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Verfahren zum Herstellen von Stahl mit besonders hohem Reinheitsgrad
im bodenblasenden basischen Konverter Zu Beginn der Entwicklung des Flußstahlv erfahrens
wurde eine stärkere Differenzierung zwischen der sauren gegenüber der basischen
Erschmelzungsart als zwischen dem Herdfrischverfahren und dem Windfrischverfahren
gemacht. Die neuere metallurgische Entwicklung aber setzte den stärksten Unterschied
hinsichtlich der Stahlgüte zwischen das »Herdfrischverfahren« und das »Windfrischverfahren«.
Diese Kennzeichnung erwies sich z. B. hinsichtlich der Alterungsneigung beider Stähle
als berechtigt, jedenfalls soweit diese Eigenschaft mit dem Stickstoffgehalt des
Stahles verknüpft ist. Es zeigte sich nämlich, daß generell die Stickstoffgehalte
im Windfrischstahl höher liegen als im Herdfrischstahl. Nun lernte man jedoch, auch
beim Windfrischverfahren die Stickstoffgehalte und auch die Phosphorgehalte wesentlich
zu senken; dabei glich sich auch die Stahlgüte und die Verarbeitbarkeit des Windfrischstahles
weitgehend der des Siemens-Martinstahles an. Damit schien die Einteilung »Windfrischstahl«-»Herdfrischstahl«
berechtigt gewesen und weitgehend überwunden worden zu sein.
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Nach einem neuen Blasverfahren, bei dem reiner Sauerstoff von oben
auf das Rohensenbad geblasen und dieses dadurch gefrischt wird, kann ferner ein
Stahl gewonnen werden, der dem basischen Siemens-Martinstahl als mindestens ebenbürtig,
vielleicht sogar überlegen gelten kann.
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Ob jedoch die in der Anfangszeit der Entwicklung des Flußstahlverfahrens
getroffene qualitative Höherbewertung des »sauer« erschmolzenen Stahles berechtigt
ist oder nicht, blieb bis heute unentschieden. Vor allem aber blieb die Auffassung
bestehen, daß ein im sauren Konverter erblasener Stahl einen besonders hohen Reinheitsgrad
besäße,
ebenso wie das auch für den im sauren Siemens-Martin-Ofen
erschmolzenen Herdfrischstahl gelte. Ob diese Auffassung zu Recht besteht oder nicht,
konnte bisher analysenmäßig sicher noch nicht belegt werden.
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Nachdem es nun nach einem nicht zum Stande der Technik gehörenden
Verfahren gelang, den Sauerstoffgehalt im flüssigen Stahl des Ofens in wenigen Minuten
zu bestimmen und danach bereits die Stahlgüten hinsichtlich ihres Reinheitsgrades
einzuordnen, konnten weitere Erkenntnisse und Lehren gewonnen werden, nach denen
es gelingt, den Reinheitsgrad vom Stahl, der im insbesondere mit Luft betriebenen
bodenblasenden basischen Konverter hergestellt wird, wesentlich zu verbessern und
den Sauerstoffgehalt stärker zu senken als das im Stahl, der nach dem üblichen Thomasverfahren,
aber insbesondere auch nach üblichem Siemens-Martin-Verfahren hergestellt wird,
überhaupt möglich ist.
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Die Lehre lautet, daß beim Windfrischen im Thomaskonverter nach beendeter
Entkohlung, spätestens jedoch in der letzten Blasminute, Kohlenstoff in Form von
Kohle, Koks oder auch Roheisen, insbesondere durch die Mündung, möglicherweise aber
auch in feiner Vermahlung durch den Boden, so stetig und in einer solchen Menge
zugegeben werden soll, daß bei weiterlaufendem Frischprozeß die Kohlenstoffgehalte
im Bad nicht unter o,o2% absinken und in den Grenzen von o,o2 bis o, i % C liegen
sollen.
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Je höher diese Endgehalte an Kohlenstoff in den angegebenen Grenzen
gehalten werden, um so tiefer liegen die Sauerstoffgehalte im Bad, ferner aber auch
um so niedriger, j e länger vom Ende des Blasens ab rückwärts gemessen, mit einer
solchen stetigen Kohlenstoffzugabe nachgeblasen wird. Höhere Kohlenstoffgehalte
als o; i % würden den noch gewünschten Frischprozeß in der Nachblasezeit (Entphosphorung)
zunehmend hemmen und hindern, sind also nicht erwünscht.
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Zur betriebsmäßig notwendigen Bestimmung der Zusatzmengen an Kohlenstoff
kann man in erster Annäherung so rechnen, daß die pro Minute zugegebenen Kohlenstoffmengen
etwa gleichmäßig mit der Höhe des gewünschten Kohlstoffgehaltes im Bad wachsen etwa
derart, daß in der Minute etwa das 2,5-fache des gewünschten Kohlenstoffgehaltes
zuzusetzen sind. Wählt man Koks, so müssen die Zusatzmengen erhöht werden, desgleichen,
wenn bei der Wahl von Roheisen mit allzu grobstickigem Eisen und in längeren Zwischenräumen
gearbeitet wird. Ebenso sind diese Zusatzzahlen auch von Konverter zu Konverter
verschieden und zudem abhängig von der jeweiligen Blasgeschwindigkeit. Granuliertes
Roheisen läßt sich recht günstig verarbeiten, jedoch dürfen die Granalien nicht
allzu klein sein.
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Einen je höheren Reinheitsgrad man wünscht, um so höhere Kohlenstoffz@usätze
sind zu wählen; um so höher soll der Kohlenstoffgehalt im Eisen bleiben. Allerdings
wird man bei Kohlenstoffgehalten im Eisen von wenig unter o,i % bereits mit etwas
höheren Phosphorgehalten und gegebenenfalls auch für das Verblasen von manganhaltigem
Roheisen mit höheren Mangangehalten rechnen müssen.
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Es ist zwar bereits vorgeschlagen worden, Rohei-sem auch in granulierter
Form zur Kühlung und auch zur Desoxydation des Eisenbades dem Konverter zuzusetzen.
Aber nach keinem dieser Vorschläge soll die Zugabe während des Blasens nach der
Entkohlung in so festgelegter und gleichmäßiger Weise erfolgen, daß die Kohlenstoffgehalte
des Bades während des Fertigfrischens auf gleichen, beliebig erhöhten Gehalten bleiben.
Auch eine nachträgliche Zugabe von Kohlenstoff in irgendeiner Form, wie sie zum
Desoxydieren vorgeschlagen wurde, wirkt nicht annähernd so gut wie ein stets erhöhter
Kohlenstoffgehalt während des Fertigblasens.
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Während beim Siemens-Martin-Verfahren ein Stahl, der beispielsweise
bei o,o5 % C abgefangen wurde, Sauerstoffgehalte von etwa o,o5 % besitzt und bei
einem Thomasstahl, der 'durch einen Roheisenzusatz auf o,o5 % C aufgekohlt wurde,
der Sauerstoffgehalt bei o,o5 bis o,o6% liegt, besitzt ein im normalen Konverter
erfindungsgemäß fertiggeblasener Thomasstahl, dessen Kohlenstoffgehalt während der
letzten zwei Blasminuten stetig auf 0,050/0 gehalten wurde, nur o,oi5 bis o,o3o0/a
Sauerstoff. Während der letzten zwei Blasminüten wurden dabei etwa alle 5 Sek. Roheisenbrocken
mit 4,2 % C über eine Rutsche in den Konverter zugegeben, wobei die Gesamtzugabemenge,
in etwa 2o Teilmengen zugesetzt, 6o kg Stahlroheisen/t Konvertereisen, das ist für
eine 3o-t-Schmelze i,8 t, betrug. Hätte man diese Gesamtmenge auf einmal zugegeben,
gleichgültig in welchem Zeitpunkt des Blasens, so hätte der erfindungsgemäße Erfolg
nicht erzielt werden können, der Sauerstoffgehalt des fertiggeblasenen Stahles hätte,
wie üblich, den etwa dreifachen Wert-von etwa o,o6 bis 0,1 % besessen.
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Dieses erfindungsgemäße Verfahren gilt nun keineswegs nur für Thomasroheisen.
Es ist beispielsweise bekannt, daß sich auch Stahlroheisen im basischen Konverter
verblasen läßt. Auch beim Verblasen von Stahlroheisen im basischen Konverter ist
eine »Nachblasezeit« nach dem Ende der Entkohlung notwendig, die um so länger ist,
je manganreicher und je phosphorreicher das Roheisen war. So ist das Verfahren selbstverständlich
auch für jedes andere Roheisen, das sich im basischen Konverter zu Stahl, d. h.
auf beliebig niedrige Kohlenstoffgehalte verblasen läßt, anwendbar, z. B. auf Eisen,
die in der Zusammensetzung zwischen Thomasroheisen und Stahlroheisen liegen.
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Ferner ist das Verfahren nicht auf ein Blasen mit reiner Luft allein
beschränkt. Allerdings muß während der erfindungsgemäßen Kohlenstoffzugabe mit einem
stickstoffhaltigen Frischgas gearbeitet werden. Ein Blasen mit reinem 02 oder mit
0.-C02-Gemischen bringt den erfindungsgemäßen Erfolg nicht. Man kann aber durchaus
auch mit so stark an Sauerstoff angereichertem Wind arbeiten,
daß
die Kühlwirkung, beispielsweise des Roheisens, dadurch vermindert oder ausgeglichen
wird. Vor der erfindungsgemäßen Zugabe von Kohlenstoff in der letzten Blaseperiode
kann mit jedem beliebigen Frischgas gearbeitet werden. Jedoch ist das Verfahren
auf einen bodenblasenden Konverter beschränkt.
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Es ist selbstverständlich auch möglich, alle bekannten Maßnahmen bei
dem erfindungsgemäßen Blasen mit anzuwenden, die auch auf einen stickstoff- und
phosphorarmen Stahl hinwirken.
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Die Erfindung erlaubt, im normalen Konverter, ohne Mehrkosten irgendwelcher
Art, einen kohlenstoffarmen Stahl herzustellen, wie er mit gleichem Reinheitsgrad
nur im Elektroofen hergestellt werden könnte. Damit werden dem üblichen, billigen
Windfrischverfahren bisher unerreichbar hohe Stahlgüten erschlossen.