert ist. Der Sauerstoffträger, z. B. Flüssigsauerstoff, geht
bei einem Förderdruck, der unter dem kritischen Druck der Kühlflüssigkeit liegt,
im unterkritischen Zustand in den gasförmigen Zustand über, wobei sich unter Umständen
der zur Wärmeübertragung sehr ungünstige Leydenfrostsche Zustand einstellt. Es bildet
sich an der Wand ein die im Innern des Rohres noch vorhandene Flüssigkeit umgebendes
Gaspolster, welches die Flüssigkeit nur an einzelnen
Stellen mit
der Wand in Berührung kommen läßt, so daß der Wärmeübergang sich langsam und ungleichmäßig
vollzieht.
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Die Erfindung hat die Aufgabe, diese Nachteile zu verhindern und die
Triebwerksleistung durch Erhöhung des Brennkammerdruckes zu vergrößern. Erfindungsgemäß
wird der Raum innerhalb des Triebwerksmantels durch eine die Sauerstoffpumpe antreibende
Turbine, welche vorzugsweise von aufgeheiztem Sauerstoffdampf beaufschlagt wird,
in eine Vorbrennkammer und eine Nachbrennkammer unterteilt. Das gesamte aufgeheizte
Sauerstoffvolumen sowie die bei der Verbrennung in der Vorbrennkammer entstandenen
Brenngase werden also zur Beaufschlagung der Turbine herangezogen. Dadurch läßt
sich auch bei nur geringem Druckgefälle eine wesentlich höhere Pumpenleistung erzielen
als bei den bisher bekannten Methoden. Diese Pumpenleistung ist in der Lage, den
Sauerstoff oder Sauerstoffträger in überkritischem Zustand in die Brennkammer zu
fördern. Das ist Voraussetzung zur Erhöhung des Brennkammerdruckes, wodurch die
Triebwerksleistung heraufgesetzt wird, während der spezifische Brennstoffverbrauch
abnimmt.
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Der Sauerstoff wird bei Eintritt in die Vorbrennkammer zur Kühlung
der Düse und der Brennkammer durch ein Röhrensystem in der Brennkammer und Düsenwand
geleitet und dabei vorgewärmt. Eine Schleuderpumpe fördert die Sauerstoffflüssigkeit
mit über dem kritischen Druck des Sauerstoffs liegendem Druck in die Kühlkanäle.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform laufen die Kühlkanäle in gerader
Richtung längs der Achse und sind so angeordnet, daß das eingeleitete Medium gegebenenfalls
mehrmals hin- und hergeleitet wird, bevor es in die Vorbrennkammer eintritt.
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Der gasförmige Eintritt des Sauerstoffs oder des Sauerstoffträgers,
der bei Anordnung einer Vorbrennkammer gegenüber dem in diese eingeführten Brennöl
im Überschuß zugeführt wird, verbessert die Verbrennung und mindert die Explosionsgefahr
bei Betriebsänderungen (Teillast) gegenüber der bisher bekannten Einspritzung des
flüssigen Sauerstoffs oder eines flüssigen Sauerstoffträgers in die Brennkammer.
Daher ist das mit erfindungsgemäß in überkritischem Zustand eintretendem Sauerstoff
arbeitende Raketentriebwerk gegenüber bekannten Triebwerken besonders gut regelbar.
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Der Einbau der als Antrieb für die Brennöl- und Sauerstofförderung
dienenden Gasturbine in das Rückstoßtriebwerk ist gegenüber der getrennten Anordnung
von Fördereinrichtungen für Brennöl und Sauerstoffträger außerhalb des Triebwerksmantels
vorteilhaft, weil er einen einfacheren Triebwerksaufbau und daher erhöhte Betriebssicherheit
ergibt. Das im Verhältnis zur Antriebsleistung aufzuwendende Gewicht wird kleiner,
und es werden keine Sonderantriebsstoffe für den Turbinenantrieb gebraucht. Da für
die Förderung von Brennöl und Sauerstoff infolgedessen ohne Schwierigkeit eine größere
Leistung zur Verfügung gestellt werden kann als bei bekannten Bauarten mit außerhalb
des Triebwerks liegenden Fördereinrichtungen, können die der Kühlung dienenden Elemente
wirksamer gestaltet werden, weil mit höherem Druckabfall in den Kühlkanälen gearbeitet
werden kann.
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Weitere Merkmale ergeben sich aus den Zeichnungen. Es zeigt Fig. 1
ein gemäß der Erfindung ausgebildetes Raketentriebwerk im Längsschnitt, Fig. 2 einen
Schnitt nach Linie A-B, Fig. 3 einen Schnitt nach Linie C-D in Fig. 1, Fig.4 eine
abgewandelte Einzelheit aus Fig.3, vergrößert im Schnitt.
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Der Triebwerkskörper setzt sich aus dem zylindrischen Mantel 1, einem
Kopf 2 mit der Innenschale 3 und der Düse 4 zusammen. Kopf und Düse sind an dem
Mantel 1 beispielsweise mittels Schraubenbolzen 5, 6 befestigt. Die Bolzen 5' dienen
zum Aufschrauben des ganzen Triebwerks an einen Haltering. In dem von dem Mantel
1 umschlossenen Raum sind zwei Brennkammern gebildet, eine Vorbrennkammer 7 und
eine Nachbrennkammer B. Die beiden Brennkammern sind durch das Laufrad und die dieses
umgebenden Gehäuseteile einer Gasturbine 9 voneinander getrennt. Das Laufrad weist
einen durchbohrten Achszapfen 10 auf, der mit einer Hohlwelle 11 verbunden ist.
Die Hohlwelle ist in einem durch ein Rohr 12 gebildeten Traggehäuse gelagert, das
an der Kopfinnenschale 3 in einem Rohrstutzen 13 gehalten ist und an seinem dem
Turbinenrad benachbarten Ende Rippen 14 trägt, mit denen das Turbinengehäuse 15
verbunden ist. Die Hohlwelle 11 ist innerhalb des Stutzens 13 in einem in die Kopf
innenschale 3 eingesetzten Kugellager 16 und am anderen Ende in einem im Tragrohr
12 untergebrachten Kugellager 17 gelagert. Die Kugellager könnten auch durch andere
Wälz-oder durch Gleitlager ersetzt sein. Zwischen dem Tragrohr 12 und der Hohlwelle
11 ist außerdem ein als Stütz- und Dichtungslager dienendes Gleitlager 18 angeordnet.
In dem Stützrohr 12 befinden sich Schlitze oder sonstige Durchbrechungen 19. Das
Turbinenlaufrad besteht aus der Scheibe 20 aus Leichtmetall. Nach der Seite der
Nachbrennkammer 8 hin ist es mit einer aus gegen höhere Temperatur widerstandsfähigem
Material, z. B. Stahl od. dgl. bestehenden Platte 9' gepanzert und gekühlt. Durch
die Durchbrechungen 19 tritt der am Rande des Brennkegels im Raum 7 aufgeheizte
Sauerstoffdampf in das Tragrohr 12 ein, umströmt und kühlt, schützt also die Hohlwelle
11 und das Kugellager 17, tritt durch Schlitze 9" in der Turbinenscheibe teilweise
hinter die Platte 9', kühlt diese zusätzlich und tritt dann am Umfang der Platte
9' in die @Tachbrennhammer 8 ein. In die Scheibe 20 ist der Stahlschaufelring 21
eingegossen, der die Stahlschaufeln 22 trägt. Durch die Stahlschaufeln gehen radiale
Bohrungen 23 hindurch, die anRadialbohrungen 24 in der Scheibe 20 anschließen. Die
Bohrungen 24 gehen von einem Mittelkanal 25 aus, der sich aus einer Bohrung in dem
Stutzen 10 und einem in der Hohlwelle angeordneten Rohr 25 zusammensetzt. Dieses
Rohr ist in der Hohlwelle in Abstandsringen 26 gelagert.
In der
Turbinenscheibe 20 verzweigen sich die radialen Kanäle 24 in der Weise, daß einzelne
Bohrungen 27 an Stellen austreten, die einen geringeren Abstand von der Drehachse
haben als die Beschaufelung 22. Die ebenfalls mit den radialen Kanälen 24 in Verbindung
stehenden Schaufelbohrungen 23 münden in einen den Schaufelring umgebenden Ringraum
des Gehäuseteils 28, der nach innen offen ist. Mit diesem Ringraum des Gehäuseteils
28 stehen Leitungen 29 in Verbindung.
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Dem mittleren Kanal 25 wird Brennstoff, z. B. Öl, in Richtung des
Pfeiles 30 zugeführt, vom Turbinenrad durch die radialen Kanäle 24 nach außen geschleudert
und teilweise durch die Abzweigungen 27 in die Brennkammer 8 gespritzt, teilweise
in die Kanäle 29 gedrückt. Diese schließen an im Kopf 2 angebrachte Ölzuführungsstutzen
32 an, in die das Öl in Richtung des Pfeiles 31 eintritt. Die Zuführungen
32 münden in einen hohlen Ring 33, der mittels Rippen 34 auf dem Halterohr 12 befestigt
ist. Aus Düsen 35 des hohlen Ringes 33 sprüht das Öl in die Vorbrennkammer 7 aus.
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In der Nachbarschaft des hohlen Ringes 35 ist ein Zündbrenner 36 angebracht,
dem bei 37 Zündöl und bei 38 Zündluft oder Sauerstoff zugeführt wird.
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Das dem Kopf 2 benachbarte Ende der Hohlwelle 11 ist mit dem Rotor
39 einer Schleuderpumpe verbunden, welcher Flügel 40 trägt. An den Kopf schließt
sich der Gehäuseteil 41 der Schleuderpumpe an, dem bei 42 eine Sauerstoff liefernde
Flüssigkeit, vorzugsweise flüssiger Sauerstoff, zugeführt wird. Über einen zwischen
dem Kopf 2 und der Kopfinnenschale 3 gebildeten Leitschaufelraum 43, der die üblichen
Leitkanäle bildet, fördert die Schleuderpumpe 39, 40 die Sauerstoffflüssigkeit in
Kanäle 44, die längs des Mantels 1 und der Düse 4 im wesentlichen geradlinig verlaufen.
Der durch das Stütz- und Dichtungslager 18 entweichende aufgeheizte Leckdampf umspült
das Kugellager 16 und hält es entgegen der kalten Umgebung auf Normaltemperatur.
Er entweicht nach außen durch die durchbohrten Wände 45 der Leitkanäle im Leitschaufelraum
43.
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Die vom Kopfende nach dem Düsenende verlaufenden Kanäle 44 sind am
Düsenende über Umlenkungen 48 an zurücklaufende Kanäle 47 angeschlossen, wobei es
gleichgültig ist, ob die Umlenkung für jeden Kanal einzeln oder gruppenweise erfolgt.
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Soweit sich die Kanäle 44 des Mantels 1 im Düsenkörper 4 fortsetzen,
sind sie mit 44' bezeichnet, die Rücklaufkanäle entsprechend mit 47'. Bei 49 münden
die Rücklaufkanäle 47 in die Vorbrennkammer.
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Der engste Düsenquerschnitt ist mit 50 bezeichnet und der Endquerschnitt,
an welchem der Schubstrahl austritt, mit 51.
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Zur Beschreibung der Wirkungsweise wird angenommen, daß das Raketentriebwerk
mit flüssigem Sauerstoff und mit Brennöl betrieben wird, die beide in ihren Vorratsbehältern
in geeigneter Weise unter einem gewissen Anfangsdruck gehalten werden, der flüssige
Sauerstoff z. B. auf 2 atü, das Brennöl z. B. auf 3 atü. Wenn der Zündbrenner 36
in Betrieb gesetzt wird, entsteht in der Vorbrennkammer 7 eine Verbrennungsmenge,
die unter Überdruck durch die Schaufeln des Turbinenrades in die Nachbrennkammer
8 strömt und dabei das Turbinenrad in Umdrehung versetzt, so daß dieses die Schleuderpumpe
39, 40 für die Sauerstoffflüssigkeit anzutreiben beginnt. Damit wird Sauerstoffflüssigkeit
in die Kanäle 44 gedrückt. Die Sauerstoffflüssigkeit wirkt als Kühlmittel. Mit zunehmender
Erwärmung des Triebwerkmantels verdampft der Sauerstoff, so daß er, da die Schleuderpumpe
ihn mit überkritischem Druck von etwa 65 at weiterfördert, schließlich bei 49 in
gasförmigem, überkritischem Zustand austritt. Zugleich wirkt das Turbinenrad mit
den radialen Kanälen 24 als Schleuderpumpe für das Brennöl, das von Beginn des Anlaufens
der Turbine an in entsprechend größerer Menge aus dem hohlen Ring 33 ausgespritzt
wird. Die Anordnung ist so getroffen, daß im Gleichgewichtszustand in der Vorbrennkammer
ein großer Sauerstoffüberschuß herrscht, so daß die Verbrennung des in die Vorbrennkammer
eingespritzten Öles zum Erhitzen des überschüssigen Sauerstoffs dient.
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Das Gemisch aus erhitztem überschüssigem Sauerstoff und aus Verbrennungsgasen
leistet beim Durchgang durch die Turbine die für die Öl- und Sauerstofförderung
erforderliche Arbeit. Der Sauerstoffgehalt dieses vorerhitzten Gemisches dient nach
dem Eintreten in die Nachbrennkammer 8 zur vollständigen Verbrennung des in diese
vom Turbinenrad 9 durch die Abzweigungen 27 eingeschleuderten Brennöls. Dieses Brennöl
kühlte bei seinem Zulauf die Hohlwelle 11 und das Turbinenrad, wodurch es gleichzeitig
für die schnelle und vollständige Verbrennung vorerhitzt wurde.
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In der Vorbrennkammer werden Verbrennungstemperaturen erreicht, die
je nach Last zwischen 200 und 800° C liegen, während die Temperaturen in der Nachbrennkammer
bis zu 3600° C ansteigen. Es ist deshalb zweckmäßig, die Düse innen mit einem beispielsweise
aus Beryllium-Kupfer bestehenden Mantel 52 zu füttern und diesen zur Vermeidung
seiner Beanspruchung am Umfang des Düsenkörpers 4 mittragend anzuschließen, wie
in Fig. 4 dargestellt.
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Die Kanäle 44, 47 und 44', 47' sind inwendig zweckmäßig geraubt, um
einen guten Wärmeübergang zwischen dem Kühlmittel und dem die Kanalwände bildenden
Metall zu sichern. Die Anordnung der Turbine im Triebwerkstrom und der unmittelbare
Antrieb der gleichachsig mit dem Turbinenrad angeordneten Schleuderpumpe für die
als Kühlmittel benutzte Sauerstoffflüssigkeit gestattet es, die Leistung aufzubringen,
die erforderlich ist, um das Kühlmittel mit hoher Strömungsgeschwindigkeit durch
die Kühlkanäle hindurchzutreiben, die notfalls auf der Kühlseite mit aufgerauhten
Wänden versehen sind. Auf der Kühlseite der Düsenwände können zur Verbesserung der
Kühlung auch Kühlrippen vorgesehen sein. Die Kühlung kann durch besondere Maßnahmen
noch verbessert werden, z. B. durch blanke, mit widerstandsfähigen Schichten versehene
Oberflächen.
Der Mantel und die Düse können derart aus verschiedenen
Schalen zusammengesetzt sein, daß die Kühlkanäle erst beim Zusammensetzen der Schalen
gebildet werden, daß also in jeder Schale Nuten von z. B. halbkreisförmigem Querschnitt
vorgesehen sind, die sich beim Zusammensetzen der Schalen zu Kanälen mit kreisförmigem
Querschnitt ergänzen. Vor dem Zusammensetzen der Schalen läßt sich den später die
Kanäle bildenden Nuten leicht jede beliebige Oberflächenbeschaffenheit geben..
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Die Leistung des Raketentriebwerks wird durch Drosselung der Brennölzufuhr
zur Vorbrennkammer und durch Drosselung der Zufuhr von Sauerstoffflüssigkeit zur
Schleuderpumpe geregelt. Die Turbine wird durch Drehzahlregler gegen Durchgehen
und die Brennkammern sowie die Düse durch Temperaturregler gegen Übertemperaturen
gesichert. Durch Differenzdruckregler kann außerdem dafür gesorgt sein, daß bei
Zerstörung des Triebwerks die das Brennöl und die Sauerstoffflüssigkeit enthaltenden
Tanks selbsttätig abgeschaltet werden.
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Die Anordnung für das Anlassen kann so ausgebildet sein, daß bei Betätigen
eines Gaspedals oder Gashebels selbsttätig zunächst Treibstoff unmittelbar aus den
Sammeltanks dem Zündbrenner 36 zugeführt wird, wobei diese Zuführung nach Zündung
des Triebwerks durch Rückschlagventile selbsttätig unterbrochen wird.