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Verfahren zur Herstellung von Stahl in einem Herdofen Bei den meisten
bekannten Verfahren zur Herstellung von Stahl im Herdofen mittels Sauerstoff wird
nur eine Anreicherung der Luft mit Sauerstoff empfohlen. Hierbei entstehen, große
Abgasverluste, die das Verfahren unwirtschaftlich gestalten. Da die Wärme, die durch
Verbrennung von Brennstoff mit konzentriertem Sauerstoff - kurz Sauerstoffwärme
genannt - im Vergleich mit der Wärme, die durch Verbrennung des Brennstoffes mit
Luft entsteht - kurz Luftwärme genannt - etwa zweimal teurer ist, hat die Sauerstoffanwendung
im Herdofen zur Stahlherstellung nur dann wirtschaftliche Aussichten, wenn der Brennstoffverbrauch
wesentlich geringer als der Brennstoffverbrauch im Siemens-Martin-Ofen ist.
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Die vorliegende Erfindung strebt ein Verfahren an, nach dem Stahl
in einem mit hochwertigen Brennstoffen, z. B. Kohlenstaub, und mit über 7o°/0-Sauerstoff
angereicherter Luft beheizten und keine Wärmespeicher aufweisenden Herdofen bei
erhöhter Ofenleistung mit etwa nur einem Drittel des Wärmeverbrauchs im Siemens-Martin-Ofen
erzeugt werden kann. Das Wesen der Erfindung besteht darin, daß die Menge des zugeführten
Brennstoffes während der Einschmelzzeif mindestens doppelt so groß ist als während
der Kochperiode.
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Durch Versuche ist die Erkenntnis gewonnen worden, daß bei Verbrennung
eines hochwertigen Brennstoffes, wie beispielsweise Kohlenstaub, mit kaltem Sauerstoff
eine hochwertige Flamme entsteht, die oberhalb 175o° C noch etwa 78"/a verfügbare
Wärme hat. Diese Tatsache besagt, daß die
Abgase mit der sehr hohen
Temperatur von 175o° C entweichen können, wobei trotzdem im Ofen 78'°/o als Nutzwärme
reiner Sauerstoff für den Ofenbetrieb zu teuer ist, so genügt beispielsweise ein
95°/oiger Sauerstoff, wodurch die Abgasverluste nur unbedeutend erhöht werden. Ein
solcher Sauerstoff kann neuerdings sehr wirtschaftlich hergestellt werden. 71 Wenn
Stahl aus 5o°4 Schrott und 5o% .flüssigem Roheisen hergestellt wird, so beträgt
der Wärmeverbrauch in gut geleiteten Siemens-Maitin-Öfen etwa ro6o kcal/kg Stahl.
Demgegenüber ist es gemäß der Erfindung möglich, Stahl mit einem Gesamtwärmeverbrauch
von nur etwa 40o kcal/kg herzustellen, wobei die Abgase mit 175o° C ins Freie entweichen
können. Trotz dieser hohen Abgastemperatur ist der Abgasverlust, auf je kg Stahl
gerechnet, etwa dreimal geringer als im Siemens-Martin-Ofen. Erklärlich ist dies
durch die Tatsache, daß bei einer Verbrennung mit-hochkonzentriertem Sauerstoff
die Abgasmenge, kleine Wand-und Türverluste vorausgesetzt, je kg Stahl etwa fünfzehnmal
geringer ist als im Siemens-Martin-Ofen.
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Als Mittel zur Verminderung der Wandverluste werden -gemäß der Erfindung
folgende Maßnahmen empfohlen r. Wenn es durch die Beschleunigung des gesamten Schmelzverfahrens
gelingt, die stündliche Ofenleistung zu verdoppeln, so sinken allein durch diese
Maßnahme die Wandverluste im gleichen Maße. Mit einer Sauerstoffflamme kann die
Einschmelz- oder Aufwärmezeit ganz bedeutend verkürzt werden. Die verbrennungstechnisch
mögliche stündliche Wärmeerzeugung der Sauerstoffflamme in Kalorien je Kubikmeter
des Verbrennungsraumes (Verbrennungsstärke) ist .mehrfach.größer als im Siemens-Martin-Ofen
und der Verbrennungsraum könnte kleiner sein als in einem solchen Ofen. In einem
Versuchsofen wurden 2,7 X ros kcal/m3/h erzeugt. Eine so starke Wärmeerzeugung
würde in einem großen Ofen das Gewölbe bald zerstören. Darum wendet man in mit Sauerstoff
geheizten Öfen Verbrennungsstärken und Schmelzgeschwindigkeiten an, die bedeutend
höher sind als im Siemens-Martin-Ofen, aber ohne Gefahr für das Gewölbe, weil es
möglich ist, die Sauerstoffflamme genauer und besser auf das Schmelzgut zu richten
als die lange, wenig zu beherrschende .Flamme eines Siemens-Martin-Ofens.
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Eine besondere Rolle bei den Sauerstofföfen spielt die Flammenführung.
Brennstoff und Sauerstoff werden vorzugsweise kalt in den Ofen eingeführt. Weil
die zur Wärmeerzeugung notwendigen Rauchgasmengen beispielsweise fünfzehnmal kleiner
als bei Siemens-Martin-Öfen und die kleinen Sauerstoffbrenner an beliebiger Stelle
des Verbrennungsraumes anpassungsfähiger sind,* kann man -die Brenner ganz nach
Wunsch unterteilen. Die Wärmeübertragung von der Flamme auf das Bad durch Berührung
beschleunigt das Schmelzverfahren bedeutend, wobei es sich um eine oder mehrere
Stichflammen von großer Geschwindigkeit handeln kann. Es läßt sich kalter Brennstoff
und Sauerstoff von der Brennermündung mischen, und die.Mischung -kann .beispielsweise
mit einer Geschwindigkeit von 15o m je Sekunde aus der Brennermündung ausströmen.
Die Geschwindigkeit der Luft- und Gasmischung im Siemens-Martin-Ofen beträgt nur
etwa 1,a bis 7 m je Sekunde _(o° C, 760 mm Hg). Es entsteht bei S.auerstoffänwendurrg
eine -äußerst heiße Stichflamme, die, auf das Schmelzgut gerichtet, dieses sehr
schnell erhitzt, ohne für das Gewölbe gefährlich zu werden. Andererseits
-bietet es keine Schwierigkeit, den Brenner für eine langsame Ausströmungsgeschwindigkeit
zu bauen und eine Mischung des Brennstoffes mit Sauerstoff im Verbrennungsraum stattfinden
zu lassen, wobei eine gut leuchtende Flamme erzeugt wird.: Falls Sauerstoff uhd
Brennstoff vor der Brennermündung gemischt werden und die dadurch erzeugte, wenig
leuchtende Flamme mit hoher Geschwindigkeit auf die Badoberfläche gerichtet wird,.
erzielt man wohl eine hohe Schmelzgeschwindigkeit und gute Wärmeübertragung, aber
vielfach auch eine zu starke Oxydation des Bades und zu hohe Eisenverluste durch
die Schlacke. Durch besondere Gestaltung des Brenners gelingt es, eine stark leuchtende,--
langsamer brennende Flamme zu erzeugen,- wobei eine genügend gute Wärmeübertragung
aber ohne übermäßige Oxydation des Eisens erzielt wird. Die Sauerstoffbrenner besitzen
eine ungewöhnliche Anpassungsfähigkeit und Wirksamkeit, die die Brenner des Siemens-Martin-Ofens
bei weitem übertreffen. Die konzentrierte Sauerstoffflamme ermöglicht eine schnellere
.Oxydation des.Bades als im Siemens-Martin-Ofen. Mit den- über das Bad gerichteten
Sauerstoffstrahlen ist es möglich, das während der Kochzeit entweichende Kohlenmonoxyd
fast vollkommen zu verbrennen. Die Schmelzdauer läßt sich ebenfalls verkürzen durch
schnelles Einführen des Schrottes. Für diesen Zweck kann das Gewölbe ganz oder teilweise
abhebbar gestaltet werden, wodurch es möglich wind, das Schmelzgut schnell. auf
den Herd zu bringen. Es kann aber auch die Seitenwand des Ofens mit .einer Öffnung
versehen- sein, durch die der Schrott mittels einer Sondervorrichtung in das flüssige
Bad eingeführt werden kann ohne übermäßige Oxydation durch die Sauerstoffflamme.
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a. Die Wandverluste lassen. sich selbstverständlich durch bekannte
Wärmeschutzmittel an den Wänden bedeutend vermindern, was allerdings noch selten
ausgeübt wird.
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3. Die Türverluste lassen sich weitgehend herabsetzen, indem mau den
Schott durch die oben erwähnten Mittel @ schnell in den Schmelzraum einführt.
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Durch die genannten Maßnahmen ist eß möglich, die reinen Wandwärmeverluste
auf beispielsweise 40 kcal/kg Stahl herabzusetzen und die, Wärmeverluste durch die
Türen auf beispielsweise 6o kcal/kg Stahl zu vermindern, so daß die gesamten Wand-und
Türverluste etwa roo kcal/kg Stahl betragen anstatt bis' 5oo koal/kg für den Siem.ens-Martin-Ofen.
Die
Wärme beim Stahlfrischen in einem Sauerstoffflammofen läßt sich wesentlich besser
ausnutzen als in einem Siemens-Martin-Ofen. Das aus dem Bade während der Kochzeit
entweichende Kohlenmonoxyd läßt, sich mit den über das Bad gerichteten Strahlen
des konzentrierten Sauerstoffes oder einer oxydierenden Flämme fast vollkommen verbrennen.
Die Brennstoffzufuhr von außerhalb des Ofens ist während der Kochzeit beispielsweise
bis auf ein Sechstel der Brennstoffzufuhr während der Schmelzzeit heruntergedrosselt
worden, so daß die Wärmeerzeugung im Ofen zeitweise zum größten Teil durch Verbrennung
des aus dem Bade entweichenden Kohlenmonoxyds stattfindet. Ein Hauptvorteil des
mit im wesentlichen reinem Sauerstoff und hochwertigem Brennstoff beheizten Flammofens
zur Stahlherstellung ist seine Anpassungsfähigkeit, Regelbarkeit und Zugänglichkeit.
Während der Einschmelzzeit wird die Stärke der Wärmeerzeugung durch Zufuhr von Brennstoff
und Sauerstoff in einem Maße gesteigert, wie es die Haltbarkeit des Gewölbes zuläßt.
Während der Kochzeit dagegen wird nach praktischen Versuchen die Brennstoffzufuhr
beispielsweise auf ein Sechstel der Höchstzufuhr herabgedrosselt. Im Siemens-Martin-Ofen
können dagegen die Luft- und Gasgeschwindigkeiten nur in engen Grenzen geregelt
werden. Die bei einem Siemens-Martin-Ofen nie erreichte Anpassungsfähigkeit des
mit Sauerstoff beheizten Flammofens ermöglicht bedeutend höhere Ofenleistungen und
ein schnelleres wirtschaftliches Arbeiten. Brennstoff und Sauerstoff lassen sich,
falls erwünscht, außerhalb des Brennraumes vermischen, wodurch bei vollkommener
Verbrennung sehr heiße Stichflammen erzielt werden, die, auf das Schmelzgut gerichtet,
sehr hohe Schmelzleistungen ergeben.
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Wenn Kohlenstaub oder andere hochwertige Brennstoffe mit etwa der
Hälfte der theoretischen Menge des beispielsweise 95o/aigen Sauerstoffs verbrennen,
so erzeugen sie eine Flamme, die fähig ist, Stahl zu schmelzen und Eisenoxydul zu
reduzieren. Eine solche Eisenoxydul reduzierende Flamme ist im Siemens-Martin-Ofen
praktisch unerreichbar, und sie gestattet, das im Stahl gelöste Eisenoxvdul auf
einen kleinen Gehalt zu verringern, wie er mit der Luftflamme im Siemens-Martin-Ofen
kaum zu erzielen ist.
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Da die Abgasmenge in einem mit im wesentlichen reinen Sauerstoff beheizten
Flammofen etwa fünfzehnmal geringer ist als im Siemens-Martin-Ofen kann der Verbrennungsraum
verhältnismäßig klein gestaltet werden, und die Verbrennungsgase haben viel bessere
Möglichkeiten, ihre Wärme an das Stahlbad abzugeben als im Siemens-Martin-Ofen.
Dazu kommt noch der für die Wärmeübertragung günstige Umstand des höheren Wärmegefälles
zwischen Flamme und Bad. Die Sauerstoffwärme läßt sich deshalb im Herd viel besser
ausnutzen als die Luftwärme.
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Die Größenordnung von izo ltcal/kg der Abgas-@värme je kg Stahl im
obengenannten Beispiel bei Anwendung der hochwertigen Brennstoffe ist gering, weshalb
man auf ihre Ausnutzung vielfach verzichten kann, was die Schmelzvorrichtung besonders
einfach gestaltet. Sie besteht dann aus einem einfachen Flammofen ohne verwickelte
Generatoren oder Regeneratoren. Sie kann kippbar gebaut werden oder auch von jeder
anderen beliebigen Form sein.
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Unter hochwertigen Brennstoffen werden solche verstanden, die bei
Stahlofentemperaturen möglichst viel verfügbare Wärme besitzen, z. B. Kohlenstaub,
01, Teer, Naturgas, Koksofengas, Mischgas und andere, also solche Brennstoffe,
die bei theoretischer Menge von Reinsauerstoff bei einer Abgastemperatur von 175o°
C mehr als 6o"/o. verfügbare Wärme besitzen, die im Herdofen verbleiben. Dagegen
sind Generätorgase, Gichtgas usw. minderwertig, weil sie bei 175o° C weniger verfügbare
Wärme besitzen und deren Benutzung mit höheren Abgasverlusten verbunden ist.
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Da die Sauerstoffwärme etwa zweimal teurer ist als die Luftwärme,
so ist die Erfindung besonders geeignet, dort angewendet zu werden, wo die zum Schmelzvorgang
nötige theoretische Wärme oder die sogenannte Nutzwärme Null oder nur gering ist,
wie beispielsweise bei der Stahlherstellung aus flüssigem Roheisen und Schrott mit
großem Anteil des Roheisens. Ebenso ist dies bei sogenannten Roheisen-Erz-Verfahren
der Stahlherstellung der Fall. Es läßt sich dann der Wärmeverbrauch auf etwa ein
Drittel des jetzigen Wärmeverbrauchs im Siemens-Martin-Ofen vermindern unter gleichzeitiger
Erhöhung der Ofenleistung. Das beschriebene Verfahren ist natürlich auch anwendbar
für andere Arten der Stahlherstellung im Herdofen.
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Da der Herdofen bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens verhältnismäßig
klein und einfach ausfällt, sind auch die Anlage- und Betriebskosten gering.