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Verfahren und Vorrichtung zur Erdschluß-
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richtungsbestimmung in kompensierten Netzen.
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Zur Versorgung von Industrie, Gewerbe und Haushalt mit elektrischer
Energie sind zwischen den Kraftwerken und den Verbrauchern umfangreiche Leitungsnetze
erforderlich. Aufgabe der Betriebsführung ist es u.a., zur Sicherstellung der Energielieferung
an die Verbraucher Fehler an diesen Eirrichtungen möglichst zu vermeiden bzw. seine
Auswirkungen auf ein Minimum zu beschränken.
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Statistiken seiten nun, daß der weitaus häufigste Fehler die Zorstörung
oder Überbrückung der Isolation eines Leiters gegen Erde ist. Auch mehrphanige Fehler
haben oft ihren Ursprung in Erdschlüssen. Es ist daher verständlich, daß seit jeher
der Bekämpfung des Erdschlusses große Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
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Als Mittel zur Verminderung der Auswirkungen eines Erdschlusses hat
sich die Erdschlußkompensation durch Petersenspulen in Mittel-und Hochspannungsnetzen
siet Jahrzehnten bestens bewährt. Nur Freileitungsnetze geringeren Umfanges können
mit freiem Sternpunkt betrieben werden.
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Bei Anwendung der Erdschlußkompensation ist der größte Teil aller
Erdschlüsse vorübergehender Natur, da Lichtbogen-Erdfehler durch die Petersenspule
innerhalb weniger Perioden gelöscht werden. Auch Dauererdschlüsse miissen nicht
zu Betriebsunterbrechungen führen, da die Fehlerstelle bei genauer Kompensation,
abgesehen von einem geringen Reststrom, bestehend aus der Wattkomponente des Erdschlußstromes
und Oberwellenanteilen, thermisch nicht beansprucht wird.
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Selbst relativ hohe Erdübergangswiderstände führen zu keinen gefährlichen
Berührungs-oder Schrittspannungen.
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Bei Erdschluß nehmen die fehlerfreien Leiter die Dreieckspannung gegen
Erde an. Hierdurch wird die Isolation der gesunden Leiter gegen Erde über das im
ungestörten Betrieb vorhandene Maß hinaus beansprucht, so daß es in größeren Netzen,
besonders bei
länger andauernden Erdschlüssen zu Doppelerdschlüssen,
d.h.
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zu einem zweiten Erdschlß auf einem der bisher gesunden Leiter an
einer Stelle kommen kann, deren Isolationsfestikeit bereits vor Auftreten des ersten
Erdschlusses geschwächt war. Zwischen den beiden Erdschlußpunkten fließt dann der
Erdkurzschluf?stror, der von Netzschutz durch Heraustrennen einer der beiden vom
ErdschluR betroffenen Leitungen beseitigt werden muß. Um derartige Betriebsstörungen,
die oft m.t einer Unterbrechun der Energielieferung an die Verbraucher verbunden
sind, möglichst einzuschränken, hat die Betriebsführung großes Interesse daran,
einen Erdschluß schnell zu finden und durch geeignete Schalt maBnahmen in möglichst
kurzer Zeit aus den Netz herauszitrennen.
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Aufgabe eines Netz-Erdschlußrichtungsrelais ist daher die Anzeige
des fehlerhaften Leitungsstückes als Grundlage für die Entscheidung über die vorzunehmenden
Schaltmaßnahmen.
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Bei nichtkompensicrten Netzen kann die Erdschlußrichtungsbestimmung
verhältnismäßig einfach und eindeutig aus der Phasenlage des Erdschlußstromes in
Bezug auf die treibende Spannung mittels sogenannten 50 Hz-Blindleistungs-Richtungsrelais
erfolgen.
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In kompensierten Netzen ist die Erdschlußrichtungsbestimmung insofern
schwierig, als der kapazitive Erdschlußstrom an der Erdschlußstelle durch den induktiven
Spulenstrom kompensiert wird. Das einzige Kriterium für die Erdschlußrichtungsbestimmung
ist der "Wattreststrom", der durch die Ableit-und Spulenverluste
hervorgerufen
wird. De die Verluste im Netz klein gzhalten werden, ist der Wattreststrom entsprechend
klin. Itrn die Erdschlußrichtung exakt bestimmen zu können, müssen daher die Spannungs-und
Stromwandler eine hohe Mcßgenauigkeit aufweison, dch. es ist im Vergleich zu dn
Elindleistungs-Richtungsrelais ein schr viol empfindlicheres Wirkleistungs-Rictungsrelais
notwendig.
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Es ist jedoch auch ein Erdschlußrichtungsrelais fiir kompensierte
Netze bekannt (Techn. Mitteilungen der AEG-Telefunken 61 C 1971/5, Seite 265-267),
das nicht den Wattreststrom (Wirkstrom) erfaßt, sondern auf den einfacheren Blindleistungs-Richtungsprinzip
aufgebaut ist. Dieses Relais ist so aufgebaut, daß es die Blindleistungsrlchtung
des Nullsystems der 5.Harmonischen der Netzfrequenz erfaßt, die ja von den Petersen-Spulen
nicht mitkompensiert wird und sich daher auch in kompensierten Netzen nach den gleichen
Gesetzmäßigkeiten verteilt wie die grundfrequente 50 Hz-Schwingung im nichtkompensierten
Betrieb.
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Dieses bekannte Blindleistungs-Richtungsrelais ist somit nicht auf
die Grundschwingung (50 Hz) sondern auf eine höhere Frequenz, z.B. auf die 5-Harmonischer.,
abgestimmt.
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In jüngerer Zeit sind jedoch die Anforderungen an die Oberschwingungkompensation
der Mittelspannungsnetze immer stärker geworden. Diese Kompensation ist inzwischen
so gut geworden, daß die Oberschwingung als Kriterium für einen Netzzustand praktisch
nicht mehr zur Verfügung stehen. Man war daher hinsichtlich der Erdschlußrichtungsbestimmung
in kompensierten
Netzen wieder allein auf die Wirkleistungs-Richtungsrelais
angewiesen.
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Die Erfindung hat sich ausgehend von dem bekannten Verfahren zur Erdschlußrichtungsbestimmung
ir, kompensierten Netzen durch Auswertung der Phasenlage von Spannungen und Strömen
höherer Frequenz als die Netzfrequenz mit einem Blindleistungs-Richtungsrelais die
Aufgabe gestellt, das Verfahren so auszubilden, daß es auch in oberschwingungsfreien
Netzen durchgeführt werden kann.
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Die Lösung dieser Aufgabe gelingt gemäß der Erfindung dadurch, daß
die höhere Frequenz dem Netz von außen als netzframde Tonfrequenz aufgeprägt wird.
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Die Erfindung beschreibt somit ein.e Erdschlußrichtungsbestiminung
mit netzfremder Frequenz. Da die eingeprägte Frequenz höher als die Netzfrequenz
ist, tritt keine Kompensstion des erzeugten kapazitiven Stromes mehr auf. Aus der
Phasenlage der nct-zfrenden Größen, Strom und Spannung, kann dann die Erdschlußrichtung
eindeutig bestimmt werden. Damit entfällt die Forderung nach der hohen fleßgsnauigkeit
der Spannungs-und Stromwandler. Zur Erdsclußrichtungsbestimmung kann dann.
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ein bekanntes Blindleistungs-Erdschlußrichtungsrelais, das auf höhere
Frequenzen als Netzfrequenz anspricht, eingesetzt werden. Mit Vorteil ist eine einphasige
Einspeisung der Tonfrequenz möglich.
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Die Erfindung wird anhand der Zeichnung näher beschrieben.
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Es zeigen: Figur 1 ein kompensicrtes Netz, bei dem der Kompensationsspule
ein Tonfrequenzgenerator parallel geschaltet ist, Figur la ein Zeigerdiagramm für
das Netz nach Figur 1 bei einem Erdschluß, Figur Ib das entsprechende Zeigerdiagramm
bei ungestörtem Betrieb, Figur 2 Ersatzschaltbilder für die theoreti-und Figur 3
sche Betrachtung des Netzes nach Figur i, Figur 4 den Aufbau eines Filters, mit
dem der Tonfrequenzgenerator an das Netz ankoppelbar ist, Figur 5 ein Winkel-und
Leistungsdiagramm für und Figur 6 ein Ausführungsbeispiel.
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Das Prinzip der Erdschlußrichtungsbestimmung mit netzfremder Frequenz
ist aus Figur 1 zu ersehen. Das Netz 1 wird über einen Transformator 2 mit der Induktivität
LTR eingespeist.
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Der Stcrnpunk.t 3 des Transformators wird über cine Erdschlußspule
4 mit der Induktivität Lsp geerdet. Die Leitererdkapazitäten in den Abgängen A1
und A2 werden durch konzentrierte Kapazitäten Ce1 und Ce? nachgebildet. Mit einem
Tonfrequenzgenerator 5, der parallel zur Erdschlußspule 4 geschaltet ist, werden
die netzfromden Strom-und Spannungsgrößen eingeprägt.
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Die Höhe der Ströme in den einzelnen Phasen wird weitgehend von der
Größe der Leitererdkapazität bestimmt, da die Induktivität des Transformators bei
der netzfremden Frequenz noch niederohmig ist; sie sind daher im ungestörten Fall
etwa gleich groß.
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Tritt jedoch z.B. im Abgang Ai ein Erdschluß in der Phase T auf, so
sind die Phasenströme nicht mehr gleich.groß. Der Strom in der Phase T ist aufgrund
der kurzgeschlossenen Kapazität wesentlich größer als in den beiden anderen Phasen.
Außerdem eilt der Strom in der Phase T der Spannung Ue des Tonfrequenzgenerators
nach, während die beiden anderen Phasenströme der Spannung voreilen. Die Phasenlage
des Summeilstromes zur Swamenspannung im erdschlußbehafteten Abgang ist daher induktiv
(Figur la). Im gesunden Abgang A2 bleibt die Phasenlage des Summenstromes zur Summenspannung
kapazitiv. Aufgrund der unterschiedlichen Phasenbeziehungen gemäß den Figuren la,
Ib ist somit eine eindeutige Erdschlußrichtungsbestimmung möglich.
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Um die erforderliche Leistung des Tonfrequenzgenerators ermitteln
zu können, wird das in Figur 1 dargestellte Netz in die symmetrischen Komponenten
zerlegt. In Figur 2 ist die einpolige Ersatz schaltung für den Erdschluß zu sehen.
Da nur der Tonfrequezgenzgenerator mit der eingeprägten Frequenz f0 im Nullsystem
betrachtet wird, enthält das Mit-und Gegensystem keine treibende Spannung. Die Netzbelatungen
werden durch die Widerstände R1 und R2 berücksichtigt. Die Kapazitäten im Mit-und
Gegensystem, CB1 und CB2 sind Betriebskapazitäten.
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In Kabclnetzen kann die Bstriebskupezität der Leiterordkapazität gleichgesetzt
werden. Die Spuleninduktivität ist im Nullsystem mit der Faktor 3 zu multiplizieren.
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Durch Zusammenfassen des Mit-und Gegensysteme läßt sich die Ersatzaschaltung,
die in Figur 3 zu sehen ist, vereinfachen.
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Die Impedanz des erdschlußbehafteten Abgang besteht nur aus oder Parallelschaltung
der Leitererdkapazität Ce1, der 2-facher Induktivität des einspeisenden Transformators,
der gesamten Leitererdkapazitet des Netzes Ce = Ce1 + Ce2 und des 2-fachen Belastungswiderstandes.
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Die Größe der Kapazitäten, Induktivitäten und des Widerstander ist
aus den Netzdaten UN = Nennspannung fN=Nonnfrequenz Ie=Erdschlußstrom PN - Nennleistung
des Transformators Uk= Kurzschlußspannung des Transformators in % wie folgt zu ermitteln:
Ce = V3 Ie/(6.#.fN.UN) (1) LTR=UN2 Uk/(200.#.fN.PN) (2) RL = UN2/PN (3)
Die
Belastungsimpedanz für den Tonfrequenzgenerator läßt sich aus der Ersatzschaltung
in Figur 3 ermitteln. Unter der znnahme, daß die Spuleninduktivität größ gegenüber
der Transformatorinduktivität ist, gilt für die Belastungsimpendenz folgende Beziehung:
ZB= (2#e.LTR.RL)/[3#e.LTR+j.Rl (#e2.3.Ce.LTR-1)] (4) Damit ist der Betrag der Belastungsimpedanz:
Dabei ist #e die Kreistrequenz des Tonfrequenzgenerators #=2.##e (6) Der Betrag
der Balastungsimpendanz hängt im wesentlichen von der Frequenz des Tongenerators
ab. Wenn der Anteil der Oberschwingung auf
festgelegt wird, so errechnet sich die erforderliche Leistung des Tonfreaquenzgenerators
zu
Für die Erdschlußrictungsbestimmung ist die Phasenlage zwischen Sumaenstrom-und-spannung
die durch die Impedanz des erdschlußbehafteten Abgangs bestimmt wird, maßgebend.
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Unter der Annahmo, daß die Leitererdkspazitäten des erdsclußbehafteten
Abgangs klein gegeniiber dcncn des gesunden Abg,-).nEcs, Ce1 <<Ce2, sind,
ist die Impedanz des erdschlußbehafteten Abgangs
Ze=2#e.LTR.Rl/[#e.LTR+j.RL (#e2.Ce-LTR-1)] (9) |
Für den Betrag Ze und den Winkel # (Ze) gelten dann folgende Beziehungen:
# (Ze)=arc tan [(1-#e2.LTR.Ce).RL/#e.LTR)] (11) |
möglichst klein gegenüber der Resonanzfrequenz des Netzes gewählt werden.
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Der obigen Gleichung ist zu entnehmen, daß der Winkel für die Erdschlußrichtungsbestimmung
n.ur induktiv bzw. positiv ist, wenn die Bedingung 1-#e2:LTR.Ce>>= (12) erfüllt
wird. Damit muß die Frequenz des Tonfrequenzgenetors
Zur Ankopplung
des Tonfrequenzgenerators an das kompensierte Mittelspannungsnetz eignet sich die
Leistungswicklung der Erdschlußspule. Wenn jedoch keine Leistungswicklung zur Verfügung
steht, ist ein einphasiger Transformator, der p.,.-alle1 zur Erdschlußspule geschaltet
wird, zweckmäßig. Damit die Leistungswicklung der Erdschlußspule oder der Transformator
beim Erdschluß im Netz nicht durch aen Tonfrequenzgenerator kurgeschlossen wird,
ist zweckmäßig eine Filterschaltung vorzusehen.
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In Figur 4 ist die Anordnung zur Ankoppulung des Tonfrequenzgenerators
5 dargestellt. Die Filterschaltung 6 besteht aus der Reihenschaltung der Induktivität
LR mit dem Parallelschwingkreis aus der Induktivität Lp und der Kapazität Cp.
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Der Parallelschwingkreis wird auf die Netzfrequenz abgestimmt.
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Bei Netzfrequenz ist daher die Impedanz des Parallelschwingkreises
unendlich groß. Dagegen wird die Impedanz des Parallelschwingkreises bei Frequenzen
oberhalb der Netzfrequenz kapazitiv. Durch die in Reihe geschaltete Induktivität
LR wird ein Reihenschwingkreis gebildet. Der Reihenschwingkreis ist nun auf die
Frequenz des Tonfrequenzgenerators TFG abzustimmen.
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Damit wird erreicht, daß die Impedanz bei Netzfrequenz nendlich groß
und bei der Frequenz des Tonfrequenzgenerators unendlich klein ist.
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Berechungsbeispiel: Ein kompensiertes Mittelspannungsnetz soll zur
Erdschlußrichtungsbestimmung mittels eines bekannten Erdschlußrichtungsrelais der
Firma AEG; dem RERO 1 mit einem Tonfrequenzgenerator ausgerüstet werden. Es seien:
UN = 20 kV PN = 30 MVA mk = 10 % e = 300 A Nach Cleichung (1) beträgt Ce = 27,6
µF die Induktivität des einspeisenden Transfo.cmators LTR = 4,24mH und der gesamte
Belastungswiderstand RL = 13,3 Ohm Für k - 0,005 bzw. 0,50/o in Gleichung (7) wird
in Figur 5 die Abhängigkeit des Winkels # (Ze) nach Gleichung (11) und in Figur
6 die der erforderlichen Leistung Pe des Tonfrequenzgenerators 2 nach Gleichung
(8) von der Frequenz dargestellt.
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Der Darstellung ist zu entnehmen, daß mit zunehmender Frequenz der
Winkel sehr stark abnimmt, während die erforderliche Leistung des Tonfrequenzgenerators
nahezu konstant bleibt. Aus diesen Grunde ist die Frequenz so niedrig wie möglich
zu wählen.
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