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Staffelschutz zur selektiven Erdschlußabschaltung in induktiv geerdeten
Hochspannungs-Maschennetzen Die Erfindung betrifft die Schaffung eines Staffelschutzsystems
zur selektiven Abschaltung von Erdschlüssen in induktiv geerdeten Hochspannungs-Maschennetzen,
das den an ein solches System zu stellenden Anforderungen weitestgehend gerecht
werden soll.
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Die Erfindung setzt voraus, daß am Anfang und Ende jeder Leitung des
zu schützenden Netzes Einrichtungen vorgesehen werden, über die solche physikalischen
Größen, die für einen Erdschluß kennzeichnend sind, erfaßt werden können, um sie
Schutzrelais zuzuführen, die ihrerseits so auf die zugehörigen Leistungsschalter
einwirken, daß die erdschlußbehaftete Strecke abgeschaltet wird. Untersuchungen
haben gezeigt, daß die Schaffung von Staffelschutzsystemen, deren Auslösezeiten
von zwangläufig im Netz anfallenden Erdschlußkenngrößen abhängig sind, nur beschränkt
möglich ist. So ist die Ausnutzung der Nullspannung, für sich allein betrachtet,
wegen ihres schwankenden Niveaus und wegen des Fehlens einer eindeutigen Staffelung
zur Fehlerstelle hin als Basis für ein derartiges Schutzsystem nicht brauchbar.
Aus der Verteilung der Nullströme kann im erdschlußkompensierten Netz ebenfalls
nicht auf die Lage des Fehlerortes geschlossen werden. Die daraus ausgesiebte Verteilung
der
Wirknullströme, deren Erfassung nur im Zusammenhang mit der
am Meßort herrschenden Nullspannung möglich ist, läßt dagegen bedingt eine Staffelung
zur Fehlerstelle hin erkennen. Die Staffelung ist jedoch nur an Netzknotenpunkten
und Einbauorten von Erdschlußspulen so scharf, daß sie die Grundlage für ein Staffelschutzsystem
bilden könnte, auf Leitungszügen mit hintereinanderliegenden Stationen reicht sie
dafür nicht aus. Die Wirknulleistung verhält sich, da die Nullspannungsunterschiede
nicht ins Gewicht fallen, in ihrer Verteilung im Netz wie der Wirknullstrom, liefert
aber noch ein die gestörte Strecke kennzeichnendes Richtungskriterium. Die Oberwellen-Nullströme
und -Nullspannungen sind in jedem Fall klar zur Fehlerstelle hin gestaffelt. Trotzdem.
läßt sich wegen des stark veränderlichen Oberwellengehaltes im Netz kein brauchbares
Schutzsystem darauf aufbauen.
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Zur Überwindung der genannten Schwierigkeiten geht die Erfindung einen
neuen Weg. Sie nimmt dabei die erwähnte Tatsache als Anregung, daß Oberwellen-Nullstrom
und -Nullspannung auf den Leitungsstrecken von Maschennetzen klar zur Fehlerstelle
hin gestaffelt sind. Da die Ausnutzung dieser Eigenschaft aus dem vorgenannten Grund
nicht angängig ist, werden nach dem der -Erfindung zugrunde liegenden Gedanken künstliche
Kenngrößen mit solchem Verhalten geschaffen. Zu diesem Zweck wird dem zu schützenden
Netz möglichst von einem zentral gelegenen Ort aus eine symmetrische, der Phasenzahl
des- Netzes entsprechende Hilfsspannung geeigneter im Oberwellenbereich liegender
Frequenz eingeprägt. Im Erdschlußfall überlagert sich infolgedessen den normalen
Nullströmen und Nullspannungen eine zusätzliche Nullstrom- und -spannungsverteilung
von der Frequenz der eingeprägten Hilfsspannung. Hierbei ergibt sich eine ebenso
günstige Staffelung dieser Hilfsnullgrößen wie für die Oberwellen, mit dem Vorteil,
daß die eingeprägte symmetrische Hilfsspannung nach Höhe und Frequenz in zweckentsprechender
Weise willkürlich festgelegt und in der jeweils gewünschten Höhe gehalten werden
kann.
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Es ist zwar bekannt, höherfrequente, oft sogar hochfrequente Spannungen
und Ströme zu verschiedenen Zwecken Hochspannungsleitungen zu überlagern, z. B.
zur Fernübertragung von Meßwerten, zur Fehlerortung oder auch für Leitungsschutzeinrichtungen
(s. deutsche Patentschriften 725 747 und 741432). Bei diesen Schutzeinrichtungen
handelt es sich jedoch um solche für Kurzschluß und Doppelerdschluß, die ganz anderen
physikalischen Bedingungen unterliegen als der Erdschluß. Demgegenüber wird bei
dem vorliegenden Erfindungsgegenstand eine symmetrische, der Phasenzahl des Netzes
entsprechende Spannung von einer im Oberwellenbereich liegenden Frequenz überlagert,
mit dem Ziel, im Erdschlußfall wegen der nicht ausreichenden Staffelung der Erdschlußkenngrößen
bei Grundfrequenz ein künstliches Nullsystem im Sinne der symmetrischen Komponenten
zu schaffen, das eine scharfe Staffelung seiner zugehörigen Kenngrößen gewährleistet,
wobei noch darauf hingewiesen sei, daß eine hochfrequente Spannung dabei nicht anwendbar
ist. Die von der Fehlerstelle aus von Station zu Station gestaffelten Hilfsnullspannungen
und Hilfsnullströme werden in geeigneter Weise in jeder Station aus den Grund- und
Oberwellen-Nullgrößen ausgesiebt und Meß- und Relaiseinrichtungen zuöaführt. Die
Auslösezeit der Relais kann von dem Hilfsnullstrom, von der Hilfsnullspannung, von
dem Produkt aus beiden oder von dem Quotienten aus Hilfsnullspannung und Hilfsnullstrom
abhängig gemacht werden. Untersuchungen haben gezeigt, daß das quotientenabhängige
System den anderen Möglichkeiten gegenüber sowohl hinsichtlich der Selektivität
als auch hinsichtlich der Begrenzung der Auslösezeitschwankungen überlegen ist.
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Um störende Einflüsse auszuschalten, ist die Frequenz der einzuprägenden
Hilfsspannung so zu wählen, daß sie genügend weit außerhalb des Bereiches der Eigenfrequenz
des zu schüt; enden Netzes liegt und sich auch so weit von den vorkommenden Frequenzen
der Netzspannungs-Oberwellen unterscheidet, daß eine scharfe Aussiebung der Hilfsnullgrößen
aus den stark schwankenden- Oberwellen-Nullgrößen möglich ist.
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Für das von den Hilfsnullgrößen abhängige Schutzsystem ergeben sich
frequenzabhängige Auslösekennlinien (Auslösezeit als Funktion der Entfernung vom
Fehlerort), und zwar verlaufen sie um so steiler, je höher die Frequenz der Hilfsspannung
festgelegt wird. Es ist notwendig, die Frequenz so hoch zu wählen, daß auch noch
bei der kürzesten Teilstrecke im Netz eine ausreichende Staffelzeit von Station
zu Station gewährleistet ist, wenn der Erdschluß in unmittelbarer Nähe der Teilstrecke
entstanden ist. Andererseits sollte sie zwecks Vermeidung zu langer Auslösezeiten
bei langen Teilstrecken nicht höher sein, als es mit Rücksicht auf die kürzeste
Teilstrecke erforderlich ist.
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Die Höhe der einzuprägenden Hilfsspannung muß so festgelegt werden,,
daß die Hilfsnullgrößen in den einzelnen Stationen des Netzes einerseits so groß
sind, daß die Empfindlichkeit der Relais ausreicht, um sie sicher zu erfassen, und
andererseits in solchen Grenzen bleiben, daß die Relais nicht überlastet werden.
Daraus ergibt sich, daß die Hilfsspannung um so niedriger gehalten werden kann,
je ausgedehnter das zu schützende Netz ist und je höher ihre Frequenz gewählt wird.
Freileitungsnetze erfordern wegen der geringeren Erdkapazität der Leitungen höhere
Hilfsspannungen als Kabelnetze.
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Als Hilfsspannungsquelle kann ein Wechselstrom-Generator dienen, der
in geeigneter Weise auf das zu schützende Netz zu schalten ist, z. B. eine Drehstrom-Synchronmaschine,
die so ausgelegt sein muß, daß sie eine symmetrische Dreiphasenspannung der für
das Schutzsystem vorgesehenen Frequenz liefern kann. Zur Entlastung der Hilfsspannungsquelle
von der durch die Netzleitungen bedingten symmetrischen kapazitiven Blindläst werden
zweckmäßigerweise Kompensationsdrosseln vorgesehen.
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Die Übertragung der Hilfsspannung auf das zu schützende Netz kann
über Kondensatoren, Drosseln oder Transformatoren erfolgen, und zwar am gün stigsten
in der Weise, daß die Kopplungseinrichtung
an der Sammelschiene
der niedrigsten in der Station vorkommenden -Nennspannung angeschlossen wird.
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Die Hilfsspannungsquelle soll möglichst auch im störungsfreien Zustand
des zu schützenden' Netzes dauernd in einem solchen Betriebszustand sein, daß sie
im Erdschlußfall jederz-3it sofort die symmetrische Hilfsspannung liefern , kann,
d. h. sie ist ständig auf Touren zu halten. Die Aufschaltung' auf das zu schützende
Netz kann dabei durch ein schnell schaltendes Spannungsrelais bewirkt werden, das
bei Erdschluß auf die Nullspannung anspricht. Durch Regelung der Drehzahl der Antriebsmaschine
des als Hilfsspannungsquelle dienenden Generators kann die Frequenz der Hilfsspannung
auf den gewünschten Wert eingestellt und durch selbsttätige Drehzahlregelung auf
diesem, Wert gehalten - werden. Als Antriebsmaschine kann ein Gleichstrom-Nebenschlußmotor
verwendet werden. Für den Fall, daß die Zuschaltung durch das Spannungsrelais auf
Grund von Erdschlußwischern erfolgt, bei denen die Schutzeinrichtung nicht abschalten
soll, kann die Anordnung so getroffen werden, daß die Hilfsspannungsquelle selbsttätig
nach einer kurzen Zeit, die aber länger sein muß, als die höchste Auslösezzeit der
Erdschlußrelais, . wieder von dem zu schützenden Netz abgetrennt wird.
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Das Schema der Fig. i zeigt eine .der Möglichkeiten für den Anschluß
der Hilfsspannungsquelle an ein zu schützendes Hochspannungs-Drehstromnetz. Hilfsgenerator
G,- eine Niederspannurigs-Mittelfrequenz-Synchronmaschine, wird mittels des Schalters
S, der bei Erdschluß durch das Spannungsrelais SR eingeschaltet wird, an die Primärseite
des Hilfstransformators T1 gelegt. Die . Sekundärseite von T1 wird über die Kondensatoren
Crr an die Abspann-Sammelschiene S2 der Station gekoppelt. Über den Abspanntransformator
T2 der Station wird die Hilfsspannung auf die Sammelschiene S, des zu schützenden
Netzes gegeben. Da die vom zu schützenden Netz aufgenommenen mittelfrequenten symmetrischen
Belastungsströme kapazitiver Art sind, entsteht an den Kapazitäten Clr ein Spannungsunterschied
im Sinne eines Spannungsabstieges und an der Induktivität des Abspanntransformators
T2 ein Spannungsunterschied im Sinne eines Spannungsanstieges. Das Übersetzungsverhältnis
des Transformators T1 der Hilfsspannungsquelle ist deshalb so festzulegen, daß bei.
Berücksichtigung dieser Spannungsunterschiede und des Übersetzungsverhältnisses
des Abspanntransformators T, die Hilfsspannung an den SammeISchienen S1 des zu schützenden
Netzes den vorgesehenen Wert hat. Die dreiphasige Drossel Dr dient zur Kompensation
der symmetrischen kapazitiven Belastungsströme der Hilfsspannungsquelle.
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Zur meßtechnischen Erfassung der Hilfsnullgrößen ist nach der Erfindung
vorgesehen, daß der primäre Nullstrom 10 und die primäre Nullspannung U., einschließlich
des aus Oberwellen- sowie Hilfsnullstrom und Hilfsnullspannung bestehenden Anteils
unter Benutzung von Strom- und Spannungswandlern auf die sekundären Nullgrößen i,
und u, umgewandelt und daraus auf geeignetem Wege die sekundären Hilfsnullgrößen
i.(n) und u(n) ausgesiebt werden. Zur Gewinnung der sekundären Nullkomponente aus
den symmetrischen Betriebsströmen kann eine der bekannten Summenstromwandler-Schaltungen
(Holmgrenschaltung, Kabelringstromwandler) verwendet werden. Auch für die Erfassung
der- sekundären Nullspannung kann von den bekannten Möglichkeiten Gebrauch gemacht
werden: Asymmetrieschaltungen mittels Fünf- und Vierschenkel-Spannungswandler, offener
Dreieckschaltung von Tertiärwicklungen dreier Einphasen-Spannungswandler, Spannungswandler
zwischen Transformator-Sternpunkt und Erde usw. Die ausgesiebten Hilfsnullgrößen
u@n> und i,(,n) können dann der für die Ingangsetzung der Abschaltung vorgesehenen
Relaisanordnung zugeführt werden. Zum Aussieben der Hilfsnullspannungen und -nullströme
aus den Grund-und Oberwellen-Nullgrößen bzw. der sekundären Hilfsnullgrößen aus
den sekundären Nullgrößen kann eine der bei Oberwellenmessungen gebräuchlichen Methoden
angewandt werden, die aber die Gewähr bieten muß, daß die Grundwelle vollkommen
gesperrt und auch der Einfluß der Oberwellen weitestgehend unterdrückt wird. Eine
hierfür geeignete Schaltung ist beispielsweise die von Poleck angegebene Schaltung
mit Doppelbandsperre. Für den Fall, daß die Auslösezeit von dem Quotienten aus Hilfsnullspannung
und Hilfsnullstrom abhängig gemacht werden soll, können die so ausgesiebten sekundären
Hilfsnullgrößen in proportionale Gleichstromgrößen, z. B. über Trockengleichrichter
in Graetzschaltung, umgeformt und einem Kreuzspulwerk zugeführt werden: Der Ausschlag
a des Meßwerkes ist dann proportional dem Quotienten
Der Meßwerkausschlag kann von einem gleichmäßig ablaufenden Zeitwerk abgetastet
werden, in der Weise, daß nach Zurücklegung eines dem Ausschlagwinkel des Meßwerkes
entsprechenden Weges der Auslösekontakt schließt, der die Abschaltung des zugehörigen
Leistungsschalters steuert. Die Ausläsezeit wird dann also proportional dem Meßwerkausschlag
a und damit dem Quotienten aus Hilfsnullspannung und Hilfsnullstrom:
Das Schema der Fig.2 zeigt die entsprechende Schaltung für die meßtechnische Verwertung
der bei Erdschluß anfallenden sekundären Hilfsnullgrößen. Die vom Spannungswandler
abgegebene sekundäre Nullspannung u,, wird auf den Eingang der Spannungs-Bandsperre
i gegeben, an ihrem Ausgang erscheint ausgesiebt die sekundäre Hilfsnullspannung
utn), die über einen Übertrager 2 und Trockengleichrichter 3 in Graetzschaltung
umgeformt an die eine Spule des Kreuzspulwerkes q. gelegt wird. Entsprechend wird
aus dem von den Stromwandlern gelieferten sekundären Nullstrom i, in der Strom-Bandsperre
5 der sekundäre Hilfsnullstrom ihn) ausgesiebt, in der Trockengleichrichteranordnung
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gleichgerichtet -und der zweiten Spule des Kreuzspulwerkes q.
zugeführt.
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In Fig. 3 ist eine Möglichkeit für die grundsätzliche Schaltung einer
nach der Erfindung in die einzelnen Stationen einzubauenden Erdschlußschutzeinrichtung
dargestellt. Hierbei wird die sekundäre Nullspannung über drei Einphasenspannungswandler
7, deren Tertiärwicklungen im offenen Dreieck geschaltet sind, und der sekundäre
Nullstrom über drei Stromwandler 8- in Holmgrenschaltung gewonnen. Die sekundäre
Nullspannung und der sekundäre Nullstrom werden dem kombinierten Ansprech- und Richtungsglied
9 des Relais zugeführt. Dieses besteht aus einem Induktionsmeßwerk, das auf die
Wirknulleistung anspricht, wie es für wattmetrische Erdschlußanzeigerelais gebräuchlich
ist. Ist die Wirknulleistung so gerichtet, daß das Relaisablaufglied freigegeben
werden maß, so werden über die Kontakte K1 die Nullspannung und ein dem Nullstrom
proportionaler Strom auf die Meßeinrichtung des Ablaufgliedes gegeben. Zugleich
läuft ein Zeitwerk an. Nach Maßgabe der Auslösekennlinien wird der Auslösekontakt
K2 nach einer dem Ausschlag des KreuzspuImeßwerkes q. proportionalen Zeit geschlossen.
Dadurch wird der Auslöser io des Leistungsschalters ii an Spannung gelegt, und der
Leistungsschalter unterbricht die Leitungsstrecke. Fließt die Wirknulleistung im
entgegengesetzten Sinne, so schlägt das Induktionsmeßwerk des Ansprech- und Richtungsgliedes
9 nach der anderen Seite' aus. Die Kontakte K1 bleiben dann offen und legen sich
gegen Anschläge 12, d. h. die Auslösung ist gesperrt.