-
Verfahren zur Anzeige des Kompensationszustandes eines einphasigen
Hochspannungsnetzes mit Erdschlußkompensation und Einrichtung zur Durchführung desselben
Die
Anzeige des Kompensationszustandes eines erdschlußgelöschten Netzes muß Größe und
Vorzeichen der Verstimmung des Netzes laufend erkennen lassen. Diese Bedingung läßt
sich bei dreiphasigen Netzen mit den bisher bekannt gewordenen Verfahren nur mit
beträchtlichem Aufwand erfüllen.
-
Handelt es sich dagegen um ein Einphasennetz, so sind die Voraussetzungen
für ein einfach gebautes Anzeigegerät gegeben, was an Abb. I erläutert sei.
-
Abb. 1 a zeigt die Hochspannungswicklung eines Einphasentransformators,
die durch den MittelpunktM in die Hälften I und 2 geteilt wird. R und T sind die
beiden Leiter des Einphasennetzes. Abb. Ib ist das Vektorbild der in Abb. 1 a eingezeichneten
Spannungen. Die Phasenverschiebung ?p zwischen der Leiterspannung URT und der Verlagerungsspannung
UME (Spannung des Mittelpunktes M gegen Erde E) ist hier ein eindeutiges Maß für
Größe und Richtung der Verstimmung. Die Spitze des Vektors UMS liegt auf einem Kreis
K, wie in Abb. Ib angedeutet, und der Kotangens des Winkels qp ist bekanntlich dem
Verstimmungsgrad proportional. Bei vollständiger Kompensation (Verstimmung Null,
Resonanz) beträgt die Phasenverschiebung 90°, und UMS erreicht seinen Höchstwert.
-
Beim Betrieb von Hochspannungsnetzen mit Erdschlußkompensation, also
mit nicht starr geerdetem Systemnullpunkt, besteht das Bedürfnis, den Kompen-
sationszustand
laufend anzuzeigen, um durch rechtzeitiges Verstellen der Kompensationsmittel (Erdschluß
drossel, Löschtransformator) eine zu starke Über- oder Unterkompensation zu vermeiden,
d. h. stets in Resonanznähe zu bleiben.
-
Im folgenden ist ein Verfahren zur Anzeige des Kompensationszustandes
eines einphasigen Hochspannungsnetzes mit Erdschlußkompensation beschrieben, das
erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet ist, daß die Phasenverschiebung zwischen
der Summe und der Differenz der beiden Leitererdspannungen USS, UET oder zwischen
zwei Spannungen, die diesen verhältnis- und phasengleich sind, zur Anzeige benutzt
wird.
-
Die Verlagerungsspannung UM7,'. ist identisch mit der an einer Erdschlußdrossel
auftretenden Spannung und in einem Einphasennetz normalerweise nur an einer solchen,
also nur an wenigen Punkten des Netzes, gut zugänglich. Nach der Erfindung wird
daher statt dessen die Differenz der Leitererdspannungen U - UET genommen. Bei den
heute allgemein zwischen Leiter und Erde geschalteten Spannungswandlern ist diese
Differenzspannung, wie Abb. 2a zeigt, leicht zu erhalten, indem man die Sekundärspannungen
zweier zusammengehöriger Wandler 3 und 4 gegeneinanderschaltet. Diese Differenzspannung
hat, wie das zugehörige Vektorbild Abb. 2b zeigt, aus geometrischen Gründen dieselbe
Phase und die doppelte Größe wie die Verlagerungsspannung U55 UBT = 2 UMS.
-
Die Leiterspannung UR? ist leicht als Summe der Leitererdspannungen
zu bilden, wie dies bei den Spannungswandlern 5 und 6 in Abb. 2 a gezeigt ist: UBE
+ UET = UBT.
-
Der Phasenverschiebungswinkel W zwischen dieser Summe und der Differenz
der Leitererdspannungen kann durch bekannte Einrichtungen, z. B. durch einen elektrodynamischen
Quotientenmesser, angezeigt werden. Führt man, wie weiter unten erläutert, eine
der beiden Spannungen, z. B. 2 UMS, dem Quotientenmesser mit um 90" gedrehter Phase
zu, so kann dieser ein normaler Leistungsfaktormesser sein mit dem Meßbereich von
-go bis + go° (cos ? O... ... 0), wobei aber, wegen der obenerwähnten Beziehung,
zweckmäßig der Kotangens des Winkels gD (ctg yx = + co ... 0 ... -co) angezeigt
wird.
-
Zwischen Primär- und Sekundärspannung eines Wandlers wird hier bei
den Bezeichnungen bewußt kein Unterschied gemacht, weil sie verhältnisgleich sind
undsich in der Phase, auf die es ja hier ankommt, nicht unterscheiden und alle Erläuterungen
dadurch noch einfacher werden.
-
Die Prinzipschaltung der Einrichtung nach der Erfindung zeigt Abb.
3. Die Summe der Sekundärspannungen der Spannungswandler 5 und 6 speist den Spannungspfad
des mit einem Leistungsfaktormeßwerk ausgerüsteten Anzeigeinstruments 7, die über
Zwischenwandler 8 und 9 gebildete Differenzspannung liegt an dessen Strompfad. In
der Praxis muß der Strompfad über einen Verstärker gespeist werden, wie weiter unten
dargelegt wird. Ein Kompensometer nach diesem Prinzip kann an allen Punkten des
Netzes, an denen Spannungswandler zwischen Leiter und Erde vorhanden sind. angeschlossen
werden. Es läßt im normalen Betrieb den Verstimmungsgrad v des Netzes (v = ctg yl
const) und außerdem bei Erdschluß den erdschlußbehafteten Leiter erkennen. Dann
wird nämlich w = o oder I80", je nachdem, welcher Leiter Erdschluß hat.
-
Benutzt man zur Anzeige ein schreibendes Gerät, so erhält man eine
wertvolle Übersicht über den Betriebsverlauf des Netzes im Hinblick auf Erdschlußkompensation,
Dauer und Häufigkeit von Erdschlüssen, Zu- und Abschaltungen von Leitungen und Erdschlußdrosseln.
-
Die Differenzspannung 2 UMS schwankt während des Betriebes zwischen
etwa 0,I und In 01, der Leiterspannung, bei Erdschluß steigt sie sprungartig auf
Ioo°/0, d. h. auf die volle Leiterspannung. Für die Anzeige der Phasenverschiebung
ist dies grundsätzlich belanglos, weil das Meßwerk eines Quotientenmessers nur von
der Phase, nicht aber von der Amplitude der zugeführten Ströme oder Spannungen beeinflußt
wird.
-
Wie aus dem bisher Gesagten hervorgeht, könnte natürlich URT auch
einem einzigen, an der Leiterspannung liegenden Spannungswandler und UM, einem zwischen
Mittelpunkt und Erde geschalteten Spannungswandler entnommen werden. In der Praxis
bedeutet dies jedoch nur selten einen Vorteil, sondern meistens eine unnötige Beschränkung
in der Wahl des Meßortes. Die aus der Gegenschaltung der Sekundärwicklungen zweier
Spannungswandler nach Abb. 2 a entnehmbare Leistung reicht nicht aus um den Strom-
oder Spannungspfad eines normalen Leistungsfaktormeßwerkes zu speisen. In weiterer
Ausgestaltung der Erfindung wird daher die Differenzspannung einem Verstärker zugeführt.
Die Verwendung eines Verstärkers bringt eine Reihe von Vorteilen, außerdem sind
die Arbeitsbedingungen für einen Verstärker hier besonders günstig.
-
Der Verstärker hat folgende Aufgaben und Eigenschaften: I. Umformung
der Differenzspannung von einigen Volt in einen Strom von etwa 5 A, wie er für den
Strompfad eines normalen Leistungsfaktormeßwerkes geeignet ist (Leistungsverstärkung).
-
2. Ausgleich der betriebsmäßigen Schwankungen der Differenzspannung
durch selbsttätige Änderung des Verstärkungsgrades, so daß am Ausgang ein nahezu
gleichbleibender Strom abgegeben wird. Dies gilt auch für den Erdschlußfall. Dadurch
entwickelt das Quotientenmeßwerk stets ein hinreichendes Drehmoment, und der Strompfad
ist bei Erdschluß vor Uberlastung geschützt.
-
3. Drehung der Phase derart, daß der Strom am Ausgang gegen die Differenzspannung
am Eingang um 90" vor- oder nacheilt, so daß ein normales Leistungsfaktormeßwerk
mit - ddm Meßbereich -go ... o ... + 90° verwendet werden kann.
-
Diese drei Aufgaben sind mit bekannten Mitteln unschwer erfüllbar.
-
Der Verstärker arbeitet unter folgenden sehr günstigen Bedingungen:
I. Er braucht nur Spannungen einer Frequenz zu verstärken, da die zugeführte Spannung
konstante
Frequenz hat und im normalen Betrieb weitgehend ob erwellenfrei
ist.
-
2. Änderungen desVerstärkungsgrades, z. B. Röhrenalterung, Netzspannungsschwankungen
u. ä., sind in weiten Grenzen ohne Einfluß auf die Anzeige des am Ausgang angeschlossenen
Meßwerkes, da dieses noch bei Strömen bis herab zu 15 °/o des Nennstromes eine hinreichende
Richtkraft hat..
-
3. Die Differenzspannung ist, wie schon erwähnt, im erdschlußfreien
Betrieb nahezu sinusförmig. Trotzdem ist für den Ausgangsstrom ein Klirrfal;tor
bis zu etwa In01, zulässig.
-
Ein solcher Verstärker ist einfach, betriebssicher und relativ billig,
was bei einem Gerät zur Betriebsüberwachung wesentlich ist.
-
Abb. 4 zeigt den Anschluß des Anzeigeinstruments 7, wenn dessen Strompfad
über einen Verstärker 10 gespeist wird. (Der Netzanschluß für den Verstärker ist
nicht gezeichnet.) Unterschreitet der Strom im Strompfad den Betrag von etwa 15
0/o des Nennwertes, so wird die Richtkraft des Meßwerkes zu klein gegenüber den
Reibungswiderständen, und die Anzeige wird träge und unzuverlässig. Sinkt der Strom
noch tiefer oder verschwindet er ganz, z. B. durch einen Schaden im Verstärker oder
infolge Abschaltung der Spannungswandler von der Hochspannung, so bleibt der Zeiger
irgendwo stehen, und die Anzeige wird wertlos. Diese Zustände sind nicht ohne weiteres
erkennbar und müssen daher durch ein Signal angezeigt werden.
-
Dieses Signal muß also ansprechen, wenn der Strom einen bestimmten
Wert, zweckmäßig etwa I50/, des Nennwertes, unterschreitet. Abb. 4 zeigt als Signaleinrichtung
ein Schauzeichen II, das auf dem Skalenblatt des Anzeigeinstruments 7 oder in dessen
Sichtbereich angebracht ist und mit dem Strompfad in Reihe liegt. Sinkt der Strom
im Strompfad unter etwa 15 01o des Nennwertes, so verändert sich das Schauzeichen
II und gibt damit das Signal.
-
Bei einem schreibenden Anzeigegerät wird das Verschwinden der Richtkraft
des Meßwerkes alsbald durch die dann entstehende völlig gerade Linie erkennbar,
die im Betrieb nie vorkommt. Nicht erkennbar ist jedoch auch hier das Absinken der
Richtkraft infolge Stromrückganges unter einen bestimmten Grenzwert. Man braucht
also auch bei einemschreibenden Gerät ein Signal, und zwar in Form einer Markierung
auf dem Schreibstreifen, die die wertlosen Teilstücke des geschriebenen Linienzuges
erkennen läßt. Am besten wählt man als Markierung eine einfache Strichmarke am Rande,
die in Abhängigkeit vom Strom im Strompfad gesteuert wird.
-
Darüber hinaus ist es zweckmäßig, auch noch ein Schauzeichen, geschaltet
wie in Abb. 4, im Sichtbereich der Skala oder des Schreibstreifens anzuordnen, um
dem Beobachter sofort und schon von weitem den Betriebszustand des Quotientenmeßwerkes
anzuzeigen.
-
Die Stellungsänderungen des beweglichen Teiles des Leistungsfaktormeßwerkes
7 können auch dazu dienen, über an sich bekannte Mittel die Induktivität einer oder
mehrerer Erdschlußdrosseln des Netzes zu verändern und so den Kompensationsgrad
des Netzes selbsttätig auf einen wählbaren Wert zu regeln. d. h. konstant zu halten.
Voraussetzung ist dabei natürlich, daß die Erdschlußdrosseln unter Last verstellbar
sind. Besonders geeignet hierfür sind stetig verstellbare Erdschlußdrosseln, es
lassen sich aber auch stufig verstellbare verwenden, wenn man die Sprünge bei der
Regelung in Kauf nimmt.
-
Während eines Erdschlusses besteht ein Ausnahmezustand, der nicht
zu einer Verstellung der Erdschlußdrosseln führen darf. Man muß daher durch geeignete,
an sich bekannte Mittel, z. B. in einfacher Weise auf Grund der Größe der Differenzspannung
UMS oder 2 UMS (Spannungsrelais), dafür sorgen, daß die selbsttätige Regelung während
eines Erdschlusses aussetzt.
-
Ebenso muß, wie leicht einzusehen, die Regelung aussetzen, wenn die
Richtkraft des Meßwerkes unter einen bestimmten Wert sinkt. Auch diese Forderung
läßt sich auf verschiedene Weise erfüllen, z. B. im Zusammenhang mit dem Ansprechen
des Schauzeichens II.