-
Verfahren zur Herstellung von feinteiligem, leicht dispergierbarem
Berliner Blau Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren, welches verhütet, daß
feinteilige Berliner Blaue beim Trocknen aus wäßriger Phase agglomerieren.
-
Bei der industriellen Herstellung dunkelblauer Lacke wird in den meisten
Fällen Berliner Blau verwendet. Aus coloristischen Gründen kommen hierbei nur Berliner
Blaue zur Verwendung, die über sehr kleine Primärteilchen verfügen. Elektronenmikroskopische
Messungen haben ergeben, daß die Größe dieser Teilchen 3o bis 5o m#t beträgt. Diese
Ferrocyanblauteilchen bilden auf Grund ungenügender Valenzabsättigung der Oberfläche
miteinander sehr stabile, schwer trennbare Agglomerate. Beim Dispergieren solcher
Farbkörper treten in der verarbeitenden Industrie oft große Schwierigkeiten auf.
Diese bestehen im wesentlichen darin, daß der erreichte Dispersitätsgrad den Anforderungen
nicht genügt. Die aus solchen Lakken resultierenden Filme haben keinen Hochglanz
und sind oft ungenügend bezüglich der Stabilität und Lebensdauer. Außerdem erfordert
das Dispergieren solcher Berliner Blaue anomal hohen Kraftaufwand.
Nur
Betriebe, die über moderne Pigmentanreibemaschinen verfügen, sind in der Lage, solche
Berliner Blaue zu verarbeiten. Im Gegensatz zu hellen Ferrocyanblauen und vielen
anderen Pigmenten, die über weiche Textur verfügen, zählen die dunklen, feinteiligen
Ferrocyanblaue zu den am schwierigsten zu verarbeitenden Pigmenten in der Lackindustrie
überhaupt.
-
Durch die Erfindung wird die Aufgabe gelöst, ein solches Verfahren
zu schaffen, daß sich das Berliner Blau bei der Verarbeitung äußerst schnell, gleichmäßig
und feinteilig dispergieren läßt.
-
Um die Textur von Pigmenten zu verbessern oder ihr Einarbeiten in
Lacke oder in lithographische Öle zu erleichtern, gibt es eine große Anzahl Verfahren.
Alle diese Verfahren gliedern sich in drei verschiedene Arten auf Es sind die Flushingverfahren
bekannt, bei denen aus wäßrigen Pigmentsuspensionen oder Pigmentteigen Wasser durch
ölige Bindemittel ersetzt wird. Es ist auch bekannt, fertige Pigmente vor ihrer
Verarbeitung zu Nitrocelluloselacken auf dem Walzenstuhl mit Weichmachern, wie Dibutylphthalat,
anzureiben. Endprodukt einer solchen Arbeitsweise ist eine ölige, wasserfreie Pigmentpaste.
-
Die zweite Möglichkeit besteht darin, wäßrige Pigmentteige mit Alkoholen
oder deren Estern durch azeotrope Destillation zu entwässern oder wäßrigePigmentteige
mit Alkoholen auszuwaschen. Hierbei sollen weiche, gut verarbeitbare Pimente entstehen.
-
Nach der dritten Methode werden Pigmente erhalten, die mit einem Überzug
aus organischen Stoffen versehen sind. Hierdurch sollen diese Piginente carbophilen
Charakter erhalten, der ein besseres Benetzen mit organischen Flüssigkeiten zuläßt
und dadurch besseres Einarbeiten in Öle oder Lacke ermöglichen soll. Alle diese
Zusätze, wie Türkischrotöl, Mineralöle, Stearate, Resinate, Naphthenate, sind keine
wirklichen Filmbildner.
-
Wesentlich ist für solche Verfahren, zu verhüten, daß Wasser beim
Trocknen wasserfeuchter Piginentteige zum makrorno.lekularen Bindeglied wird. Ferner
muß die Bildung schwer zerteilbarer Aggloinerate verhindert werden. Sind organische,
nichtflüchtige Stoffe beim Trocknen der Pigmente anwesend oder werden Ölpigmentpasten
hergestellt, so treten erfahrungsgemäß Agglomeriationen von Pigmentteilchen in geringerem
Maße auf, weil die anwesenden organischen Stoffe isolierend wirken. Derartige Stoffe
können ferner Nebenvalenzen hochaktiver Pigmentteilchen absättigen und eine unter
Umständen geradezu ideale Vernetzung von Pigment- und Bindemitteln vorbereiten.
-
Es wurde nun gefunden, daß man feinteiliges, leicht dispergierbares
Berliner Blau in Anwesenheit von die Teilchenagglomerierung verhindernden Stoffen
bei der Fällung herstellen kann, wenn man die eigentliche Umsetzung einer Ferrocyansalzlösung
mit einer Ferrosalzlösung zu Berliner Weiß in Gegenwart wesentlicher Mengen, z.
B. :2o%, bezogen auf das Trockengewicht des fertigen Pigmentes, eines Lackweichmachers
vom Typ des Dibutylphthalats und in Gegenwart geringer -%Iengen eines Emulgators
durchführt und das Berliner Weiß dann der Oxydation unterwirft.
-
Es ist charakteristisch für das neue Verfahren, daß die Lackweichmacher
vom Typ des Dibutylphathlats später echte Bestandteile des Lackfilmes sind. Es besteht
damit die Möglichkeit, diese Filmbestandteile in der Größenordnung als Überzug an
die Berliner-Weiß-Oberfläche anzulagern, die notwendig ist, um einen wirksamen Schutz
im Hinblick auf eine unerwünschte Agglomeration der Primärteilchen zu bekommen.
Erfahrungsgemäß muß ein Überzug, um wirksam zu sein, mindestens 5'°/o, auf feinteiliges
Berliner Blau berechnet, betragen. Die optimale Menge wurde mit ?oo/o ermittelt.
Technisch ist es möglich, bei gewissen extrem feinteiligen Ferrocyanblauen 4o11/o
Lackweichmacher vom Typ des Dibutylphthalats anzulagern, ohne daß Teig- oder Pastenkonsistenz
auftritt. Weiter ist es wesentlich, daß der Überzug im status nascendi des Pigmentes
angebracht wird. Nur wenn die Überzüge im Stadium der Pigmententstehung (Berliner-Weiß-Bildung)
angebracht werden, kann einer unerwünschten Agglomeration entgegengewirkt werden.
Da sich nur über Ferrocyanid in coloristischer Hinsicht befriedigende Berliner Blaue
herstellen lassen, ist es für das nette Verfahren wesentlich, daß bereits die Berliner-Weiß-Teilchen
(Ferroferrocyanidteilchen) überzogen werden. Die Oxydation des Berliner Weiß zu
Berliner Blau erfolgt danach in üblicher Weise und muß, wenn notwendig, dem Verfahren
angepaßt werden. Beispiel Es werden etwa iooo kg Ferrocyansalz in Form einer Lösung
vorgelegt, die pro Liter ioo g Na4Fe (CN)o - io 11,0 enthält. Es werden zoo/o
Dibutylphthalat, berechnet auf das entstehende Berliner Blau, zugegeben und unter
Verwendung von i %, bezogen auf Dibutylphthalat, eines handelsüblichen Alkylaminsalzes
einer Alkylbenzolsulfonsäure als Emulgator unter starkem Rühren eine Öl-in-Wasser-Emulsion
hergestellt. Zur Fällung wird eine Eisensalzlösung verwendet, die pro Liter ioo
g FeS04 - 7 H20 enthält. Beide Lösungen werden bei Raumtemperatur eingesetzt. Die
Oxydation erfolgt mit Natriumdichromat und Salzsäure ebenfalls bei Raumtemperatur.
Es werden hierfür ioo kg f\Tatriumdichromat und Sao 1 Salzsäure (2o° B8) benötigt.
-
Die Vorteile der Erfindung liegen im wesentlichen darin, daß die Beigabe
von Lackweichmachern vom Typ des Dibutylphthalats ein Zusammentreten von Einzelpigmentteilchen
verhindert. In vielen Fällen gelingt es, bei der Zugabe der Lackweichmacher vom
Typ des Dibutylphthalats zum Berliner Weiß im Stadium seiner Entstehung die Teilchenform
und Teilchengestalt des Pigmentes wahlweise und günstig zu beeinflussen, insbesondere
die Teilchengröße und die Teilchenform des Pigmentes zu verkleinern. Ferner entsteht
der Vorzug,
daß das Pigment seinen hydrophilen Charakter ganz verliert.
Es läßt sich danach mit Lacken viel leichter als bisher benetzen. Die Bindung des
Pigmentes an den bei der Fällung des Berliner Weiß anwesenden Weichmacher vom Typ
Dibutylphthalat dürfte durch gegenseitige Absättigung freier Nebenvalenzen erfolgen.
Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Pigment erscheint trotz des
hohen Gehaltes an Lackweichmachern vom Typ des Dibutylphthalats äußerlich vollkommen
trocken.
-
Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielbaren Effekte konnten
nach den bisher bekannten Verfahren, die sich einer Herstellung von Schutzüberzügen
verschiedener Arten, beispielsweise aus Rizinusöl, auf den bereits fertiggebildeten
organischen oder anorganischen Pigmentteilchen zwecks Verhinderung einer Teilchenagglomerierung
bedienen, nicht erreicht werden. Es sind ferner auch solche Verfahren bekanntgeworden,
bei denen der Zusatz der Hilfsstoffe, die die Schutzüberzüge bilden sollen, bereits
vor der Bildung des Pigmentes erfolgt. So ist es beispielsweise bekannt, die Fällung
organischer Pigmente (Farblacke) in Gegenwart von -Netzmitteln, wie T ürkischrotöl,
oder in Gegenwart von Erdalkalioleaten, -stearaten, -resinaten u. dgl. vorzunehmen.
Auch Lösungen eines Natur- und Kunstwachses sowie Mineralöle und fette Emulsionen
sind für denselben Zweck bekannt. Zur Förderung der Dispergierbarkeit von Mineralpigmenten
ist es schließlich auch bekanntgeworden, diese vor der Fällung zu netzen. Hierfür
können Net7mittel im üblichen Sinne, wie Türkischrotöl, Fettalkoliol-Sulfonat, naphthalin-sulfosaure
Salze usw. verwendet werden. Als geeignet sind aber auch Fettstoffe und Harze bekannt.
Die genannten Stoffe bilden auf den frisch gefällten Pigmenten einen Film, wodurch
deren leichtere Benetzbarkeit mit dein Öl gefördert wird. Es ist auch bekannt,
bei der Herstellung von Berliner Blau, welches bekanntlich zu den am schwierigsten
zu verarbeitenden Pigmenten gehört, derartige Hilfsstoffe bereits vor der Bildung
des Pigmentes zuzusetzen. Hierfür hat man Stoffe, wie Schutzkolloide und Dispergierrnittel,
beispielsweise Türkischrotöl und Butanol, verwendet. Zu den Schutzkolloiden gehören
beispielsweise Natriumsalze von Polycarbonsäuren oder Natriumsalze einer Carboxymethylcellulose.
Die besten Ergebnisse sollen jedoch nach diesem Stand der Technik bei Verwendung
von polymerisierten Äthyleniminen erzielt werden. Dennoch führt diese bisher bevorzugte
Methode im Gegensatz zu dem Verfahren der Erfindung, welches sich der L ackweichinacher
vom Typ des Dibutylphthalats bedient, nicht zu vollständig dispergierbaren Pigmenten.
-
Abgesehen davon, daß keine vorveröffentlichten Literaturstellen, die
den oben dargelegten Stand der Technik wiedergeben, die besondere Art der Verwendung
von Lackweichmachern des Typs Dibutylphthalat, wie sie Gegenstand der Erfindung
ist, offenbart und auch nicht nahegelegt, war es durchaus überraschend, daß gerade
diese Klasse von relativ einfachen und wohlbekannten Stoffen die Herstellung von
feinteiligem, leicht dispergierendem Berliner Blau ermöglicht, zumal auf diesem
Gebiet bereits eine Fülle von Stoffen auf ihre Brauchbarkeit hin untersucht worden
ist und stets der Wunsch zu einer voll befriedigenden Lösung bestanden hat.
-
Um den mit dem erfindungsgemäßen Verfahren verbundenen technischen
Fortschritt gegenüber dem Stand der Technik darzulegen, wurden Vergleichsversuche
durchgeführt. Hierzu wurden nach dem Stand der Technik jeweils eine o,io/o- und
eine o,5 o/oige Lösung eines polymerisierten Äthylenimins mit i n-HCl auf pH 7 eingestellt.
In 12 1 dieser Lösung wurden 720 g Ferrosulfat warm gelöst und anschließend
zum Sieden erhitzt. Es wurde eine zweite Lösung, bestehend aus 8oo g Kaliumferrocyanid
und 17 cm3 Salzsäure (2o° Be), in 2 1 der gleichen Äthyleniminlösung hergestellt
und in dieselbe die erste Lösung eingebracht. Sodann wurde aufgekocht und das Gemisch
io Minuten im Sieden gehalten, worauf eine Lösung von -4o g Natriumchlorat und 25o
cm3 Salzsäure (2o° B6) in 5oo cm-«3 Wasser hinzugegeben wurde. Nach nochmaligem
kurzem Aufkochen wurde unter Rühren erkalten gelassen. Die Dispergierbarkeit des
so gewonnenen Berliner Blaus wurde auf einer Pigmentausreibemaschine untersucht
und mit einem Berliner Blau, welches nach dem Ausführungsbeispiel der Erfindung
hergestellt worden war, verglichen. Hierzu wurden jeweils 5oo mg des gemahlenen
Pigmentes und 5oo mg Leinölfirnis (Mittel) auf der unteren Glasplatte der Farbenausreibemaschine
(Hoover Automatic) sorgfältig angeteigt. Die entstehende Paste wurde zunächst mit
der vollen Belastung von drei Gewichten mit 25 Touren dispergiert, sodann wurde
die Maschine mit der Belastung von zwei Gewichten Weiterbetrieben und die Paste
jeweils nach ioo Touren von der Boden- und Deckelplatte abgenommen und finit Hilfe
eines Grindometers die fortschreitende Verteilung gemessen. Die Feinheit der Teilchen
in Abhängigkeit von der Zahl der Umdrehungen der Piginentausreibemaschine wurde
auf dem Grindometer untersucht. Bei dem Berliner Blau, welches nach der vorliegenden
Erfindung hergestellt worden war, konnte bereits nach 700 Umdrehungen eine
Teilchenfeinheit erreicht werden, die zwischen i und 2 Ei liegt. Demgegenüber betrug
nach 700 Umdrehungen die Feinheit der Teilchen, die nach dem Stand der Technik
unter Verwendung von 2% des polymerisierten Äthylenimins hergestellt worden waren,
nur 17 #t und bei dem anderen Versuch nur etwa 25 #t. Das Produkt nach dein Stand
der Technik wurde weiterhin bis zu 1300 Umdrehungen der Pigmentausreibemaschine
behanhandelt. Auch in diesem Fall konnte eine Feinheit, die zwischen 12 und 15 [,
liegt, nicht unterschritten werden. Diese Versuche zeigen also deutlich, daß die
nach dem Verfahren gemäß dem Stand der Technik hergestellten Pigmente nicht vollständig
zu dispergieren sind.
-
Die erhaltenen Produkte wurden weiterhin auf einem Dreiwalzenstuhl
mit einem aus gleichen Teilen
Rizinusöl und Dibutylphthalat bestehenden
Gemisch angerieben und in einen Nitrocelluloselack eingearbeitet. Insgesamt hatte
der Lack folgende Zusammensetzung 14 Teile Nitrocellulose, trocken, 1o,5 Teile nichttrocknendes
Alkydharz, 3 Teile Rizinusöl, 3 Teile gelatinierender Weichmacher (Dibutylphthalat),
8 Teile Pigment.
-
Dieser Lack wurde sodann auf Blechtafeln aufgespritzt und keiner weiteren
Bearbeitung unterworfen. Die hergestellten Lackschichten zeigen bei Verwendung eines
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Berliner Blaus eine glatte, einheitliche,
glänzende Oberfläche, während die Proben, die nach dem Stand der Technik behandelt
worden sind, eine harte, rauhe Oberfläche haben, die deutlich sichtbar von einer
Vielzahl gröberer Agglomerate durchsetzt ist. Bei diesen Versuchen wurde ferner
beobachtet, daß die nach dem Stand der Technik hergestellten Pigmente so hart sind,
daß man sie mehrmals in einer Mühle behandeln muß, wenn man ein Pulver erhalten
will.